Entscheidungsdatum
20.04.2020Norm
AVG §68 Abs1Spruch
W227 2194658-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von Mag. XXXX gegen den Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 23. Februar 2018, Zl. 600904520/0023-RPS/2018, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat: "Die Anzeige des Beschwerdeführers vom 25. Jänner 2018 betreffend die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin an der Privatschule ? XXXX ' für den Unterrichtsgegenstand ?Jazzdance' wird als unzulässig zurückgewiesen."
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer ist der Schulerhalter der Privatschule " XXXX ".
2. Zum vorangegangenen Verfahren:
2.1. Der Beschwerdeführer zeigte am 9. Oktober 2017 die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin für die Unterrichtsgegenstände "Jazzdance", "ZFK Modern Dance" und "Step Dance" an dieser Privatschule an.
2.2. Daraufhin untersagte der Stadtschulrat für Wien (nun: Bildungsdirektion für Wien) mit Bescheid vom 31. Oktober 2017, Zl. 600.904520/0067-RPS/2017, die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin für die Unterrichtsgegenstände "Jazzdance" und "Step Dance", erhob allerdings keinen Einwand gegen deren Verwendung für den Unterrichtsgegenstand "ZFK Modern Dance".
2.3. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 9. September 2019, Zl. W224 2187971-1/12E, als unbegründet ab. Das Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag zugestellt und blieb unbekämpft.
3. Zum gegenständlichen Verfahren
3.1. Der Beschwerdeführer zeigte am 25. Jänner 2018 (erneut) die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin für den Unterrichtsgegenstand "Jazzdance" an dieser Privatschule an.
3.2. Mit dem (hier) angefochtenen Bescheid untersagte der Stadtschulrat für Wien die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin für den Unterrichtsgegenstand "Jazzdance" an der Privatschule " XXXX " gemäß § 5 Abs. 1, 4 und 6 Privatschulgesetz (PrivSchG).
3.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die vorliegende Beschwerde.
3.4. Am 13. Februar 2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer um Bekanntgabe, ob das rechtliche Interesse an einer Entscheidung über die Beschwerde gegen den (hier) angefochtenen Bescheid aufgrund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. September 2019, Zl. W224 2187971-1/12E, mittlerweile weggefallen sei. Überdies gehe der Beschwerdeführer offensichtlich selbst von einer "entschiedenen Sache" aus, zumal er auf Seite 5 seiner Beschwerde Folgendes ins Treffen führte:
"Die Bescheidwirkungen sind umfasst von der materiellen Rechtskraft. Dazu gehört auch die Unwiderrufbarkeit und Unabänderlichkeit. Die spezielle Facette der Unabänderlichkeit gebietet, dass durch einen Bescheid nur einmal ein Verfahren durchgeführt wird (res judicata) und eine neue, wenn auch gleich lautende Entscheidung, nicht gefällt wird (ne bis in idem). Durch den Bescheid vom 31.10.2017 wurde schon entschieden und dagegen wurde eine Beschwerde eingebracht und ist noch keine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ergangen. Dieser Bescheid vom 31.10.2017 ist ident mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, weil die Verwendung von Frau XXXX untersagt wurde. Hinzu kommt, auch nach der Begründung des Bescheides vom 31.10.2017, dass in gleicher Weise die Begründung des angefochtenen Bescheides ident mit den Ausführungen ist".
3.5. Daraufhin teilte der Beschwerdeführer mit, dass das rechtliche Interesse an einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht weggefallen sei. Der (damalige) Stadtschulrat für Wien habe die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides angewendet. Da sich die Bestimmung des § 5 PrivSchG, die hier maßgeblich sei, wesentlich geändert habe, stehe "die Unabänderlich- und Unwiederholbarkeit einer Entscheidung nicht entgegen".
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer ist der Schulerhalter der Privatschule " XXXX ". Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung genehmigte mit Bescheid vom 14.03.2019, Zl. BMBWF-24.423/0011-II/4/2019, das Organisationsstatut dieser Privatschule.
Der Beschwerdeführer zeigte am 9. Oktober 2017 die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin für u.a. den Unterrichtsgegenstand "Jazzdance" an.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2017, Zl. 600.904520/0067-RPS/2017, untersagte der Stadtschulrat für Wien die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin u.a. für den Unterrichtsgegenstand "Jazzdance".
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 9. September 2019, Zl. W224 2187971-1/12E, als unbegründet ab. Das Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag zugestellt und blieb unbekämpft.
Der Beschwerdeführer zeigte am 25. Jänner 2018 (erneut) die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin für den Unterrichtsgegenstand "Jazzdance" an dieser Privatschule an.
Daraufhin untersagte der Stadtschulrat für Wien mit dem (hier) angefochtenen Bescheid die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin für den Unterrichtsgegenstand "Jazzdance" an dieser Privatschule.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)
3.1.1. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
3.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz bereits ausgesprochen, dass auf dem Boden der tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts und der Rechtssicherheit über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen (grundsätzlich) nicht mehr in merito entschieden werden darf (vgl. VwGH 09.08.2018, Ra 2018/22/0078 m.w.N.). Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. etwa VwGH 28.04.2017, Ra 2017/03/0027 m.w.N.), wobei die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens allgemein anzuwenden sind (vgl. etwa VwGH 28.04.2017, Ra 2017/03/0027 m.w.N.). Dieser Grundsatz ist daher auch dann zu beachten, wenn § 17 VwGVG eine sinngemäße Anwendung des IV. Teils des AVG und damit des § 68 Abs. 1 AVG im Rahmen des VwGVG nicht vorkehrt (vgl. etwa VwGH 30.01.2019, Ra 2018/12/0057 m.w.N.).
Entscheidungen eines Verwaltunsgerichtes werden mit ihrer Erlassung rechtskräftig (vgl. VwGH 04.10.2019, Ra 2018/05/0268). Alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens haben einen Rechtsanspruch auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft (vgl. VwGH 09.08.2018, Ra 2018/22/0078 m.w.N.).
Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranziehbar. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (vgl. dazu etwa VwGH 09.08.2018, Ra 2018/22/0078 m.w.N.).
Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen (vgl. VwGH 28.08.2019, Ra 2019/14/0091 m.w.N.).
Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern; die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt (vgl. nochmals VwGH 24.05.2016, Ra 2016/03/0050 m.w.N.).
Auf dem Boden dieser Rechtsprechung hat auch das Verwaltungsgericht dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. i.d.S. etwa VwGH 24.05.2016, Ra 2016/03/0050 m.w.N.; vgl. VfGH 18.06.2014, G 5/2014 sowie Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 39 [Stand 01.03.2018, rdb.at], wonach auch während offener Rechtsmittelfrist oder eines anhängigen Rechtsmittelverfahrens an die erste Instanz gestellte [verfahrenseinleitende] Anträge, die eine neuerliche Entscheidung in jener Angelegenheit begehren, über die durch den Bescheid abgesprochen wurde [z.B.: Erteilung einer Baugenehmigung], wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sind).
3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das Folgendes:
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2017, Zl. 600.904520/0067-RPS/2017, untersagte der Stadtschulrat für Wien die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin (u.a.) für den Unterrichtsgegenstand "Jazzdance". Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit am 9. September 2019 rechtskräftig gewordenem Erkenntnis ab.
Damit steht einer neuerlichen Sachentscheidung über die verfahrensgegenständliche Anzeige des Beschwerdeführers vom 25. Jänner 2018 betreffend die Verwendung von XXXX , BA als Lehrerin an der Privatschule " XXXX " für den Unterrichtsgegenstand "Jazzdance" die Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. September 2019, Zl. W224 2187971-1/12E, entgegen.
Wenn der Beschwerdeführer moniert, es sei eine Änderung der Rechtslage eingetreten, ist darauf hinzuweisen, dass § 5 PrivSchG zuletzt durch BGBl. I Nr. 35/2019, in Kraft seit 25. April 2019, geändert wurde. Für das h.g. Erkenntnis vom 9. September 2019, Zl. W224 2187971-1/12E, waren somit bereits die neue Fassung des § 5 PrivSchG sowie die neue Fassung des Organisationsstatuts maßgeblich (vgl. VwGH 25.06.2019, Ra 2019/10/0012, wonach das Bundesverwaltungsgericht die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt heranzuziehen hat). Eine Änderung der Sach- und Rechtslage ist seit Erlassung des h.g. Erkenntnisses vom 9. September 2019, Zl. W224 2187971-1/12E, daher nicht eingetreten.
Da über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem), ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid dahingehend abzuändern, dass er zu lauten hat: "Die Anzeige des Beschwerdeführers vom 25. Jänner 2018 betreffend die Verwendung von XXXX , BA, als Lehrerin an der Privatschule ? XXXX ' für den Unterrichtsgegenstand ?Jazzdance' wird als unzulässig zurückgewiesen".
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018], § 24 VwGVG, Anm. 7 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier entschiedene Sache vorliegt, entspricht der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
entschiedene Sache Identität der Sache Lehrer Privatschule rechtliches Interesse Rechtslage res iudicata Untersagung der Verwendung Wegfall rechtliches Interesse ZurückweisungstatbestandEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2194658.1.00Im RIS seit
18.09.2020Zuletzt aktualisiert am
18.09.2020