TE Bvwg Beschluss 2019/5/27 W242 2123815-2

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Veröffentlicht am 27.05.2019
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Entscheidungsdatum

27.05.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W 242 2123815-2/21E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Heumayr als Einzelrichter im Verfahren zur amtswegigen Überprüfung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost), Zl. XXXX , der am XXXX im Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch Mag. Alexander Putzendopler, RA in Wien 01., Heinrichsgasse 4/5B, mündlich verkündet wurde:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 nicht rechtmäßig. Der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , wird aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der im Spruch genannte afghanische Asylwerber stellte erstmals am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ihm wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Mit Erkenntnis des BVwG vom 25.06.2018 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Am XXXX 2019 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag und wurde durch die Landespolizeidirektion Wien noch am selben Tag erstbefragt. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass er seine Religion gewechselt habe und am 19.05.2019 getauft werden solle.

Am XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab an, dass seine Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch aufrecht seien. Hinzu komme, dass er sich seit eineinhalb Jahren mit dem Gedanken trage, zum Christentum zu konvertieren. Seit fünf Monaten sei er nun zum Christentum konvertiert. Er habe erst vor acht Tagen von der Diakonie erfahren, dass er einen weiteren Asylantrag stellen könne, deshalb hätte er die Konversion nicht schon früher geltend gemacht. Er sei bei der afghanischen Botschaft gewesen, dort habe er mitgeteilt, dass er zum Christentum konvertiert sei. Deshalb hätten ihn die Botschaftsangehörigen schlecht behandelt.

Im Anschluss daran wurde mit mündlich verkündetem Bescheid der nach § 12 AsylG 2005 bestehende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass die Identität des Antragstellers nicht feststehe, er ledig sei und keine gesundheitlichen Gründe vorliegen würde, die einer Überstellung nach Afghanistan entgegenstünden. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit der Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert, da der Beschwerdeführer das Weiterbestehen der ursprünglichen Fluchtgründe behauptet worden sei. Hinzugekommen sei die Behauptung, dass der Beschwerdeführer seit fünf Monaten konvertiert sei. Es liege eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor und würde feststehen, dass eine Rückführung zur Verletzung der Integrität des Beschwerdeführers führen würde. Aufgrund der Feststellungen zu Afghanistan und in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers drohe keine Bedrohung im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG.

Am 20.05.2019 brachte der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme ein, in der er im Wesentlichen ausführte, dass die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG zu Unrecht erfolgt sei, denn nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine Zurückweisung aufgrund entschiedener Sache im Raum stehe, rechtfertige die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes. Dies solle nur bei erkennbar rechtsmissbräuchlichen Anträgen erfolgen. Die Behauptete Konversion sei ein Tatbestand, der im bisherigen Verfahren nicht behandelt worden sei und könne eine Zurückweisung des Antrages nicht mit ausreichender Sicherheit angenommen werden.

Mit Beschluss vom 28.05.2019, GZ. W242 2123815-2/5E, wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes für rechtmäßig erklärt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Beschluss eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof, welcher mit Erkenntnis vom 13.02.2020, GZ Ra 2019/19/0472-16, Folge gegeben wurde.

II. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Afghanistans. Seine Identität steht nicht fest.

Er stellte erstmals am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der (Erst)Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ihm wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Mit Erkenntnis des BVwG vom 25.06.2018 wurden die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Am XXXX .2019 stellte der Beschwerdeführer im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht dargelegt.

Es steht fest, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des Erstantrages ergeben hat.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf der unzweifelhaften Dokumentation in den vorgelegten Verwaltungsakten.

Die Rechtskraft der Entscheidung ergibt sich ebenfalls aus den von der belangten Behörde vorgelegten und im Verwaltungsakt aufliegenden Unterlagen.

Zu der Feststellung, dass seit rechtskräftigem Abschluss des Erstantrages des Antragstellers keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer behauptet zum christlichen Glauben konvertiert zu sein.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, hat durch das Bundesverwaltungsgericht mittels Beschluss zu erfolgen (§ 22 Abs. 10 AsylG letzter Satz; siehe auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht 2016, K 7 zu § 22 BFA-VG, S. 283).

Zu Spruchpunkt A)

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG 2005 idgF lautet:

"(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüberhinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüberhinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Da im gegenständlichen Fall die belangte Behörde im Zuge eines Folgeantrages des Antragstellers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers aufgehoben hat, war diese Entscheidung gemäß § 22 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen.

§ 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 stellt als Tatbestandsvoraussetzung für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes darauf ab, dass der Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass in Gesamtschau der die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes normierenden (Verfahrens-)Bestimmungen damit nur gemeint sein könne, dass bereits bei einer Grobprüfung des Antrags dessen (spätere) Zurückweisung mangels entscheidungswesentlicher Änderung des Sachverhalts auf der Hand liegen müsse. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtige daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es müsse sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann könne auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolge, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen rechtskräftigen Vorentscheidung zu verhindern (vgl. VwGH 12.12.2018, Ra 2018/19/0010).

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Behauptet die Partei in einem neuen Antrag (zB Asylantrag), dass in den für die Beurteilung ihres Begehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, so muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz für das Verfahren zukommt und an den die Prognose anknüpfen kann, dass eine andere Beurteilung des Antrages und ein anderes Verfahrensergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen (grundlegend VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch VwGH 22.11.2005, 2005/01/0626; 21.03.2006, 2006/01/0028). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" auseinander zu setzen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 15.03.2006, 2006/17/0020).

Im gegenständlichen Verfahren hat der Antragsteller erklärt, dass er seine ursprünglichen Fluchtgründe aufrecht halte und brachte er zusätzlich vor seine Religion gewechselt zu haben.

Der Verwaltungsgerichtshof führte in seiner Entscheidung vom 13.02.2020 aus, dass im vorliegenden Fall eine umfassende Auseinandersetzung mit den Angaben des Beschwerdeführers zu erfolgen habe, sodass nicht mehr von einer Grobprüfung die Rede sein könne und die spätere Zurückweisung des Folgeantrages auf der Hand liege.

Auf Grundlage des dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsakts kann daher das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erkannt werden.

Der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX ist daher aufzuheben.

Zu Spruchpunkt B)

Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung und ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Entscheidend für die Nichtzulassung der Revision war weiters, dass die angegebenen Verfolgungsgründe nicht glaubwürdig bzw. nicht asylrelevant waren, d.h. die Entscheidung nur von Tatfragen abhängig war.

Sofern die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf di inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung nicht rechtmäßig Folgeantrag glaubhafter Kern Konversion Rechtsanschauung des VwGH Religion

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W242.2123815.2.01

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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