Entscheidungsdatum
25.06.2020Norm
BFA-VG §21 Abs7Spruch
I401 2165765-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über
die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum LL.M., Rechtsanwalt, Mozartstraße 11/6, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 04.05.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX ,
zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.10.2017 wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgen als Bundesamt bezeichnet) vom 05.07.2017, mit dem es den Asylantrag negativ beschieden hat, als unbegründet abgewiesen.
1.2. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.2019 wurde der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 02.08.2019, mit dem ihr am 01.03.2018 gestellter Folgeantrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, erhobenen Beschwerde insofern stattgegeben, als ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis zum 18.09.2020 erteilt wurde.
2.1. Mit dem am 16.09.2019 beim Bundesamt eingelangten formularmäßigem Vordruck beantragte die Beschwerdeführerin die Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 88 Abs. 2a FPG. Sie kreuzte an, dass sie keinen österreichischen Fremdenpass oder Konventionsreisepass und keinen ausländischen Reisepass besitze. Unter dem Punkt „Ergänzende Angaben - Fremdenpass für subsidiär Schutzberechtigte“ machte sie mit Ausnahme des Hinweises, dass sie subsidiär Schutzberechtigte sei, keine Angaben.
2.2. Mit Schreiben des Bundesamtes vom 23.10.2019 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, binnen vier Wochen eine Bestätigung der Botschaft von Nigeria, dass kein Reisepass für sie ausgestellt werde, oder eine schriftliche Stellungnahme, warum die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sei, sich einen Reisepass bei der nigerianischen Botschaft zu beschaffen, im Original vorzulegen, wobei der an die Botschaft gerichtete schriftliche Antrag betreffend den Reisepass sowie das Antwortschreiben der Botschaft im Original und in beglaubigter Übersetzung beizubringen seien.
2.3. In ihrer Stellungnahme vom 12.11.2019 brachte die durch ihren gesetzlichen Erwachsenenvertreter vertretene Beschwerdeführerin vor, dass sie über keine Personaldokumente verfüge. Es werde ihr schon aus diesem Grund nicht möglich sein, bei der nigerianischen Botschaft um Ausstellung eines nigerianischen Reisepasses anzusuchen. Dieses Ansuchen sei von vornherein als aussichtslos anzusehen. Ohne verfügbare Dokumente sei nicht davon auszugehen, dass ein Reisepass von der nigerianischen Botschaft ausgestellt werden würde.
2.4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.05.2020 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines fremden Passes gemäß § 88 Abs. 2a FPG abgewiesen. Begründend legte das Bundesamt nach Zitierung gesetzlicher Bestimmungen unter anderem dar, dass es, um ein Reisedokument des Heimatsstaates erlangen zu können, unbedingt erforderlich sei, bei der zuständigen Behörde den Antrag zu stellen. Zudem sei es erforderlich, dass man bei der Botschaft persönlich erscheine, um die weitere Vorgangsweise abzuklären. Die bloße Vermutung, dass es von vornherein aussichtslos sei, dass ein Reisepass ausgestellt werde, erfülle nicht den Tatbestand, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sei, sich ein gültiges Reisedokument zu verschaffen. Es sei amtsbekannt, dass die Botschaft der Bundesrepublik Nigeria in Wien ihren Staatsbürgern sowohl Reisepässe als auch bei Nichtausstellung Bestätigungen ausstelle. Da davon ausgegangen werden könne, dass die Beschwerdeführerin in der Lage sei, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, erfülle sie die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte nicht.
2.5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde vom 09.06.2020. Sie begründete sie im Wesentlichen damit, dass sie bereits unmissverständlich dargelegt habe, dass sie derzeit und auch in Zukunft nicht in der Lage sei, die für die Ausstellung eines Reisepasses erforderlichen Dokumente vorzulegen oder zu beschaffen. Die Ausstellung eines Reisepasses durch die nigerianische Botschaft sei daher aussichtslos. Weiters bestünden auch keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung die gegen die Ausstellung eines Reisedokumentes sprächen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird zum maßgeblichen Sachverhalt erhoben.
Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.09.2020 erteilt wurde. Sie hat keinen Antrag auf Ausstellung eines Reisedokuments bei der nigerianischen Botschaft in Wien gestellt. Es kann nicht festgestellt werden, dass sie nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatsstaates zu beschaffen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum asylrechtlichen Status der Beschwerdeführerin und die Antragstellung auf Ausstellung eines Fremdenpasses ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt. Es ergaben sich keine Hinweise, warum es der Beschwerdeführerin nicht möglich sein soll, sich bei der nigerianischen Botschaft in Wien um die Ausstellung eines Reisepasses zu bemühen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Gemäß § 88 Abs. 2a FPG (in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013) sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, Fremdenpässe auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, unter anderem in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedsstaat vor. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie sieht diesbezüglich vor, dass subsidiär Schutzberechtigte, die keine Reisedokumente, ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedsstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegen stehen. Diese Richtlinienbestimmung wurde durch § 88 Abs. 2a umgesetzt, in dem subsidiär Schutzberechtigte nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich (Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. 2013/68).
Subsidiär Schutzberechtigte sind dann nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates (Herkunftsstaates) zu beschaffen, wenn dessen Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert. Dem Fremden muss es möglich sein, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen. Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dem Antragsteller die Ausstellung eines Reisedokuments seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert wird (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 88 FPG 2005, K9.).
Mit ihrem Argument, sie verfüge über keine für die Ausstellung eines Reisepasses erforderlichen Personaldokumente und es sei daher davon auszugehen, dass das Ansuchen um Ausstellung eines nigerianischen Reisepasses von vornherein aussichtslos sei, räumt die Beschwerdeführerin selbst ein, sich nicht um die Ausstellung eines Reisedokuments ihres Heimatstaates bemüht zu haben. Dass die Beschwerdeführer über keine ihre Identität nachweisenden Dokumente verfügt, rechtfertigt nicht die Annahme, dass ihr durch die nigerianische Botschaft in Wien wegen Aussichtlosigkeit (jedenfalls) kein Reisedokument ausgestellt werden wird. Sie behauptet auch nicht, dass es ihr aufgrund erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht möglich gewesen sei, die erforderlichen Schritte zur Erlangung eines Reisepasses zu unternehmen. Aus dem erstinstanzlichen Akt ergeben sich dafür auch keine Hinweise.
Das in § 88 Abs. 2a FPG normierte Erfordernis, dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu beschaffen, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Herkunftsstaates bedeutet, weshalb dem Gesetz die Prämisse zugrunde liegt, dass Fremde sich zuerst an die Heimatvertretung hinsichtlich der Ausstellung eines Reisedokuments wenden müssen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 88 FPG 2005, K8.)
Da die Beschwerdeführerin die tatsächliche Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Beschaffung eines Reisedokumentes nicht nachweisen hat können bzw. sie sich nicht bemüht hat, bei der nigerianischen Botschaft in Wien ein gültiges Reisedokument zu beschaffen, ist das Bundesamt im konkreten Fall zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses nach § 88 Abs. 2a FPG nicht vorliegen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war.
Zu Spruchpinkt B) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zum objektiven Erklärungswert von Parteienerklärungen und zur Erkundungspflicht der Behörde, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aussichtslosigkeit Fremdenpass Mitwirkungspflicht Reisedokument subsidiärer Schutz Unzumutbarkeit ZumutbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I401.2165765.3.00Im RIS seit
18.09.2020Zuletzt aktualisiert am
18.09.2020