TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/9 W271 2230242-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2020
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Entscheidungsdatum

09.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
PartG §1
PartG §11 Abs1
PartG §11 Abs8
PartG §12
PartG §2 Z1
PartG §2 Z3
PartG §2 Z5
PartG §5
PartG §6
VStG 1950 §17
VStG 1950 §45 Abs1 Z2
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs2
VStG 1950 §9 Abs4
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W271 2230242-1/24E

W271 2230670-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Harald PERL und Dr. Stefan KEZNICKL als Beisitzer über die gemeinsame Beschwerde der 1. XXXX , und 2. der XXXX , beide vertreten durch die XXXX , gegen das Straferkenntnis des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senates vom XXXX , GZ. XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX und am XXXX , in einer Angelegenheit nach dem Parteiengesetz 2012, zu Recht erkannt:

A)

Das angefochtene Straferkenntnis wird samt Verfallsausspruch behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Im Wahlkampf zur Nationalratswahl XXXX wurde in verschiedenen Medien darüber berichtet, dass der Verein „ XXXX “ (im Folgenden kurz: „ XXXX “) angeblich unzulässige Spenden in einem EUR 7.500,00 übersteigenden Betrag an die Erstbeschwerdeführerin geleistet habe. Der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS; im Folgenden: „belangte Behörde“) leitete daraufhin ein Verwaltungsstrafverfahren ein und ersuchte mit Schreiben vom XXXX die Erstbeschwerdeführerin, den Sachverhalt (insbesondere die tatsächliche Situation, wer welche „Leistungen“ für wen „übernehme“, organisiere oder bezahle) konkret aus ihrer Sicht darzulegen sowie unter dem Blickwinkel der Bestimmungen des § 12 Abs. 2 und Abs. 3a PartG Stellung zu nehmen. Weiters wurde die Erstbeschwerdeführerin aufgefordert, die strafrechtlich verantwortliche/n, zur Vertretung nach außen berufene/n Person/en (§ 9 Abs. 1 VStG) oder den/die allenfalls bestellte/n verantwortliche/n Beauftragte/n (§ 9 Abs. 2 VStG) mit dessen/deren Postanschrift offen zu legen.

2. Mit Stellungnahme vom XXXX äußerte sich die Erstbeschwerdeführerin zur behördlichen Aufforderung. Sie brachte im Wesentlichen vor, die XXXX hätten eigenständige Wahlkampfaktivitäten durchgeführt; eine Abstimmung mit der Erstbeschwerdeführerin habe nicht stattgefunden. Bei den inkriminierten Wahlkampfaktivitäten der XXXX handle es sich nicht um Spenden, sondern um deren Ausübung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 10 EMRK. Vermögensverschiebungen in einer Parteistruktur („Parteifamilie“) seien grundsätzlich nicht als Spenden zu bewerten. Eine solche Einordnung würde die möglichen Aktivitäten von und Zuwendungen an iSd PartG nahestehende Organisationen unmöglich machen.

Abschließend nannte die Erstbeschwerdeführerin als die zur Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Bestimmungen des PartG verantwortliche Beauftragte iSd § 9 Abs. 2 VStG XXXX (im Folgenden: „Zweitbeschwerdeführerin“).

3. Die belangte Behörde forderte daraufhin am XXXX die Zweitbeschwerdeführerin als verantwortliche Beauftragte zur Rechtfertigung hinsichtlich des vermuteten Verstoßes gegen § 6 Abs. 5 iVm § 12 Abs. 2 Z 2 PartG auf.

4. Die Zweitbeschwerdeführerin nahm die Möglichkeit zur mündlichen Rechtfertigung nicht wahr, erstattete aber am XXXX eine schriftliche Äußerung zur behördlichen Aufforderung. Sie beschrieb das parteiinterne Kontrollsystem zur Entgegennahme von Spenden und zur Vermeidung der Übertretung von Spendenverboten. Mitteilungen über Spenden seien gegenständlich nicht erstattet worden, womit deren allfällige Zulässigkeit nicht hätte überprüft werden können. Eine faktische Möglichkeit, Wahlkampfflugblätter oder Veranstaltungen, insbesondere, wenn diese nicht unmittelbar von der Erstbeschwerdeführerin durchgeführt werden würden, zu prüfen oder zu überwachen, bestehe nicht, weil Einzelaktivitäten eines bundesweiten Wahlkampfes nicht überschaubar seien. Sie habe jedenfalls keinerlei Kenntnis über die Materialien und Publikationen der XXXX gehabt. Auch die Veranstaltung vom XXXX sei erst durch die mediale Berichterstattung bekannt geworden.

Auch die Zweitbeschwerdeführerin vertrat – mit im Wesentlichen gleichlautender Argumentation wie die Erstbeschwerdeführerin – die Ansicht, die Aktivitäten der XXXX seien nicht als Sachspenden iSd § 2 Abs. 5 PartG zu werten. Es sei zudem keine „Annahme“ oder „Entgegennahme“ der inkriminierten Leistungen erfolgt.

Abschließend legte die Zweitbeschwerdeführerin ihre Einkommens- und Vermögenssituation dar: Diese verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von EUR XXXX und sei für XXXX sorgepflichtig. Für den Ankauf eines XXXX sei XXXX ein Kredit aufgenommen worden, der derzeit mit EUR XXXX aushafte.

5. Mit Schreiben vom XXXX ersuchte die belangte Behörde die XXXX um Auskunft, welche Ausgaben (und in welcher Höhe) diese für die dort näher bezeichneten „Leistungen“ zu bestreiten gehabt hätten.

Am selben Tag wurde auch der Erstbeschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, zur Frage des „Verfalls“ und damit zu ihrer Haftung (nach § 12 Abs. 2 letzter Satz PartG iVm § 9 Abs. 7 und § 17 VStG) sowie zum kolportierten Wert der im vorliegenden Verfahren unter dem Blickwinkel des § 6 Abs. 1a und 5 PartG sowie § 12 Abs. 2 PartG zu prüfenden [und gleich wie in der Erledigung an den Verein umschriebenen] Ausgaben der XXXX in der Höhe von angeblich rund EUR XXXX Stellung zu nehmen.

6. Ein Antwortschreiben der XXXX vom XXXX , das den Beschwerdeführerinnen am XXXX bzw. XXXX zur Kenntnis gebracht wurde, führte zu der von der belangten Behörde gestellten Frage aus, dass für die Veranstaltung am XXXX insgesamt EUR XXXX und für Plakate, Flyer und Postkarten EUR XXXX ausgegeben worden seien. Die Information betitelt mit „ XXXX “ sei nur online abrufbar und von einer näher bezeichneten Person in Eigenregie erstellt worden, wofür keine Kosten angelaufen seien. Für Facebook-Titelbilder sei ein Betrag von EUR XXXX ausgegeben worden. Zudem verwiesen die XXXX auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, das im Fall der Einordnung dieser Aktivitäten als (verbotene) Spenden beschnitten würde.

7. Die Erstbeschwerdeführerin gab am XXXX eine Stellungnahme zu den von der belangten Behörde gestellten Fragen ab. Sie vertrat – unter Verweis auf § 17 VStG und das Fehlen einer davon abweichenden Bestimmung – die Ansicht, der Ausspruch eines Verfalls setze eine „Entgegennahme“ (Eigentum oder Überlassung) einer Spende voraus. Die Erstbeschwerdeführerin verwies auf Judikatur der belangten Behörde, wonach im Falle von (angeblichen) Sachspenden die Verwaltungsstraftatbestände der § 12 Abs. 2 Z 2 und 3 PartG überhaupt unangewendet bleiben müssten.

§ 12 Abs. 2 PartG sehe keinen „Wertersatzverfall“ vor und richte sich letztlich die Verwaltungsstrafnorm des § 12 Abs. 2 PartG an natürliche Personen, die eine Sach- oder Geldleistungen entgegengenommen hätten, die dem „Verfall“ unterliegen könnten. Eine Haftung der Erstbeschwerdeführerin bestehe nur subsidiär und setze einen zu Lasten der verantwortlichen Beauftragten bestehenden Verfallsanspruch in Form eines Geldanspruches voraus.

Zum Wert der Ausgaben der XXXX gab die Erstbeschwerdeführerin bekannt, dass diese mangels Kenntnis der benannten Ausgaben des Vereines keine Auskunft geben könne.

8. Die belangte Behörde erließ am XXXX das nunmehr angefochtene Straferkenntnis, in dem sie Folgendes aussprach:

„I.

1. XXXX hat es als für die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Bestimmungen des Parteiengesetzes 2012 durch die ‚ XXXX ‘ bestellte verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 58/2018, in der Schuldform des Vorsatzes zu verantworten, dass die ‚ XXXX ‘ vom Verein ‚ XXXX ‘ Leistungen angenommen hat und zwar in der Form, dass die
1. mit der Ausrichtung der Veranstaltung am XXXX unter Teilnahme          von XXXX und
2. durch die veranlasste oder besorgte Gestaltung, Herstellung und in der Zeit vom           XXXX bis zum XXXX selbst oder durch Dritte veranlasste  Verteilung oder Veröffentlichung (Veranlassung der Anbringung) von
a) Plakaten und Flyern mit Werbung für die ‚ XXXX            XXXX ‘ und XXXX und
b) Postkarten zum Thema ‚ XXXX ‘, ‚ XXXX ‘ und ‚ XXXX ‘ mit           Werbung für die ‚ XXXX ‘ und
c) Informationen betitelt mit ‚ XXXX ‘ für die Wahl zum Nationalrat und
d) Facebook-Titelbildern zum Thema ‚ XXXX ‘

höher als 7.500 EUR zu bewertende Spenden angenommen hat.

2. Dadurch wurde gegen § 6 Abs. 5 erster Satz PartG 2012 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 55/2019 iVm § 12 Abs. 2 Z 2 zweiter Fall leg. cit. verstoßen.

II.

1. Als Strafe wird gemäß § 12 Abs. 2 PartG 2012 idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 55/2019 iVm § 16 und § 19 VStG über die verantwortliche Beauftragte XXXX eine Geldstrafe in Höhe von EUR XXXX verhängt (Ersatzfreiheitsstrafe XXXX ).

2. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG werden die Kosten des Strafverfahrens I. Instanz mit EUR XXXX (10 % der verhängten Geldstrafe in Höhe von EUR XXXX ) bestimmt.

3. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet die XXXX für die Über die verantwortliche Beauftragte XXXX verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

III.

Gegenüber der ‚ XXXX ‘ wird gemäß § 12 Abs. 2 letzter Satz i.V.m. § 6 Abs. 5 erster Satz PartG 2012 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 55/2019 auf den Verfall der den erlaubten Betrag von 7.500 EUR übersteigenden Summe, d.h. von EUR XXXX erkannt, der sich aus der Addition der Kosten für die Veranstaltung am XXXX in der Höhe von EUR XXXX , der Kosten für Plakate, Flyer und Postkarten in der Höhe von EUR XXXX und der Kosten für Facebook-Titelbilder mit EUR XXXX abzüglich des Betrags von 7.500 EUR (§ 6 Abs. 5 erster Satz PartG) ergibt.

Die unter II. angeführte Geldstrafe sowie der unter III. angeführte Verfallsbetrag sind binnen eines Monats ab Zustellung dieses Straferkenntnisses bei sonstiger Exekution auf das Konto des Bundeskanzleramtes XXXX zu entrichten.“

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt aus:

Der Begriff der Spende iSd § 2 Z 5 PartG würde nicht nur Geld-, sondern auch Sachleistungen sowie lebende Subventionen umfassen.

Das sanktionsauslösende Verhalten liege in der Annahme einer der die zulässige Höhe überschreitenden Spende: Die „Annahme“ einer Spende sei jedenfalls dann zu bejahen, wenn eine geldwerte Leistung erbracht werde, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Partei liege, diese von der Leistung Kenntnis habe und sie entgegennehmen wolle oder zumindest dulde. Unzweifelhaft seien die Spenden gegenständlich angenommen worden; nicht von Belang sei, ob eine Annahme zeitgleich mit oder nach einer Spende erfolge. Eine Sanktion könne durch die unverzügliche Weiterleitung an den Rechnungshof vermieden werden; eine solche Weiterleitung habe unbestritten nicht stattgefunden.

Bei den inkriminierten Wahlkampfaktivitäten würden Spenden an die Erstbeschwerdeführerin vorliegen, weil diese von einer rechtlich unabhängigen Einrichtung, und zwar den XXXX , geleistet würden. Eine nahestehende Organisation iSd § 2 Z 3 PartG sei definitionsgemäß kein Bestandteil der politischen Partei nach § 2 Z 1 PartG. Die Spenden eines Vereines seien unter § 6 Abs. 3 Z 3 PartG zu subsumieren. Das Verbot von „Großspenden“ betreffe nach dem (neuen) § 6 Abs. 5 PartG alle Spender; eine Ausnahme für nahestehende Organisationen sei gerade nicht vorgesehen (und würde dem Transparenzgedanken zuwiderlaufen).

Die Zweitbeschwerdeführerin habe aufgrund der Medienberichte von den Aktivitäten der XXXX Kenntnis erlangt – es sei daher zumindest von einem „informierten Dulden“ der Entgegennahme der freiwilligen (und ohne Gegenleistung erfolgten) Zuwendung durch die Erstbeschwerdeführerin auszugehen. Es liege ein Verschulden in Form eines bedingten Vorsatzes vor; die Zweitbeschwerdeführerin habe es im Hinblick auf die einschlägigen Medienberichte zumindest für möglich gehalten, dass die Aktivitäten der XXXX als Sachspenden anzusehen seien. Die vorgeworfenen Einzelhandlungen seien als fortgesetztes Delikt zu qualifizieren und eine einheitliche Strafe für diese Handlungen zu verhängen.

Den Verfallsauspruch begründete die belangte Behörde damit, dass mit der Novelle BGBl. I Nr. 55/2019 ein unmittelbar an die einzelnen Straftatbestände des § 12 Abs. 2 PartG anknüpfender „Verfall“ im § 12 Abs. 2 letzter Satz PartG eingeführt worden sei, um die Überschreitung der für Spenden vorgesehenen Betragsgrenzen effektiv hintanzuhalten. Es solle damit jener Vorteil, der zuvor durch eine nach den Z 1 bis 4 des § 12 Abs. 2 PartG pönalisierte Handlung erlangt worden sei, entzogen werden. Dieser Vorteil, diese den „erlaubten Betrag übersteigenden Summe der Spende“, sei der politischen Partei als Empfänger der Spende nach § 2 Z 5 lit. a PartG zugeflossen, an die sich der „Verfall“ zu richten habe. Durch die Anknüpfung des „Verfalls“ an die einzelnen Straftatbestände des § 12 Abs. 2 PartG treffe es sohin nicht zu, dass der „Verfall“ nach § 12 Abs. 2 letzter Satz PartG nur auf „Barspenden“ anzuwenden sei; ansonsten hätte der Gesetzgeber dies auch im Wortlaut klar zum Ausdruck gebracht.

Bei der Bemessung des Strafausspruches berücksichtigte die belangte Behörde das Ausmaß des Verschuldens (dolus eventualis), das teilweise Fehlen von Rechtsprechung, die relative Unbescholtenheit der Zweitbeschwerdeführerin sowie deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse und Sorgepflichten.

9. Gegen diese Entscheidung erhoben die Beschwerdeführerinnen am XXXX eine gemeinsame Beschwerde. Sie beantragten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie in der Sache selbst zu erkennen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich aufzuheben; in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Die Beschwerdeführerinnen rügten neben einer unrichtigen Beweiswürdigung und unvollständigen Sachverhaltsfeststellungen die unrichtige rechtliche Beurteilung und Verfahrensmängel. Sie wiederholten im Wesentlichen ihre bereits aus den vorhergehenden Stellungnahmen bekannte Argumentation.

Es würden keine Spenden vorliegen (sondern nur Vermögensverschiebungen innerhalb der Parteifamilie bzw. nur eine ideelle Unterstützung) und liege eine „Annahme“ von Spenden ebenso wenig wie „informiertes Dulden“ vor. Kenntnis von den Wahlkampfaktivitäten sei, betreffend die Veranstaltung, erst im Nachhinein erlangt worden und habe betreffend die anderen Aktivitäten gar nicht vorgelegen. Die – nicht ausreichenden – Feststellungen würden keine Einordnung der gegenständlichen Wahlkampfaktivitäten als „Spenden“ tragen; zudem sei nicht ersichtlich, weshalb die gesamten Ausgaben der XXXX für diese Aktivitäten als Spende zu qualifizieren seien. Zum Vorsatz der Zweitbeschwerdeführerin seien – allenfalls – dislozierte Feststellungen getroffen worden. Feststellungen dazu, ob sich die verfallsbedrohten Spenden im Eigentum der Beschwerdeführerinnen befinden würden, seien nicht getroffen worden.

Zum „Verfall“ monierten die Beschwerdeführerinnen, dass die als mögliche Spenden identifizierten Folder, Inserate, Facebook-Titelbilder, niemals im Eigentum der Beschwerdeführerinnen gewesen seien. Dies sei Voraussetzung für einen Verfallsausspruch nach § 17 VStG; das PartG sehe keine Sondernorm vor. § 12 Abs. 2 Z 2 PartG setze den Erhalt einer Geldsumme voraus – im Falle von Sachspenden hätten die Verwaltungsstraftatbestände des § 12 Abs. 2 Z 2 und 3 PartG – entsprechend der bisherigen Judikatur der belangten Behörde – unangewendet zu bleiben. Die nunmehr geänderte Rechtsansicht verstoße gegen das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot und mangels ausdrücklicher Anordnung eines „Wertersatzverfalls“ gegen das strafrechtliche Analogieverbot.

10. Die gemeinsame Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom XXXX , eingelangt am XXXX , vorgelegt.

11. Am XXXX forderte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerinnen und die XXXX zur Stellungnahme betreffend mehrere Fragen der Wahlkampforganisation und wechselseitigen Ansprechpartner auf. Die Beschwerdeführerinnen antworteten mit Schreiben vom XXXX , die XXXX mit Schreiben vom XXXX . Eine weitere Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX betreffend die Aufgliederung von Rechnungspositionen beantworteten die XXXX am XXXX .

12. Am XXXX und am XXXX fanden – insbesondere zur Ermittlung des in vielen Punkten stark ergänzungsbedürftigen Sachverhaltes – öffentliche mündliche Verhandlungen statt. Darin wurden mehrere Zeugen einvernommen, den Beschwerdeführerinnen die Möglichkeit zur umfassenden Stellungnahme eingeräumt und ein Rechtsgespräch geführt. Die belangte Behörde war in den Verhandlungen nicht vertreten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Erstbeschwerdeführerin

Die Erstbeschwerdeführerin ist eine dauernd organisierte Verbindung, die durch gemeinsame Tätigkeit auf eine umfassende Beeinflussung der staatlichen Willensbildung abstellt. Diese nimmt regelmäßig an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern und dem Europäischen Parlament teil; ihre Satzung ist beim Bundesministerium für Inneres hinterlegt. Zuletzt nahm die Erstbeschwerdeführerin an der Nationalratswahl XXXX teil.

1.2. Zweitbeschwerdeführerin

1.2.1. Die Beschuldigte und Zweitbeschwerdeführerin war und ist „ XXXX zuständig. Sie verfügt über eine Mitarbeiterin, die sich um die Buchhaltung kümmert. Sie hat ihren Hauptwohnsitz im Inland. Sie bezieht ein Gehalt von EUR XXXX pro Monat netto. Gemeinsam mit ihrem Ehemann hat sie einen Kredit für ein Eigenheim aufgenommen. Sie hat Sorgepflichten für XXXX . Die Zweitbeschwerdeführerin ist unbescholten.

1.2.2. Die Erstbeschwerdeführerin gab bekannt, für die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Bestimmungen des PartG eine verantwortliche Beauftragte, die Zweitbeschwerdeführerin, bestellt zu haben und legte dazu zwei Dokumente vor:

1) Schreiben der Zweitbeschwerdeführerin vom XXXX an den damaligen Abgeordneten zum Nationalrat und damaligen Bundesgeschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin, XXXX :

„Lieber XXXX !

Ich darf auf diesem Wege mitteilen, dass ich die Bestellung meiner Person als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes zur Einhaltung der Vorschriften des Parteiengesetzes gerne übernehme.

XXXX

XXXX “

2) Mitteilung der Erstbeschwerdeführerin vom XXXX an die belangte Behörde:

„In umseits rubrizierter Rechtssache teilt die XXXX – mit, dass

XXXX ,

XXXX ,

XXXX […],

zur verantwortlichen Beauftragten der XXXX im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG zur Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Verwaltungsbestimmungen des Parteiengesetzes 2012 mit Wirkung ab XXXX bestellt wurde.“

Weitere Dokumente außer den beiden zitierten, liegen über die Bestellung und deren Umfang und Inhalt nicht vor. Die Anfrage, ob die Zweitbeschwerdeführerin verantwortliche Beauftragte sein wolle, wurde von der Erstbeschwerdeführerin mündlich an diese herangetragen.

Ihr Gehalt änderte sich durch die Bestellung nicht. Auch ihre Befugnisse änderten sich nicht. Eine Anordnungsbefugnis für die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Bestimmungen des PartG wurde ihr nicht übertragen und lag nicht vor. Die Zweitbeschwerdeführerin sieht ihre Tätigkeit mehr als Hinweispflicht, denn als Anordnungsbefugnis; dies insbesondere hierarchisch „nach oben“. Sie kann keine Konsequenzen im Fall von Verstößen der Mitarbeiter gegen das PartG setzen. Sie kann lediglich Diskussionen und Gespräche anregen. Die Zweitbeschwerdeführerin unterliegt den Weisungen des Bundesgeschäftsführers.

Die Zweitbeschwerdeführerin hätte – auch im Fall von Bedenken wegen eines Konflikts mit dem PartG – im Wahlkampf nicht die Möglichkeit gehabt, etwa die Teilnahme der XXXX der Erstbeschwerdeführerin an der inkriminierten Veranstaltung der XXXX oder die inkriminierte Verteilung von Flyern mit dem Logo der Erstbeschwerdeführerin und dem Konterfrei von XXXX , einem damals wie heute Abgeordneten zum Nationalrat der Erstbeschwerdeführerin, zu verhindern.

1.2.3. Während des Nationalratswahlkampfes XXXX hatte die Zweitbeschwerdeführerin die Aufgabe, die Einhaltung der Wahlkampfkostenobergrenze zu überwachen und im Fall von Verstößen, auf diese hinzuweisen und exemplarisch das richtige Verhalten zu erklären. Sie war in die Budgetplanung involviert, legte die Einnahmen und Ausgaben der Bundespartei sowie der Gliederungen der Partei dazu fest. Das Budget wurde von der Bundesgeschäftsführung angenommen und von dieser zur Grundlage des Wahlkampfs gemacht. Die Zweitbeschwerdeführerin war auch in die Aufstellung der Wahlkampffinanzierung involviert. Sie sorgte dafür, dass „die richtigen Leute miteinander sprechen“, weil sie selbst nicht zeichnungsberechtigt ist und z.B. auch keinen Kredit aufnehmen kann.

1.2.4. Die Zweitbeschwerdeführerin informierte die Parteistruktur nicht über ihre Position als verantwortliche Beauftragte. Diese Position war auch nicht allen Funktionären der Erstbeschwerdeführerin und der XXXX bekannt. Die Person der Zweitbeschwerdeführerin und ihre Position in der Erstbeschwerdeführerin wurden im vorgelegten „Leitfaden XXXX “ nicht erwähnt.

1.2.5. Interner Ansprechpartner für die Zweitbeschwerdeführerin war während des Wahlkampfes der damalige Wahlkampfmanager und heutige Bundesgeschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin, XXXX . Dieser war der Zweitbeschwerdeführerin nicht zur Rechenschaft betreffend die Wahlkampfplanung verpflichtet. Auch der Bundesgeschäftsführer der XXXX , XXXX , der innerhalb der XXXX für die Organisation des Nationalratswahlkampfs XXXX zuständig war, und der im betreffenden Wahlkampf gereihte XXXX der Erstbeschwerdeführerin, gleichzeitig Abgeordneter zum Nationalrat der Erstbeschwerdeführerin und Vorsitzender (Obmann) der XXXX , XXXX , waren der Zweitbeschwerdeführerin nicht zur Rechenschaft betreffend die Wahlkampfführung verpflichtet. Letzterer unterlag lediglich der – nachträglichen – Pflicht, eine Meldung als Wahlwerber abzugeben, worin er die für sich vereinnahmten Spenden melden musste.

Die Gesamtverantwortung im Finanzbereich liegt und lag insbesondere für den Nationalratswahlkampf XXXX beim Bundesgeschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin. Ihm gegenüber hätte z.B. der Wahlkampfleiter der Erstbeschwerdeführerin Bericht über mögliche Berührungspunkte zum PartG erstattet, nicht aber gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin.

1.3. Kontrollsystem

Bereits anlässlich des In-Kraft-Tretens des PartG im Jahr 2012 hat die Erstbeschwerdeführerin eine parteiinterne Struktur zur Dokumentation der Entgegennahme von Spenden und der Vermeidung der Übertretung von Spendenverboten eingerichtet. Auch vor der Novelle des PartG 2019 waren Spenden ab einer gewissen Höhe unverzüglich meldepflichtig und die Annahme von Spenden von bestimmten Einrichtungen gänzlich verboten bzw. hätten dennoch angenommene Spenden an den Rechnungshof weitergeleitet werden müssen. Die Zweitbeschwerdeführerin richtete in der Erstbeschwerdeführerin ein „Internes Kontrollsystem (IKS)“ ein, das den Eingang höherer Beträge registriert und entsprechende Meldungen an die Zweitbeschwerdeführerin durchführt. Dessen Einrichtung wurde mit den nach den Bestimmungen des PartG bestellten Wirtschaftsprüfern besprochen, abgeklärt und bestätigt. Eine Anfrage bei der belangten Behörde zu Fragen betreffend das PartG gab es seitens der Zweitbeschwerdeführerin nicht.

Die Zweitbeschwerdeführerin schickt einen regelmäßig aktualisierten Leitfaden für die Abwicklung des aktuellen XXXX nach dem PartG aus. Darin werden die jeweiligen Neuerungen eingearbeitet und verteilt. Enthalten sind Hinweise auf jene Regeln, auf die – auch im Zusammenhang mit dem PartG – zu achten ist. In jedem Bundesland gibt es einen XXXX , der Kontaktperson für die Zweitbeschwerdeführerin ist. Diese und auch andere wesentlichen FunktionärInnen der Erstbeschwerdeführerin erhalten den Leitfaden mit der Bitte um Verteilung.

Anlässlich der im Juli 2019 in Kraft getretenen Novelle des PartG versuchte die Zweitbeschwerdeführerin noch im XXXX die verantwortlichen handelnden Personen ausdrücklich mittels einer gesonderten Aussendung zu informieren; diese Aussendung wurde dem Bundesverwaltungsgericht trotz Möglichkeit nicht vorgelegt. Im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung (Geschäftsführerkonferenz am XXXX ) für die Bundesgeschäftsführung und die Landes- und Bezirksgeschäftsführer bemühte sich die Zweitbeschwerdeführerin um Information der vertretungsbefugten Personen der rechtlich selbstständigen Gliederungen der Partei sowie nahestehender Organisationen betreffend die neuen gesetzlichen Beschränkungen des PartG. Die Informationsaktivitäten erfolgten nicht „flächendeckend“; die Informationsversuche kamen nicht bei allen Zielpersonen an. Die als Zeugen einvernommenen Funktionäre der XXXX hatten keine Wahrnehmung über ein wahlkampfbezogenes Briefing seitens der Erst- oder Zweitbeschwerdeführerin iZm dem PartG.

Über die Jahre wurde ein XXXX -Tool entwickelt. Es handelt sich dabei um ein Online-Tool, in das alle Organisationseinheiten Eintragungen über vereinnahmte Spenden machen müssen. Für Wahlwerber und Mandatsträger gibt es noch kein Online-Tool, sondern werden Eingaben weiterhin physisch abgewickelt. XXXX wurde ein „Online-KassaBank-Buch“ entwickelt, in das alle verpflichtet sind, ihre Buchungen und insbesondere Spenden einzutragen. Dies dient unterjährig dazu, die Höhe der vereinnahmten Spenden zu kontrollieren. Das Meldesystem betrifft den Inhalt von Spenden, Inseraten, Sponsoring und Beteiligungsunternehmen, wobei nahestehende Organisationen nicht inbegriffen sind. Spenden, die einer Sofortmeldung bedürfen, „springen“ in diesem Tool „hervor“. Geschieht das, erfolgt eine Nachfrage durch die Zweitbeschwerdeführerin. Anders entzieht sich das, was in Teilorganisationen passiert, der Kenntnis der Zweitbeschwerdeführerin. Es ist ihr nicht möglich, so viele Mitarbeiter zu kontrollieren. Erfolgt keine Eingabe bzw. Meldung an die Zweitbeschwerdeführerin, hat diese nach der aktuellen Ausgestaltung des Kontrollsystems nicht die Möglichkeit, die Zulässigkeit solch einer „Zuwendung“ zu prüfen oder allfällige Meldungen an den Rechnungshof zu erstatten. Zur Einhaltung des Kontrollsystems erfolgen Nachfragen durch und an die Zweitbeschwerdeführerin.

Der von der Zweitbeschwerdeführerin vorgelegte „Leitfaden XXXX “ stammt aus XXXX . Keine Berücksichtigung finden darin die mit der PartG-Nov im Juli 2019, BGBl. I 55/2019, eingeführten Neuerungen, wie beispielsweise die Betragsgrenze von EUR 7.500 pro Spender pro Kalenderjahr.

Die Beschwerdeführerinnen vertreten die grundsätzliche Rechtsansicht, dass Zuwendungen nahestehender Organisationen keine (Sach-)Spenden sein können; diese werden auch nicht im eingerichteten Online-Tool berücksichtigt.

1.4. Verein „ XXXX “

1.4.1. Verfahrensgegenstand sind Wahlkampfaktivitäten des Vereines „ XXXX “, ZVR XXXX , kurz: „ XXXX “. Vorsitzender des Vereines ist XXXX ; Bundesgeschäftsführer ist XXXX .

1.4.2. Laut seinen Statuten verfolgen die XXXX folgende Ziele:

„§ 3 Vereinszweck, Wirkungsbereich

1) ‚„ XXXX “‘ sorgt für die Parteitätigkeit der XXXX im Rahmen der XXXX . Er ist nicht auf Gewinn gerichtet.

2) Der Verein setzt sich in der XXXX sowie in der Öffentlichkeit auf der Grundlage des Programms der XXXX für die Anliegen und Interessen der XXXX und diesen nahestehenden Gruppen (insbesondere XXXX ) ein.

3) Der Verein trägt die Verantwortung für politische Aktionen, die Organisation und Unterstützung von Wahlkämpfen und Wahlbewegungen, die allgemeine Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Bildungstätigkeit, entsprechend dem Programm der XXXX .

§ 4 Tätigkeitsbereich und Aufgaben von ‚ XXXX ‘

Zur Erreichung des Vereinszweckes obliegt dem Verein die Durchführung von politischen Aktionen, die Organisation und Unterstützung von Wahlkämpfen und Wahlbewegungen, Durchführung von Bildungsaktivitäten, sowie die allgemeine Werbe- und Informationstätigkeit, entsprechend den Programmen und Beschlüssen der XXXX sowie den Statuten des Vereines. Darüber hinaus sind folgende Aufgaben zu erfüllen:

§ 4.1 Weitere Aufgaben

a) Erarbeiten und Aktualisieren der politischen Grundsätze und Positionen der ‚ XXXX ‘.

b) Wahl bzw. Entsendung von VertreterInnen (Delegierten) in die Organe/Gremien der XXXX nach den Parteistatuten.

c) Verwaltung und Verwendung der Mittel des Vereines bzw. ihm gehörenden Einrichtungen.

d) Unterstützung der Tätigkeit der XXXX in der XXXX .

e) Die Organisation und Unterstützung von Wahlbewegungen sowie Wahlkämpfen zu allgemeinen Vertretungskörpern, insb. Landtag, Nationalrat, Europ. Parlament.

f) Die Erstellung bzw. Bestätigung von KandidatInnenlisten und von Wahlvorschlägen für die oben genannten Wahlen.

g) Vorbereitung, Einberufung und Durchführung von Sitzungen, Versammlungen und Konferenzen.

h) Verbreitung von Information, Publikationen und Werbung durch Print,- elektronische,- und sonstige Medien.

i) Mitwirkung an der Meinungsbildung.

j) Politische Schulung von FunktionärInnen.

k) Beratung und Beschlussfassung über Anträge für Versammlungen und Konferenzen der XXXX .

l) Erstellung von KandidatInnenlisten, die Mitarbeit in Wahlbewegungen, in Wahlkämpfen und bei Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern, insb. Landtag, Nationalrat, Europ. Parlament.

m) Pflege der Kontakte innerhalb des Vereines und mit den Organen der XXXX . Mitarbeit in allen der XXXX angehörenden oder nahestehenden Gremien und Förderung der Mitgliedschaft in XXXX Organisationen.

n) Pflege der Kontakte mit Institutionen oder Gruppierungen, die dieselben oder ähnliche Ziele wie ‚ XXXX ‘ verfolgen und deren Intentionen nicht den Zielen der XXXX widersprechen.“

1.4.3. Das seit XXXX geltende Organisationsstatut der Erstbeschwerdeführerin sieht Folgendes zur XXXX vor (abrufbar unter XXXX ):

„§ 72 XXXX

(1) Für die Parteitätigkeit im Rahmen der XXXX sorgen die ‚ XXXX ‘ (kurz XXXX ).

(2) ‚ XXXX ‘ setzt sich in der XXXX sowie in der Öffentlichkeit auf

der Grundlage des Programms der XXXX für die Anliegen und Interessen der XXXX und diesen nahestehenden Gruppen (insbesondere XXXX ) ein.

(3) ‚ XXXX ‘ trägt die Verantwortung für politische Aktionen, die Organisation und Unterstützung von Wahlkämpfen und Wahlbewegungen, die allgemeine Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Bildungstätigkeit, entsprechend dem Programm der XXXX .“

Gemäß dem Organisationsstatut der Erstbeschwerdeführerin können die XXXX insbesondere wie folgt Einfluss auf Prozesse in der Bundespartei nehmen:

50 Delegierte der XXXX sind zur Teilnahme am Bundesparteitag berechtigt (§ 48 Abs. 4 des Organisationsstatutes). Die XXXX entsenden ein Mitglied in die Wahlkommission (§ 55 Abs. 1 und 3 leg. cit.). Jedenfalls ein Vertreter der XXXX ist für die Wahlvorschlagsliste vorzuschlagen (§ 56 Abs. 3 leg. cit.). An Sitzungen des erweiterten Bundesvorstands nehmen u.a. teil die Vorsitzenden aller nahestehenden Organisationen, wobei die XXXX berechtigt sind, insgesamt drei zusätzliche Personen zu benennen (§ 62 Abs. 6 lit. d) leg. cit.). Jeweils 25 Delegierte haben als Vertreterinnen der XXXX das Recht, an Tagungen des Bundesparteirates und an der Bundesfrauenkonferenz teilzunehmen (§ 66 Abs. 2 letzter Satz und § 70 Abs. 2 lit. e) leg. cit.).

Umgekehrt kann die Erstbeschwerdeführerin lediglich Einsicht in Bücher und Schriften der XXXX Einsicht nehmen und diese prüfen (§ 64 Abs. 3 iVm § 82 leg. Cit.).

1.5. Inkriminierte Wahlkampfaktivitäten

1.5.1. Veranstaltung am XXXX

Die XXXX haben im Rahmen des Wahlkampfes zur Nationalratswahl XXXX am XXXX eine Veranstaltung unter der Teilnahme der XXXX der Erstbeschwerdeführerin, XXXX abgehalten.

Quelle: XXXX

Die an einem Vormittag abgehaltene Veranstaltung wurde von mehreren tausend Personen besucht und richtete sich an das Zielpublikum der XXXX , konkret an XXXX . Es gab eine Band und Reden einiger Funktionäre sowohl der Erstbeschwerdeführerin als auch von XXXX . Reden hielten XXXX , XXXX (Vizepräsidentin des XXXX und Frauenvorsitzende der XXXX ; Thema: „ XXXX “), XXXX (Präsident des XXXX ; Thema: „ XXXX “), XXXX ( XXXX der Erstbeschwerdeführerin; Themen: „ XXXX “ – dies war abgestimmt auf die bei der Veranstaltung anwesende Zielgruppe).

Thematische Überschneidungen zwischen den XXXX und der Erstbeschwerdeführerin gab es z.B. zu Themen wie der „ XXXX “, konkret im Bereich der XXXX (gegen XXXX , XXXX ).

Die Erstbeschwerdeführerin hätte eine Veranstaltung wie jene vom XXXX nicht selbst durchgeführt, weil bereits andere Veranstaltungen geplant waren und in der kurzen Vorbereitungszeit darauf abgezielt wurde, Personen außerhalb der XXXX anzusprechen. Die XXXX hätten die Veranstaltung auch ohne die Rede der XXXX der Erstbeschwerdeführerin abgehalten.

Die XXXX organisieren immer wieder themenorientierte und zielgruppenorientierte Veranstaltungen wie die gegenständliche; dies auch außerhalb des Wahlkampfs. Dazu werden auch XXXX der Erstbeschwerdeführerin oder solche Personen eingeladen, welche die Themen des Zielpublikums der XXXX ansprechen (ausgewählt wird dabei jeweils eine Person, die „inhaltlich gut ist und die Sprache unserer Leute spricht“).

1.5.2. Plakate und Flyer für Erstbeschwerdeführerin und XXXX

Die XXXX haben die Gestaltung, Herstellung und in der Zeit vom XXXX bis zum XXXX die selbst oder durch Dritte besorgte Verteilung oder Veröffentlichung von Plakaten und Flyern mit Werbung für die Erstbeschwerdeführerin und XXXX veranlasst.

Die Erstbeschwerdeführerin hat diese Wahlwerbung nicht selbst verteilt.

Flyer:

(Dieser Flyer wurde erst im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.)

Plakat:

1.5.3. Postkarten

Die XXXX haben die Verteilung von Postkarten zum Thema „ XXXX “, „ XXXX “ und „ XXXX “ mit Werbung auch für die Erstbeschwerdeführerin, veranlasst.

Diese weisen teilweise unterschiedliche Schwerpunkte und eine andere Diktion als die Wahlkampfforderungen der Erstbeschwerdeführerin auf (beispielsweise forderte die Erstbeschwerdeführerin eine XXXX ; die XXXX forderten einen XXXX ).

Die Erstbeschwerdeführerin hat diese Postkarten nicht selbst verteilt.

Postkarte „ XXXX “:

Postkarte XXXX :

Postkarte „ XXXX “:

1.5.4. XXXX -Liste für KandidatInnen

Die XXXX gaben online eine Information betitelt mit „ XXXX “ heraus. Es handelt sich dabei um eine Liste mit der Aufzählung der KandidatInnen der XXXX . Im Impressum treten als Medieninhaber, Herausgeber und Verleger die XXXX auf.

Deckblatt:

Auszug aus der Liste:

1.5.5. Facebook-Titelbilder

Die XXXX veranlassten auf ihrer homepage www. XXXX .at die Veröffentlichung von Facebook-Titelbildern zum Thema „ XXXX “; es handelte sich dabei im Nationalratswahlkampf XXXX um den Kernslogan der XXXX .

1.5.6. Abstimmung und Veranlassung der Wahlkampfaktivitäten; selbstständige Themenwahl und Wahlkampfaktivitäten

Zur in Punkt II.1.5.1. erwähnten Veranstaltung gab es im Vorfeld eine oberflächliche Abstimmung zwischen dem Wahlkampfleiter der Erstbeschwerdeführerin und den XXXX . Diese erschöpfte sich in einer Terminanfrage betreffend die XXXX der Erstbeschwerdeführerin und in einer Information von XXXX an den Wahlkampfleiter der Erstbeschwerdeführerin, wie die Veranstaltung ablaufen würde.

Die in den Punkten II.1.5.2., II.1.5.3. und II.1.5.5. genannten Wahlkampfaktivitäten wurden von XXXX veranlasst. Hinsichtlich der in den Punkten II.1.5.2. und II.1.5.3. genannten Aktivitäten erfolgte eine vorhergehende Abstimmung mit XXXX , der seine Zustimmung zu diesen Aktivitäten gab. Die Liste gemäß Punkt II.1.5.4. oben wurde im Zuge des ehrenamtlichen Engagements eines Mitglieds der XXXX zusammengestellt.

Die Verwendung des „Logos“ der Erstbeschwerdeführerin ist nahestehenden Organisationen, und jenen, die laut Parteistatut Teil der Partei sind, ohne weitere Rückfrage erlaubt. Eine Abstimmung der Verwendung des Logos durch die XXXX erfolgte nur vereinsintern, nicht aber mit der Erstbeschwerdeführerin.

Darüber hinaus erfolgten im Wahlkampf zwischen XXXX und der Erstbeschwerdeführerin keine gesonderten Abstimmungen betreffend die inkriminierten Wahlkampfaktivitäten.

Im Wahlkampf führten die XXXX für ihre Zielgruppe – insbesondere XXXX – Veranstaltungen und Aktivitäten durch. Dazu zählen auch die hier inkriminierten Wahlkampfaktivitäten. Die XXXX organisieren und entscheiden ohne Einbeziehung der Erstbeschwerdeführerin über die Durchführung von Wahlkampfaktivitäten.

Die XXXX verfolgen unabhängig von der Themensetzung der Erstbeschwerdeführerin eigene Themen und setzen eigene Schwerpunkte.

Thematisch überschnitten sich die Aktivitäten der XXXX und der Erstbeschwerdeführerin teilweise, was auch an der gemeinsamen XXXX Grundhaltung liegt. Überschneidungen lagen insbesondere im Bereich XXXX (z.B. für XXXX , gegen XXXX ) und XXXX vor. Ansonsten verfolgte die Erstbeschwerdeführerin im Nationalratswahlkampf XXXX vornehmlich die Themen XXXX .

Die Erstbeschwerdeführerin konzentrierte sich im Wahlkampf auf die XXXX . Als Beispiel für ihre Wahlkampfaktivitäten ist folgendes Plakatsujet festzuhalten (Hauptslogan: „ XXXX “):

Quelle: XXXX

Während die Erstbeschwerdeführerin nach dem Wohnortprinzip organisiert ist, konzentrieren sich die XXXX auf ihre Tätigkeit in den XXXX . Aus dieser unterschiedlichen Organisation ergeben sich auch die unterschiedliche Aufgabenstellung und Zielsetzung.

1.5.7. (Mögliche) Kenntnis über die Wahlkampfaktivitäten

Die Zweitbeschwerdeführerin erfuhr spätestens durch die einschlägigen Medienberichte rund um den XXXX von der Veranstaltung der XXXX . Von einem Abstimmungsgespräch zwischen XXXX und XXXX erfuhr die Zweitbeschwerdeführerin erst im Zuge der Vorbereitung auf die durchgeführten Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die anderen Wahlkampfaktivitäten fanden in den von der belangten Behörde ins Verfahren eingebrachten Berichten keine Erwähnung. Von diesen Aktivitäten erfuhr die Zweitbeschwerdeführerin erst, als sie von der belangten Behörde darauf aufmerksam gemacht wurde.

Die Zweitbeschwerdeführerin beschränkte sich betreffend Wahlkampfaktivitäten auf reaktives Nachfragen im Nachhinein betreffend bereits erfolgte Meldungen über Zuwendungen.

1.6. Wert der Wahlkampfaktivitäten

Folgende Ausgaben wurden für die genannten Wahlkampfaktivitäten getätigt:

-) Veranstaltung am XXXX :     EUR XXXX ,

-) Plakate und Flyer ( XXXX und XXXX )   EUR XXXX ,

-) Postkarten

--) XXXX und XXXX :    EUR XXXX

--) XXXX :       EUR XXXX

-) Facebook-Titelbilder       EUR XXXX .

Die XXXX -Kandidatenliste entstand im Rahmen des ehrenamtlichen Engagements eines Mitarbeiters der XXXX ; es sind keine Kosten dafür entstanden.

1.7. Keine Gegenleistung, keine Weiterleitung

Eine Gegenleistung von Seiten der Erstbeschwerdeführerin wurde für die Plakate, Flyer, Postkarten, Listen und Titelbilder der XXXX nicht erbracht.

Es erfolgte im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Wahlkampfaktivitäten keine Geldzahlung (Weiterleitung) von der Erstbeschwerdeführerin an den Rechnungshof.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Akteninhalt sowie im Wesentlichen auf die ergänzenden Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes.

Ad Punkt II.1.1.: Die Feststellungen zur Einordnung der Erstbeschwerdeführerin sind amtsbekannt und unstrittig.

Ad Punkt II.1.2.: Auf Basis der vorgelegten Bestellungsdokumentation stellte die belangte Behörde fest, dass der Zweitbeschwerdeführerin „für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen“ worden sei (Straferkenntnis, Seite 15). Die belangte Behörde führte dies weder begründend aus, noch lässt sich dies den sonst im Behördenakt enthaltenen Dokumenten entnehmen. Vor allem ist nicht ersichtlich, wodurch die Annahme gerechtfertigt sei, der Zweitbeschwerdeführerin als „ XXXX “ komme überhaupt eine relevante Anordnungsbefugnis iZm dem PartG zu. Die Bestellungsdokumentation, lediglich bestehend aus einem Schreiben der Zweitbeschwerdeführerin betreffend die „Annahme“ ihrer Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten und einer Mitteilung der Erstbeschwerdeführerin an die belangte Behörde, dass nun die Zweitbeschwerdeführerin verantwortliche Beauftragte sei, enthält kein Wort zu einer allfälligen Anordnungsbefugnis. Das Bundesverwaltungsgericht sah sich daher veranlasst, Ermittlungen über die allfällige Anordnungsbefugnis der Zweitbeschwerdeführerin anzustellen und diese wie folgt der Beweiswürdigung zu unterziehen.

Die Feststellungen zu den Bereichen „Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten“, den Aufgaben der Zweitbeschwerdeführerin, einer „Anordnungsbefugnis“ und zum „Kontrollsystem“ (siehe auch Ad Punkt II.1.3.) ergeben sich aus den vorgelegten Dokumenten, den bisherigen Stellungnahmen der Zweitbeschwerdeführerin (vgl. Stellungnahme vom XXXX , Seiten 3f samt beigelegtem „Leitfaden“) sowie maßgeblich aus den im Wesentlichen glaubwürdigen Angaben der Zweitbeschwerdeführerin im Zuge der mündlichen Verhandlung (1. Verhandlungsprotokoll, insbesondere Seiten 6 ff, 13 f, 15, 33, 34 f, 36, und 39 f).

Ad Punkt II.1.2.1.: Die allgemeinen Angaben zur Zeitbeschwerdeführerin, deren Berufsbezeichnung, die Feststellung zu ihrer Mitarbeiterin sowie ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen ergeben sich aus ihren schriftlichen Stellungnahmen sowie ihren Aussagen während der mündlichen Verhandlung (1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 6 und 12).

Ad Punkt II.1.2.2.: Die Beschwerdeführerinnen legten zur Bestellung der Zweitbeschwerdeführerin zwei Dokumente vor, deren Inhalt festgestellt wurde.

Dass sich Gehalt und Befugnisse der Zweitbeschwerdeführerin mit ihrer Bestellung nicht änderten, gab diese in der mündlichen Verhandlung selbst an (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 7: „VR: Inwiefern hat sich Ihr Gehalt mit der Bestellung verändert? BF2: Gar nicht. VR: Was hat sich mit der Bestellung an Ihren Befugnissen geändert? BF2: De facto auch nichts. Es ist meine Aufgabe, wenn mir etwas auffällt, darauf hinzuweisen. 2014 haben wir unseren ersten XXXX nach dem PartG 2012 abgewickelt. Hier waren wir noch im Aufbau einer Systematik, wie man das abwickeln kann.“).

Zur fehlenden Anordnungsbefugnis: Die Zweitbeschwerdeführerin sprach insbesondere von einer Hinweispflicht und nicht von einer tatsächlichen Anordnungsbefugnis, insbesondere nach oben (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 39). Dies ergab sich auch aus ihrer Tätigkeitsbeschreibung (arg: „Es ist meine Aufgabe, wenn mir etwas auffällt, darauf hinzuweisen.“, 1. Verhandlungsprotokoll, Seite 7). Persönliche Konsequenzen bei Verstößen darf sie nicht setzen (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 36). Sie selbst kann in der Abwicklung nur um Regelung bitten, nicht aber selbst etwas verändern (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 8). Sie hat zudem nur die Möglichkeit, einen Diskussionsprozess anzuregen und Gespräche zu führen (1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 10 und 36) und in Bücher und Rechnungen Einsicht zu nehmen (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 39). Bei Verstößen kann sie nur exemplarisch auf das richtige Verhalten hinweisen (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 9). Zur fehlenden Information, Kenntnis und Anerkennung betreffend die Position der Zweitbeschwerdeführerin ist zudem auf die Ausführungen zu Ad Punkt II.1.2.4., sowie zu ihrer Stellung im Gefüge der Erstbeschwerdeführerin und die nach wie vor und insbesondere im Wahlkampf bestehenden Verantwortlichkeit des Bundesgeschäftsführers auf die Ausführungen zu Ad Punkt II.1.2.5. zu verweisen. Wie sich zeigte, erschöpfte sich ihre Tätigkeit in der Einführung eines Kontrollsystems (siehe Ad Punkt II.1.2.3.) und reicht diese nicht an die Erfordernisse einer wirksam bestellten verantwortlichen Beauftragten heran. Aus den übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Personen ging hervor, dass eine „Verhinderung“ der gegenständlichen Wahlkampfaktivitäten durch ein Einschreiten die Zweitbeschwerdeführerin nicht möglich gewesen wäre.

Dass keine Anordnungsbefugnis für die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Verwaltungsbestimmungen des PartG übertragen wurde bzw. vorlag, ergibt sich somit daraus, dass weder in den mit der Bestellung der Zweitbeschwerdeführerin vorgelegten Dokumenten darauf Bezug genommen oder diese zu irgendeinem Zeitpunkt nachgewiesen wurde, noch eine solche tatsächlich gegeben war, wie sich im vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren ergeben hat.

Ad Punkt II.1.2.3.: Die Aufgaben der Zweitbeschwerdeführerin im Wahlkampf, insbesondere iZm dessen Budgetplanung und Finanzierung, ergeben sich aus ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung (1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 12 und 15) und der Stellungnahme vom XXXX (Seite 4).

Ad Punkt II.1.2.4.: Zur fehlenden Information der Parteistruktur über die Stellung der Zweitbeschwerdeführerin in der Organisation der Erstbeschwerdeführerin zog das Bundesverwaltungsgericht die nachvollziehbaren und glaubwürdigen Aussagen der Zweitbeschwerdeführerin und des Z3 heran (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 40; 2. Verhandlungsprotokoll, Seite 6) und nahm Einsicht in den vorgelegten „Leitfaden XXXX “.

Ad Punkt II.1.2.5.: Das Verhältnis der Zweitbeschwerdeführerin zum damaligen Wahlkampfleiter und den genannten Funktionären der XXXX sowie umgekehrt (insbesondere hinsichtlich einer fehlenden Berichts- und Rechenschaftspflicht der Zweitbeschwerdeführerin gegenüber) ergibt sich aus den widerspruchsfreien Aussagen der drei einvernommenen Zeugen (vgl. Z1: 1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 20, 24 f und 28, Z2: 1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 44 und 50, Z3: 2. Verhandlungsprotokoll, Seiten 6 f). Auch die Angaben der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung decken sich im Wesentlichen (siehe dazu in den nächsten Absätzen) mit dem durch die Zeugenaussagen gewonnenen Eindruck (vgl. BF2: 1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 13 f und 34 f).

Im Zuge der Ermittlungen fanden jedoch die Angaben der Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom XXXX , wonach ihr „die gesamte Parteiorganisation der XXXX zur Rechenschaft über die Einhaltung des PartG verpflichtet“ sei, und dass „vor der Annahme von Spenden durch bestimmte Rechtsträger das Einvernehmen“ mit der Zweitbeschwerdeführerin herzustellen gewesen sei, keine Deckung und konnten keine Feststellungen dazu getroffen werden. Nach den im Vorabsatz verwiesenen Angaben der dazu unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen (insbesondere Z1 und Z3 waren unstrittig in die Parteiorganisation eingebunden), zeigt sich, dass eben nicht die ganze Parteiorganisation gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin zur Rechenschaft verpflichtet war. Keiner der hierzu einvernommenen Zeugen sah sich gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin dazu verpflichtet und ergibt sich diese Pflicht auch nicht aus dem vorgelegten „Leitfaden XXXX “. Vielmehr ist es so, dass als Letztverantwortlicher und Ansprechpartner für Berührungspunkte mit Finanzthemen und dem PartG – ungeachtet der „Bestellung“ der Zweitbeschwerdeführerin – der damalige Bundesgeschäftsführer wahrgenommen wurde, dessen Verantwortlichkeit insbesondere im Wahlkampf festgelegt wurde (1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 24 f: „Wenn ich Berührungspunkte [zum PartG] festgestellt hätte, dann hätte ich das dem Bundesgeschäftsführer berichtet.“ Sowie: „BR2: Warum nicht der BF2, sondern dem Bundesgeschäftsführer, sie war doch die Verantwortliche für das PartG? Z1: Weil im Wahlkampf festgelegt wurde, dass der Bundesgeschäftsführer für die Finanzen verantwortlich ist.“).

Die Zweitbeschwerdeführerin trat in der mündlichen Verhandlung der von Z1 angesprochenen fehlenden Berichts- und Rechenschaftspflicht ihr gegenüber mit der Aussage entgegen, Z1 vertrete dazu eine „eigene Ansicht über die Dinge“ (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 39); eine inhaltliche Auseinandersetzung mit und Entkräftung dieser Angaben erfolgte hingegen nicht. Die fehlende Berichtspflicht der Zweitbeschwerdeführerin gegenüber geht aber nicht nur aus den überzeugenden Aussagen des Z1 hervor (1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 20 und 28). Dies ergibt sich auch aus den damit übereinstimmenden Aussagen der Z2 und Z3 betreffend die Stellung der Zweitbeschwerdeführerin innerhalb der Erstbeschwerdeführerin (1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 44 und 50 sowie 2. Verhandlungsprotokoll, Seiten 6 f), die von der Zweitbeschwerdeführerin unbestritten blieben, sowie indirekt aus dem vorgelegten „Leitfaden XXXX “, der nichts Entsprechendes vorsieht.

Vor dem Hintergrund der glaubwürdigen und übereinstimmenden Zeugenaussagen konnten die widersprechenden Angaben der Zweitbeschwerdeführerin betreffend eine ihr gegenüber bestehenden Rechenschaftspflicht nicht festgestellt werden.

Die Verantwortlichkeit des Bundesgeschäftsführers und die Berichterstattungspflicht diesem gegenüber ergibt sich insbesondere aus den glaubwürdigen und überzeugenden Aussagen des Z1 (1. Verhandlungsprotokoll, Seiten 20 und 24 f).

Ad Punkt II.1.3.: Die belangte Behörde traf zum eingerichteten Kontrollsystem überhaupt keine Feststellungen, was vom BVwG nachzuholen war.

Aus den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin zum Kontrollsystem ergibt sich, dass diese zwar einigen Aufwand in die Einführung eines Informations- und Kontrollsystems fließen ließ, der auch entsprechend festzustellen war. Aus den Aussagen von Z2 und Z3 (1. Verhandlungsprotokoll, Seite 44 sowie 2. Verhandlungsprotokoll, Seite 6) geht jedoch hervor, dass die Bemühungen der Zweitbeschwerdeführerin nicht flächendeckend ankamen; weder Z2, noch Z3 konnten über ein wahlkampfbezogenes und das PartG berücksichtigendes Briefing seitens der Erst- oder Zweitbeschwerdeführerin berichten. Eine weitere erkennbare Unzulänglichkeit des Kontrollsystems liegt darin, dass das eingerichtete Online-Tool bei Zuwendungen von nahestehenden Organisationen überhaupt nicht anschlägt, weil diese bewusst nicht berücksichtigt wurden (ohne jedoch zu dieser Rechtsansicht Erkundigungen an geeigneter Stelle eingeholt zu haben, wie etwa bei der belangten Behörde). Die Zweitbeschwerdeführerin gestand selbst ein, dass das Tool von Eintragungen verschiedener Personen abhängig ist – was nicht eingetragen wird, kann nicht kontrolliert werden. Die Einhaltung des Kontrollsystems wird durch bloße Nachfragen kontrolliert. Letztlich ist die Zweitbeschwerdeführerin aber von Angaben und Auskünften der für die Erstbeschwerdeführerin tätigen Personen abhängig; eine flächendeckende Kontrolle erfolgt von ihrer Seite nicht. Diese überwiegend auf Eigenverantwortung der Mitarbeiter beruhende und nicht lückenlos (nach)kontrollierbare Ausgestaltung ermöglicht umfassende Verstöße gegen das PartG, welche die Zweitbeschwerdeführerin weder kontrollieren, noch verhindern, noch im Nachhinein effektiv beheben kann.

Die Zweitbeschwerdeführerin zeigte somit selbst die Grenzen ihres Kontrollsystems auf: Erfolgt im von ihr eingerichteten Online-Tool keine Eingabe oder Meldung, hat diese nicht die Möglichkeit, die Zulässigkeit einer Zuwendung zu prüfen und weitere Schritte zu setzen (vgl. Stellungnahme der Zweitbeschwerdeführerin vom XXXX , Seite 4).

Ad Punkt II.1.4.: Die Feststellungen zum Verein XXXX ergeben sich aus dem Zentralen Vereinsregister, den Statuten dieses Vereins und dem Organisationsstatut der Erstbeschwerdeführerin.

Ad Punkt II.1.5.1.: Die Feststellungen zur Veranstaltung am XXXX und die dort angesprochenen Themen sowie die Planung einer Veranstaltung wie dieser stützen sich auf die übereinstimmenden und glaubwürdigen Aussagen der dazu in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommenen Personen.

Ad Punkt II.1.5.2. bis Punkt II.1.5.5.: Die Feststellungen zu den weiteren inkriminierten Wahlkampfaktivitäten gründen sich auf die dem Bundesverwaltungsgericht teilweise im Original, teilweise in Kopie vorliegenden Folder, Flyer, Postkarten, Listen und Facebook-Titelbilder sowie auf die dazu eingeholten im Wesentlichen übereinstimmenden und glaubwürdigen Zeugenaussagen.

Ad Punkt II.1.5.6.: Die Feststellungen zu Abstimmung und Veranlassung von Wahlkampfaktivitäten, Logoverwendung, jeweiliger Zielgruppenwahlkampf sowie zur selbstständigen Organisation von Wahlkampfaktivitäten und Themensetzung der XXXX sowie der Themen der Erstbeschwerdeführerin im Nationalratswahlkampf XXXX beruhen auf den hierzu eingeholten übereinstimmenden und überzeugenden Angaben der einvernommenen Zeugen und den Behördenakt.

Ad Punkt II.1.5.7.: Aus den dahingehend glaubwürdigen Angaben der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich, wann sie jeweils von den inkriminierten Wahlkampfaktivitäten erfuhr. Aus ihren Schilderungen ergibt sich jedoch auch, dass sie eine aktive Nachfrage unterlassen hat und ihr nicht Bericht erstattet wurde. Eine frühere Kenntnis wäre durch die Einholung entsprechender Informationen möglich gewesen.

Ad Punkt II.1.6.: Die festgestellten Ausgaben für die Wahlkampfaktivitäten ergeben sich aus den von den XXXX vorgelegten Rechnungen und Aufstellungen; diese Angaben sind nachvollziehbar und wurden von den Beschwerdeführerinnen nicht bestritten. Die belangte Behörde begnügte sich damit, Flyer und Plakate für XXXX einerseits und die Postkarten andererseits mit einer Position anzusetzen. Die weiteren Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichts ergaben auf Basis der Auskunft der XXXX vom XXXX die festgestellte Kostenaufteilung. Die Position für Postkarten zum Thema „ XXXX “ wurde nicht übernommen, weil es sich dabei nicht um ein inkriminiertes Faktum handelte.

Die XXXX -Kandidatenliste entsprang dem ehrenamtlichen Engagements eines Mitarbeiters der XXXX ; Kosten konnten keine dafür angesetzt werden. Nicht nachvollziehbar war, wieso ein mit EUR 0,00 bewertetes Faktum Eingang in ein Straferkenntnis gefunden hat, in dem es um die Überschreitung von Spendenobergrenzen geht.

Ad Punkt II.1.7.: Das Ermittlungsverfahren ergab nicht, dass den Flyer, Plakaten, Postkarten, Listen und Facebook-Titelbildern der XXXX fassbare Gegenleistungen der Erstbeschwerdeführerin gegenüberstanden. Zu einer Weiterleitung von Geld oder geldwerten Leistungen an den Rechnungshof kam es unbestritten nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat über Beschwerden in Verwaltungsstrafsachen in der Sache selbst zu entscheiden (Art. 130 Abs. 4 B-VG). Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Die von den Beschwerdeführerinnen begehrte Aufhebung und Zurückverweisung wäre daher selbst im Fall krasser Ermittlungslücken der belangten Behörde nicht möglich.

Gemäß § 11 Abs. 8 PartG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden in jenen Fällen, in denen der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat belangte Behörde ist (§ 9 Abs. 2 VwGVG), durch Senat. Im gegenständlichen Fall richten sich die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen gegen eine Entscheidung des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senates, der auch belangte Behörde im vorgenannten Sinne ist. Es besteht daher Senatszuständigkeit.

Zu A)

3.2. Rechtsgrundlagen

3.2.1. Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Finanzierung politischer Parteien (Parteiengesetz 2012 – PartG), StF: BGBl. I Nr. 56/2012 idF

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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