TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/14 W228 2145261-2

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Veröffentlicht am 14.05.2020
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Entscheidungsdatum

14.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W228 2145261-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , geboren am XXXX 1999, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.09.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Spruchpunkte I., II., III., IV., V., und VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, hat sein Heimatland verlassen, ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 03.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der Beschwerdeführer wurde nach einer Erstbefragung am 04.12.2015 am 28.09.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid vom 28.12.2016 wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis 28.12.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).

Die Gewährung von subsidiärem Schutz begründete das BFA damit, dass die gesamte Familie des Beschwerdeführers im Heimatdorf in Nangarhar lebe. Die Provinz Nangarhar zähle zu den volatilen Provinzen Afghanistans und sei dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatprovinz daher nicht zumutbar. Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Anknüpfungspunkte außerhalb seiner Heimatprovinz und sei ihm daher eine IFA, etwa in Kabul, nicht zumutbar. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides vom 28.12.2016 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 01.08.2018, Zl. W244 2145261-1/8E, die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Am 17.11.2017 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ein.

Dem vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung wurde stattgegeben und wurde ihm mit Bescheid des BFA vom 05.12.2017 eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 28.12.2019 erteilt.

Nach Einleitung eines Aberkennungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer am 30.08.2019 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Dabei gab er an, dass er aus der Provinz Nangarhar stamme. Er habe in seiner Heimat die Schule besucht und seinen Eltern in der Landwirtschaft geholfen. Außerdem habe er geschauspielert. Seine Eltern und seine Geschwister würden nach wie vor in Afghanistan leben. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er aufgrund seiner Schauspieltätigkeit Probleme mit den Taliban gehabt habe und im Falle einer Rückkehr wieder deshalb Probleme bekommen würde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 06.09.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 28.12.2016 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und die mit Bescheid vom 05.12.2017 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend führt das BFA hinsichtlich der Aberkennung des subsidiären Schutzes zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden. Die subjektive Lage des Beschwerdeführers habe sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert, als dem Beschwerdeführer nunmehr eine IFA in Herat oder Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe. Die Familie des Beschwerdeführers lebe nach wie vor in Afghanistan und könnte der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr familiäre Unterstützung in Anspruch nehmen. Zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei der Beschwerdeführer noch minderjährig gewesen; mittlerweile habe er die Volljährigkeit erreicht. Es handle sich beim Beschwerdeführer um einen arbeitsfähigen gesunden jungen Mann, dem es zugemutet werden könne, sich in Herat oder Mazar-e Sharif eine Existenz zu erwirtschaften, wobei ihm auch die in Österreich gewonnenen Berufserfahrung zugutekomme.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer vollumfängliche Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass es beim Beschwerdeführer seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes zu keiner Änderung seiner persönlichen Umstände gekommen sei. Ebenso wenig habe sich die Lage in Afghanistan verbessert. In weiterer Folge wurde auf Berichte zur allgemeinen Lage in Afghanistan verwiesen und wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als Schauspieler Verfolgung durch die Taliban drohe. Da Schauspieler gesellschaftlich verachtet werden, würde dem Beschwerdeführer ein Leben in Afghanistan besonders erschwert werden. Weiters wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer lediglich Kenntnisse über die örtlichen Gegebenheiten in Nangarhar, nicht jedoch in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif habe. Zudem sei auch in diesen Städten die Sicherheitslage extrem angespannt. Eine IFA in einer dieser Städte scheide daher mangels Zumutbarkeit aus. Weiters habe die belangte Behörde die Entscheidung auch damit begründet, dass der Beschwerdeführer mittlerweile volljährig sei. Dieser Umstand reiche allerdings nicht aus, um dem Beschwerdeführer den subsidiären Schutz abzuerkennen. Das Erreichen der Volljährigkeit sei kein Ereignis, welches für sich genommen eine Änderung der Sach- und Rechtslage darstellt.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.10.2019 zur Entscheidung vorgelegt.

Am 28.10.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Benachrichtigung von der Einstellung des Strafverfahrens betreffend den Beschwerdeführer vom 10.09.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger, geboren XXXX 1999. Er stammt aus der Provinz Nangarhar. Der Beschwerdeführer hat in seiner Heimat elf Jahre lang die Schule besucht und nebenbei seinen Eltern in der Landwirtschaft geholfen.

Der Beschwerdeführer ist Paschtune und sunnitischer Moslem. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu.

Die Eltern sowie die Geschwister des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Heimatdorf in der Provinz Nangarhar.

Der Beschwerdeführer ist ledig. Er ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Die individuelle Situation des Beschwerdeführers sowie die humanitäre Lage bzw. die Sicherheits- und Versorgungslage hat sich seit dem 28.12.2016 (Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) nicht nachhaltig und wesentlich verbessert. Vielmehr ist eine Verschlechterung der humanitären bzw. Versorgungslage in Afghanistan eingetreten. Aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus in Afghanistan, welcher insbesondere auf die hohe Zahl an Rückkehrern aus dem Iran, wo die Infektionsrate stark ansteigend ist, zurückzuführen ist, hat die afghanische Regierung Anfang April einen dreiwöchigen Lockdown verfügt. Schon diese Einschränkungen, führen insbesondere dazu, dass Rückkehrer weniger Zugang zu Arbeit und in der Folge zu einem Arbeitseinkommen haben. Sollten die diesbezüglichen Einschränkungen länger andauern, wird für Rückkehrer die Möglichkeit des Zugangs zu Arbeit und in der Folge zu einem Arbeitseinkommen noch weiter zurückgehen.

Es ist dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan nicht möglich grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft befriedigen zu können bzw. ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Afghanistan befindet sich am Anfang der Ausbreitung der Corona-Pandemie und tausende Menschen flüchten aus dem Iran nach Afghanistan.

Zur Situation im Herkunftsland Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst.

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften.

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt.

Herat-Stadt:

Die Provinz Herat liegt im Westen Afghanistans und teilt eine internationale Grenze mit dem Iran im Westen und Turkmenistan im Norden. Die Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt.

Die Provinz ist durch die Ring Road mit anderen Großstädten verbunden. Eine Hauptstraße führt von Herat ostwärts nach Ghor und Bamyan und weiter nach Kabul. Andere Autobahn verbinden die Provinzhauptstadt mit dem afghanisch-turkmenischen Grenzübergang bei Torghundi sowie mit der afghanisch-iranischen Grenzüberquerung bei Islam Qala. Ein Flughafen mit Linienflugbetrieb zu internationalen und nationalen Destinationen liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft von Herat-Stadt.

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Talibankämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten durchzuführen. Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban.

Im Zeitraum 1.1.2018-30.9.2019 wurden in der Provinz 145 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 2.095.117 geschätzt.

Zu COVID-19:

Mit Stand 9.4.2020 wurden in Afghanistan 484 COVID-19 Fälle bestätigt (15 Tote, 32 Genesene). Für die relativ geringe Anzahl bestätigter COVID-19-Fälle werden von afghanisches Seite Kapazitätsprobleme bei COVID-19 Verdachtsfällen eingeräumt, die nicht getestet werden können, was die relativ niedrige Anzahl bestätigter Fälle erklärt.

Aller Voraussicht nach, wird COVID-19 Afghanistan aufgrund mehrerer Faktoren besonders hart treffen: einerseits die schlechte Gesundheit, unter der viele Afghanen auch zu normalen Zeiten leiden - ansteckende Krankheiten wie Typhus oder Tuberkulose sind virulent; die Kinder- und Müttersterblichkeit ist eine der höchsten der Welt; auch sind viele Kinder in den Provinzen unterernährt, was sie anfällig für Infekte macht. Nach jahrzehntelangem Krieg gibt es Hunderttausende, die durch Verletzungen dauerhafte Schäden davongetragen haben. Unter Berufung auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO), prognostiziert das afghanische Gesundheitsministerium: 16 Millionen von mehr als 30 Millionen Einwohnern könnten an COVID-19 erkranken. Im schlimmsten Fall müssten 700.000 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert werden; 220.000 davon müssten möglicherweise auf Intensivstationen behandelt werden - von diesen könnten 110.000 Menschen an den Folgen von COVID-19 sterben. Landesweit stehen 10.400 Krankenhausbetten und 300 Beatmungsgeräte zur Verfügung. In der Provinz Herat, die die höchste Anzahl an bestätigten COVID-19-Fällen zu verzeichnen hat, wird die Zahl der Beatmungsgeräte auf nur 12 Stück geschätzt. Einer weiteren Quelle zufolge stehen in Herat sogar nur 10 dieser Beatmungsgeräte zur Verfügung.

In der an den Iran angrenzenden Provinz Herat hat sich die Anzahl positiver Fälle des COVID-19 unter dem Gesundheitspersonal verstärkt. Mitarbeiter/innen des Gesundheitswesens berichten von fehlender Schutzausrüstung - die Provinzdirektion bestätigte dieses Vorbringen und erklärte dies mit langwierigen Beschaffungsprozessen. Die Provinz Herat verfügt über drei Gesundheitseinrichtungen für COVID-19-Patient/innen. Zwei davon wurden erst vor kurzem errichtet; diese sind für Patient/innen mit leichten Symptomen bzw. Verdachtsfällen des COVID-19 bestimmt. Patient/innen mit schweren Symptomen hingegen, werden in das Regionalkrankenhaus von Herat, welches einige Kilometer vom Zentrum der Provinz entfernt liegt, eingeliefert.

Nach dem Tod eines Arztes aus dem "Amiri Medical Complex" in Kabul aufgrund von COVID-19, wurde die Klinik geschlossen. Neben diesem Arzt wurde eine Reihe von Angestellten desselben Krankenhauses positiv auf COVID-19 getestet. Auch in einem anderen Krankenhaus in Kabul "Rabia Balkhi Maternity Hospital" hat sich ein Arzt mit COVID-19 angesteckt; 15 weitere Beschäftigte befinden sich in Quarantäne.

Am 7.4.2020 wurde in Kandahar ein weiteres Labor eröffnet, um Verdachtsfälle des COVID-19 zu testen. In diesem Labor sollen täglich bis zu 100 Verdachtsfälle innerhalb von 24 Stunden getestet werden. Außerdem sollen auch Verdachtsfälle aus den angrenzenden Provinzen Helmand, Uruzgan und Zabul in dieser Einrichtung getestet werden.

In den letzten Tagen wurde im Westen Kabuls, nach Herat, die höchste Anzahl COVID-19-Infizierter verzeichnet. Sowohl in Kabul als auch in der nah der iranischen Grenze gelegenen Stadt Herat gelten inzwischen Ausgangssperren, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. In der Stadt Kabul dürfen sich nur noch medizinisches Personal, Bäcker, Journalist/innen, (Nahrungsmittel)Verkäufer/innen und Beschäftigte im Telekommunikationsbereich bewegen. Der Kabuler-Bürgermeister warnte vor "harten Maßnahmen" der Regierung, die ergriffen werden, sollten sich die Einwohner/innen in Kabul nicht an die Anordnungen halten, unnötige Bewegungen innerhalb der Stadt zu stoppen. Die Sicherheitskräfte sind beauftragt zu handeln, um die Beschränkung umzusetzen.

Situation in den Grenzregionen und Rückkehrern aus dem Iran und Pakistan

Die afghanischen Behörden kämpfen um die Kontrolle über diese beispiellosen Rückkehrbewegungen an den seit jeher durchlässigen und oft chaotischen Grenzübergängen (zu den beiden Ländern Pakistan und Iran) zu gewinnen.

Iran

An dem Islam Qala Grenzübergang gibt es auf beiden Seiten keine Quarantänestation. Zwar führen die Provinzbehörden von Herat grundlegende Gesundheitskontrollen durch, jedoch sind sie von der Anzahl an Rückkehrer/innen überfordert. Auch existiert in Herat ein Mangel an COVID-19-Testskits; Ergebnisse dauern für diejenigen, die sich testen lassen, vier oder fünf Tage, bis dahin sind die meisten schon in ihre Dörfer zurückgekehrt. Wie viele Rückkehrer/innen sich mit dem Virus infiziert haben, ist völlig unklar, da sie weder untersucht noch isoliert wurden. Die Internationale Organisation für Migration (IOM), hat Zentren errichtet, um besonders vulnerablen Rückkehrer/innen, humanitäre Hilfe zu gewähren. Personen mit COVID-19-Symptomen werden an die örtlichen Krankenhäuser überstellt - bisher sind zehn bis 15 Personen positiv getestet worden.

Pakistan

Die afghanische Regierung ersuchte die pakistanischen Behörden auf, die Grenzübergänge zu öffnen, um afghanischen Rückkehrer/innen, die von der Schließung der pakistanischen Grenzen betroffen waren, eine Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen. Die pakistanische Regierung verlautbarte die beiden Hauptgrenzübergänge Torkham und Chaman vier Tage lang (ab Montag 6.4.2020) zu öffnen, um den Menschen eine Rückkehr nach Afghanistan zu ermöglichen. Geplant war außerdem von pakistanischer Seite 1.000 Personen pro Tag nach Afghanistan zulassen. Jedoch sollen in den letzten zwei Tagen 20.000 Personen die Grenze zu Chaman überschritten haben, was die Behörden veranlasst hat, die Bestimmung aufzugeben, nur Personen mit gültigen Papieren die Grenze passieren zu lassen.

Auf afghanischer Seite hatten die Behörden Vorkehrungen getroffen, um 4.000 Afghanen für 14 Tage beim Grenzübergang Torkham unter Quarantäne zu stellen, dort wurden sie aber schnell von der Anzahl an Rückkehrer/innen überwältigt. IOM zufolge, sind in drei Tagen 60.000 Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt. Dies ist die registrierte Anzahl an Menschen, die offizielle Kontrollpunkte passieren - illegale grenzüberschreitende Bewegungen zwischen Afghanistan und Pakistan existieren seit vielen Jahren; diese Anzahl zu verfolgen ist schwierig.

2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der Herkunft, der Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, Sprache, Arbeitsfähigkeit und seinen Lebensumständen sowie hinsichtlich des Aufenthaltsortes seiner Angehörigen in Afghanistan stützt sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu dem von der afghanischen Regierung verhängten Lockdown aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus und den damit einhergehenden Folgen hinsichtlich der eingeschränkten Möglichkeit einen Arbeitsplatz zu finden, ergeben sich aus dem Dokument FEWS - March 2020 (https://fews.net/central-asia/afghanistan/key-message-update/march-2020) sowie aus dem Dokument FEWS - Afghanistan Food Security Outlook.

Die Feststellung, dass sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.12.2016 nicht wesentlich und nachhaltig verbessert haben, sondern vielmehr eine Verschlechterung eingetreten ist, ergibt sich daraus, dass sich aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus in Afghanistan und der starken Rückkehr von Afghanen über die Grenzen aus dem Iran die Arbeitssituation derart verschlechtert, dass es für den Beschwerdeführer mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, eine Arbeit zu finden.

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aufgrund des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung am 13.11.2019), der Kurzinformation der Staatendokumentation zu COVID-19 in Afghanistan vom 09.04.2020, dem EASO-Bericht "Afghanistan Security Situation - Update" vom Mai 2018 und der UNHCR-RL vom 30.08.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Zu Spruchpunkt A)

Stattgabe der Beschwerde und ersatzlose Behebung der Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides:

Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist in § 9 AsylG geregelt, der wie folgt lautet:

"§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(...)"

Vorauszuschicken ist, dass sich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 AsylG 2005 beruft. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach "die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würde", ergibt sich, dass die Aberkennung auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützt wurde.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. nicht mehr vorliegen.

§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 und Art. 16 Statusrichtlinie sind verfassungsmäßig in der Weise zu interpretieren, dass dem Grundprinzip "Rechtskraft" der Rechtsordnung entsprechend nur bei wesentlichen Änderungen der Sachlage eine Durchbrechung der Rechtskraft der Entscheidung zulässig ist. Auch Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie ist in der Weise zu lesen, dass nur bei dauerhafter und wesentlicher Veränderung im Herkunftssaat kein subsidiärer Schutz mehr gebührt.

Nach ständiger Judikatur verlangt der "Wegfall der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status" im Sinne der zweiten Variante ("nicht mehr" vorliegen) eine substanzielle und nachhaltige Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts, der zu eben dieser Zuerkennung geführt hat. Ob man denselben Sachverhalt (allenfalls) bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Statusgewährung rechtlich anders hätte beurteilen können, ist hingegen ebenso ohne Relevanz wie der Verweis auf eine Änderung (höchst-)gerichtlicher Entscheidungstendenzen.

Damit stellt § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG in richtlinienkonformer Interpretation auf eine Änderung der Umstände ab, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkung ist es nicht zulässig, die Aberkennung auszusprechen, wenn sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht geändert hat. Soweit allerdings neue Sachverhaltselemente hinzutreten, sind diese in einer neuen Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rn 97 ff. unter Verweis auf die zu § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG ergangene Entscheidung VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155). Dabei sind bei der Beurteilung nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG nicht isoliert nur jene Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen, die zeitlich nach der zuletzt erfolgten Bewilligung der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung eingetreten sind, sondern es dürfen bei Hinzutreten neuer Umstände alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153, Rn 102).

Damit sind Ausgangspunkt der Beurteilung, ob eine maßgebliche Sachverhaltsänderung vorliegt, jene Umstände, die ursprünglich zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben und nicht die Umstände im Zeitpunkt der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.

Das BFA begründete in seinem Bescheid vom 28.12.2016 die Zuerkennung des subsidiären Schutzes damit, dass die gesamte Familie des Beschwerdeführers im Heimatdorf in Nangarhar lebe. Die Provinz Nangarhar zähle zu den volatilen Provinzen Afghanistans und sei dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatprovinz daher nicht zumutbar. Der Beschwerdeführer verfüge über keine familiären Anknüpfungspunkte außerhalb seiner Heimatprovinz und sei ihm daher eine IFA, etwa in Kabul, nicht zumutbar. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Das BFA begründete im Bescheid vom 06.09.2019 die Aberkennung des subsidiären Schutzes im Wesentlichen damit, dass die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden. Die subjektive Lage des Beschwerdeführers habe sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt dahingehend geändert, als dem Beschwerdeführer nunmehr eine IFA in Herat oder Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe. Die Familie des Beschwerdeführers lebe nach wie vor in Afghanistan und könnte der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr familiäre Unterstützung in Anspruch nehmen. Zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sei der Beschwerdeführer noch minderjährig gewesen; mittlerweile habe er die Volljährigkeit erreicht. Es handle sich beim Beschwerdeführer um einen arbeitsfähigen gesunden jungen Mann, dem es zugemutet werden könne, sich in Herat oder Mazar-e Sharif eine Existenz zu erwirtschaften, wobei ihm auch die in Österreich gewonnenen Berufserfahrung zugutekomme.

Die belangte Behörde stellt in ihren Ausführungen zur maßgeblichen Sachverhaltsänderung darauf ab, dass dem Beschwerdeführer nunmehr eine innerstaatliche Fluchtalternative offenstehe.

Zur individuellen Situation des Beschwerdeführers lässt sich dem festgestellten Sachverhalt entnehmen, dass der Beschwerdeführer weiterhin über keine verwandtschaftlichen Beziehungen oder sonstigen Bindungen außerhalb seiner Herkunftsprovinz Nangarhar verfügt. Die Eltern sowie die Geschwister des Beschwerdeführers leben wie vor im Heimatdorf in der Provinz Nangarhar. Zum Hinweis der belangten Behörde, dass dem Beschwerdeführer der aktuellen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend nunmehr eine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe, ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Refoulement-Beurteilung nach § 52 Abs. 9 FPG ausgesprochen hat, dass eine maßgebliche Sachverhaltsänderung nicht schon per se in der neueren Judikatur zu vergleichbaren Fällen erblickt werden kann (VwGH 24.01.2019, Ro 2018/21/0011).

Dem Argument der belangten Behörde, dass eine maßgebliche Änderung durch die mittlerweile erreichte Volljährigkeit des Beschwerdeführers eingetreten sei, ist wie folgt entgegenzuhalten: Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde im zugrundeliegenden Fall nicht allein aufgrund der Minderjährigkeit und der sich daraus ergebenden spezifischen Vulnerabilität des Beschwerdeführers gewährt, sondern weil der Beschwerdeführer über keine sozialen Anknüpfungspunkte in Afghanistan außerhalb der Provinz Nangarhar verfügte. Ein Vergleich der den Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte ergibt, dass die Familie des Beschwerdeführers nach wie vor in Nangarhar lebt und der Beschwerdeführer außerhalb Nangarhars nach wie vor über keine sozialen Anknüpfungspunkte verfügt. Wenn die belangte Behörde ausführt, dass der Beschwerdeführer nunmehr im Falle der Rückkehr von seinen in Afghanistan aufhältigen Familienangehörigen finanzielle Unterstützung erwarten könnte, so erschließt sich nicht, wieso der Beschwerdeführer nicht auch zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter Unterstützung von seiner Familie erhalten hätte können; so waren seine Angehörigen auch zu diesem Zeitpunkt in Nangarhar aufhältig.

Wenn die belangte Behörde ausführt, der Beschwerdeführer habe aufgrund seiner in Österreich gesammelten Berufserfahrung bessere Chancen am afghanischen Arbeitsmarkt, verabsäumt sie es darzulegen, welche konkreten Fähigkeiten und Kenntnisse der Beschwerdeführer seit Zuerkennung des Schutzstatus erlangt hat. Eine nachhaltige Verbesserung seiner Situation aufgrund seiner gewonnen Berufserfahrung als Kellner ist gegenständlich nicht anzunehmen, da der Beschwerdeführer über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt. Inwiefern die in den letzten Jahren gesammelte Lebenserfahrung in Österreich die Situation des Beschwerdeführers im Fall seiner Rückkehr entscheidungswesentlich verbessern würde, wurde von der Behörde nicht dargelegt und konnte auch nicht festgestellt werden. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die grundsätzliche Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und sein guter Gesundheitszustand seit Zuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter keine Änderung erfahren haben. Festzuhalten ist daher, dass insoweit keine Änderung der für die Zuerkennung des Schutzstatus maßgeblichen Umstände (im Sinne einer Verbesserung der subjektiven Lage des Beschwerdeführers) vorliegt.

Hinsichtlich der Sicherheits- bzw. Versorgunglage bzw. der humanitären Lage in Afghanistan, ist es, wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den Beschwerdeführer ebenfalls zu keiner erheblichen Änderung, im Sinne einer Verbesserung, in Afghanistan gekommen. Vielmehr ist - wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt - in der Folge der Ausbreitung des Coronavirus in Afghanistan eine Verschlechterung der Versorgungslage, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu finden und ein Einkommen zu erwirtschaften, eingetreten. Es ist festzuhalten, dass gerade die aktuelle Situation in Afghanistan weiterhin verschärft wird, zumal die Anzahl an Rückkehrern aufgrund der Corona-Pandemie immer größer wird. Aus den Pandemie- Entwicklungen in den europäischen Ländern ist ersichtlich, dass sich die Situation verschlechtern wird und die Rückkehr in ein "normales" Leben noch Monate dauern wird. Afghanistan befindet sich erst am Beginn der Corona-Pandemie.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 liegen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung (im Sinne einer Verbesserung) der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben.

Dem Beschwerdeführer kommt aufgrund der Behebung dieses Spruchpunktes weiterhin der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug den Herkunftsstaat Afghanistan zu.

Die Behebung des Bescheides im unter Spruchpunkt A) genannten Umfang hatte aufgrund der Untrennbarkeit der Spruchpunkte I. bis VI. zu erfolgen, zumal die von der belangten Behörde unter den Punkten II. bis VI. getroffenen Aussprüche schon in Folge der Behebung der amtswegigen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ihre rechtliche Grundlage verlieren.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil der gegenständlichen Entscheidung Bedeutung zukommt, die über den Einzelfall hinausgeht.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Berufserfahrung ersatzlose Behebung familiäre Situation individuelle Verhältnisse Pandemie Revision zulässig Rückkehrentscheidung behoben Sicherheitslage Verschlechterung Versorgungslage wesentliche Änderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W228.2145261.2.00

Im RIS seit

18.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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