Entscheidungsdatum
14.07.2020Index
60/04 Arbeitsrecht allgemeinNorm
AuslBG §28 Abs1 litaText
Schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses
gemäß § 29 Abs 4 VwGVG
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Walter Oberascher über die Beschwerde des Finanzamtes Salzburg-Land, Aignerstraße, 5026 Salzburg, gegen den Einstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (belangte Behörde) vom 10.2.2020, Zahl XXX-2019, (Beschuldigter: AB AA) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
z u R e c h t e r k a n n t :
I. Gemäß §§ 38 und 50 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides an Stelle der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu lauten hat wie folgt:
"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der EE AA GmbH mit Sitz in AW, AX, und somit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese als Arbeitgeberin den JJ Drittstaatsangehörigen FF GG, geb. ZZZ, vom 01.07.2019 bis 13.10.2019 beschäftigt hat, obwohl für diesen der angeführten Arbeitgeberin weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder eine Anzeigenbestätigung ausgestellt worden ist und dieser Ausländer weder eine für diese Beschäftigung gültige 'Rot-Weiß-Rot - Karte', eine 'Blaue Karte EU', Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (ICT) oder als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer (mobile ICT), Aufenthaltsbewilligung 'Familiengemeinschaft' mit Zugang zum Arbeitsmarkt oder eine 'Niederlassungsbewilligung - Künstler', oder eine 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus', eine 'Aufenthaltsberechtigung plus', einen Befreiungsschein oder einen Aufenthaltstitel 'Familienangehöriger' oder einen 'Daueraufenthalt - EU' besessen hat.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Übertretung gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl Nr 218/1975 idF BGBl I Nr 56/2018
Deshalb wird gegen Sie folgende Verwaltungsstrafe verhängt:
Strafe gemäß § 28 Abs 1 Z 1 erster Strafrahmen AuslBG iVm § 20 VStG: € 750
Ersatzfreiheitsstrafe: 32 Stunden.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG beträgt der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren € 75."
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 10.2.2020 wurde das Verfahren gegen AB AA als handelsrechtlichem Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenem Organ der EE AA GmbH mit Sitz in AW, AX, als verantwortlicher Arbeitgeberin des JJ Staatsangehörigen FF GG, welcher mit dem Beschäftigungszeitraum vom 1.7.2019 bis 13.10.2019 in Vollzeitbasis im oben angeführten Transportunternehmen als Lenker beschäftigt worden ist, wegen einer Übertretung nach §§ 28 Abs 1 Z 1 lit a und 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG im Zweifel eingestellt.
Dagegen brachte das Finanzamt Salzburg-Land, Finanzpolizei, innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Als Beschwerdegründe wurden unrichtige Tatsachenfeststellung, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung namhaft gemacht und als Begründung ausgeführt, das im Zuge der Anstellung vorgelegte NN Dokument habe den JJ Staatsangehörigen als solchen ausgewiesen, unter dem Punkt "Nationalität" sei JJ eingetragen. Der ausländische Staatsangehörige habe sohin hinsichtlich seiner Nationalität nicht gelogen. Bei entsprechender Sorgfalt wäre es dem Beschuldigten bzw Personalverantwortlichen möglich gewesen, dies zu erkennen, weshalb auch die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen sei. Es werde beantragt, die angefochtene Einstellung aufzuheben und allenfalls nach Verfahrensergänzung über den Beschuldigten wegen der entgegen den Bestimmungen des AuslBG erfolgten Beschäftigung des in Rede stehenden Ausländers eine schuldangemessene Strafe zu verhängen.
In dieser Beschwerdesache führte das Landesverwaltungsgericht Salzburg am 10.6.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Rechtsvertreter des Beschuldigten sowie ein Vertreter des Finanzamtes Salzburg-Land, Finanzpolizei, gehört und der Zeuge Ing. MM KK einvernommen wurde.
Der Vertreter des Beschuldigten führte in seiner Eingangsäußerung aus, der Mitarbeiter Ing. KK habe das Einstellungsgespräch mit dem Dienstnehmer geführt, dabei sei ihm ein NN Reisepass (EU-Bürger) und ein NN Führerschein vorgelegt worden. Der Mitarbeiter, der über keine wie immer geartete Ausbildung, insbesondere hinsichtlich der Vorschriften über die Ausstellung von Dokumenten in der NN Republik verfügt habe, hätte keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass eines der beiden bzw beide Dokumente verfälscht oder gefälscht waren. Der Dienstnehmer sei ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet worden. Theoretisch sei auch eine Doppelstaatsbürgerschaft möglich gewesen. Weitere Nachforschungspflichten würden eine Überspannung der Sorgfaltspflicht darstellen.
Der Zeuge Ing. MM KK gab in der Verhandlung Folgendes an:
"An das Einstellungsgespräch mit Herrn GG kann ich mich noch grundsätzlich erinnern. Herr GG ist zu mir gekommen auf Empfehlung eines Fahrers unseres Unternehmens. Ich habe von ihm die üblichen Dokumente verlangt, dabei handelt es sich um den Reisepass bzw Personalausweis, Führerschein und ADR-Schein. Herr GG hat einen NN Reisepass, einen NN Führerschein und einen NN ADR-Schein vorgelegt.
Wenn mir nunmehr die im Akt enthaltene Kopie des Dokuments des GG vorgehalten wird, so sage ich, dass es sich um jenen Reisepass gehandelt hat, den ich gesehen habe. Auf den Vorhalt, dass in diesem Dokument die Staatsangehörigkeit JJ angeführt ist, sage ich, dass ich das nicht wissentlich wahrgenommen habe, das Dokument hat ausgesehen, wie ein NN Reisepass. Wenn mir nunmehr vorgehalten wird, dass es sich laut dem Aufdruck um eine 'permanent residence card' und nicht um einen Reisepass handelt, sage ich, dass das Dokument ausgesehen hat, wie mein Reisepass. Es ist mir nicht aufgefallen, dass hier 'permanent residence card' steht.
Gefragt, ob ich Herrn GG nach seiner Staatsangehörigkeit gefragt habe, sage ich, dass er angegeben hat, NN Staatsbürger zu sein. Das hat mich nicht weiter verwundert, wir haben auch gebürtige Serben im Unternehmen, die einen ungarischen Reisepass haben, außerdem hätte er eine Doppelstaatsbürgerschaft haben können.
Wenn ich gefragt werde, ob ich bei einer Behörde oder sonstigen Stelle Erkundigungen über eine Arbeitsberechtigung des GG eingeholt habe, so sage ich, dass ich das nicht gemacht habe, das war für mich nicht notwendig. Dies in der Annahme, dass es sich um einen NN Staatsbürger gehandelt hat.
Über Befragen durch den Vertreter des Beschuldigten gebe ich an, dass ich keine Ausbildung hinsichtlich der Herstellung von Dokumenten habe. Es hat für mich ausgesehen, wie ein ganz normales offizielles Dokument, wie gesagt hat es ausgesehen, wie mein Reisepass. Ich habe auch nicht vermutet, dass das Dokument gefälscht oder falsch sein könnte.
Über Befragen durch den Vertreter des Finanzamtes gebe ich an, dass ich das Gespräch mit Herrn GG auf Englisch geführt habe. Ich habe ihn dezidiert gefragt: 'Sind Sie NN?' Er antwortete mit 'Ja'. Ich habe das Bild aus dem Dokument mit Herrn GG verglichen, ebenso den Namen und das Geburtsdatum, diese Daten brauche ich für unsere Dokumentation. Gefragt, ob ich die Staatsangehörigkeit JJ gesehen habe, sage ich, dass es sein kann, dass ich das gelesen habe, es hat mich aber jedenfalls nicht beunruhigt. Gefragt nach der Farbe der Außenseite dieses Dokuments gebe ich an, dass dies glaublich die gleiche Farbe hatte, wie mein Reisepass.
Für die Einstellung des Fahrpersonals bin grundsätzlich ich zuständig, diese Einstellungen führe ich relativ autonom durch. Es kommen je nach Verfügbarkeit zwei bis drei Leute in die engere Wahl und spreche ich vor der Entscheidung dann noch mit dem Chef, damit meine ich Herrn AB AA. Gefragt, ob er sich noch die Dokumente vorlegen lässt, sage ich, dass das nicht der Fall ist, er vertraut mir. Eine weitere Instanz ist die eigene interne Lohnverrechnung, diese prüft ebenfalls noch die Dokumente, die sie für ihre Tätigkeit brauchen. Im gegenständlichen Fall war aber jedem alles klar. Es ist auch alles offiziell gelaufen.
Es wird ein Personenblatt ausgefüllt, in dem die Daten des Arbeitnehmers eingefügt werden. Ich habe bei der Staatsangehörigkeit 'Republik NN' eingetragen.
Gefragt, ob es sein kann, dass die Lohnverrechnung auf diese Eintragung vertraut hat, sage ich, dass das ohne weiteres möglich ist. Bei Fragen kann ich mich an die Lohnverrechnung bzw die Wirtschaftskammer wenden. Die Mitarbeiter in der Lohnverrechnung sind geschult, welche Dokumente sie für die Anmeldung - insbesondere auch bei Ausländern - brauchen.
Vom Verhandlungsleiter gefragt gebe ich an, dass mir Herr AA freie Hand bei der Einstellung der Fahrer lässt, dies auch hinsichtlich des Prozedere. Die Dokumente werden mit dem Mitarbeiterakt in die Lohnverrechnung gegeben. Ich mache diese Tätigkeit seit zehn Jahren und hat es bisher noch nie Probleme gegeben. Gefragt, ob noch jemand die Dokumente ansieht, verweise ich darauf, dass die Dokumente mit dem Mitarbeiterakt in die Lohnverrechnung gegeben werden."
Der Vertreter des Beschuldigten brachte noch vor, auf dem vorgelegten Dokument sei eine Reisepassnummer angeführt, die äußere Erscheinungsform entspreche jener eines österreichischen Reisepasses. Ing. KK habe daher zu Recht darauf vertrauen können, dass es sich um einen NN Reisepass handle.
Der Vertreter des Finanzamtes führte in seiner Schlussäußerung aus, es habe sich gegenständlich um keinen Reisepass, sondern um einen NN Fremdenpass gehandelt, und wäre dies, insbesondere was die Staatsangehörigkeit des Inhabers des Dokuments betreffe, bei entsprechender Sorgfalt erkennbar gewesen. Ein Kontrollsystem zur Verhinderung von Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sei nicht vorgelegen. Es werde daher beantragt, der Beschwerde des Finanzamtes stattzugeben und die Einstellung aufzuheben. Zur Strafbemessung werde ausgeführt, dass kein Vorsatz gegeben gewesen sei, dennoch habe eine Fahrlässigkeit vorgelegen. Als Milderungsgrund werde die Anmeldung zur Sozialversicherung heranzuziehen sein.
Der Vertreter des Beschuldigten verwies in seiner Schlussäußerung auf das bisherige Vorbringen und beantragte, der Beschwerde nicht Folge zu geben und die Einstellung zu bestätigen.
Im Anschluss an die Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet. In der Folge beantragte der Beschuldigtenvertreter die ungekürzte schriftliche Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs 4 VwGVG.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu in einer gemäß § 2 VwGVG durch einen
Einzelrichter zu treffenden Entscheidung Folgendes festgestellt und erwogen:
Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der EE AA GmbH mit Sitz in AW, AX. Diese beschäftigte im Zeitraum von 1.7.2019 bis 13.10.2019 den JJ Staatsangehörigen FF GG, geb. ZZZ, als Fahrer. Der Dienstnehmer war in dieser Zeit zur Sozialversicherung angemeldet. Eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung für diese Beschäftigung lag nicht vor.
Die Einstellung des Arbeitnehmers hatte der im Unternehmen für die Personalagenden zuständige Mitarbeiter Ing. MM KK durchgeführt. Beim Einstellungsgespräch legte GG einen NN Führerschein und einen ADR-Schein sowie eine NN "permanent residence card" vor, in der neben dem Foto unter anderem der Name und das Geburtsdatum sowie die Nationalität "JJ" angeführt sind. Ing. KK hielt dieses Dokument für einen NN Reisepass und ging davon aus, dass es sich beim Bewerber um einen NN Staatsangehörigen handelt.
Die Anstellung des Fahrpersonals führte Ing. KK im Auftrag des Beschuldigten autonom und eigenständig durch; der Beschuldigte ließ ihm diesbezüglich freie Hand, auch hinsichtlich des Prozedere. Vor einer Entscheidung informierte KK in einem Gespräch den Beschuldigten, Dokumente legte er diesem nicht vor.
Im Falle des Arbeitnehmers GG trug Ing. KK im Personenblatt bei der Staatsangehörigkeit "Republik NN" ein und übermittelte die erforderlichen Daten und Dokumente an die unternehmensinterne Lohnverrechnung. Erkundigungen bei einer Behörde holte KK nicht ein.
Dieser Sachverhalt war aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen. Die Feststellungen stützten sich zum einen auf die im Akt der belangten Behörde enthaltenen und insofern unbedenklichen Unterlagen (Strafantrag der Finanzpolizei, Firmenbuchauszug zu QQQ, AMS-Abfrage, WEB Auskunft, Anzeige der Landespolizeidirektion RR vom 27.8.2019; Stellungnahmen des Beschuldigten im behördlichen Verfahren; Kopie der NN "permanent residence card" des GG), zum anderen insbesondere auf die Angaben des in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen Ing. MM KK. Der Zeuge schilderte in der Beschwerdeverhandlung glaubwürdig den Ablauf bei der Einstellung des Arbeitnehmers.
Anhaltspunkte dafür, dass GG - wie im behördlichen Verfahren vom Beschuldigten vorgebracht - einen gefälschten oder verfälschten NN Reisepass vorgelegt hatte, haben sich nicht ergeben. Vielmehr bestätigten sowohl der Vertreter des Beschuldigten als auch der unter Wahrheitspflicht stehende Zeuge KK ausdrücklich, dass es sich bei dem vom Arbeitnehmer beim Einstellungsgespräch vorgelegten Ausweisdokument um die im Akt befindliche "permanent residence card" gehandelt hat. Wie der Zeuge KK ausführte, habe er diese für einen NN Reisepass gehalten.
Im Verfahren wurde nicht bestritten, dass der ausländische Staatsangehörige ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt worden ist. Der Beschuldigte rechtfertigte sich damit, er habe den Verstoß nicht zu verantworten, er selbst führe weder Bewerbungsgespräche noch sei ihm die Beschäftigung des GG bekannt gewesen. Durch die Anstellung des Ing. KK als Personalverantwortlichen habe er sichergestellt, dass eine verantwortliche Person den gesamten Überblick über die einzelnen Kontrollfelder habe und nötigenfalls gezielt Überprüfungen durchführen könne. Das beste Kontrollsystem könne jedoch nicht greifen, wenn ein Bewerber eine gefälschte Urkunde verwende.
Rechtlich ist dazu Folgendes auszuführen:
Gemäß § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl Nr 218/1975 idF BGBl I Nr 56/2018, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige "Rot-Weiß-Rot - Karte", "Blaue Karte EU", Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ("ICT"), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ("mobile ICT"), Aufenthaltsbewilligung "Familiengemeinschaft" mit Zugang zum Arbeitsmarkt (§ 20f Abs 4) oder "Niederlassungsbewilligung - Künstler" oder eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus", eine "Aufenthaltsberechtigung plus", einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" oder "Daueraufenthalt - EU" besitzt.
Gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige "Rot-Weiß-Rot - Karte", "Blaue Karte EU", Aufenthaltsbewilligung als unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ("ICT"), Aufenthaltsbewilligung als mobiler unternehmensintern transferierter Arbeitnehmer ("mobile ICT"), Aufenthaltsbewilligung "Familiengemeinschaft" mit Zugang zum Arbeitsmarkt oder "Niederlassungsbewilligung - Künstler" oder keine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus", keine "Aufenthaltsberechtigung plus", keinen Befreiungsschein oder einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" oder "Daueraufenthalt – EU" besitzt.
Im verfahrensgegenständlichen Fall handelt es sich bei dem vom ausländischen Staatsangehörigen beim Einstellungsgespräch vorgelegten Dokument ohne Zweifel um keinen von der Republik NN ausgestellten Reisepass, sondern um eine NN "permanent residence card". Diese Bezeichnung befindet sich unmittelbar oberhalb des Fotos des Inhabers des Dokuments und sind daneben deutlich lesbar Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Personalnr., Ort und Land der Geburt sowie die Nationalität JJ angeführt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit und Sorgfalt wäre es daher - auch für einen Laien - ohne Schwierigkeit festzustellen gewesen, dass es sich um einen JJ Staatsangehörigen gehandelt hat. Nachdem der ausländische Staatsangehörige unbestritten in der Zeit vom 1.7.2019 bis 13.10.2019 ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung von der EE AA GmbH als Dienstgeberin beschäftigt worden ist, ist der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatbestand objektiv jedenfalls erfüllt.
Zum Verschulden ist Folgendes auszuführen:
Gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist der handelsrechtliche Geschäftsführer als der zur Vertretung nach außen Berufene strafrechtlich für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften verantwortlich (vgl zB VwGH vom 25.9.1992, 92/09/0161).
Bei der Übertretung gemäß § 3 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG handelt es sich um sogenannte "Ungehorsamsdelikte", bei welchen gemäß § 5 Abs 1 VStG ein schuldhaftes (fahrlässiges) Verhalten des Täters ohne Weiteres anzunehmen ist, solange er nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl zB VwGH vom 10.3.1999, 97/09/0144; 1.4.2009, 2006/08/0152). Bestreitet er das Verschulden, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen habe, welche unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde (VwGH vom 6.5.1996, 94/10/0116, mwN).
Für Arbeitgeber besteht grundsätzlich die Verpflichtung, sich ua mit den gesetzlichen Vorschriften über die Ausländerbeschäftigung laufend vertraut zu machen. Eine Aufgabenzuteilung an einen Mitarbeiter befreit den Arbeitgeber nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung (vgl zB VwGH vom 18.10.2000, 98/09/0114). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen auch die bloße Erteilung von Weisungen und gegebenenfalls die Wahrnehmung einer Aufsicht nicht aus, sofern nicht auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der erteilten Weisungen erfolgte (zB VwGH 19.9.2001, 99/09/0258; 2.7.2010, 2007/09/0348; 12.7.2011, 2009/09/0169; 13.9.2017, Ra 2017/08/0076).
Im verfahrensgegenständlichen Fall wurde dem personalverantwortlichen Mitarbeiter Ing. KK die Einstellung der Fahrer eigenständig überlassen. Dieser nahm aufgrund des vorgelegten Dokuments an, dass es sich um einen NN Staatsangehörigen handle und trug im Personenblatt die Staatsangehörigkeit "Republik NN" ein, weshalb es in der betriebsinternen Lohnverrechnung nicht auffiel, dass es sich um einen ausländischen Staatsbürger handelte, für dessen Beschäftigung eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung erforderlich gewesen wäre. In der bloßen Erteilung einer Anweisung an einen Mitarbeiter, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, kann nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Kontrollsystem jedenfalls nicht erblickt werden.
Nachdem der Beschuldigte im Verfahren nicht darlegte, für ein höchstgerichtlich gefordertes geeignetes und wirksames Maßnahmen- und Kontrollsystem zur Verhinderung von Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes gesorgt zu haben (vgl VwGH vom 19.10.2017, Ra 2017/09/0037), hat er kein zur Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs 1 VStG taugliches Vorbringen erstattet. Der Beschuldigte ist den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten daher nicht nachgekommen und war ihm die Tat als verantwortlichem Geschäftsführer der EE AA GmbH daher als grobe Fahrlässigkeit anzulasten.
Da es somit als erwiesen anzusehen war, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen und zu verantworten hat, war der Beschwerde des Finanzamtes gegen die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens Folge zu geben.
Zur Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Nach der Bestimmung des § 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von € 1.000 bis zu € 10.000, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von € 2.000 bis zu € 20.000.
Als nachteilige Folgen illegaler Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften sind insbesondere die Gefahr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden (vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben sowie Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit, Beschäftigung zu ungesetzlichen Bedingungen) und die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung anzusehen (vgl zB VwGH vom 19.9.2001, 99/09/0264). Die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte entgegen den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes konterkariert darüber hinaus die Bemühungen zur Ordnung des heimischen Arbeitsmarktes. Der Unrechtsgehalt der Tat ist daher erheblich.
Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit liegt nicht vor, gegen den Beschuldigten scheinen mehr als 20 - wenngleich nicht einschlägige – Vormerkungen auf. Als strafmildernd war zu werten, dass der Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet gewesen ist und daher die oftmals mit der illegalen Ausländerbeschäftigung einhergehende Verkürzung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht vorliegt. Als erschwerend war der relativ lange Tatzeitraum von rund 3,5 Monaten anzusehen.
Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschuldigten wurden keine Angaben gemacht, es war daher von einer durchschnittlichen wirtschaftlichen Situation auszugehen.
In Anbetracht des Umstandes, dass - zumal der Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet gewesen ist - keine Schwarzarbeit im engeren Sinne vorgelegen ist, erschien eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG geboten. Eine Reduzierung der Strafe auf die Hälfte der gesetzlichen Mindeststrafe war jedoch wegen des langen Tatzeitraumes ausgeschlossen. Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe, die unter der gesetzlichen Mindeststrafe liegt, entspricht jedenfalls den Kriterien des § 19 VStG. Sie war aus spezialpräventiven Gründen erforderlich, um dem Beschuldigten das Unrecht der Tat vor Augen zu führen und ihn in Zukunft von weiteren derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Die Geldstrafe erschien auch aus generalpräventiven Gründen geboten, um zukünftig derartige Verwaltungsübertretungen wirksam zurückzudrängen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG war als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens ein Betrag in Höhe von zehn Prozent der verhängten Strafe vorzuschreiben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Gericht weder von der dargestellten bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die zu den maßgebenden Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Übrigen nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen auch keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ausländerbeschäftigungsgesetz, Beschwerde Finanzamt, Einstellungsbescheid, Drittstaatsangehöriger, EU-Dokument, AusweisdokumentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.7.902.1.8.2020Zuletzt aktualisiert am
17.09.2020