Entscheidungsdatum
05.05.2020Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
G310 2223710-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerden von XXXX, geboren am XXXX, StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16.08.2019, Zl. XXXX, betreffend den Antrag auf internationalen Schutz zu Recht:
A) Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. wird als unbegründet abgewiesen.
B) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird insofern Folge gegeben, dass es zu lauten hat:
"Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführerin 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."
C) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben.
D) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (BF) reiste am XXXX.2019 nach Österreich ein und beantragte am 11.07.2019 internationalen Schutz. Als Fluchtgrund nannte sie Probleme mit ihrem Vater, welcher sie 2018 mit einem österreichischen Staatsbürger zwangsverheiratet habe, aufgrund der von ihr beabsichtigten Scheidung. Bei einer Rückkehr nach Serbien fürchte sie, dass er sie umbringen werde.
Nach der Erstbefragung und der Einvernahme der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz mit dem oben angeführten Bescheid sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten als auch von subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt III.), der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen die BF ein vierjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz wurde zusammengefasst damit begründet, dass die BF in Serbien keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Es liege kein Sachverhalt vor, der zur Gewährung von subsidiärem Schutz führe, zumal keinesfalls die völlige Entziehung der Existenzgrundlage drohe und genug Frauenhäuser zur Verfügung stünden. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG seien nicht erfüllt. Aufgrund des kurzen Inlandsaufenthalts der BF und des Umstands, verletze die Rückkehrentscheidung Art. 8 EMRK nicht. Die Abschiebung sei zulässig, weil die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 bis 3 FPG nicht vorlägen. Die BF stammten aus einem sicheren Herkunftsstaat. Bei ihrer Rückkehr bestünde keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung, sodass es ihnen zumutbar sei, den Verfahrensausgang in ihrem Herkunftsstaat abzuwarten. Daher sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen und es bestünde keine Frist für die freiwillige Ausreise. Die unbegründete und missbräuchliche Asylantragstellung der BF sowie ihre Mittellosigkeit gefährden die öffentliche Ordnung und Sicherheit, was die Erlassung eines Einreiseverbots erforderlich mache. Dies sei zur Erreichung der in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten; humanitäre Gründe iSd Art. 11 Abs. 3 der Rückführungsrichtlinie stünden dem nicht entgegen.
Dagegen richtet sich die gemeinsame Beschwerde der BF mit den Anträgen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Beschwerde stattzugeben und der BF den Status der Asylberechtigten bzw. der Subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Die BF begründet die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass wohlbegründete Furcht vor häuslicher Gewalt und erneuter Zwangsheirat bestehe. Die BF sei von ihrem Vater zur Ehe gezwungen worden. Aufgrund von Misshandlungen durch die Familie ihres Mannes sei ein Strafverfahren eingeleitet worden. Die BF habe eine Scheidungsklage eingebracht und sei nicht bereit, erneut eine Ehe einzugehen. Sie habe somit die Familienehre beschmutzt, weswegen sie nunmehr von ihrem Vater und auch ihrem Bruder bedroht werde. Die BF verfüge über keine Schulbildung, habe kein unterstützendes familiäres Netz, sei Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat und aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur albanischen Minderheit besonders vulnerabel. Allein das Vorhandensein von Frauenhäusern erfülle nicht die Vorrausetzungen für einen wirksamen Schutz. Es würden finanzielle Mittel fehlen und sei der Zugang zu Schutzeinrichtungen teilweise nur nach Einleitung rechtlicher Schritte möglich. Auch gebe es Probleme mit der Geheimhaltung der Identitäten.
Die Beschwerden und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 25.09.2019 einlangten.
Mit Teilerkenntnis vom 30.09.2019, G310 XXXX, wurde der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurückgewiesen (Spruchteil A)), der Beschwerde die gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Spruchteil B)) und die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen (Spruchteil C)).
Feststellungen:
Die BF ist Staatsangehörige von Serbien. Sie gehört der albanischen Volksgruppe an und bekennt sich zum Islam. Zuletzt lebte sie in XXXX. Sie spricht Albanisch und Serbisch. Die BF verfügt über keine Schul- oder Berufsausbildung. Sie ist gesund und arbeitsfähig.
Der BF wurde am XXXX.2018 ein bis zum XXXX.2028 gültiger serbischer Reisepass ausgestellt. Mit diesem reiste sie am XXXX.2018 über Ungarn in den Schengen-Raum ein, welchen sie am XXXX.2018 wieder verließ. Am XXXX.2019 ist sie erneut in den Schengen-Raum eingereist.
Ihre Eltern und weitere Verwandte leben nach wie vor in Serbien. Eine Schwester lebt in Österreich, ein Bruder in Deutschland. Die BF hat keine darüberhinausgehenden familiären oder nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher und sozialer Hinsicht liegen nicht vor. Die BF ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Die BF ging bislang in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach.
Am XXXX.2018 ehelichte die BF in Wien einen österreichischen Staatsbürger. Am XXXX.2019 erhob die BF vor dem Bezirksgericht XXXX die Ehescheidungsklage.
Die BF beantragte am 06.12.2018 die Ausstellung eines Aufenthaltstitels und wurde der Antrag am 04.04.2019 abgewiesen.
Von 18.10.2018 bis 12.06.2019 war die BF mit Hauptwohnsitz an der derselben Adresse wie ihre Ehemann gemeldet, jedoch liegt von 19.04.2019 bis 04.07.2019 eine Nebenwohnsitzmeldung in einem Frauenhaus vor. Seit 04.07.2019 ist sie bei einer sozialen Einrichtung mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Die BF wurde für den XXXX.2019 als Zeugin in einem gegen ihren Mann geführtem Strafverfahren zur kontradiktorischen Verhandlung vor das Landesgericht für Strafsachen XXXX vorgeladen. Der Ehemann der BF ist bis dato strafgerichtlich unbescholten.
Die BF wurde 2018 von ihrem Vater zur Ehe gezwungen und nach Einbringung der Scheidung von ihm mit erneuter Zwangsheirat und dem Umbringen bedroht. Auch stehen Misshandlungsvorwürfe durch ihren Ehemann und dessen Familie im Raum.
Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat. Die BF hat im Falle ihrer Rückkehr keine staatlichen oder behördlichen Sanktionen zu befürchten. Sie wird dort weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Es ist nicht zu erwarten, dass sie bei ihrer Rückkehr nach Serbien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein oder in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten würde. Zur speziellen Situation der BF ist insgesamt festzuhalten, dass die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des Staates jedenfalls gegeben ist.
Zur allgemeinen Lage in Serbien:
In Serbien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Die politische Lage ist stabil. Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet.
Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus.
Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss. Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange. Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Die Gesetze sehen für keine Straftat die Todesstrafe vor
Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden.
Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2018 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat, vor allem durch die Umsetzung der neuen Strafprozessordnung. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gab keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2018 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 155 Strafanzeigen gegen 227 Personen wegen 1.004 Verbrechen ein; 145 waren Polizisten und 82 Zivilbeamte. Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren.
Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbische Wirtschaft. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei.
Eine Vielzahl unabhängiger nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersucht und veröffentlicht ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbeamte sind im Allgemeinen kooperativ und reagieren auf ihre Fragen. Ausländische und inländische Nichtregierungsorganisationen (NGO) agieren in der Regel frei, aber diejenigen, die offen kritische Positionen gegenüber der Regierung vertreten oder sensible oder kontroverse Themen ansprechen, sind in den letzten Jahren mit Bedrohungen und Belästigungen konfrontiert worden.
Der Bürgerbeauftragte spielt eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung des Rechts der Bürger auf eine gute Verwaltungspraxis und die Behörden sind verpflichtet, über die Umsetzung seiner Empfehlungen zu berichten. In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien. In drei Gemeinden mit signifikantem albanischem Bevölkerungsanteil gibt es eigene Zweigstellen der nationalen Ombudsmanninstitution.
Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden. Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit
Die 2006 erlassende Verfassung garantiert allen in der Republik Serbien lebenden Menschen (insbesondere Minderheiten) alle Rechte, im Einklang mit den höchsten internationalen Standards. Serbien hat das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten sowie die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats ratifiziert. Die serbische Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Minderheitengesetzgebung entspricht internationalem Standard. Die nationalen Minderheitenräte vertreten die ethnischen Minderheiten des Landes und verfügen über eine breite Kompetenz in den Bereichen Bildung, Medien, Kultur und Minderheitensprachen. In der Provinz Vojvodina gibt es die größte Anzahl ethnischer Minderheiten, über 25. Sie machen rund ein Drittel der Bevölkerung aus. Die größten Gruppen sind: Ungarn - 13,00%, Slowaken - 2,60%, Kroaten - 2,43%, Montenegriner - 1,15%, Jugoslawen - 0,63%. Der serbische Staat garantiert gewisse Minderheitenrechte hinsichtlich der offiziellen Verwendung von Minderheitensprachen, der Gründung von Minderheitenräten als nationale Vertretung sowie der Aufhebung der Sperrklausel für ethnische Minderheitenparteien im serbischen Parlament. In der serbischen Öffentlichkeit sind Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (Roma, Albaner, Bosniaken, LGBTI) unverändert weit verbreitet. Allerdings sind in bestimmten Bereichen auch Fortschritte zu verzeichnen (z.B. höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern, Einsatz pädagogischer Assistenten und Roma-Mediatorinnen oder Anerkennung von Schulbüchern in Minderheitensprachen).
Trotz Bemühungen sind ethnische Albaner im Justizwesen, Polizei und öffentlichen Sektor in der Region weiterhin unterrepräsentiert. Im November 2013 wurden Gesetze verabschiedet, die die Sitze und örtlichen Zuständigkeiten von Gerichten und Staatsanwaltschaften neu regeln. Die albanische Minderheit kritisiert, die mehrheitlich albanisch besiedelten südserbischen Gemeinden würden durch die Neuregelung schlechter gestellt. Die albanische Minderheit ist seit den Parlaments- wahlen vom 21.1.2007 im serbischen Parlament vertreten. In den albanischen Siedlungsgebieten ist eine multiethnische Polizeitruppe im Aufbau. Dank dieser Entwicklung konnten auch die vom UNHCR durchgeführten Rückkehrprogramme für Albaner, die aus Südserbien nach Kosovo geflohen waren, erfolgreich abgeschlossen werden. Wie viele Albaner genau in Serbien leben, steht nicht fest,
da die albanische Minderheit den Zensus 2011 boykottiert hat. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Pre?evo, Medvedja) hat sich die Lage beruhigt.
Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet. Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates.
Die erfolgreiche Wiedereingliederung von Rückkehrern, insbesondere von besonders gefährdeten Personen wie den Roma, die eine große Anzahl von Rückkehrern darstellen, erfordert mehr Aufmerksamkeit. Es bedarf einer verbesserten Kommunikation und Koordination zwischen den jeweiligen Regierungen, zwischen staatlichen Stellen und lokalen Behörden sowie mit internationalen Organisationen und NGOs, die an der Wiedereingliederung von Rückkehrern beteiligt sind. In Zusammenarbeit mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen werden Hilfsleistungen und Unterstützung für intern Vertriebene, Flüchtlinge, Asylwerber, Staatenlose und andere hilfsbedürftige Personen bereitgestellt. Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein "Build Your Future"-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten. Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält.
Zur Situation von Frauen in Serbien:
Trotz gesetzlicher Gleichstellung besteht Diskriminierung gegen Frauen weiter. Auch Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor ein Problem. 25 Frauen sind bis August 2018 an den Folgen von häuslicher Gewalt gestorben. Vergewaltigung, einschließlich Vergewaltigung in der Ehe, wird mit bis zu 40 Jahren, sexuelle Belästigung bis zu einem Jahr Freiheitstrafe sanktioniert. Häusliche Gewalt wird mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Während die Gesetzeslage es Frauen ermöglicht, eine einstweilige Verfügung gegen den Gewalttäter zu erwirken, setzt der Staat die Gesetze nicht wirksam durch. Frauenorganisationen behaupten, dass Fälle von sexueller Belästigung und unangemessener Berührung selten untersucht werden. Die serbische Regierung veröffentlicht im März 2019 einen Bericht zur Übereinstimmung von nationalem Recht und Rechtspraxis mit der europäischen Sozialcharta. Darin finden sich Informationen zur Verfügbarkeit von Notunterkünften für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Laut dem Bericht gibt es in Serbien 14 Notunterkünfte ("safe houses") / Unterkünfte für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Davon werden zehn Häuser vom Zentrum für Sozialarbeit verwaltet, nämlich jene in Novi Sad, Zrenjanin, Jagodina, Sombor, Ni?, Pancevo, Leskovac, ?abac, Priboj und Smederevo. Weiters gibt es zwei Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt, die den Zentren für Entwicklung von Sozialschutzdiensten zugerechnet werden, nämlich jene in Kragujevac und Vranje. Eine Unterkunft für dringende Fälle mit einer Notrufnummer für Frauen, Kinder und Gewaltopfer befindet sich in Vlasotince und in Belgrad gibt es eine Beratungsstelle für häusliche Gewalt mit kostenloser Rufnummer. Die Mehrheit der Notrufnummern ist rund um die Uhr erreichbar. Basierend auf den Aufzeichnungen zu den erteilten Lizenzen für die Erbringung von sozialen Schutzdienstleistungen unter der Leitung des Ministeriums für Arbeit, Beschäftigung, Veteranen und Soziales gibt es fünf lizensierte Anbieter von Unterkünften für Opfer häuslicher Gewalt und zwar zwei in Belgrad und jeweils eine in Pancevo, Kragujevac und Leskovac.
In den letzten Jahren sind mit der Verabschiedung von allgemeinen und speziellen Protokollen und dem Gesetz zur Verhütung häuslicher Gewalt im Jahr 2017 Verbesserungen erzielt worden. Dennoch sind Mechanismen zur Verhinderung häuslicher und anderer Gewalt gegen Frauen, zum Schutz vor und zur Strafverfolgung solcher Gewalt sowie entsprechende Unterstützungsstrukturen nach wie vor schwach ausgeprägt. Dem Familiengericht ist es möglich, einstweilige Verfügungen zu erlassen und kann ein Verstoß zu einer Freiheitsstrafe führen. Häusliche Gewalt ist zwar nach wie vor verbreitet und gibt es von staatlicher Seite nur verzögerte Reaktionen auf die Situation und erfolgt die Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften, allerdings gibt es Anzeichen für eine zunehmende Bereitschaft der Frauen Fälle häuslicher Gewalt zu melden. Häusliche Gewalt wird mit Geldstrafen und Freiheitsstrafen geahndet, Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren, sofern ein Familienmitglied dabei ums Leben kommt.
Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung, um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich. Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein,
durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld ausbezahlt
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts. Die Feststellungen basieren insbesondere auf den Angaben der BF bei ihrer Erstbefragung, der Einvernahme durch das BFA sowie in der Beschwerde und den von ihr vorgelegten Unterlagen.
Die Angaben der BF zur Person, ihrer Reise nach Österreich und ihren Gründen für das Verlassen ihres Heimatstaates sind plausibel, schlüssig und werden durch die vorgelegten Urkunden untermauert, sodass ihnen gefolgt werden kann.
Die Feststellung der Arbeitsfähigkeit der BF beruht darauf, dass sie eine Erwachsene im Erwerbsalter ist. Gegenüber dem BFA und auch in der Beschwerde wurden keine gesundheitlichen Probleme geäußert.
Die Ein- und Ausreisestempel in ihrem Reisepass belegen die Ein- und Ausreisen in den Schengen-Raum.
Der Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels sowie dessen Abweisung ist im IZR dokumentiert. Die getroffenen Feststellungen basieren auf den im ZMR ersichtlichen Wohnsitzmeldungen der BF und ihres Ehemannes. Die Inanspruchnahme von Leistungen der Grundversorgung beruht auf dem Auszug aus dem GVS-Informationssystem. Im Sozialversicherungsdatenauszug sind keine Zeiten von Erwerbstätigkeit gespeichert. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF in Österreich wird durch das Strafregister belegt-
Die Feststellung, dass die BF weder strafrechtlich noch politisch noch aufgrund ihrer Volks- oder Religionszugehörigkeit verfolgt wurde und keine Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen hatte, beruht ebenfalls auf den entsprechenden Aussagen der BF.
Die Feststellungen zu den Familienangehörigen der BF in Serbien und den familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und in Deutschland beruhen auf der Darstellung der BF bei der Einvernahme durch das BFA.
Eine Kopie der Ehescheidungsklage liegt vor, ebenso eine Kopie der Zeugenladung. Dem Strafregisterauszug des Ehemannes ist keine strafgerichtliche Verurteilung zu entnehmen.
Die Fluchtgründe werden anhand der Angaben der BF bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme vor dem BFA festgestellt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bedrohung der BF je bei einer Sicherheitsbehörde des Herkunftsstaates angezeigt wurden.
Die Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien beruhen auf den Länderinformationen der Staatendokumentation sowie auf der von den BF vorgelegten ACCORD-Anfragebeantwortung vom 06.09.2019. Die Staatendokumentation und ACCORD berücksichtigten jeweils Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen, die ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne entscheidungswesentliche Widersprüche ergeben. Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit und Aktualität dieser Informationen zu zweifeln. Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Herkunftslandinformationen werden in dieser Entscheidung zur Wahrung der Übersichtlichkeit nur auszugsweise wiedergegeben. Zu den Quellenangaben im Einzelnen wird auf die Länderinformationen und auf die Anfragebeantwortung verwiesen. Aufgrund der stabilen Situation in Serbien sind die herangezogenen Länderinformationen ausreichend aktuell. Die Feststellung, dass dort keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen herrschen, beruht auf dem Fehlen von Berichten über derartige Konflikte und der grundsätzlich stabilen Sicherheitslage. Wenngleich sich aus den herangezogenen Berichten ergibt, dass Gewalt gegen Frauen nach wie vor weitverbreitet ist, sind doch ausreichende funktionierende Rechts- und Hilfsschutzmöglichkeiten vorhanden. Was sich auch daran zeigt, dass es Anzeichen für eine zunehmende Bereitschaft gibt, häusliche Gewalt zu melden. Auch existieren spezielle Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt.
Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien kann festgestellt werden, dass nicht zu erwarten ist, dass die BF dort bei ihrer Rückkehr in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird, auch wenn sie nicht in den Familienverband zurückkehren können und dort kein sonstiges soziales Netz haben. Sie kann Sozialleistungen erhalten, zumal die BF einen Reisepass hat und daher nicht die Gefahr besteht, dass ihr wegen fehlender Dokumente der Zugang zu staatlichen Leistungen und Einrichtungen verwehrt wird.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A.:
Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974, kurz GFK) droht.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlands befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Lands zu bedienen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Die Aufzählung der sogenannten "Konventionsgründe" ist abschließend.
Unter "Verfolgung" ist ein ungerechtfertigter Eingriff in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350), dessen Intensität es dem Betroffenen unzumutbar macht, den Schutz seines Heimatstaats in Anspruch zu nehmen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0092).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staats kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrechtliche Intensität erreichenden - Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (zuletzt VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).
Zentraler Aspekt der Verfolgung im Herkunftsstaat iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Dabei ist der reale Hintergrund der vom Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte zu berücksichtigen und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen auch im Vergleich zur einschlägigen Berichtslage zu messen (VwGH 16.02.2016, Ra 2014/20/0165).
Die BF macht als Fluchtgründe eine Verfolgung durch Privatpersonen, und zwar einerseits wegen der beabsichtigten Scheidung sowie andererseits wegen ihrer Weigerung, erneut dem Willen ihres Vaters entsprechend zu heiraten, geltend. Es kommt somit darauf an, ob der serbische Staat willens und in der Lage ist, sie vor Übergriffen ihrer Familie aus diesen Gründen zu schützen. Dies ist grundsätzlich bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems, an dem der Asylwerber wirksam teilhaben kann, gewährleistet, wenn also der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Verfolgungshandlungen, und der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233). Die Schutzfähigkeit und -willigkeit der staatlichen Behörden ist grundsätzlich daran zu messen, ob im Heimatland wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, vorhanden sind, ob die schutzsuchende Person Zugang zu diesem Schutz hat und ob sie unter Berücksichtigung ihrer besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119).
Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der serbischen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153).
Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass der serbische Staat häusliche Gewalt ablehnt und bestrebt ist, sie zu verhindern. Aufgrund der bestehenden Gesetze und Einrichtungen zum Schutz vor häuslicher Gewalt und zur Bestrafung der Täter ist die Schutzwilligkeit der serbischen Behörden nicht zu bezweifeln. Auch wenn bei der Umsetzung noch deutlicher Verbesserungsbedarf besteht, ist auch von einer ausreichenden Schutzfähigkeit für Personen wie der BF auszugehen. Zwar ist häusliche Gewalt ein verbreitetes und ernstzunehmendes Problem in Serbien, doch besteht ein im Großen und Grenzen wirksames System zum Schutz der Betroffenen. Häusliche Gewalt ist bei Strafe verboten. In diesem Zusammenhang ist auf die Reformbestrebungen des serbischen Staates zu verweisen, die bereits zu spürbaren Verbesserungen bei Arbeit der Polizei und beim Schutz vor häuslicher Gewalt geführt haben. Trotz der bestehenden Mängel gibt es keine Hinweise darauf, dass Opfern häuslicher Gewalt systematisch Schutz verweigert würden.
Es ist anzunehmen, dass die BF Zugang zu den in Serbien vorhandenen Schutzmechanismen für Opfer häuslicher Gewalt hat. Sie lebte in einer größeren Stadt, nicht in einer ländlichen, abgelegenen Gegend, wo der Zugang zu Rechtshilfediensten schwieriger ist. Auch die von der BF geäußerte Befürchtung, dass ihr Bruder sie in Österreich aufsuchen und bedrohen könnte, ist nicht geeignet, die Annahme einer fehlenden Schutzfähigkeit ihres Herkunftsstaates zu begründen. Es ist kein konkreter Grund ersichtlich, warum ihr bei erneuten Drohungen ihrer Familie der in Serbien für Opfer häuslicher Gewalt vorgesehene Schutz nicht zuteil werden würde.
Grundsätzlich hindert es die Asylgewährung, wenn der Asylwerber nicht einmal versucht hat, beim Herkunftsstaat Schutz vor einer möglichen Verfolgung durch nicht staatliche Verfolger zu finden, weil es an der erforderlichen Zurechnung des Verhaltens dieser Verfolger an den Staat fehlt (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Die BF hat bislang nicht versucht, in Serbien Schutz vor einer erneuten Zwangsverheiratung bzw. den Drohungen ihrer Familie zu erhalten. Es ist kein konkreter Grund ersichtlich, warum ihr der dort für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt grundsätzlich vorgesehene Schutz verwehrt werden würde. Selbst ein allfälliges Untätigbleiben einzelner Organwalter würde noch keine generell fehlende Schutzfähigkeit des serbischen Staates belegen, zumal ein solches Verhalten dort nicht geduldet wird und die BF die Möglichkeit hat, sich dagegen zu beschweren. Sie kann sich an eine speziell für Fälle häuslicher Gewalt vorgesehene Einrichtung oder Notfallnummer wenden.
Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die BF, selbst als Angehörige der albanischen Minderheit, nach ihrer Rückkehr nach Serbien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von den dortigen Behörden ausreichend Schutz vor der Verfolgung und der Zufügung ernsthafter Schäden durch Privatpersonen in- oder außerhalb ihrer Herkunftsfamilie erhalten wird. Ein lückenloser Schutz ist weder in Österreich noch in Serbien möglich.
Da auch sonst keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist davon auszugehen, dass keine solche besteht. Die Abweisung des Antrags der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten durch das BFA ist daher nicht zu beanstanden.
Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn sein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG zu verbinden.
Bei der Beurteilung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, die eine ganzheitliche Analyse der möglichen Gefahren erfordert und sich auf die persönliche Situation der Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob sie in ihrem Herkunftsstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Dies ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen; die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Wenn im Herkunftsstaat einer Asylwerberin eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, die ein solches Ausmaß erreicht, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich ist, dass auch sie tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltakts sein wird, liegen stichhaltige Gründe für die ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit bei der Rückführung in diesen Staat vor. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit der Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere, in der persönlichen Situation der Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die die BF bei der Rückkehr in ihr Heimatland vorfinden würde, reicht für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Die Voraussetzungen dafür, der BF subsidiären Schutz zuzuerkennen, liegen hier nicht vor. In Serbien ist die Todesstrafe abgeschafft. Angesichts der stabilen Sicherheitslage besteht keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der BF infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Bei ihrer Rückführung nach Serbien droht keine konkrete Gefahr, dort das Leben zu verlieren, Folter oder einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt zu sein.
Voraussetzung für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung oder Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).
Es wurde bereits dargelegt, dass die serbischen Behörden hier ausreichend schutzfähig und -willig sind. Die BF ist eine gesunde Frau in einem erwerbsfähigen Alter, die mit der Landessprache und den kulturellen Gepflogenheiten in Serbien vertraut ist. Sie ist als nicht besonders schutzbedürftig anzusehen, sodass es ihr möglich sein wird, sich durch eigene Erwerbstätigkeit, Inanspruchnahme karitativer Hilfsleistungen oder staatlicher Sozialhilfeleistungen eine Existenz aufzubauen, auch wenn sie nicht von ihren Eltern unterstützt wird. Es ist nicht zu befürchten, dass ihr bei der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen könnte, liegt aktuell in Serbien nicht vor.
Der BF droht in Serbien somit weder durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder fehlenden Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zu berücksichtigenden, von der EMRK gewährleisteten Rechte. Daher ist auch die Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz laut Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nicht korrekturbedürftig.
Zu Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide:
Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz zurück- oder abgewiesen wird, der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist gemäß § 58 Abs. 1 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
Eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" ist gemäß § 57 Abs. 1 AsylG Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Letztlich ist ein solcher Aufenthaltstitel auch Drittstaatsangehörigen, die im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen sind und Opfern von Gewalt wurden, zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Aufenthalt der BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet iSd § 46a FPG. Zu den von ihr behaupteten Misshandlungsvorwürfen durch ihren Ehemann liegt keine strafgerichtliche Verurteilung vor.
Ein Aufenthaltstitel nach § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG ist zudem nur dann zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich, wenn im Herkunftsstaat kein ausreichender staatlicher Schutz vor derartigen Bedrohungen gewährleistet wäre (vgl VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0023).
Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 AsylG liegen daher nicht vor.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung über die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem achten Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird und auch kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt.
Eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG ist ebensowenig erfolgt wie eine Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a AsylG.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß
§ 9 Abs. 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß
§ 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Die BF hat abgesehen von ihrer Schwester keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Es wurde keine so hohe Beziehungsintensität oder Abhängigkeit dargetan, dass ein Familienleben iSd Art 8 EMRK begründet würde. Ein Eingriff in ihr Familienleben steht somit nicht zur Debatte. Ihr vergleichsweise kurzer Aufenthalt im Bundesgebiet war aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerberin rechtmäßig. Unter "Privatleben" iSd Art. 8 EMRK ist nach der Rechtsprechung des EGMR das Netzwerk persönlicher, sozialer und ökonomischer Beziehungen zu verstehen, die das Privatleben eines jeden Menschen ausmachen. Aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer der BF sind auch sonst keine intensiven sozialen Anbindungen im Bundesgebiet anzunehmen und wurden von den BF auch nicht behauptet. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass allfällige Sozialkontakte zu einer Zeit entstanden wären, als sich die BF ihres unsicheren Aufenthaltsstatus als Asylwerberin bewusst war. Sie kann allfällige Kontakte auch über diverse Kommunikationsmittel (Telefon, E-Mail, soziale Medien) und bei wechselseitigen Besuchen pflegen. Insgesamt besteht keine derartige Verdichtung der persönlichen Interessen der BF, dass von "außergewöhnlichen Umständen" gesprochen werden kann, und ihr allein deshalb unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ein dauernder Verbleib in Österreich ermöglicht werden müsste. Die BF hat nach wie vor enge Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat, wo sie aufwuchs und die prägenden Jahre ihrer Kindheit und Jugend verbrachte. Sie spricht die Landessprache. Ihre strafrechtliche Unbescholtenheit vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253). Der Behörde anzulastende überlange Verfahrensverzögerungen liegen nicht vor.
Der vergleichsweise geringen Schutzwürdigkeit des Privatlebens der BF in Österreich steht das große öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen gegenüber, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zukommt. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der BF im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib überwiegt. Durch die Rückkehrentscheidung wird Art. 8 EMRK somit im Ergebnis nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen oder wurden in der Beschwerde behauptet, die eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen, sodass diese nicht zu beanstanden ist.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für diese Feststellung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).
Da keiner dieser Tatbestände hier erfüllt ist, ist die Abschiebung der BF nach Serbien zulässig, zumal ein Drittstaat als Zielstaat der Abschiebung nicht in Betracht kommt. Wird in einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz im Zusammenhang mit einer Rückkehrentscheidung eine amtswegige Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG getroffen, so ist diese Feststellung, soweit sie sich auf den Herkunftsstaat bezieht, (wegen der inhaltlichen Übereinstimmung des Prüfungsmaßstabs) nur die Konsequenz der Nichtgewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz. In dieser Konstellation kommt ihr demnach nur die Funktion zu, den Zielstaat der Abschiebung festzulegen (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).
Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide ist somit ebenfalls nicht korrekturbedürftig.
Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG ist gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Entscheidungen, in denen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, sind gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht mit einer Frist für die freiwillige Ausreise zu verbinden. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids, sofern nicht besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Kommt es nach Vorlage der Beschwerde zu einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG, so hat dieses bei Bestätigung der Rückkehrentscheidung im Spruch seines Erkenntnisses eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 55 FPG K9).
Da hier der Beschwerde der BF mit Teilerkenntnis die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 FPG zuerkannt wurde, aber die Rückkehrentscheidung zu bestätigen war, ist eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Da keine besonderen Umstände vorgebracht wurden oder hervorgekommen sind, die einen längeren Zeitraum für die freiwillige Ausreise rechtfertigen würden, beträgt diese Frist entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids:
Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung kann gemäß § 53 Abs. 1 FPG ein Einreiseverbot erlassen werden. Dabei ist gemäß § 53 Abs. 2 FPG das bisherige Verhalten der oder des Drittstaatsangehörigen einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.
Das Vorliegen einer für die Verhängung eines Einreiseverbots relevanten Gefahr ist nach der demonstrativen Aufzählung des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG (soweit hier relevant) z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für höchstens fünf Jahre erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Von der BF geht allein durch Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit aus, die ein Einreiseverbot notwendig machen würde, zumal sie strafrechtlich unbescholten ist. Dies stellt noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbots gebieten würde (siehe VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Sie hat im Asylverfahren weder unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht noch gefälschte Dokumente vorgelegt. Da sie erstmals internationalen Schutz beantragte, ist die Erlassung eines Einreiseverbots gegen sie nicht zusätzlich zur Rückkehrentscheidung notwendig. Auch haben sich die mit Mittellosigkeit allgemein verbundenen Gefahren der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft noch nicht verwirklicht. Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids ist daher in teilweiser Stattgebung der Beschwerde ersatzlos zu beheben.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Ein Absehen von der mündlichen Verhandlung ist dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (grundlegend VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017