Entscheidungsdatum
04.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
G307 2220621-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA.: Slowakei, vertreten durch Dr. Julia ECKER in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2019, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) wurde am 28.02.2019 von einem Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien (im Folgenden: BFA) zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, ihren persönlichen wie finanziellen Verhältnissen einvernommen.
2. Mit Schriftsatz vom 15.04.2019, beim BFA eingelangt am selben Tag, erstattete die BF durch ihre Rechtsvertreterin eine Stellungnahme, welcher mehrere, die BF betreffende Dokumente beigelegt wurden.
3. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, der RV BF zugestellt am 20.05.2020, wurde gegen diese gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 2 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), sowie ihr gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).
4. Mit Schriftsatz vom 17.06.2019, beim BFA eingelangt am 18.06.2019, erhob die BF durch ihre RV Beschwerde gegen diesen Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Darin wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den bekämpften Bescheid wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes gänzlich zu beheben, in eventu das Aufenthaltsverbot (gemeint wohl dessen Dauer) wesentlich zu verkürzen, in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.
5. Die gegenständliche Beschwerde sowie der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG am 25.06.2019 vorgelegt und langten dort am 28.06.2019 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist ledig, slowakische Staatsbürgerin und frei von Sorgepflichten.
1.2. Die BF besuchte in der Slowakei die Grundschule und arbeitete als Küchengehilfin. In der Slowakei leben die Eltern und 6 Brüder der BF. 4 Schwestern halten sich in Schweden auf.
1.3. Zu den fremdenrechtlichen Vorgängen und Aufenthalten der BF in Österreich:
1.3.1. Mit Bescheid vom XXXX.1998 verhängte die Bezirkshauptmannschaft XXXX (BH XXXX), Zahl XXXX gegen die BF ein auf 5 Jahre befristetes, aus damaliger Sicht bis zum XXXX.2003 gültiges Aufenthaltsverbot. Aus diesem Anlass wurde sie am selben Tag auf dem Landweg in ihre Heimat abgeschoben.
1.3.2. Mit Bescheid der BH XXXX vom XXXX.2002, Zahl XXXX, wurde der soeben angeführte Bescheid wieder aufgehoben, weil von der BPD XXXX am XXXX.2002, Zahl XXXX ein neuerliches, auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, welches am XXXX.2002 in Rechtskraft erwuchs. Als Begründung wurden darin die Anzeigen gegen die BF wegen mehrerer Vermögensdelikte, die Betretung mit einem verfälschten slowakischen Reisepass, die Absicht der BF, in Österreich illegal einer Beschäftigung nachzugehen sowie die geringen Barmittel angeführt. Am XXXX.2002 wurde die BF in ihre Heimat abgeschoben.
1.3.3. Die BF hält sich zumindest seit 06.10.2008 durchgehend im Bundesgebiet auf und meldete sich mit 12.09.2008 bei ihrem damaligen Lebensgefährten (LG), XXXX an, welcher im Juli 2013 verstarb.
1.3.4. Am 15.09.2015 sprach das BFA zu Zahl XXXX gegen die BF eine Ermahnung in der Form aus, dass sie im Falle einer weiteren strafrechtlichen Verurteilung mit der Einleitung eines Aufenthaltsbeendigungsverfahrens gegen ihre Person zu rechnen habe.
1.3.5. Im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (VEB) wurde die BF mit Schreiben des BFA vom 08.08.2016 über die in Aussicht genommene Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt und zugleich aufgefordert, binnen 10 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens eine dahingehende Stellungnahme beim Bundesamt einzubringen.
1.3.6. Mit Ladungsbescheid vom 13.02.2019 wurde die BF aufgefordert, persönlich am 28.02.2019 zum Zwecke ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde zu erscheinen. Diesem Gebot kam die BF nach.
1.4. Die BF verbindet mit XXXX, wohnhaft in XXXX seit rund 3 Jahren eine enge Freundschaft. Dass sie mit diesem eine Beziehung führt, konnte nicht festgestellt werden. Die BF lebt derzeit mit ihrer Nichte, XXXX, geb. am XXXX, im gemeinsamen Haushalt.
1.5. Die BF war - beginnend mit 06.10.2008 - bis 11.10.2019 bei 10 Arbeitgebern in zahlreichen Arbeitsverhältnissen jeweils im Arbeiterdienstverhältnis beschäftigt, wobei die Anstellungen bei der Magistratsabteilung 48 Stadt Wien zumeist nur tageweise erfolgten. Die übrigen Arbeitsverhältnisse gingen in der Regel nicht über mehrere Wochen, maximal einige Monate hinaus. Seit 16.10.2019 ist die BF durchgehend bei der XXXX im Arbeiterdienstverhältnis zu einem monatlichen Bruttoentgelt in der Höhe von rund ? 1.270,00 beschäftigt.
1.6. Die BF verfügt über Deutschkenntnisse nicht feststellbaren Niveaus und nahm vom XXXX.2018 bis XXXX.2019 an einem ÖSD-Sprachkurs der Stufe "B1" im Ausmaß von 210 Unterrichtseinheiten teil. Dass die BF auch eine dahingehende Prüfung abgelegt hat, konnte nicht festgestellt werden.
Ferner absolvierte die BF in Österreich mehrere Massagekurse, wie etwa in den Bereichen klassische, Fußreflexzonen-, Bindegewebe-, Sport-, Thorax-, Wirbelsäule-, Kopf- und Gesichtsmassage.
1.7. Die BF weist laut Strafregister der Republik Österreich folgende Verurteilungen auf:
1. LG XXXX vom XXXX.1997 RK XXXX.1997 PAR 127 130 StGB Freiheitsstrafe 4 Monate Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Vollzugsdatum XXXX.1997 zu LG XXXX RK XXXX.1997; (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig Vollzugsdatum XXXX.1997 LG XXXX vom XXXX.2001,
2. LG XXXX vom XXXX.2002 RK XXXX.2002 PAR 127 128 ABS 1/4 130 223/2 224 StGB Freiheitsstrafe 8 Monate Vollzugsdatum XXXX.2002 zu LG XXXX RK XXXX.2002 Aus der Freiheitsstrafe entlassen am XXXX.2002, bedingt, Probezeit 3 Jahre LG XXXX vom XXXX.2002 zu LG XXXX RK XXXX.2002 Aus der Freiheitsstrafe entlassen, endgültig Vollzugsdatum XXXX.2002 LG XXXX vom XXXX.2006 zu LG XXXX RK XXXX.2002 zu LG XXXX RK XXXX.1997 Beschränkung der Auskunft gemäß Entschließung des Bundespräsidenten vom XXXX.2012 Erlass des BMVRDJ Zahl XXXX LG XXXX vom XXXX.2012,
3. LG F.STRAFS.XXXX XXXX vom XXXX.2012 RK XXXX.2012 § 125 StGB § 15 StGB § 269 (1) StGB Datum der (letzten) Tat XXXX.2011 Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Vollzugsdatum XXXX.2012 zu LG F.STRAFSXXXX RK XXXX.2012 Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre BG XXXX vom XXXX.2015 zu LG XXXX RK XXXX.2012 (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig Vollzugsdatum XXXX.2012 LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2018,
4. BG XXXX vom XXXX.2015 RK XXXX.2015 § 125 StGB Datum der (letzten) Tat XXXX.2014 Freiheitsstrafe 4 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Anordnung der Bewährungshilfe zu BG XXXX RK XXXX.2015 Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2016,
5. BG XXXX vom XXXX.2014 RK XXXX.2015 § 127 StGB Datum der (letzten) Tat XXXX.2014 Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX RK XXXX.2015 zu BG XXXX RK XXXX.2015 Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2016 zu BG XXXX RK XXXX.2015 (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2018,
6. LG XXXX vom XXXX.2015 RK XXXX.2015 §§ 127, 128 (1) Z 4 StGB Datum der (letzten) Tat XXXX.2014 Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX RK XXXX.2015 Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX RK XXXX.2015 zu LG XXXX RK XXXX.2015 Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2016 zu LG XXXX RK XXXX.2015 (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2018,
7. LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2016 RK XXXX.2016 §§ 127, 129 (1) Z 1 (2), Zi 1,, 130 (1) StGB § 15 StGB Datum der (letzten) Tat XXXX.2016 Freiheitsstrafe 15 Monate zu LG F.STRAFS.XXXX RK XXXX.2016 (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre LG F.STRAFS.XXXX vom XXXX.2018.
Im Zuge der zuletzt erwähnten Verurteilung wurde der BF angelastet, sie habe am XXXX.2016 in Wien gewerbsmäßig fremde, bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, insgesamt 3 Geschädigten weggenommen bzw. versucht, wegzunehmen, indem sie
A./ durch Einbruch in eine Wohnstätte versuchte, stehlenswertes Gut der beiden Geschädigten an sich zu nehmen, wobei sie das Gartentor auf nicht mehr feststellbare Weise geöffnet und ein Kellerfenster des Hauses eingetreten habe,
B./ einem weiteren Geschädigten eine Hose und ein T-Shirt von nicht mehr feststellbarem Wert an sich genommen habe.
Als mildernd wurden das teilweise reumütige Geständnis, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist sowie die teilweise objektive Schadensgutmachung, als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen sowie die Tatwiederholung gewertet.
Es wird festgestellt, dass die BF die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt und die geschilderten Taten begangen hat.
Die BF wurde am XXXX.2016 festgenommen, am XXXX.2016 in die Justizanstalt XXXX eingeliefert und von dort am XXXX.2016 entlassen.
1.8. Mit Beschluss des LG für Strafsachen XXXX vom XXXX.2016, Zahl XXXX, wurde der BF gemäß § 39 Abs. 1 SMG Strafaufschub bis zum XXXX.2018 unter der Bedingung gewährt, dass ihr Gesundheitszustand ärztlich überwacht werde, sie eine Psychotherapie sowie eine klinisch-psychologische Beratung und Betreuung absolviere. Ferner wurde dieser Aufschub mit der Maßgabe gewährt, dass sich die BF einer stationären Behandlung von sechs Monaten, mit wöchentlichen Einzelpsychotherapien, Gruppentherapien und regelmäßigen psychiatrisch-medizinischen sowie sozialarbeiterischen Kontakten als auch begleitenden Harnkontrollen unterzieht und im Anschluss daran eine ambulante Behandlung mit wöchentlichen Einzelgesprächen, regelmäßiger und intensiver sozialarbeiterischer Unterstützung bis zur Etablierung einer Tagesstruktur sowie begleitenden Harnkontrollen absolviert. Diese Auflagen hat die BF bis dato erfüllt.
Die BF litt zu diesem Zeitpunkt an einem Abhängigkeitssyndrom durch Alkohol, Cannabinoide und Sedativa. Die im Rahmen er Verurteilungen begangenen Delikte wurden vor allem dadurch, aber auch durch ihre durchwachsene Kindheit und Jugend hervorgerufen, in der eigene Bedürfnisse in den Hintergrund rückten.
Vom XXXX.2016 bis XXXX.2017 nahm die BF beim XXXX in XXXX eine stationäre Entwöhnungstherapie wahr. In deren Zuge wurden bei ihr psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch, Konsum anderer psychotroper Substanzen und Alkohol sowie eine rezidivierende depressive Störung sowie rezidivierende Episoden diagnostiziert. Die im Rahmen dieses Aufenthaltes geplanten Termine hielt sie verlässlich und regelmäßig ein. Seit dem XXXX.2018 ist die BF abstinent.
Seit XXXX.2019 befindet sich die BF in der XXXX der XXXX in Beratung und Abklärung. Weitere Termine nahm die BF am XXXX.2019, XXXX.2019, XXXX.2019 und XXXX.2019 wahr.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Die zu Einreise, Familienstand, Obsorgefreiheit, Schul- und Berufsausbildung sowie Verbleib der Verwandten im In- und Ausland getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Stellungnahme der BF vom 21.09.2016 (AS 309), der Einvernahme der BF vor der belangten Behörde, den von Seiten der BF durch ihre RV erstatteten Stellungnahmen wie dem Inhalt der Beschwerde.
Der Ablauf der fremdenrechtlichen (Aufenthaltsbeendigungs)Verfahren, deren Ausgang, diesbezüglich gesetzten Erhebungsschritte und Abschiebungen der BF in die Slowakei sind dem Akteninhalt, insbesondere den Bescheiden der BH XXXX, Schreiben und Bescheiden der LPD XXXX sowie des Bundesamtes zu entnehmen (AS 46, 51, 74, 102, 191, 285 und 372).
Die BF legte zum Beweis ihrer Identität einen auf ihren Namen lautenden slowakischen Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.
Aus dem am 27.04.2020 erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) wie dem Inhalt des Rechtsmittels (AS 536) ergibt sich, dass die BF mit der Tochter eines Bruders im gemeinsamen Haushalt lebt.
Es konnte zwar eine enge Freundschaft, jedoch keine Beziehung oder Lebensgemeinschaft mit Franz XXXX festgestellt werden. Weder dem auf AS 404 einliegenden Schreiben noch der aktuellsten Einvernahme der BF vor der belangten Behörde ist Derartiges zu entnehmen. So schrieb der Genannte an die RV der BF, er sei mit der BF seit 2 Jahren befreundet, ergänzten die beiden einander, helfe die BF ihm bei der Körperpflege und bei allen Einkäufen. Aus der Behauptung heraus, Franz XXXX werde von der "Fremdenbehörde" weder als Freund noch als Lebensgefährte wahrgenommen, ist die letztgenannte Eigenschaft nicht abzuleiten, zumal der BF bis dato auch nicht im gemeinsamen Haushalt mit der BF gelebt hat.
Die BF legte zwar eine Teilnahmebestätigung ihres Deutschkurses des Niveaus "B1" vor (AS 421), die Übermittlung eines Sprachzertifikats oder einer Prüfungsbescheinigung blieb sie jedoch schuldig. Auch die Einvernahme vor dem Bundesamt am 28.02.2019 wurde - entgegen der Ansicht der BF - in Slowakisch und nicht in Deutsch vorgenommen.
Die absolvierten Massagekurse sind aus den Feststellungen im Bescheid sowie dem Inhalt der von der BF handschriftlich abgefassten Stellungnahme (AS 309) ersichtlich.
Die bisher ausgeübten Beschäftigungen wie die aktuelle Erwerbstätigkeit und das hiefür bezogene Entgelt folgen dem Inhalt des auf den Namen der BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges.
Der Aufenthalt in Österreich seit dem Jahr 2008 ergibt sich aus dem Inhalt des ZMR, dem Aktenvermerk des Polizeikommissariates XXXX vom XXXX.2009, Zahl XXXX, wonach der verstorbene LG der BF bestätigte, dass die BF bei ihm wohne, den bereits seit XXXX.2008, wenn auch mit Unterbrechungen ausgeübten Beschäftigungen sowie der Vorlage des Schreibens der MA 35 über die erforderlichen Dokumente für die Ermittlung der Ehefähigkeit vom 06.10.2008 (AS 376).
Die Verurteilungen der BF ergeben sich aus dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie den im Akt dahingehend einliegenden Urteilen.
Zeitpunkt der Festnahme, Einlieferung in die JA XXXX sowie jener der Entlassung sind der Vollzugsdateninformation der JA Josefstadt (AS 352) wie dem ZMR zu entnehmen.
Aus dem Beschluss des LG XXXX (Punkt I.1.8.) ergeben sich der eingeräumte Strafaufschub und die dort angeordneten Auflagen.
Deren bisherige Erfüllung, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die bis dato erfolgreich absolvierten Therapien sowie die Suchtabstinenz sind aus den Dokumentationen und Schreiben des Grünen Kreises sowie der Suchthilfe Wien (AS 430, 455 - 463) wie den im Zuge des Beschwerdeverfahrens nachgelieferten Bestätigungen der RV der BF über die Teilnahme an Therapien vom XXXX.2019, XXXX.2019 und XXXX.2020 zu ersichtlich.
Der Zusammenhang der Tathandlungen mit der schwierigen Kindheit der BF und ihrem Suchtverhalten sind den eigenen Angaben der BF im Zuge ihrer Niederschriften vor der BPD XXXX wie einer Analyse des XXXX(AS 96 ff, 458) zu entnehmen.
Die der BF im Zuge ihrer Entwöhnungs- und Psychotherapie diagnostizierten Krankheiten folgen ebenso den Feststellungen des Grünen Kreises (insbesondere AS 459).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Die BF als Staatsangehörige der Slowakei ist sohin EWR-Bürgerin iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:
"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" betitelte § 51 NAG lautet:
"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen."
Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."
Der mit "" betitelte § 70 FPG lautet:
"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."
3.1.3. Der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen stattzugeben:
Von Seiten der BF, die aufgrund ihrer slowakischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, ist zumindest die Voraussetzung eines durchgehenden 5jährigen rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet erfüllt, wonach der gegenständliche Fall zwar nicht gemäß § 67 Abs. 1. 5. Satz, jedoch nach den Sätzen 1 bis 4 dieser Bestimmung sowie des § 53a NAG zu beurteilen ist.
Gegen die BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürgerin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)" (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, mwN). (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118).
Die BF ist seit 12.09.2008 im Bundesgebiet gemeldet. Da gegen sie am XXXX.2002 ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, sie am XXXX.2002 aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde und das Aufenthaltsverbot somit bis zum XXXX.2012 Gültigkeit hatte, hielt sie sich von Oktober 2008 bis XXXX.2012 rechtswidrig im Bundesgebiet auf. Es gilt somit im Lichte des § 67 Abs. 1 1. bis 4. Satz wie des § 53a NAG die Zeitspanne von diesem Zeitpunkt bis zu jenem der Bescheiderlassung am 20.05.2019 im Allgemeinen wie jene bis hin zur Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses im Besonderen zu beurteilen.
Bei der Beurteilung, ob ein 10jähriger Aufenthalt vorliegt oder nicht, ist auch die Judikatur des Verwaltungsgerichthofes und des Europäischen Gerichtshofes zu berücksichtigen:
In einem Verfahren betreffend Aufenthaltsverbot ist bei der Frage nach dem auf einen Fremden anzuwendenden Gefährdungsmaßstab das zu Art. 28 Abs. 3 lit. a der RL 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) ergangene Urteil des EuGH vom 16.01.2014, Rs C-400/12, zu berücksichtigen, weil § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 insgesamt der Umsetzung von Art. 27 und 28 dieser RL - § 67 Abs. 1 fünfter Satz FrPolG 2005 im Speziellen der Umsetzung ihres Art. 28 Abs. 3 lit. a - dient. Der zum erhöhten Gefährdungsmaßstab nach Art. 28 Abs. 3 lit. a der genannten RL bzw. dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 führende zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet muss demnach grundsätzlich ununterbrochen sein. Es können einzelne Abwesenheiten des Fremden unter Berücksichtigung von Gesamtdauer, Häufigkeit und der Gründe, die ihn dazu veranlasst haben, Österreich zu verlassen, auf eine Verlagerung seiner persönlichen, familiären oder beruflichen Interessen schließen lassen. Auch der Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe durch den Betroffenen ist grundsätzlich geeignet, die Kontinuität des Aufenthaltes iSd Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie zu unterbrechen und sich damit auf die Gewährung des dort vorgesehenen verstärkten Schutzes auch in dem Fall auszuwirken, dass sich der Fremde vor dem Freiheitsentzug mehrere Jahre lang (kontinuierlich) im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat. Dies ist - bei einer umfassenden Beurteilung - im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob die zuvor mit dem Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsverbindungen abgerissen sind VwGH 24.03.2015, Ro 2014/21/0079, mwN; VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).
Es ist demnach gegenständlich für die Anwendung der Judikatur des EuGH in der Rs C-400/12 nicht relevant, ob gegen den Beschwerdeführer eine "Ausweisung" iSd § 66 FPG oder ein "Aufenthaltsverbot" iSd § 67 FPG erlassen wird. In beiden Fällen handelt es sich um eine von der Freizügigkeitsrichtlinie umfasste, aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen einen Unionsbürger, zumal das Aufenthaltsverbot auch eine Ausweisung mitumfasst.
Der EuGH führt zudem in seiner Entscheidung vom aus:
"63 Mit seinen zusammen zu prüfenden ersten drei Fragen möchte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Wesentlichen wissen, ob die in Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 gestellte Anforderung, den "Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat" gehabt zu haben, dahin auszulegen ist, dass - und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen - sie von einem Unionsbürger erfüllt werden kann, der in jungem Alter in einen anderen Mitgliedstaat als denjenigen, 17.04.2018, C-316/16 und C-424/16 dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, gekommen ist und dort 20 Jahre lang gelebt hat, bevor er dort zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die zu dem Zeitpunkt, in dem eine Ausweisungsverfügung gegen ihn ergeht, im Vollzug begriffen ist.
64 Insoweit trifft zwar erstens zu, dass die Erwägungsgründe 23 und 24 der Richtlinie 2004/38 einen besonderen Schutz für diejenigen Personen vorsehen, die vollständig in den Aufnahmemitgliedstaat integriert sind, insbesondere in Fällen, in denen sie dort geboren sind und dort ihr ganzes Leben lang ihren Aufenthalt gehabt haben, doch ist das entscheidende Kriterium für die Gewährung des durch Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 verbürgten verstärkten Schutzes nichtsdestoweniger, ob sich der Unionsbürger, der im Aufnahmemitgliedstaat über ein Recht auf Daueraufenthalt im Sinne von Art. 16 und Art. 28 Abs. 2 dieser Richtlinie verfügt, wie von besagtem Art. 28 Abs. 3 gefordert, in den letzten zehn Jahren vor der Ausweisungsverfügung in diesem Mitgliedstaat aufgehalten hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 23. November 2010, Tsakouridis, C-145/09, EU:C:2010:708, Rn. 31, und vom 16. Januar 2014, G., C-400/12, EU:C:2014:9, Rn. 23).
65 Daraus folgt insbesondere, dass der für die Gewährung des verstärkten Schutzes gemäß Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 erforderliche Aufenthalt von zehn Jahren vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung der betreffenden Person an zurückzurechnen ist (Urteil vom 16. Januar 2014, G., C-400/12, EU:C:2014:9, Rn. 24).
66 Zweitens ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass dieser Aufenthaltszeitraum von zehn Jahren grundsätzlich ununterbrochen gewesen sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Januar 2014, G., C-400/12, EU:C:2014:9, Rn. 27).
67 In dieser Hinsicht ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 so zwar den Genuss des darin vorgesehenen verstärkten Schutzes vor Ausweisung von der Anwesenheit des Betroffenen im Hoheitsgebiet des fraglichen Mitgliedstaats in den letzten zehn Jahren vor der Ausweisung abhängig macht, sich aber daraus nichts zu der Frage ergibt, welche Umstände eine Unterbrechung dieser Aufenthaltsdauer von zehn Jahren bewirken können, die für den Erwerb des Rechts auf verstärkten Ausweisungsschutz erforderlich ist (Urteil vom 23. November 2010, Tsakouridis, C-145/09, EU:C:2010:708, Rn. 29).
68 Der Gerichtshof hat so entschieden, dass hinsichtlich der Frage, inwieweit Abwesenheiten vom Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats in dem in Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 genannten Zeitraum den Betroffenen daran hindern, in den Genuss des verstärkten Schutzes zu kommen, eine umfassende Beurteilung der Situation des Betroffenen jeweils zu dem genauen Zeitpunkt vorzunehmen ist, zu dem sich die Frage der Ausweisung stellt (Urteil vom 23. November 2010, Tsakouridis, C-145/09, EU:C:2010:708, Rn. 32).
69 Dafür haben die mit der Anwendung von Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 betrauten nationalen Behörden alle in jedem Einzelfall relevanten Umstände zu berücksichtigen, insbesondere die Dauer jeder einzelnen Abwesenheit des Betroffenen vom Aufnahmemitgliedstaat, die Gesamtdauer und die Häufigkeit der Abwesenheiten sowie die Gründe, die ihn dazu veranlasst haben, diesen Mitgliedstaat zu verlassen. Zu prüfen ist nämlich, ob die fraglichen Abwesenheiten bedeuten, dass sich der Mittelpunkt der persönlichen, familiären oder beruflichen Interessen des Betroffenen in einen anderen Staat verlagert hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. November 2010, Tsakouridis, C-145/09, EU:C:2010:708, Rn. 33)
70 Was die Frage betrifft, ob gegebenenfalls Zeiträume der Verbüßung einer Haftstrafe als solche und unabhängig von Zeiten der Abwesenheit vom Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats ebenfalls zu einem Abreißen des Bandes zu diesem Staat und zu einer Diskontinuität des Aufenthalts dort führen können, hat der Gerichtshof entschieden, dass zwar solche Zeiträume grundsätzlich die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 unterbrechen. Für die Zwecke der Feststellung, ob sie damit zu einem Abreißen des zuvor geknüpften Bandes der Integration zum Aufnahmemitgliedstaat dergestalt geführt haben, dass der Betroffene nicht mehr in den Genuss des durch diese Bestimmung verbürgten verstärkten Schutzes kommen kann, ist aber gleichwohl eine umfassende Beurteilung der Situation des Betroffenen zu dem genauen Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem sich die Frage der Ausweisung stellt. Im Rahmen dieser umfassenden Beurteilung sind die Zeiträume der Verbüßung einer Haftstrafe zusammen mit allen anderen Anhaltspunkten zu berücksichtigen, die die Gesamtheit der im Einzelfall relevanten Gesichtspunkte ausmachen, wozu gegebenenfalls der Umstand zählt, dass der Betroffene in den letzten zehn Jahren vor seiner Inhaftierung seinen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Januar 2014, G., C-400/12, EU:C:2014:9, Rn. 33 bis 38).
71 Insbesondere bei einem Unionsbürger, der früher, noch vor der Begehung einer seine Inhaftierung begründenden Straftat, bereits die Voraussetzung eines ununterbrochenen Aufenthalts von zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat erfüllte, kann nämlich der Umstand, dass er von den Behörden dieses Staates in Haft genommen wurde, nicht als geeignet angesehen werden, ohne Weiteres seine zuvor zum Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsbande abreißen zu lassen sowie die Kontinuität seines Aufenthalts in dessen Hoheitsgebiet im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 zu unterbrechen und ihn damit um den verstärkten Ausweisungsschutz zu bringen, der durch diese Bestimmung verbürgt ist. Ein solches Verständnis hätte auch zur Folge, dass dieser Bestimmung weitgehend ihre praktische Wirksamkeit genommen würde, da eine Ausweisung zumeist gerade wegen des Verhaltens des Betroffenen verfügt werden wird, das zu seiner Verurteilung und zum Freiheitsentzug geführt hat.
72 Im Rahmen der oben in Rn. 70 angesprochenen umfassenden Beurteilung, die hier vom vorlegenden Gericht vorzunehmen sein wird, wird dieses, was die Integrationsbande betrifft, die B in der Zeit des Aufenthalts vor seiner Inhaftierung zum Aufnahmemitgliedstaat geknüpft hat, zu berücksichtigen haben, dass, je fester diese Integrationsbande zu dem besagten Staat insbesondere in gesellschaftlicher, kultureller und familiärer Hinsicht sind - in einem Maße beispielsweise, dass sie zu einer echten Verwurzelung in der Gesellschaft dieses Staates geführt haben, wie sie vom vorlegenden Gericht im Ausgangsverfahren festgestellt worden ist -, umso geringer die Wahrscheinlichkeit sein wird, dass eine Verbüßung einer Freiheitsstrafe zu einem Abreißen der Integrationsbande und damit zu einer Diskontinuität des Aufenthalts von zehn Jahren im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 geführt haben kann.
73 Was die anderen für die Zwecke dieser umfassenden Beurteilung relevanten Anhaltspunkte anbelangt, so können sie, wie vom Generalanwalt in den Nrn. 123 bis 125 seiner Schlussanträge ausgeführt, zum einen die Art der die fragliche Haft begründenden Straftat sowie die Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, und zum anderen alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Bezug auf das Verhalten des Betroffenen während des Vollzugs umfassen.
74 Während nämlich die Art der Straftat und die Umstände ihrer Begehung ermessen lassen, in welchem Maß sich der Betroffene gegebenenfalls der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats entfremdet hat, kann sein Verhalten während der Haft wiederum dazu beitragen, dass eine solche
Entfremdung verstärkt wird, oder aber im Gegenteil dazu, dass im Hinblick auf die baldige Wiedereingliederung des Betroffenen in die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats zuvor zu diesem geknüpfte Integrationsbande aufrechterhalten oder wiederhergestellt werden.
75 In letzterer Hinsicht ist auch zu berücksichtigen, dass, wie vom Gerichtshof bereits festgestellt, die Resozialisierung des Unionsbürgers in dem Staat, in den er vollständig integriert ist, nicht nur im Interesse dieses Staates, sondern auch im Interesse der Europäischen Union insgesamt liegt (Urteil vom 23. November 2010, Tsakouridis, C-145/09, EU:C:2010:708, Rn. 50).
76 Zu den Fragen, die das vorlegende Gericht im Zusammenhang damit aufwirft, dass die Berücksichtigung des Haftzeitraums, um festzustellen, ob die Kontinuität des zehnjährigen Aufenthalts im Aufnahmemitgliedstaat vor der Ausweisung dadurch unterbrochen worden sei, je nach dem Zeitpunkt des Ergehens der Ausweisungsverfügung zu beliebigen oder der Gleichheit abträglichen Ergebnissen führen könne, sind folgende Klarstellungen geboten.
77 In manchen Mitgliedstaaten kann zwar eine Ausweisung als Strafe oder als Nebenstrafe zu einer Freiheitsstrafe verfügt werden. Diese Möglichkeit ist in Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 ausdrücklich vorgesehen. In einem solchen Fall kann die künftige Freiheitsstrafe logischerweise nicht berücksichtigt werden, wenn es um die Beurteilung geht, ob sich der Bürger in den letzten zehn Jahren vor dem Ergehen der Ausweisungsverfügung ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat.
78 Das kann somit z. B. zu dem Ergebnis führen, dass ein Unionsbürger, der zu dem Zeitpunkt, zu dem gegen ihn eine freiheitsentziehende Maßnahme zusammen mit einer Ausweisungsverfügung als Nebenstrafe oder Strafe ergeht, bereits einen ununterbrochenen zehnjährigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat vorweisen kann, in den Genuss des verstärkten Ausweisungsschutzes kommt, der in Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 vorgesehen ist.
79 Umgekehrt stellt sich in Bezug auf einen Bürger, dessen Ausweisung wie im Ausgangsverfahren nach seiner Inhaftierung verfügt wird, die Frage, ob die Haft bewirkt, dass die Kontinuität seines Aufenthalts im Aufnahmemitgliedstaat unterbrochen wird und er um den Genuss des verstärkten Schutzes gebracht wird.
80 Insoweit ist jedoch zu betonen, dass bei einem Unionsbürger, der bei Haftantritt bereits einen zehnjährigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat vorweisen kann, der Umstand, dass die Ausweisung während oder am Ende des Haftzeitraums verfügt wird, und die Tatsache, dass der Haftzeitraum so in den Zeitraum der letzten zehn Jahre vor Ergehen der Ausweisungsverfügung
fällt, nicht ohne Weiteres eine Diskontinuität dieses Zehnjahreszeitraums zur Folge haben, aufgrund deren dem Betroffenen der verstärkte Schutz des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 verloren ginge.
81 Wie sich nämlich aus den Rn. 66 bis 75 des vorliegenden Urteils ergibt, ändert sich, wenn die Entscheidung über die Ausweisung während oder am Ende des Haftzeitraums ergeht, nichts daran, dass nach Maßgabe der in diesen Randnummern gemachten Ausführungen eine umfassende Beurteilung der Situation des betroffenen Bürgers vorzunehmen ist, um festzustellen, ob er in den Genuss dieses verstärkten Schutzes kommen kann.
82 In den vorstehend in den Rn. 77 bis 81 angesprochenen Fallgestaltungen hängt also die Gewährung oder Nichtgewährung des in Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 vorgesehenen verstärkten Schutzes weiterhin von der Dauer des Aufenthalts und vom Grad der Integration des betroffenen Bürgers im Aufnahmemitgliedstaat ab.
83 Nach alledem ist auf die ersten drei Fragen in der Rechtssache C-316/16 zu antworten, dass Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen ist, dass im Fall eines Unionsbürgers, der eine Freiheitsstrafe verbüßt und gegen den eine Ausweisungsverfügung ergeht, die Voraussetzung dieser Bestimmung, den "Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat" gehabt zu haben, erfüllt sein kann, sofern eine umfassende Beurteilung der Situation des Betroffenen unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte zu dem Schluss führt, dass die Integrationsbande, die ihn mit dem Aufnahmemitgliedstaat verbinden, trotz der Haft nicht abgerissen sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere die Stärke der vor der Inhaftierung des Betroffenen zum Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsbande, die Art der die verhängte Haft begründenden Straftat und die Umstände ihrer Begehung sowie das Verhalten des Betroffenen während des Vollzugs.
Zur vierten Frage in der Rechtssache C-316/16:
84 Mit seiner vierten Frage möchte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Wesentlichen wissen, zu welchem Zeitpunkt zu beurteilen ist, ob die Voraussetzung des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38, den "Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat" gehabt zu haben, erfüllt ist.
85 Nach dieser Bestimmung "darf eine Ausweisung nicht verfügt werden" gegen einen Unionsbürger, der seinen Aufenthalt "in den letzten zehn Jahren" im Aufnahmemitgliedstaat gehabt hat, es sei denn, es liegen zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit vor.
86 Aus diesem Wortlaut ergibt sich, dass unter "den letzten zehn Jahren" die zehn Jahre vor der Ausweisungsverfügung zu verstehen sind, so dass die Voraussetzung des ununterbrochenen zehnjährigen Aufenthalts zum Zeitpunkt des Ergehens der Ausweisungsverfügung zu prüfen ist.
87 Wie oben in Rn. 65 in Erinnerung gerufen, hat der Gerichtshof im Übrigen bereits klargestellt, dass der Aufenthaltszeitraum von zehn Jahren, von dem die Gewährung des verstärkten Schutzes gemäß Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 abhängt, von dem Zeitpunkt an zurückzurechnen ist, zu dem die Verfügung der Ausweisung der betreffenden Person ergeht.
88 Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Frage, ob eine Person die Voraussetzung erfüllt, ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren vor der Ausweisungsverfügung im Aufnahmemitgliedstaat gehabt zu haben, und damit in den Genuss des verstärkten Schutzes gemäß Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 kommen kann, zu dem Zeitpunkt zu beurteilen ist, zu dem die Ausweisungsverfügung anfangs ergeht.
89 Es ist jedoch klarzustellen, dass diese Auslegung nicht der - anderen - Frage vorgreift, zu welchem Zeitpunkt zu beurteilen ist, ob tatsächlich "Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" im Sinne des Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38, "schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" im Sinne des Art. 28 Abs. 2 dieser Richtlinie oder "zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit" im Sinne des Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie gegeben sind, die eine Ausweisung rechtfertigen können.
90 Insoweit obliegt es zwar der Behörde, die die Ausweisungsverfügung anfangs erlässt, diese Beurteilung mit Erlass der Verfügung vorzunehmen, und zwar unter Beachtung der materiell-rechtlichen Vorgaben der Art. 27 und 28 der Richtlinie 2004/38.
91 Dies schließt jedoch nicht aus, dass es sich, wenn sich der konkrete Vollzug dieser Verfügung für eine gewisse Zeit verzögert, als notwendig erweisen kann, erneut und nach dem aktuellen Stand zu beurteilen, ob weiterhin, je nachdem, worum es geht, "Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit", "schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" oder "zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit" gegeben sind.
92 Es ist nämlich insbesondere darauf hinzuweisen, dass Art. 27 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2004/38 für jede Ausweisungsverfügung allgemein die Voraussetzung aufstellt, dass das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft oder des Aufnahmemitgliedstaats berührt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Mai 2012, I, C-348/09, EU:C:2012:300, Rn. 30, und vom 13. Juli 2017, E, C-193/16, EU:C:2017:542, Rn. 23).
93 Ferner müssen die Mitgliedstaaten, wenn eine Ausweisungsverfügung als Strafe oder als Nebenstrafe zu einer Freiheitsstrafe ergeht, aber mehr als zwei Jahre nach ihrem Erlass vollzogen wird, nach Art. 33 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 ausdrücklich überprüfen, ob von dem Betroffenen eine gegenwärtige und tatsächliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, und beurteilen, ob seit dem Erlass der Ausweisungsverfügung eine materielle Änderung der Umstände eingetreten ist (Urteil vom 22. Mai 2012, I, C-348/09, EU:C:2012:300, Rn. 31).
94 Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs allgemeiner, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisungsverfügung gegen einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats nach der letzten Behördenentscheidung eingetretene Tatsachen zu berücksichtigen haben, die den Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der gegenwärtigen Gefährdung bedeuten können, die das Verhalten des Betroffenen für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen soll. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein längerer Zeitraum zwischen dem Erlass der Ausweisungsverfügung und der Beurteilung dieser Verfügung durch das zuständige Gericht liegt (vgl. entsprechend Urteile vom 29. April 2004, Orfanopoulos und Oliveri, C-482/01 und C-493/01, EU:C:2004:262, Rn. 82, und vom 8. Dezember 2011, Ziebell, C-371/08, EU:C:2011:809, Rn. 84).
95 Nach alledem ist auf die vierte Frage in der Rechtssache C-316/16 zu antworten, dass Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 dahin auszulegen ist, dass die Frage, ob eine Person die Voraussetzung dieser Bestimmung, den "Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat" gehabt zu haben, erfüllt, zu dem Zeitpunkt zu beurteilen ist, zu dem die ursprüngliche Ausweisungsverfügung ergeht."
Dazu ist auszuführen, dass sich entsprechend der zitierten Rechtsprechung des EuGH der für den Erwerb eines Daueraufenthalts nötige ununterbrochene, rechtmäßige Aufenthalt von fünf Jahren zwar ab dem Zeitpunkt der Einreise bzw. Aufenthaltsnahme berechnet, hingegen für den - zur möglichen Anwendung des Gefährdungsmaßstabes des Art. 28 Abs. 3 lit. a Freizügigkeitsrichtlinie führenden - ununterbrochenen zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet der Zeitpunkt der Erlassung der ursprünglichen "Ausweisungsentscheidung" maßgeblich ist. Von diesem Zeitpunkt sind zehn Jahre zurückzurechnen.
Wie der EuGH in Rn 72 der genannten Entscheidung unterstreicht, wird, was die Integrationsbande betrifft, die in der Zeit des Aufenthalts vor seiner Inhaftierung zum Aufnahmemitgliedstaat geknüpft wurde, zu berücksichtigen sein, dass, je fester diese Integrationsbande insbesondere in gesellschaftlicher, kultureller und familiärer Hinsicht sind, umso geringer die Wahrscheinlichkeit sein wird, dass eine Verbüßung einer Freiheitsstrafe zu einem Abreißen der Integrationsbande und damit zu einer Diskontinuität des Aufenthalts von zehn Jahren im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 geführt haben kann.
Es ist umfassende Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, um zu klären, ob Haftzeiten die zuvor geknüpften Integrationsbande zum Aufnahmemitgliedstaat haben abreißen lassen. Deshalb lasse die Inhaftierung des Betroffenen im Aufnahmemitgliedstaat nicht ohne weiteres seine zu diesem Staat geknüpften Integrationsbande abreißen und bringe ihn daher auch nicht ohne weiteres um den verstärkten Ausweisungsschutz. Bei der umfassenden Beurteilung der Situation des Betroffenen seien die Stärke der vor seiner Inhaftierung zum Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsbande sowie die Art der Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Verhalten des Betroffenen während des Vollzugs zu berücksichtigen. Die Resozialisierung des Unionsbürgers in dem Staat, in den er vollständig integriert sei, liege nicht nur im Interesse dieses Staates, sondern auch im Interesse der Union.
3.1.4. Ausgehend von dieser Rechtsprechung hält sich die BF insgesamt seit mehr als 11 1/2 Jahren durchgehend, davon vom Zeitpunkt des Ablaufes des letzten Aufenthaltsverbotes bis zur Erlassung der vorliegenden Entscheidung des BFA rund 7 Jahre im Bundesgebiet auf. Eine Bindung zu den in der Slowakei wohnhaften Familienangehörigen ist kaum noch gegeben, hat sie sich von diesen distanziert.
Die BF wurde insgesamt 7 Mal (1997, 2002, 2012, 3 Mal 2015 und 2016) unter anderem wegen gewerbsmäßigen Diebstahls, versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung, Urkundenfälschung und zuletzt gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls (zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten) verurteilt, wobei ihr im Rahmen der jüngsten Verurteilung Strafaufschub erteilt wurde und sie die dahingehenden Auflagen einhielt.
Nun ist auf der "Haben"-Seite im Rahmen des Gesamtverhaltens der BF zu berücksichtigten, dass die zu den jüngsten Verurteilungen fü