Entscheidungsdatum
04.05.2020Norm
ASVG §5 Abs2Spruch
Schriftliche Ausfertigung des am 19.02.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses
I408 2140991-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX, vom 25.10.2016, ZI. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.02.2020
A)
I. Die Beschwerde zu den Spruchpunkten I. und II. wird nach der Zurückziehung in der mündlichen Verhandlung eingestellt.
II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. und IV. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.
III. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 26.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass er den Irak aus Angst vor dem Krieg verlassen habe. Er sei vom kurdischen Militär einberufen worden und habe sich geweigert.
2. Am 20.07.2016 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde einvernommen. In dieser Einvernahme schilderte der Beschwerdeführer auf das Wesentlichste zusammengefasst, dass er Mitglied einer Jugendorganisation gewesen sei, welche mittels Theaterstücke die Gesellschaft über Missstände, beispielsweise die Rechte von Kindern und Frauen, aufmerksam gemacht habe und deswegen Probleme mit der Politik und den Salafisten bekommen habe.
3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 25.10.2016 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt IV.).
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht am 10.11.2016 erhobene Beschwerde, mit der alle Spruchpunkte bekämpft wurden.
5. Am 19.02.2020 fand am Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung statt, in der das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet wurde.
6. Am 21.02.2020 wurde die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses seitens der belangten Behörde beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch genannten Namen und ist am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams an. Er ist im Ort XXXX in der Provinz Sulaimaniyya geboren und hat bis zu seiner Ausreise aus dem Irak dort gelebt.
Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Kurdisch. Weiters beherrscht er noch die arabische Sprache. Darüber hinaus verfügt er über gute Kenntnisse der deutschen Sprache.
Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und arbeitsfähig.
Er ist ledig und kinderlos. Die Eltern und die Schwestern des Beschwerdeführers leben in Kurdistan, einer seiner Brüder lebt in der Türkei und der andere in Großbritannien.
Im Irak hat der Beschwerdeführer die universitäre Ausbildung zum Landwirtschaftsingenieur abgeschlossen, eine Ausbildung zum Friseur absolviert und Theater gespielt.
Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2015 den Irak verlassen und reiste schlepperunterstützt über die Türkei und Serbien nach Österreich ein. Er gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und hat dort am 26.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
1.2. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Antragstellung am 26.02.2015 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet.
Bis August 2017 hat der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung bezogen. Seit 25.08.2017 übt er das reglementierte Gewerbe XXXX aus. Das Gewerbe "XXXX" hat er von 22.10.2018 bis 10.01.2020 ausgeübt und dann wieder aufgegeben. Der Beschwerdeführer ist selbstständig als XXXX tätig, hat ein Geschäftslokal angemietet, beschäftigt drei Mitarbeiter und erwirtschaftet so monatlich ca. ? 1.200, -- bis ? 1.400, --. Mit diesen Einkünften bestreitet er seinen Lebensunterhalt und ist in der Lage, sich selbst zu erhalten. Dieses Einkommen liegt über der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG. Der Beschwerdeführer wohnt in einer Mietwohnung, für welche er monatlich inklusive Betriebskosten ? 599,-- bezahlt. Der Mietvertrag läuft auf seinen Namen.
Der Beschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse besucht und hat am 13.12.2016 die Prüfung über deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1 bestanden. Am 31.01.2020 hat er an der Integrationsprüfung B1 teilgenommen, diese aber nicht bestanden. Allerdings ergibt sich aus dem Prüfungsergebnis, dass er über Sprachkenntnisse auf Niveau A2 verfügt. So hat er bei den Modulen Hören/Lesen sowie Schreiben ein A2-Niveau erreicht. Beim Modul Sprechen hat er B1-Niveau erzielt. Auch den Werte- und Orientierungsteil hat er erfolgreich abgelegt.
Er ist in Österreich sozial integriert, verfügt über einen Freundes- sowie Bekanntenkreis und ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin liiert, welche auch in XXXX wohnhaft ist.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
1.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Die Frage, ob der Beschwerdeführer asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates glaubhaft gemacht hat und ein subsidiärer Schutzstatus vorliegt, ist nach Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens.
2. Beweiswürdigung:
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch die am 19.02.2020 durchgeführte mündliche Verhandlung Beweis erhoben.
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und dem Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger (AJ-WEB) wurden ergänzend zu den vorliegenden Akten eingeholt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen gleichbleibenden und übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.02.2020 sowie aus der Vorlage von zuverlässigen Identitätsdokumenten im Original. In diesem Sinne war von einer für das Asylverfahren ausreichenden Bescheinigung der Identität des Beschwerdeführers auszugehen.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zur Herkunft und zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers stützen sich auf die diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden und übereinstimmenden Angaben im gesamten Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.02.2020.
Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben vor der belangten Behörde und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers, zu seiner Schul- und Berufsausbildung und zu seinen bisher ausgeübten beruflichen Tätigkeiten im Irak ergeben sind aus den diesbezüglichen Angaben im gesamten Verfahren. Es besteht kein Grund an der Richtigkeit dieser Aussagen zu zweifeln.
Die Feststellungen zum Zeitpunkt der Ausreise aus dem Irak, zur Reiseroute, zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich und zum Zeitpunkt der Antragstellung ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt und den damit übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren.
2.3. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:
Die Feststellungen zur Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich, zu seinem bisherigen Aufenthaltstitel in Österreich und zur Dauer der bezogenen Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung ergeben sich aus einem eingeholten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem und dem vorliegenden Akteninhalt.
Die Feststellungen zu dem Umstand, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2017 ein regelmäßiges Einkommen aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielt, das über der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG liegt, ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.02.2020 und den damit übereinstimmenden vorgelegten Unterlagen (u.a. den beglaubigten Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria - GISA vom 08.09.2017; die vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen für die Jahre 2017 und 2018; die vorgelegte Saldenliste Jänner bis Dezember 2019; die Bescheinigung des Finanzamtes Wien vom 18.02.2020, dass keine fälligen Abgabenforderungen bestehen; die WEBEKU-Kontoinformation vom 18.02.2020) sowie aus einer durch das Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Sozialversicherungsdatenabfrage (AJ-WEB Auskunftsverfahren) vom 18.02.2020.
Die Feststellungen zur Wohnsituation des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben und dem vorgelegten Mietvertrag.
Die Feststellungen hinsichtlich der Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers beruhen auf der eigenen Wahrnehmung des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.02.2020 sowie auf den diesbezüglich im Verfahren vorgelegten Unterlagen (u.a. das A1-Zeugnis über die bestandene Deutschprüfung auf A1-Niveau vom 13.12.2016 durch den Beschwerdeführer; Prüfungsergebnis B1-Prüfung vom 14.02.2020).
Die Feststellungen zu der sozialen Integration des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.02.2020.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauskunft, den eigenen Angaben des Beschwerdeführers und dem Akteninhalt.
2.4. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Feststellungen zu den Gründen des Beschwerdeführers für das Verlassen seines Heimatstaates und die Prüfung der Voraussetzungen für den subsidiären Schutzstatus waren nach Zurückziehung seiner Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens. Somit kann es dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen den Tatsachen entspricht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Einstellung des Verfahrens über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2, § 7 VwGVG, K 6).
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht; darunter fällt auch die Zurückziehung der Beschwerde (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung (nunmehr Beschwerde) zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 63 Rz 75 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Mit der unmissverständlich formulierten Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides durch den Beschwerdeführer nach Rücksprache mit seinem bevollmächtigten Rechtsvertreter im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.02.2020 sind die Spruchpunkte I. und II. rechtskräftig geworden; einer Sachentscheidung durch das Gericht ist damit die Grundlage entzogen. Das diesbezügliche Verfahren war daher mit Beschluss einzustellen (vgl. dazu auch VwGH 29.04.2015, 2014/20/0047, wonach aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG hervorgeht, dass eine bloß formlose Beendigung [etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes] eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt).
3.2. Zur Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung und Erteilung eines Aufenthaltstitels:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:
"Arten und Form der Aufenthaltstitel
§ 54. (1) Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden Drittstaatsangehörigen erteilt als:
1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,
2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,
3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.
(2) Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 sind für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sind nicht verlängerbar.
[...]
Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
[...]
Antragstellung und amtswegiges Verfahren
§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
[...]
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
[...]"
§ 9 BFA-VG lautet auszugsweise wie folgt:
"Schutz des Privat- und Familienlebens
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
[...]"
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen einer der Gründe des § 57 AsylG 2005 behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 26.06.2007, 2007/01/0479).
Der Beschwerdeführer führt in Österreich kein Familienleben und hat ein solches auch nicht behauptet.
Weiters ist jedoch zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).
Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua. gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH). Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216, mwH).
Dass der Aufenthalt nur aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung rechtmäßig ist, mindert das Gewicht der privaten Interessen, die aus einer in dieser Zeit vollzogenen Integration resultieren. Mit Zunahme der Aufenthaltsdauer tritt aber auch der Aspekt des aufenthaltsrechtlichen Status zunehmend in den Hintergrund, sodass in diesem Zeitraum entstandene persönliche Bindungen sich auf die Interessenabwägung mitunter entscheidend zugunsten einer Abstandnahme von einer Rückkehrentscheidung auswirken können (in diesem Sinne auch VwGH 27.04.2001, 99/18/0223).
Im gegenständlichen Fall lebt der Beschwerdeführer seit seiner Antragstellung im Februar 2015 - somit seit mehr als fünf Jahren - durchgehend im österreichischen Bundesgebiet und hat sich in diesem Zeitraum von Beginn an um eine umfassende Integration bemüht. In dieser Zeit entwickelte der Beschwerdeführer ein schützenswertes Privatleben in Österreich, von dessen Bestehen sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung am 19.02.2020 durch die Befragung des Beschwerdeführers und die Einsichtnahme in die vorgelegten Beweismittel überzeugen konnte.
Der Beschwerdeführer hat sich während seines bisherigen Aufenthaltes in Österreich sozial sehr gut integriert. Er verfügt über einen Freundes- und Bekanntenkreis, ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin liiert und hat mehrere Deutschkurse besucht und zuletzt an einer Prüfung Niveau B1 teilgenommen. Er verfügt über gute Deutschkenntnisse, da er u.a. auch im Berufsleben Deutsch spricht. Auch wenn er die Prüfung Niveau B1 nicht bestanden hat, ergibt sich daraus eindeutig, dass er betreffend Hören/Lesen sowie Schreiben ein A2-Niveau und beim Sprechen sogar ein B1-Niveau aufweist. Von seinen guten Deutschkenntnissen konnte sich auch der erkennende Richter in der mündlichen Verhandlung überzeugen.
Seit September 2017 ist der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig, nimmt keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung in Anspruch und sorgt selbst für seinen Lebensunterhalt, indem er ein regelmäßiges Einkommen durch die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielt. So verfügt der Beschwerdeführer seit August 2017 über eine Gewerbeberechtigung und ist zurzeit als XXXX tätig. Er wohnt in einer eigenen Mietwohnung und zahlt dafür Miete. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt auch künftig unabhängig von staatlichen Unterstützungsleistungen bestreiten kann.
Der Beschwerdeführer hat die bisher in Österreich verbrachte Zeit erfolgreich genutzt, um sich in vielerlei Hinsicht in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Neben seinen guten Kenntnissen der deutschen Sprache nimmt er auch intensiv am sozialen Leben in seinem Umfeld teil und hat auch zahlreiche Kontakte zur österreichischen Bevölkerung geknüpft.
Durch die Bemühungen des Beschwerdeführers, sich durch legale selbstständige Arbeit die Mittel zu seinem Unterhalt zu beschaffen, unabhängig von der Unterstützung durch die öffentliche Hand zu sein sowie die deutsche Sprache zu beherrschen, hat er zum Ausdruck gebracht, dass er seine Integration hier in Österreich intensiv betreibt und auch bereits von einem ausreichenden Grad an Integration ausgegangen werden kann.
Festzuhalten ist auch, dass der Beschwerdeführer über die gesamte Zeit hindurch unbescholten geblieben und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, wobei die strafgerichtliche Unbescholtenheit allein die persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib in Österreich gemäß der verwaltungsgerichtlichen Judikatur nicht entscheidend zu verstärken vermag (vgl. VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).
Aufgrund dieser Ausführungen tritt beim Beschwerdeführer in den Hintergrund, dass sich sein Aufenthalt im Bundesgebiet bisher nur auf einen Antrag auf internationalen Schutz stützte. Zudem setzte er keine Handlungen, die die Entscheidung der belangten Behörde bzw. des Bundesverwaltungsgerichtes verzögerten. Das erste und einzige inhaltliche Asylverfahren des Beschwerdeführers läuft sohin seit über fünf Jahren, ohne dass dies auf eine schuldhafte Verzögerung durch den Beschwerdeführer zurückzuführen war (vgl. VfSlg. 19.612/2011). Im Gegenteil, hat der Beschwerdeführer durchwegs von sich aus dem Asylverfahren dienliche und seine Integration bezeugende Dokumente vorgelegt. Ebenso war der Beschwerdeführer während der gesamten Aufenthaltsdauer melderechtlich erfasst und sohin für die Behörden jederzeit greifbar. Dem unsicheren Aufenthalt des Beschwerdeführers steht überdies die Verpflichtung des Staates gegenüber, Verfahren effizient zu führen (vgl. VfGH 07.10.2010, B 950/10 u.a.).
Die mit der Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet korrelierende Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat wiegt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes vor den oben dargestellten mannigfaltigen integrativen Leistungen des Beschwerdeführers nicht derart schwer, dass deshalb ein überwiegendes Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich zu verneinen wäre. Vielmehr würden die Auswirkungen einer Rückkehrentscheidung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund seiner bisher unternommenen, überaus erfolgreichen Anstrengungen und des sich daraus entwickelten, schützenswerten Privatlebens in Österreich schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Liegt eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so wird nach der Rechtsprechung des VwGH regelmäßig erwartet, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (vgl. etwa VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0049, mwN), was gegenständlich aufgrund der zahlreichen Integrationsschritte des Beschwerdeführers - wie oben angeführt - eindeutig der Fall ist.
Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall die privaten Interessen des Beschwerdeführers angesichts der erwähnten Umstände in ihrer Gesamtheit die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der genannten besonderen Umstände dieses Beschwerdefalles zu dem Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Privatlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es war daher gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist.
Wenn eine Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird, ist gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zu prüfen.
Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Auf das bestehende schützenswerte Privatleben des Beschwerdeführers wurde bereits eingegangen.
Ein Beschäftigungsverhältnis gilt gemäß § 5 Abs. 2 ASVG als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 425,70 ? (bzw. gemäß BGBl. II Nr. 339/2017 für 2018: 438,05 ?, gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 446,81 ? sowie gemäß BGBl. II Nr. 348/2019 für 2020: 460,66 ?) gebührt. Der Beschwerdeführer übt, wie den Feststellungen zu entnehmen ist, eine erlaubte Erwerbstätigkeit aus. Aus den in das Verfahren eingebrachten Beweismitteln zu dieser ausgeübten Erwerbstätigkeit und den damit übereinstimmenden glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers, geht zweifelsfrei hervor, dass mit deren Einkommen die Geringfügigkeitsgrenze erreicht (und überschritten) wird.
Darüber hinaus erfüllt der Beschwerdeführer aufgrund der vorliegenden Deutschkenntnisse auf A2-Niveau die alternative Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,
2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,
4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder
5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
Gemäß § 11 Abs. 2 IntG umfasst die Prüfung Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.
Auch wenn der Beschwerdeführer die Integrationsprüfung B1 nicht bestanden hat, so lässt sich aus dem Prüfungsergebnis vom 14.02.2020 dennoch ein Kenntnisstand der deutschen Sprache auf A2-Niveau ableiten, da er bei Hören/Lesen und Schreiben jeweils A2-Niveau und bei Sprechen sogar B1-Niveau erzielt hat. Außerdem hat er auch den Werte- und Orientierungskurs bestanden, weswegen auch vom Erfüllen der alternativen Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, nämlich des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, ausgegangen werden kann.
Wie oben bereits ausgeführt handelt es sich bei der Erfüllung des Modules 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017 jedoch nur um eine Alternativvoraussetzung und erfüllt der Beschwerdeführer ohnehin bereits den Punkt der Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit zum Entscheidungszeitpunkt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird, weswegen eine diesbezügliche eingehendere Prüfung unterbleiben konnte.
Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 im Falle des Beschwerdeführers in Folge des Ausspruchs der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gegeben sind, war spruchgemäß zu entscheiden und dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten zu erteilen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen und der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltstitel befristete Aufenthaltsberechtigung Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Integration Interessenabwägung mündliche Verhandlung mündliche Verkündung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig schriftliche Ausfertigung subsidiärer Schutz Verfahrenseinstellung Zurückziehung Zurückziehung der BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2140991.1.00Im RIS seit
18.09.2020Zuletzt aktualisiert am
18.09.2020