TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/28 96/19/3273

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Veröffentlicht am 28.11.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7;
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 idF 1995/351 §13 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
AufGNov 1995;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des 1958 geborenen JO in Linz, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. Heinz Buchmayr in 4020 Linz, Altstadt 15, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1995, Zl. 113.254/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Juli 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 1. Juli 1993 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) sowie gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe aufgrund eines anhängigen Asylverfahrens bis 5. August 1992 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung besessen. Wie sich aus § 13 Abs. 2 AufG ergebe, sei der Beschwerdeführer nicht gemäß § 13 Abs. 1 AufG berechtigt gewesen, einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften zu stellen. Gemäß § 6 Abs. 2 AufG hätte der Beschwerdeführer daher den gegenständlichen Antrag vor seiner Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen gehabt. Eine Ausnahme hiefür sehe § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG nur im Falle des Verlustes des Asyls und in anderen gesetzlich geregelten Fällen vor. Von diesen Fällen sei hier keiner anwendbar. Im übrigen halte sich der Beschwerdeführer im Anschluß an den Ablauf seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung seit 5. August 1992 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Dies rechtfertige die Annahme, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden. Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei daher auch gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 6 Abs. 2 und § 13 AufG in der Fassung BGBl. Nr. 351/1995 lauten (auszugsweise):

"(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; ... schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.

§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.

(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 und 4 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei am 2. September 1991 nach Österreich eingereist. Am 5. September 1991 habe er einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag sei mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juli 1992 abgewiesen worden. Dagegen habe er Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Dieser Gerichtshof habe mit Beschluß vom 6. Oktober 1992 dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am 21. September 1991 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme seines Asylverfahrens gestellt. Auch dieser Antrag sei mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Dezember 1992 abgewiesen worden. Auch dieser Bescheid sei vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft worden.

Aus einer mit dem Beschwerdeführer am 30. Juni 1993 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich aufgenommenen Niederschrift ergebe sich, daß dieser bestätigt habe, die in Rede stehenden Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuziehen.

Daraufhin sei am 1. Juli 1993 die gegenständliche Antragstellung erfolgt.

Mit Beschlüssen je vom 9. September 1993 habe der Verwaltungsgerichtshof die beiden in Rede stehenden Beschwerden für gegenstandslos erklärt und die diesbezüglichen Verfahren eingestellt.

Ausgehend von diesem Sachverhalt vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, er habe sich im Zeitpunkt der Überreichung seines Antrages vom 1. Juli 1993 am 6. Juli 1993 aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerden gegen die im Asylverfahren ergangenen letztinstanzlichen Bescheide nicht unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Die Beschwerdezurückziehung sei allein unter der Voraussetzung erfolgt, daß der Beschwerdeführer berechtigt sei, einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Österreich aus zu stellen.

Sein Antrag sei nicht als Erstantrag, sondern als Verlängerungsantrag "zu kategorisieren". § 13 Abs. 2 AufG spreche ausdrücklich nur davon, daß für die in § 1 Abs. 3 AufG genannten Fremden eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 AufG in Betracht komme. § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG gestatte eine Antragstellung im Inland ausdrücklich im Falle einer Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung. Überdies dürfe durch das Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes keine Schlechterstellung des Beschwerdeführers Platz greifen. Auch habe der Bundesminister für Inneres in einem Rundschreiben vom 6. April 1994, Zl. 71.370/3-III/11/94, die Behörden angewiesen, in Fällen wie dem des Beschwerdeführers Aufenthaltsbewilligungen auch im Falle einer Antragstellung vom Inland aus zu erteilen. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer darüber hinaus, daß die belangte Behörde zu prüfen gehabt hätte, auf welcher Rechtsgrundlage die Zurückziehung seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und seines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt seien und welche Rolle seine mangelnden Deutschkenntnisse dabei gespielt hätten. Darüber hinaus sei auf seine rechtmäßige Beschäftigung nicht Bedacht genommen worden.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Ginge man von den Bescheidfeststellungen aus, wäre dem Beschwerdeführer schon seit 5. August 1992 kein vorläufiges Aufenthaltsrecht (mehr) zugekommen. Er hätte als abgewiesener Asylwerber seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen gehabt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0666).

Selbst bei Zutreffen seiner Beschwerdebehauptung, es sei ihm aufgrund der vom Verwaltungsgerichtshof zuerkannten aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde gegen den im Verfahren auf Zuerkennung von Asyl ergangenen Berufungsbescheid im Zeitpunkt der hier gegenständlichen Antragstellung dieselbe Rechtsstellung zugekommen, die er vor Beendigung seines Asylverfahrens hatte, wäre für den Beschwerdeführer aus nachstehenden Gründen nichts gewonnen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind auch nach § 5 des Asylgesetzes 1968 erworbene Berechtigungen zum vorläufigen Aufenthalt ab Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen als solche nach § 7 des letztgenannten Gesetzes anzusehen. Dem Beschwerdeführer wäre daher im Hinblick auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde im Zeitpunkt seiner Antragstellung eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG zugekommen. Für eine solche kommt eine Verlängerung nach § 13 Abs. 1 AufG jedoch - im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - nicht in Frage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/1403). § 13 Abs. 2 AufG spricht im Gegensatz zur Darstellung in der Beschwerde nicht von einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, sondern von einer solchen der Aufenthaltsberechtigung. Eine solche Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung (durch Erteilung einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG) nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 AufG ist etwa in § 3 Z. 2 der gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG ergangenen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, in Ansehung von Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG aufgrund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrags aufenthaltsberechtigt sind, vorgesehen. Eine entsprechende Regelung findet sich für den Fall des Verlustes einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - im Gegensatz zum Fall des Verlustes des Asyls selbst - nicht. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausging, der Beschwerdeführer sei nicht berechtigt, einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften gemäß § 13 Abs. 1 AufG zu stellen.

Die Stellung eines Verlängerungsantrages nach § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG kam für den Beschwerdeführer schon deshalb nicht in Betracht, weil er nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist § 6 Abs. 2 erster Satz AufG auch auf Fremde anwendbar, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes in Österreich aufhielten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/0593).

Selbst wenn dem Beschwerdeführer anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich am 30. Juni 1993 die Auskunft erteilt worden wäre, er sei im Falle der Zurückziehung seiner Beschwerden berechtigt, vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu stellen, wäre § 6 Abs. 2 erster Satz AufG im vorliegenden Fall dennoch anzuwenden. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben steht der Anwendung bindender Rechtsvorschriften nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1982, Zl. 1283/79). Welche Auswirkungen eine solche Auskunft auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffend die im Asylverfahren des Beschwerdeführers ergangenen Bescheide hätte, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Selbst wenn diese verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch anhängig gewesen wären, wäre die Sache nicht anders zu beurteilen.

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf den von ihm zitierten Erlaß des Bundesministers für Inneres vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil ein solcher Erlaß den Verwaltungsgerichtshof nicht bindet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1996, Zl. 94/18/0958).

Da die Auswirkungen der Erklärungen des Beschwerdeführers in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 30. Juni 1993 auf die diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren hier dahingestellt bleiben können, vermag auch der Hinweis auf seine mangelnden Deutschkenntnisse bei Aufnahme dieses Protokolls keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen. Auch auf die Frage, ob ein Antragsteller in Österreich rechtmäßig beschäftigt ist, kommt es im Grunde des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nicht an, wenn er - wie der Beschwerdeführer - nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte.

Selbst wenn die Annahme der belangten Behörde, die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers aufgrund seines Asylverfahrens habe mit 5. August 1992 geendet, aktenwidrig wäre, beträfe diese Sachverhaltsannahme keinen wesentlichen Punkt im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG, weil sich auch auf Basis der Beschwerdebehauptungen an der Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, nichts änderte.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996193273.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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