Entscheidungsdatum
13.07.2020Norm
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1Spruch
G314 2226557-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des slowakischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Constantin-Thomas RIEDL, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .06.2020, Zl. XXXX , betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbots (A) beschlossen und (B) zu Recht erkannt:
A) Die Anträge
1. auf Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG,
2. auf Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung gemäß § 8 Abs 3a AsylG,
3. auf Aufhebung der Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot,
4. auf die Feststellung, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs 5 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei,
5. auf die Feststellung, dass die Abschiebung gemäß §§ 46, 50 Abs 1 FPG unzulässig sei,
6. auf Reduktion der Dauer des Einreiseverbots und
7. auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
werden zurückgewiesen.
B) Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF), gegen den zuletzt mit dem Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX .12.2015 ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, wurde in Österreich mehrmals zu Freiheitsstrafen verurteilt. Zuletzt wurde er am XXXX .05.2019 in XXXX festgenommen und wird seither bis voraussichtlich XXXX .03.2023 in österreichischen Justizanstalten angehalten, nachdem er davor wiederholt in seinen Herkunftsstaat abgeschoben worden war.
Das BFA leitete gegen den BF von Amts wegen ein Verfahren zur Erlassung eines weiteren Aufenthaltsverbots ein. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Bescheid vom XXXX .11.2019, mit dem gegen den BF ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, mit dem Beschluss vom XXXX .01.2020 gemäß § 28 Abs 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit an das BFA zurückverwiesen hatte, nahm dieses ergänzende Ermittlungen vor. Am 15.04.2020 wurde der BF vor dem BFA zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots vernommen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Das BFA begründete die Erlassung des Aufenthaltsverbots im Wesentlichen mit den insgesamt neun strafgerichtlichen Verurteilungen des BF seit 2005, die unter anderem wegen Suchtgiftdelikten erfolgt seien, und der Missachtung der deshalb erlassenen Aufenthaltsverbote. Die Beziehung zu seinem Sohn, der bei einer Pflegefamilie untergebracht sei, und zu seiner Freundin, die ihn in der Haft nur einmal besucht habe, sei nicht so intensiv, dass ein Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliege. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und die Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubs wurden damit begründet, dass gegen den BF ein rechtskräftiges, nach wie vor gültiges Aufenthaltsverbot bestehe, sodass sein Aufenthalt im Inland nicht rechtmäßig sei. Aufgrund weiterer Straftaten sei seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet notwendig. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.
Dagegen richtet sich die Beschwerde, mit der der BF die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Behebung des angefochtenen Bescheids beantragt. Hilfsweise stellt er auch Anträge auf Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG, Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in sein Heimatland gemäß § 8 Abs 3a AsylG, Aufhebung der gemäß § 52 Abs 2 Z 3 FPG ausgesprochenen Rückkehrentscheidung samt dem gemäß § 53 Abs 3 Z 1 FPG verhängten Einreiseverbot, auf die Feststellungen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs 5 BFA-VG auf Dauer sowie die Abschiebung gemäß §§ 46, 50 Abs 1 FPG unzulässig seien, sowie auf Reduktion der Dauer des zehnjährigen Einreiseverbots. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er sich seit 1991 im Bundesgebiet aufhalte und damit von klein auf in Österreich aufgewachsen sei (wobei § 9 Abs 4 Z 2 BFA-VG auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen ihn als EWR-Bürger zu berücksichtigen sei). Er habe hier die Schulpflicht absolviert und einen Beruf erlernt. Es bestünde kein Kontakt mehr in sein Herkunftsland. Er wolle für seinen am XXXX geborenen Sohn und seine österreichische Frau sorgen. Sein Familienleben und das Kindeswohl würden schwerer wiegen als die „von der Erstbehörde aufgezeigten straf- und verwaltungsstrafrechtlichen Umstände“. Sämtliche Voraussetzungen für eine Anwendung von Art 8 EMRK lägen vor.
Das BFA legte die Beschwerde samt den Verwaltungsakten dem BVwG vor.
Feststellungen:
Der am XXXX in XXXX geborene BF ist slowakischer Staatsangehöriger und beherrscht die deutsche Sprache, hat aber auch zumindest grundlegende Kenntnisse der slowakischen Sprache. Er übersiedelte im März 1991 nach Österreich, wo er in der Folge in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter, seinem Stiefvater und seiner jüngeren Halbschwester lebte. Nach der Pflichtschule, die er in XXXX absolvierte, begann er im September 2002 eine Lehre zum XXXX . Während der Lehrzeit begann er Suchtgift (Cannabis, Ecstasy, Kokain und Heroin) zu konsumieren.
Am XXXX .03.2005 wurde er aufgrund eines Haftbefehls festgenommen und daraufhin in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX , wurde er als junger Erwachsener wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er gemeinsam mit einem Mittäter am XXXX .12.2004 und am XXXX .02.2005 in XXXX zwei bewaffnete Raubüberfälle auf Tankstellen begangen hatte. Er verbüßte die Freiheitsstrafe zunächst in der Justizanstalt XXXX und ab XXXX .08.2005 in der Justizanstalt XXXX , wo er seine Lehrausbildung abschloss. Am XXXX .06.2006 wurde er bedingt entlassen. Danach wohnte er wieder bei seiner Mutter und seinem Stiefvater und war in XXXX erwerbstätig. Schon bald nach der Haftentlassung fing er erneut an, Suchtgift zu konsumieren. Ab Oktober 2006 erhielt er Substitutionsmedikamente.
Mit dem Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX .06.2006 wurde gegen den BF - gestützt auf die strafgerichtliche Verurteilung - ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Aufgrund seiner Berufung wurde das Aufenthaltsverbot mit dem seit XXXX .03.2007 rechtskräftigen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats (UVS) XXXX vom XXXX .03.2007 auf die Dauer von acht Jahren befristet (Gültigkeitszeitraum XXXX .04.2007 bis XXXX .04.2015). Der Verwaltungsgerichtshof erkannte der Beschwerde des BF mit Beschluss vom XXXX .07.2007 die aufschiebende Wirkung nicht zu und lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom XXXX .09.2007 ab.
Am XXXX .08.2007 wurde der BF, der das Bundesgebiet nach der Haftentlassung nicht verlassen hatte, festgenommen, in Schubhaft genommen und am XXXX .08.2007 in die Slowakei abgeschoben. Er kehrte entgegen dem Aufenthaltsverbot immer wieder nach Österreich zurück, sodass gegen ihn mehrfach Geldstrafen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts verhängt wurden. Er war im Bundesgebiet von XXXX .09. bis XXXX .10.2007, von XXXX .01. bis XXXX .02.2008 und von XXXX .03. bis XXXX .03.2008 als Arbeiter erwerbstätig. Am XXXX .03.2008 wurde er festgenommen und nach Anordnung der Schubhaft am XXXX .03.2008 in die Slowakei abgeschoben. Von XXXX .04.2008 bis XXXX .06.2008 war er wieder in Österreich als Arbeiter beschäftigt. Am XXXX .07.2008 wurde er bei einer fremdenrechtlichen Kontrolle festgenommen und nach der Anordnung, in XXXX Unterkunft zu nehmen und sich regelmäßig bei einer Polizeiinspektion zu melden, entlassen. Er kündigte seine Ausreise für XXXX .07.2008 an, legte aber keine Ausreisebestätigung vor. Zwischen XXXX .07.2008 und XXXX .09.2008 war er neuerlich als Arbeiter im Bundesgebiet beschäftigt. Am XXXX .08.2008 wurde er aufgegriffen, festgenommen und nach Anordnung der Schubhaft am XXXX .08.2008 in die Slowakei abgeschoben.
Danach kehrte der BF in das Bundesgebiet zurück, wo er von XXXX .02.2009 bis XXXX .04.2009 Arbeitslosengeld und danach bis XXXX .05.2009 Notstandshilfe bezog. Am XXXX .05.2009 wurde er in XXXX bei dem Versuch eines Ladendiebstahls betreten, verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX , wurde er wegen der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (Tatzeit XXXX .11.2007) und des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (Tatzeiten XXXX .03.2008 und XXXX .05.2009) zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Diese Strafe wurde bis XXXX .08.2009 vollzogen; anschließend reiste der BF freiwillig in die Slowakei aus.
Er kehrte allerdings schon kurz darauf nach Österreich zurück, wo er von XXXX .08.2009 bis XXXX .11.2009 Notstandshilfe bzw. Krankengeld bezog und von XXXX .02.2010 bis XXXX .09.2010 als Arbeiter erwerbstätig war. Am XXXX .07.2010 wurde er in XXXX mit 1,9 g Kokain angetroffen. Von XXXX .01. bis XXXX .04.2011 war er im Bundesgebiet unselbständig tätig, bezog von XXXX .07. bis XXXX .08.2011 und von XXXX .11. bis XXXX .12.2011 Notstandshilfe und war von XXXX .02. bis XXXX .06.2012 wieder als Arbeiter erwerbstätig. Ab XXXX .08.2011 war er wieder in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Am XXXX .11.2011 wurde er bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle angetroffen und wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts angezeigt.
Von XXXX .02. bis XXXX .06.2012 war der BF in Österreich als Arbeiter beschäftigt. Am XXXX .07.2012 wurde er aufgrund eines Haftbefehls festgenommen, in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX , wegen der Vergehen der schweren Sachbeschädigung (§§ 125, 126 Abs 1 Z 7, 15 StGB), der Körperverletzung (§§ 83 Abs 1, 15 StGB) und nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei ein zwölfmonatiger Strafteil bedingt nachgesehen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er im Mai und Juni 2011 in mehreren Angriffen mit einer CO2-Pistole, die er besaß, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war, Schüsse abgegeben und dadurch Autos und Fensterscheiben beschädigt, eine Person verletzt und versucht hatte, eine weitere zu verletzen. Der unbedingte Strafteil wurde bis XXXX .01.2013 vollzogen.
Der BF verblieb nach dem Strafvollzug im Bundesgebiet, wo er von XXXX .01. bis XXXX .04.2013 Arbeitslosengeld bzw. bedarfsorientierte Mindestsicherung bezog, von XXXX .04. bis XXXX .05.2013 in einem Beschäftigungsverhältnis stand und anschließend bis XXXX .08.2013 Arbeitslosengeld, Notstandshilfe bzw. bedarfsorientierte Mindestsicherung bezog. Von XXXX .08. bis XXXX .12.2013 war er wieder als Arbeiter erwerbstätig, danach bezog er bis XXXX .07.2014 bedarfsorientierte Mindestsicherung, Notstandshilfe bzw. Krankengeld.
Am XXXX .07.2014 wurde der BF verhaftet, in Untersuchungshaft genommen und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX , wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 3 SMG, 15 StGB zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am XXXX .07.2014 gemeinsam mit einem Mittäter einem verdeckten Ermittler zwei Tabletten Mundidol retard (Wirkstoff: Morphin) um EUR 40 verkauft hatte. Der BF wurde zunächst in der Justizanstalt XXXX angehalten und am XXXX .10.2014 aufgrund eines Strafaufschubs gemäß § 39 SMG enthaftet, um sich gesundheitsbezogenen Maßnahmen im Hinblick auf seine Suchtgiftabhängigkeit zu unterziehen. Daraufhin hielt er sich bis November 2014 in einer Therapieeinrichtung für Abhängigkeitserkrankungen auf. Von XXXX .10.2014 bis XXXX .08.2015 bezog er (mit kurzen Unterbrechungen) Notstandshilfe, Krankengeld bzw. bedarfsorientierte Mindestsicherung.
Nach dem Widerruf des Strafaufschubs wurde der BF am XXXX .08.2015 neuerlich in Strafhaft genommen und in den Justizanstalten XXXX und XXXX angehalten. Mit dem Bescheid des BFA vom XXXX .12.2015 wurde gegen ihn – gestützt auf die strafgerichtliche Verurteilung vom XXXX – gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen, kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde dem BF am XXXX .12.2015 zugestellt; es wurde kein Rechtsmittel dagegen erhoben. Am XXXX .12.2015 wurde er bedingt aus der Haft entlassen und sogleich in die Slowakei abgeschoben.
Ungeachtet des Aufenthaltsverbots kehrte der BF umgehend in das Bundesgebiet zurück, wo er von XXXX .12.2015 bis XXXX .01.2016 wieder mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Von XXXX .12.2015 bis XXXX .02.2016, von XXXX .03. bis XXXX .03.2016, von XXXX .04. bis XXXX .04.2016 und von XXXX .07. bis XXXX .10.2016 bezog er Arbeitslosengeld. Am XXXX .02.2016 wurde er wegen seines nicht rechtmäßigen Aufenthalts festgenommen und noch am selben Tag zur freiwilligen Ausreise entlassen. Am XXXX .03.2016 wurde er im Besitz diverser Suchtmittel aufgegriffen, in Schubhaft genommen und am XXXX .03.2016 in die Slowakei abgeschoben. Die nächste Festnahme wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts erfolgte am XXXX .04.2016, wobei der BF nach Anordnung der Schubhaft am XXXX .04.2016 in die Slowakei abgeschoben wurde. Am XXXX 06.2016 wurde der BF abermals wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts festgenommen und am XXXX .06.2016 in die Slowakei abgeschoben. Die nächste Festnahme erfolgte bereits am XXXX .06.2016, die nächste Abschiebung am XXXX .06.2016.
Am XXXX .10.2016 wurde der BF festgenommen; in der Folge wurde über ihn die Untersuchungshaft verhängt. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurden die 2012 gewährte bedingte Strafnachsicht und die bedingte Entlassung aus 2015 widerrufen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er am XXXX .06.2016 gemeinsam mit XXXX als Mittäterin und am XXXX .06.2016 allein Ladendiebstähle versucht hatte sowie am XXXX .10.2016 zwei Schülerinnen ihre Mobiltelefone gestohlen und Gewalt angewendet hatte, um sich diese zu erhalten, indem er mit Pfefferspray gegen zwei Personen, die ihn beobachtet und auf frischer Tat betreten hatten, gesprüht hatte (Verbrechen des gewerbsmäßigen, teils räuberischen Diebstahls nach § 127, 130 Abs 1 erster Fall, 131 erster Fall, 15 StGB), sich am XXXX .03.2016 gegenüber einem Polizeibeamten mit einem für einen anderen ausgestellten slowakischen Führerschein ausgewiesen (Vergehen des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB) und diesen Führerschein mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz unterdrückt hatte (Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB) sowie Waffen (Pfefferspray, ein Butterfly-Messer, zwei Springmesser) besessen hatte, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war (Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG). Im Rahmen der Strafbemessungsgründe wurden das reumütige Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war, als mildernd, vier einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen dagegen als erschwerend berücksichtigt.
Der BF wurde hierauf zunächst in der Justizanstalt XXXX in Strafhaft angehalten und am XXXX .01.2017 enthaftet, weil ihm mit dem Beschluss des Landesgerichts XXXX ein Strafaufschub gemäß § 39 SMG bis XXXX .01.2019 gewährt worden war, um sich notwendigen gesundheitsbezogenen Maßnahmen im Hinblick auf seine Gewöhnung an Suchtmittel (sechsmonatige stationäre und anschließende 18-monatige ambulante Behandlung) zu unterziehen. In der Folge wurde der BF bis April 2017 stationär in einer Therapieeinrichtung für Abhängigkeitserkrankungen betreut. Er bezog von XXXX .01. bis XXXX .03.2017 und von XXXX .04. bis XXXX .07.2017 Notstandshilfe bzw. Krankengeld.
Am XXXX .05.2017 wurde dem BF in XXXX ein neuer, bis XXXX .05.2027 gültiger slowakischer Reisepass ausgestellt. Von XXXX .07. bis XXXX .11.2017 und von XXXX .01. bis XXXX .01.2018 war er in Österreich als Arbeiter erwerbstätig, dazwischen bezog er von XXXX .12.2017 bis XXXX .01.2018 Arbeitslosengeld. Zwischen Dezember 2017 und Februar 2018 wurden gegen ihn in XXXX mehrmals wegen der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ohne Entgeltentrichtung Geldstrafen verhängt.
Zwischen XXXX .01. und XXXX .03.2018 bezog der BF (mit kurzen Unterbrechungen) Arbeitslosengeld und war anschließend von XXXX .03. bis XXXX .03.2018 als Arbeiter erwerbstätig. Nach einem Arbeitslosengeldbezug im Zeitraum XXXX .05. bis XXXX .05.2018 war er von XXXX .05. bis XXXX .10.2018 und von XXXX .10. bis XXXX .12.2018 als Arbeiter erwerbstätig.
Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , wurde gegen den BF eine fünfmonatige Freiheitsstrafe verhängt, weil er am XXXX .02.2017 ein Mobiltelefon gestohlen (Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB) und am XXXX .07.2017 vorschriftswidrig Suchtgift (zwei Stück Substitol) für den persönlichen Gebrauch besessen hatte (Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Aus 2 SMG). Mildernd wirkten sich das reumütige Geständnis und der Umstand, dass kein Schaden entstand, aus, erschwerend dagegen fünf einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen von zwei Vergehen, der rasche Rückfall und die Tatbegehung während eines Strafaufschubs nach § 39 SMG. Mit dem Beschluss vom XXXX .01.2019 wurde der Vollzug dieser Strafe gemäß § 39 SMG bis XXXX .01.2021 aufgeschoben und dem BF die Weisung erteilt, sich während des Strafaufschubs gesundheitsbezogenen Maßnahmen zu unterziehen.
Von XXXX .01. bis XXXX .03.2019 und zuletzt von XXXX .05. bis XXXX .05.2019 bezog der BF Arbeitslosengeld. Am XXXX .02.2019 wurde er in XXXX aufgegriffen, wegen unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen und am XXXX .03.2019 in die Slowakei abgeschoben. Weitere Abschiebungen in die Slowakei folgten am XXXX .03.2019, am XXXX .05.2019 und am XXXX .05.2019.
Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , wurde der BF zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen á EUR 10 (im Uneinbringlichkeitsfall 70 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt, weil er am XXXX .09.2018 Kennzeichentafeln vom Auto eines anderen mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz abmontiert hatte (Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB). Die geständige Verantwortung wurde als Milderungs-, die einschlägige Vorstrafe als Erschwerungsgrund berücksichtigt.
Am XXXX .05.2019 wurde der BF in XXXX verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX , wurde er zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 26.05.2019 einem Polizeibeamten zwei Tabletten Substitol um EUR 40 auf einer öffentlichen Verkehrsfläche überlassen und eine weitere Tablette zum Eigenkonsum erworben und besessen hatte (Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a zweiter Fall und Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG). Bei der Strafbemessung wurden das reumütige Geständnis, der teilweise Versuch und die Sicherstellung des Suchtgifts als mildernd, die Vorstrafen, das Zusammentreffen von Vergehen und der rasche Rückfall dagegen als erschwerend berücksichtigt.
Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , wurde gegen den BF unter Bedachtnahme auf die vorangegangene Verurteilung eine Zusatzfreiheitsstrafe von einem Monat verhängt, weil er am XXXX .03.2019 in XXXX zwei Ladendiebstähle begangen und dabei ein Paar Schuhe sowie zwei Sonnenbrillen gestohlen (Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB) und trotz aufrechtem Waffenverbot ein Springmesser besessen hatte (Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG).
Der BF ist seit XXXX .05.2019 durchgehend in Haft. Nach dem Widerruf der Strafaufschübe gemäß § 39 SMG werden derzeit folgende Strafen vollzogen: die zehnmonatige Freiheitsstrafe laut dem Urteil des Landesgerichts XXXX , die 20-monatige Freiheitsstrafe laut dem Urteil des Landesgerichts XXXX , der zwölfmonatige Strafteil laut dem Widerrufsbeschluss des Landesgerichts XXXX zur bedingten Strafnachsicht laut dem Urteil des Landesgerichts XXXX , ein einmonatiger Strafrest laut dem Widerrufsbeschluss des Landesgerichts XXXX zur bedingten Entlassung 2015, die einmonatige Zusatzstrafe laut dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX und die fünfmonatige Freiheitsstrafe laut dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX . Das urteilsmäßige Strafende ist am XXXX .03.2023; eine bedingte Entlassung ist frühestens am XXXX .03.2021 möglich. Außerdem ist noch die Strafe laut dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX (Geldstrafe oder 70 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) zu vollziehen. Gegen den BF ist ein weiteres Strafverfahren wegen des Verdachts der Sachbeschädigung und des Missbrauchs der Amtsgewalt, begangen am XXXX .01.2020 bzw. am XXXX .03.2020 in der Justizanstalt XXXX , anhängig.
Der BF ist ledig. Er führt seit ca. neun Jahren eine Beziehung mit der Österreicherin XXXX , der der gemeinsame, am XXXX in XXXX geborene Sohn XXXX entstammt. Nach der Beendigung der stationären Therapie im April 2017 lebte der BF (ohne entsprechende Wohnsitzmeldung) mit XXXX und (ab der Geburt) mit XXXX in einem gemeinsamen Haushalt in XXXX . Seit Juni 2018 lebt XXXX nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern, sondern ist auf einem Pflegeplatz untergebracht. Der Mutter wurde die Obsorge im März 2019 entzogen und dem Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen. Der BF war nie mit der Obsorge für seinen Sohn betraut. Er und XXXX lebten noch bis zu seiner Verhaftung im Mai 2019 zusammen in XXXX .
Der BF erhält während der Haft Substitutionsmedikamente. Nach dem Strafvollzug möchte er sich wegen Leberproblemen einer Interferontherapie unterziehen, ansonsten hat er keine gesundheitlichen Probleme und ist arbeitsfähig. Er nahm in der Justizanstalt XXXX , wo er von XXXX .10.2019 bis XXXX .05.2020 angehalten wurde, an einer Gruppentherapie zur Behandlung suchtkranker Menschen teil, und wird in der Haft regelmäßig von seiner in XXXX lebenden Mutter besucht. XXXX besuchte ihn nur einmal im Juni 2019. Mit XXXX besteht jedenfalls seit der Verhaftung des BF im Mai 2019 kein Kontakt mehr.
Die Schwester des BF lebt in Österreich. Sein Vater ist bereits verstorben. In der Slowakei lebt noch seine betagte Großmutter, bei der er bei seinen Aufenthalten dort jeweils gewohnt hatte, die aber mittlerweile pflegebedürftig und in einem Altersheim untergebracht ist.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens.
Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Geburtsort des BF gehen aus seinem Reisepass hervor, von dem dem BVwG das Datenblatt in Kopie vorliegt. Auch die Geburtsurkunde des BF und das Datenblatt seines abgelaufenen Reisepasses liegt vor.
Deutschkenntnisse des BF sind aufgrund seines langjährigen Aufenthalts und der in Österreich absolvierten Ausbildung plausibel, zumal er ohne Verständigungsprobleme auf Deutsch einvernommen werden konnte. Er behauptet zwar, kein Slowakisch zu sprechen, räumte aber bei der letzten Einvernahme vor dem BFA ein, er könne (wenn auch mit Schwierigkeiten) auf Slowakisch kommunizieren („Ich verstehe ein paar Wörter Slowakisch. Ich kann schon kommunizieren. Wenn ein Slowake da wäre, könnte ich mich mit Händen und Füßen verständigen“). Auch aus seinen Angaben bei den Einvernahmen am 07.04.2016 und am 10.06.2016 (“Ich spreche schlecht Slowakisch, mein Deutsch ist besser.“) sowie am 06.06.2016, als er unter Beiziehung einer Dolmetscherin für Slowakisch auf die Frage „Wie ist die Verständigung mit der Dolmetscherin? Haben Sie dazu Einwände?“ antwortete: „Sehr gut und ich habe keine Einwände. Ich möchte die Einvernahme aber auch Deutsch machen.“, lassen sich zumindest rudimentäre Slowakischkenntnisse ableiten. Diese Annahme wird auch durch die in der Erkennungsdienstlichen Evidenz angeführten Sprachkenntnisse (Deutsch, Slowakisch, Englisch) unterstützt.
Der BF gab konsistent an, seit 1991 in Österreich zu leben. Dies wird durch einen entsprechenden Meldezettel und eine Meldebestätigung, aus der Meldungen in XXXX ab XXXX .03.1991 hervorgehen, belegt. Der gemeinsame Haushalt mit seiner Mutter, seinem Stiefvater und seiner Halbschwester ergibt sich aus den Angaben des BF dazu in Zusammenschau mit übereinstimmenden Wohnsitzmeldungen laut dem Zentralen Melderegister (ZMR). Zahlreiche Schulzeugnisse des BF sind aktenkundig. Seine Lehre geht unter anderem aus dem Versicherungsdatenauszug hervor, sein Suchtgiftkonsum aus dem Verhandlungsprotokoll des UVS XXXX vom 30.01.2007 und dem vom UVS eingeholten Sachverständigengutachten.
Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen, den Widerrufsentscheidungen und den Strafzumessungsgründen basieren auf dem Strafregister und den vorliegenden Strafurteilen. Die bedingen Entlassungen gehen ebenfalls aus dem Strafregister hervor. Der Vollzug der Freiheitsstrafen ergibt sich aus den Vorhaftanrechnungen laut den Strafurteilen, den Vollzugsinformationen und den damit korrespondierenden Wohnsitzmeldungen des BF in Justizanstalten laut ZMR. Eine Bestätigung über die Fortsetzung der Lehre in der Justizanstalt XXXX wurde vorgelegt.
Die Zeiten der Erwerbstätigkeit des BF in Österreich sowie des Bezugs von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Krankengeld und bedarfsorientierter Mindestsicherung werden anhand des Versicherungsdatenauszugs festgestellt. Der Suchtgiftkonsum und die Substitution nach der bedingten Entlassung 2006 gehen aus dem Verhandlungsprotokoll des UVS XXXX vom 30.01.2007 und dem dazu eingeholten Sachverständigengutachten hervor.
Die Entscheidungen über die 2006/2007 und 2015 gegen den BF erlassenen Aufenthaltsverbote liegen vor. Da 2015 kein Durchsetzungsaufschub gewährt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, wurde das Aufenthaltsverbot mit der Haftentlassung und Abschiebung des BF am XXXX .12.2015 (und nicht erst am 04.01.2016) durchsetzbar und gilt bis XXXX .12.2020.
Die Berichte über die Festnahmen und Bestrafungen des BF wegen Missachtung der Aufenthaltsverbote, über die Anordnung der Schubhaft und über die Abschiebungen liegen vor. Entgegen dem Vorhalt am 15.04.2020, wonach der BF erstmals am XXXX .12.2015 in die Slowakei abgeschoben worden sei, geht aus den vorgelegten Verwaltungsakten zweifelsfrei hervor, dass er schon ab XXXX .08.2007 wiederholt abgeschoben wurde. Die Abschiebungen ab 2015 sind auch im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) dokumentiert. Der Umstand, dass der BF nach Abschiebungen jeweils nach Österreich zurückkehrte, ergibt sich daraus, dass er immer wieder im Inland aufgegriffen wurde, wo er auch erwerbstätig war und Straftaten beging.
Beschlüsse über die Strafaufschübe gemäß § 39 SMG liegen vor. Damit korrespondieren Wohnsitzmeldungen des BF im XXXX , einer Therapieeinrichtung für Suchterkrankungen, und entsprechende Vermerke in der Vollzugsinformation. Es liegen zwar keine Entscheidungen über den Widerruf der Strafaufschübe vor; dies kann aber daraus geschlossen werden, dass der BF jeweils nur kurz in der Therapieeinrichtung gemeldet war ( XXXX .10. bis XXXX .11.2014 und XXXX .01. bis XXXX .04.2017) und vor dem Ende des Aufschubs wieder inhaftiert wurde. Aus dem Strafregister geht auch keine nachträgliche bedingte Strafnachsicht gemäß § 40 SMG hervor, die bei einem erfolgreichen Abschluss der Therapie ohne Widerruf zu erwarten wäre. Vielmehr wurde – wie die Vollzugsinformationen zeigen – der Vollzug der aufgeschobenen Freiheitsstrafen jeweils fortgesetzt.
Drei Strafverfügungen betreffend Verstöße des BF gegen Art III Abs 1 Z 2 EGVG (Tatzeiten XXXX .10.2017, XXXX .12.2017 und XXXX .02.2018) sind aktenkundig.
Die Strafen, die im aktuellen Strafblock vollzogen werden, werden anhand der Vollzugsinformation vom 06.05.2020 festgestellt, aus der auch die Strafvollzugsanordnung hinsichtlich der 2019 verhängten Geldstrafe hervorgeht. Das aktuell gegen den BF anhängige Strafverfahren geht aus dem aktenkundigen Abschlussbericht der Polizeiinspektion XXXX vom XXXX .06.2020 hervor.
Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Eheschließung des BF, der laut ZMR ledig ist und nach eigenen Angaben seit neun Jahren eine Beziehung mit XXXX führt. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei ihr um die in der Beschwerde angegebene „österreichische Frau“ des BF handelt. Die Geburtsurkunde von XXXX und der Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , über die Entziehung der Obsorge liegen vor. Der BF erklärte gegenüber dem BFA am 15.04.2020, dass er nie mit der Obsorge betraut war („Ich habe nie behauptet, das Sorgerecht zu haben.“).
Obwohl die Angaben des BF, wonach er nach der Geburt seines Sohnes 1 ½ Jahre mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt habe, mit den Wohnsitzmeldungen laut ZMR nicht in Einklang zu bringen sind, geht das BVwG aufgrund seiner anschaulichen Schilderung vor dem BFA davon aus, dass jedenfalls zwischen der Beendigung der Therapie im April 2017 und der Inhaftierung im Mai 2019 ein gemeinsamer Haushalt von XXXX und dem BF bestand, dem ihr Sohn von seiner Geburt bis Juni 2018 ebenfalls angehörte. Aus dem ZMR geht hervor, dass XXXX seither nicht mehr an derselben Adresse wie seine Mutter gemeldet ist.
Den Angaben des BF bei der Einvernahme am 15.04.2020, wonach sich sein Sohn bei dessen Mutter aufhalte, der ein Teil der Obsorge zukomme, kann angesichts des Beschlusses über die Entziehung der gesamten Obsorge und der Wohnsitzmeldungen an unterschiedlichen Adressen ab Juni 2018 laut ZMR nicht gefolgt werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass XXXX , mit dessen Obsorge nach dem vorliegenden Beschluss des Pflegschaftsgerichts das Land XXXX als Kinder- und Jugendhilfeträger betraut ist, seit Juni 2018 auf einem Pflegeplatz untergebracht ist. Angesichts des eingeschränkten Kontakts zwischen dem BF und XXXX ist denkbar, dass er diesbezüglich nicht vollständig informiert oder aber sein Informationsstand nicht aktuell ist.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF folgen seinen Angaben, die mit dem langjährigen Suchtmittelkonsum und der Gewöhnung an Suchtgift gut in Einklang gebracht werden können. Seine Arbeitsfähigkeit ergibt sich aus seinem erwerbsfähigen Alter und dem Umstand, dass er vor seiner Verhaftung immer wieder (wenn auch kurzfristig) beschäftigt war, zumal er weitere gesundheitliche Probleme ausdrücklich in Abrede stellte. In einem der Beschwerde angeschlossenen Schreiben kündigte er an, er wolle sich nach dem Strafvollzug einer Interferontherapie unterziehen.
Eine Bestätigung über die Teilnahme an der Gruppentherapie in der Justizanstalt XXXX wurde vorgelegt. Regelmäßige Besuche der Mutter des BF gehen aus den von den Justizanstalten übermittelten Besucherlisten hervor, in denen für den Zeitraum ab XXXX .05.2019 nur ein einziger Besuch von XXXX (am XXXX ) dokumentiert ist. Da der BF offenbar ihre aktuelle Wohnanschrift laut ZMR nicht kennt (wie sich aus der Einvernahme vom 15.04.2020 ergibt), ist von einer gewissen haftbedingen Entfremdung von seiner Partnerin auszugehen. Der BF gab gegenüber dem BFA am 15.04.2020 an, er habe seinen Sohn seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen. Dem kann nicht gefolgt werden, zumal aus den Besucherlisten keine Besuche von XXXX hervorgehen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der BF jedenfalls seit der Inhaftierung im Mai 2019 keinen Kontakt mehr zu seinem Sohn hat.
Die Feststellungen zu den weiteren Bezugspersonen des BF in Österreich und in der Slowakei folgen seinen glaubhaften Angaben gegenüber dem BFA, die dem übrigen Akteninhalt korrespondieren. Er gab bei den der Schubhaftanordnung vorangehenden Einvernahmen überwiegend an, er habe bei seinen Aufenthalten in der Slowakei bei seiner Großmutter gewohnt. Lediglich bei der Einvernahme am 06.06.2016 erklärte er, er habe in der Slowakei bei seinem Onkel gewohnt (der sonst in den Akten nicht erwähnt wird).
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.
Der BF stellt in der Beschwerde mehrere Eventualanträge, die sich auf ein Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz bzw. zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot beziehen, nicht aber auf das hier zu beurteilende Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG. Da diese Anträge erstmals in der Beschwerde gestellt werden und keinen Bezug zum Inhalt des angefochtenen Bescheids haben, ist das BVwG für ihre Behandlung nicht zuständig. Die Anträge sind daher ebenfalls zurückzuweisen.
Es ist nicht notwendig, im Zusammenhang mit den unzulässigen Beschwerdeanträgen einen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen, weil in der Beschwerde auch ein (zulässiger) Antrag auf Behebung des angefochtenen Bescheids gestellt wurde und erkennbar ist, dass der BF mit seiner Beschwerde den Entfall oder die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots unter Berufung auf eine Verletzung von Art 8 EMRK infolge der Trennung von seinem Sohn und seiner Lebensgefährtin anstrebt, sodass über die Beschwerde jedenfalls inhaltlich zu entscheiden ist.
Zu Spruchteil B):
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Der BF ist slowakischer Staatsangehöriger und somit EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 8 FPG.
Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen einen EWR-Bürger, der den Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden, so z.B. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren (§ 67 Abs 3 Z 1 FPG).
Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).
Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.
Hier hält sich der BF (mit kurzen Unterbrechungen) seit 1991 im Bundesgebiet auf, wobei sein Aufenthalt seit 30.04.2007 (Beginn der Gültigkeitsdauer des ersten gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbots) nicht mehr rechtmäßig war. Da sich die bei der Erlassung des letzten Aufenthaltsverbots 2015 prognostizierte, von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dadurch manifestiert hat, dass er im Bundesgebiet abermals Straftaten beging und deshalb weitere fünf Male strafgerichtlich verurteilt wurde (wobei einmal eine Geldstrafe, dreimal Freiheitsstrafen und einmal eine Zusatzfreiheitsstrafe iSd §§ 31, 40 StGB verhängt wurden), und die gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbote hartnäckig missachtete, ist die Erlassung eines weiteren Aufenthaltsverbots gegen ihn zur Erreichung von in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Zielen (Verteidigung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten. Dazu kommt, dass eine bedingte Strafnachsicht und eine bedingte Entlassung widerrufen werden mussten, ebenso drei Strafaufschübe gemäß § 39 SMG, sodass (in Zusammenschau mit der Wirkungslosigkeit früherer Sanktionen und den raschen Rückfällen) eine erhebliche Wiederholungsgefahr vorliegt. Das BFA hat zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines weiteren Aufenthaltsverbots gegen den BF bejaht, weil die öffentliche Sicherheit durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet wird. Der BF beging zwar keine allzu schweren Straftaten, wurde aber immer wieder rückfällig, wobei er wiederholt vorschriftswidrig Suchtgift konsumierte bzw. weitergab und entgegen einem Waffenverbot Waffen besaß. Er wird den Wegfall der durch die letzten fünf strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit nach dem Strafvollzug unter Beweis stellen müssen (vgl. VwGH 22.03.2018, Ra 2017/22/0194), zumal Suchtgiftdelinquenz nach der Rechtsprechung des VwGH ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht. Grundsätzlich bedarf es daher bei strafbaren Handlungen infolge Gewöhnung an Suchtmittel neben dem Abschluss einer Therapie noch eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens, um einen Wegfall der Gefährdung annehmen zu können (vgl. etwa VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014).
Die in der Beschwerde angesprochene Bestimmung des § 9 Abs 4 BFA-VG wurde mit BGBl I Nr. 56/2018 aufgehoben. Sie ist auf den vorliegenden Sachverhalt ebensowenig anzuwenden wie § 9 Abs 5 BFA-VG, weil beide Normen eine rechtmäßige Niederlassung im Inland voraussetzen und der BF schon seit 2007 nicht mehr zum Aufenthalt in Österreich berechtigt ist.
Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF ist auch verhältnismäßig. Zwar besteht im Bundesgebiet (anders als vom BFA angenommen) ein von Art 8 Abs 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen dem BF und seinem Sohn, weil dieses nach der Rechtsprechung des EGMR grundsätzlich mit der Geburt entsteht und in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden kann. Das Auflösen der Hausgemeinschaft von Eltern und Kind führt für sich genommen nicht zur Beendigung des Familienlebens, solange nicht jegliche Bindung gelöst ist (VwGH 26.02.2020, Ra 2019/18/0299). Allerdings sind die Kontakte des BF zu seinem Sohn und dessen Mutter voraussichtlich noch für geraume Zeit haftbedingt eingeschränkt. Maßgeblich relativierend ist dabei auch zu berücksichtigen, dass der BF die Beziehung zu XXXX vor ca. neun Jahren einging und das Familienleben somit zu einem Zeitpunkt entstand, zu dem gegen ihn bereits ein Aufenthaltsverbot bestand und er sich daher seines unsicheren Aufenthaltsstatus iSd § 9 Abs 2 Z 8 BFA-VG bewusst war. Da dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der wiederholten Straffälligkeit des BF insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, ist eine Trennung von seiner österreichischen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind im Ergebnis gerechtfertigt (siehe VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0446).
De BF hat in Österreich auch noch im Rahmen von § 9 Abs 2 Z 3 BFA-VG zu berücksichtigende Bindungen zu Angehörigen außerhalb seiner Kernfamilie (Mutter, Schwester). Die Kontakte zu ihnen und zu XXXX können während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots auch durch Kommunikationsmittel wie Telefon und Internet sowie durch Besuche außerhalb des Bundesgebiets aufrecht erhalten werden. Im Rahmen der nach § 9 Abs 2 Z 4 BFA-VG relevanten Integration ist zu beachten, dass der BF Deutsch spricht, im Inland eine Schul- und Berufsausbildung absolviert hat und (trotz der gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbote) immer wieder erwerbstätig war. Sein Interesse am Verbleib in Österreich wird auch durch die hier durchgeführte Substitutionsbehandlung verstärkt, während die nach § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG maßgeblichen Bindungen zur Slowakei, wohin er regelmäßig abgeschoben wurde, gelockert sind. Sein Interesse an einem Verbleib in Österreich ist in seinem Gewicht aber dadurch gemindert, dass der BF wusste, dass er sich in Österreich aufgrund der bestehenden Aufenthaltsverbote nicht aufhalten durfte.
Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung wirken sich neben der fehlenden strafgerichtlichen Unbescholtenheit die zahlreichen Verstöße gegen die öffentliche Ordnung (Missachtung von Aufenthaltsverboten und von melderechtlichen Vorschriften, Verwaltungsübertretungen) zu seinen Lasten aus. Unter Bedachtnahme auf die raschen Rückfälle des BF, die Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen, die beharrliche Missachtung bestehender Aufenthaltsverbote sowie die Gewöhnung an Suchtmittel und die Erfolglosigkeit der bisherigen Therapieversuche überwiegt das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung sein gegenläufiges persönliches Interesse. Auch bei Bedachtnahme auf die erheblichen privaten und familiären Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet ist keine Reduktion der vom BFA mit der Maximaldauer von zehn Jahren bemessenen Dauer des Aufenthaltsverbots möglich, zumal er oft in die Slowakei abgeschoben wurde und stets nach kurzer Zeit wieder nach Österreich zurückkehrte, um hier erneut zu delinquieren.
Im Ergebnis ist aufgrund des Unrechtsgehalts der vom BF begangenen Straftaten unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe und seiner Verstöße gegen die öffentliche Ordnung sowie unter Bedachtnahme auf seine privaten und familiären Verhältnisse ein weiteres zehnjähriges Aufenthaltsverbot notwendig, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und ihn zu einer nachhaltigen Abkehr von Straftaten, vor allem von Suchtgift- und Beschaffungskriminalität, sowie vom Besitz verbotener Waffen zu bewegen. Während dieses Zeitraums sollte es ihm möglich sein, seine Lebenssituation nachhaltig zu stabilisieren und seine Suchterkrankung so weit zu überwinden, dass er keine weiteren Straftaten begeht. Das Aufenthaltsverbot laut Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist somit nicht korrekturbedürftig.
Zu den Spruchpunkten II. und III. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Der BF ist durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und durch die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubs schon deshalb nicht beschwert, weil gegen ihn unabhängig von der angefochtenen Entscheidung bereits ein rechtskräftiges und durchsetzbares Aufenthaltsverbot besteht, dessen Gültigkeitsdauer noch nicht abgelaufen ist.
Da er in Österreich seit vielen Jahren immer wieder Straftaten begeht und Aufenthaltsverbote missachtet, sich weder durch strafgerichtliche Sanktionen noch durch die Geburt seines Sohnes von weiterer Delinquenz abhalten ließ und mehrere Möglichkeiten des Strafaufschubs im Rahmen von „Therapie statt Strafe“ nicht nutzte, um nachhaltig von der (offenbar vorwiegend mit seiner Suchtgiftabhängigkeit zusammenhängenden) Kriminalität loszukommen, besteht eine sehr hohe Wiederholungsgefahr. Dem BFA ist daher darin beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise nach der Haftentlassung im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Daher ist weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG zu beanstanden. Die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids sind somit rechtskonform.
Zum Unterbleiben einer Verhandlung:
Da der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine weitere Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, liegt ein eindeutiger Fall vor, sodass die beantragte Beschwerdeverhandlung, von deren Durchführung keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist, gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleibt.
Zu Spruchteil C):
Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose, die Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG und die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (siehe VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284, 01.03.2018, Ra 2018/19/0014 und 10.07.2019, Ra 2019/19/0186). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG im vorliegenden Einzelfall an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.
Schlagworte
Abschiebung Einreiseverbot Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt non refoulement öffentliche Interessen Resozialisierung RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2226557.2.00Im RIS seit
18.09.2020Zuletzt aktualisiert am
18.09.2020