TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/18 L521 2126406-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2019
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Entscheidungsdatum

18.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L521 2126402-2/8E

L521 2126403-2/9E

L521 2126404-2/8E

L521 2126406-2/8E

L521 2134113-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. im Verfahren über die Beschwerden XXXX alle Staatsangehörigkeit Irak, alle vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen die Spruchpunkte II., III., V. und VI. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zlen. XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird im Umfang der Anfechtung Folge gegeben und es werden die Spruchpunkte II., III., V. und VI. der angefochtenen Bescheide jeweils ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

1. Der Erstbeschwerdeführer XXXX und die Zweitbeschwerdeführerin XXXX sind verheiratet, die Drittbeschwerdeführerin XXXX , der Viertbeschwerdeführer XXXX und der Fünftbeschwerdeführer XXXX sind deren gemeinsames minderjährige Kinder. Sämtliche Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak.

2. Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018, Zlen. L502 2126406-1/31E, L502 2126402-1/25E, L502 2126404-1/16E, L502 2126403-1/16E und L502 2134113-1/13E, verwiesen.

Mit diesem Erkenntnis wurde der von den Beschwerdeführern im Gefolge ihrer schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 09.06.2015 bzw. in Ansehung des Fünftbeschwerdeführers nach dessen Geburt im Bundesgebiet am 29.07.2016 gestellte Antrag auf internationalen Schutz im Instanzenzug jeweils bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde schließlich eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt.

Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

3. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer am 14.12.2018 zugestellt.

4. Die Beschwerdeführer kamen in der Folge ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht fristgerecht nach und stellten beim Verwaltungsgerichtshof am 24.01.2019 einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018.

5. Bereits am 21.01.2019 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers in arabischer Sprache niederschriftlich einvernommen.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin legten bei dieser Einvernahme nach Erörterung ihrer Lebensumstände im Bundesgebiet im Wesentlichen dar, nicht rückkehrwillig zu sein. Ihre rechtsfreundliche Vertretung habe ihnen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 mittels eines Briefes mitgeteilt, der erst am 07.01.2019 zugestellt worden sei. Nunmehr sei die Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 beabsichtigt.

6. Mit den nunmehr in diesem Verfahren angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019 wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 jeweils nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführer neuerlich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt III.). Den Beschwerden gegen die Rückkehrentscheidung wurde außerdem gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG jeweils die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 wurde den Beschwerdeführern schließlich keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) und wider die Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 FPG 2005 jeweils ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den Spruchpunkten VI. der angefochtenen Bescheide aus, die Beschwerdeführer wären ihrer Ausreiseverpflichtung nicht fristgerecht freiwillig nachgekommen. Dieses Fehlverhalten sei geeignet, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden und laufe auch den Interessen des Art. 8 EMRK zuwider. Umgehungen und die Missachtung der Vorschriften des FPG 2005 und der daraus ableitenden Bescheide wären keinesfalls als mindere oder geringfügige Fehlverhalten einzustufen, da auch zB die unrechtmäßige Einreise oder der unrechtmäßige Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen nachhaltig das Sicherheitsgefühl der Wohnbevölkerung beeinflussen würde.

Da die Beschwerdeführer offensichtlich nicht bereit wären, die österreichische Rechtsordnung und die aus dieser Rechtordnung in Rechtskraft erwachsenen Entscheidungen der Behörden oder Gerichte zu achten und beachten, könne das Bundesamt nur zum Schluss kommen, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich jedenfalls eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Das Verhalten der Beschwerdeführer zeige deren Unwillen, sich den Entscheidungen der österreichischen Behörden und Gerichte zu fügen und müsse deshalb eine negative Zukunftsprognose getroffen werden. Die Beschwerdeführer wären außerdem mittellos und es erscheine deshalb im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die Gefahr der illegalen Beschaffung von Mitteln zum Unterhalt die Annahme gerechtfertigt, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführer auch unter diesem Gesichtspunkt eine Gefahr für die Öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde und deshalb ein Einreiseverbot auszusprechen sein.

Im Rahmen der Begründung zu Spruchpunkt IV der angefochtenen Bescheide wird auf die Erwägungen zu Spruchpunkt IV. verwiesen und daraus eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit abgeleitet.

7. Mit Verfahrensanordnung vom 04.02.2019 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigegeben.

8. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.02.2019, Ra 2019/18/0038 bis 0042, wurde den Beschwerdeführern die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 antragsgemäß bewilligt.

9. Gegen die den Beschwerdeführern am 04.02.2019 eigenhändig zugestellten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019 richtet sich die im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht am 19.02.2019 eingebrachte gemeinsame Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, wobei Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide ausdrücklich nicht angefochten wird.

In der Beschwerde wird hinsichtlich der weitere Spruchpunkt der angefochtenen Bescheide inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert und beantragt, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben. Hilfsweise wird die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes begehrt. In der Sache bringen die Beschwerdeführer nach neuerlicher Darlegung ihrer persönlichen Situation im Bundesgebiet vor, der Verwaltungsgerichtshofes habe die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 bewilligt und werde demnächst das Rechtsmittel eingebracht. Wörtlich wird ausgeführt: "Das Asylverfahren der BF läuft weiter." Darüber hinaus sei von einem schützenswerten Privatleben der Beschwerdeführer im Bundesgebiet auszugehen, sodass sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als dauerhaft unzulässig erweise. Das Einreiseverbot sei "nicht erforderlich".

10. Die Beschwerdevorlage langte am 28.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

11. Am 06.03.3019 wurde die außerordentlichen Revision der Beschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 eingebracht.

12. Das Bundesverwaltungsgericht gab mit Teilerkenntnis vom 06.03.2019, Zlen. L521 2126402-2/3Z, L521 2126403-2/3Z, L521 2126404-2/3Z, L521 2126406-2/3Z und L521 2134113-2/3Z, den gegen Spruchpunktes IV. der angefochtenen Bescheide über den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Beschwerden Folge und hob Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide jeweils gemäß ersatzlos auf. Unter einem stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass den Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide damit die aufschiebende Wirkung zukommt.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, das belangte Bundesamt habe die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschließlich auf seine Erwägungen hinsichtlich des verhängten Einreiseverbotes gestützt. Die Feststellung, dass schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass ein Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, setzte allerdings eine Beurteilung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls voraus, um zu ermitteln, ob in Anbetracht der begangenen Handlungen und der individuellen Situation des Asylwerbers tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht (vgl. hiezu VwGH 17.02.2015, Ra 2014/01/0172, zu § 6 AsylG 2005).

Das belangte Bundesamt werfe den Beschwerdeführern im gegebenen Zusammenhang vor, ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen zu sein, über keine finanziellen Mittel zur Sicherstellung des eigenen Unterhaltes zu verfügen und den Unterhalt deshalb ausschließlich aus Unterstützungsleistungen zu bestreiten. Weitere Gründe, weshalb die sofortige Ausreise der Beschwerdeführer im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, würden im angefochtenen Bescheid nicht dargetan.

Die rechtswidrige Einreise und der rechtswidrige Aufenthalt von Fremden stelle indes eine Verwaltungsübertretung dar, die nach Maßgabe des § 120 FPG zu bestrafen sei. Dass bereits eine (rechtskräftige) Bestrafung erfolgte, könne dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Die Beschwerdeführer hätten darüber hinaus von den ihnen gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 zu beantragten und es sei dieser Antrag bereits bewilligt und am 06.03.2019 auch die außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 erhoben worden. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über diese außerordentliche Revision liege noch nicht vor, wobei der Aktenlage nach zumindest von einer Bewilligung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auszugehen sei.

Dem Revisionsverfahren würden keine Folgeanträge auf internationalen Schutz zugrundeliegend, sondern Erstanträge der Beschwerdeführer, über welche erst nach einer Gesamtverfahrensdauer von über dreieinhalb Jahren rechtskräftig entschieden worden sei. Die Beschwerdeführer hätten sich keiner Abschiebung wiedersetzt und lebten seit dem 23.06.2015 in einer Unterkunft für Asylsuchende in Innsbruck. Unter Berücksichtigung dieser Umstände könne das Bundesverwaltungsgericht nicht zu erkennen, dass die minderjährige Drittbeschwerdeführerin, der minderjährige Viertbeschwerdeführer und minderjährige Fünftbeschwerdeführer eine derartige Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich darstellen würden, sodass nunmehr die sofortige Ausreise der Beschwerdeführer geboten wäre. Die vom belangten Bundesamt auf § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG gestützte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erweise sich insoweit schon als von vornherein verfehlt. Die volljährigen Beschwerdeführer wären unbescholten, sie würden einen ordentlichen Lebenswandel führen und über eine Unterkunft sowie gesicherten Unterhalt verfügen, sodass keine von den Beschwerdeführern ausgehende Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen wären. Die potentielle Verwirklichung eines Verwaltungsstraftatbestandes alleine vermöge kein überwiegendes öffentliches Interesse an einer raschen Außerlandesbringung zu rechtfertigen und es liege bislang auch keine rechtskräftige Bestrafung der Beschwerdeführer wegen eines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet vor. Zusammenfassend lasse der von der belangten Behörde erhobenen Sachverhalt keine schwerwiegenden Gründe im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG erkennen, welche eine sofortige Ausreise der Beschwerdeführer im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich erscheinen ließe. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte, dass im gegenständlichen Fall einer der sonstigen Tatbestände des § 18 Abs. 1 oder 2 BFA-VG heranzuziehen wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht wies schließlich darauf hin, dass das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018, Zlen. L502 2126406-1/31E, L502 2126402-1/25E, L502 2126404-1/16E, L502 2126403-1/16E und L502 2134113-1/13E, bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung umfassen würden, sodass es dem belangten Bundesamt freistehe, die Beschwerdeführer umgehend in den Herkunftsstaat abzuschieben.

13. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.04.2019, Ra 2019/18/0038 bis 0042-8, wurde der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 erhobenen Revision gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

14. In weiterer Folge wies der Verwaltungsgerichtshof zunächst die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018, Zlen. L502 2126406-1/31E, L502 2126402-1/25E, L502 2126404-1/16E, L502 2126403-1/16E und L502 2134113-1/13E, mit Entscheidung vom 18.09.2019, Ra 2019/18/0038 bis 0042-10, zurück, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten richtete. Im Übrigen wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus, nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bestehe die Verpflichtung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der besonderen Vulnerabilität von Kindern, eine ganzheitliche Bewertung der möglichen Gefahren durchzuführen, die eine Familie mit minderjährigen Kindern bei einer Rückkehr zu erwarten habe. Diesen Anforderungen werde das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht, da den Entscheidungsgründen keine nähere Auseinandersetzung mit der Frage entnommen werden könne, welche konkrete Rückkehrsituation die Familie mit ihren Kindern vorfände. Auf die Minderjährigkeit der viertrevisionswerbenden Parteien werde argumentativ überhaupt nicht eingegangen. In seinen Länderfeststellungen habe das Bundesverwaltungsgerichte nur Feststellungen zur Sicherheitslage im Irak getroffen und gehe auf weitere Umstände, die für eine Beurteilung der Existenzgefährdung einer Familie notwendig wären (Unterkunft, Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und Wasser, Gesundheitsversorgung), nicht ein.

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.09.2019, Ra 2019/18/0038 bis 0042-10, wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 15.10.2019 zugestellt und dem belangten Bundesamt am selben Tag zur Kenntnisnahme zugeleitet.

15. Der vorstehende Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten des belangten Bundesamtes und den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die vorstehend angesprochenen Verfahren, er ist unstrittig und somit erwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Rechtslage und Judikatur:

1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt.

1.2. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 10 Abs. 2 AsylG 2005 zufolge ist, wenn einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung § 10 Abs. 3 AsylG 2005 zufolge ebenfalls mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z. 1 bis 3 vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 hat ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt.

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15.03.2018, Ra 2017/21/0138, zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung während eines anhängigen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz festgehalten, dass gemäß der seit 01.11.2017 geltenden Fassung des § 52 Abs. 9 FPG mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen ist, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Diese Norm ist sowohl vom belangte Bundesamt im behördlichen Verfahren, als auch vom Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren anzuwenden.

Demzufolge habe der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ohne eine Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG - außer im Fall, dass die Feststellung aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich ist - auf Grund des vom Gesetzgeber seit 01.01.2014 geschaffenen Systems nicht in Betracht komme. Vor diesem rechtlichen Hintergrund habe der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 04.08.2016, Ra 2016/21/0162, mit näherer Begründung dargelegt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (allenfalls auch samt darauf aufbauendem Einreiseverbot) nicht zulässig sei, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde. Auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, dürfe die Rückkehrentscheidung grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung sei nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG zu treffen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, in unzulässiger Weise vorwegzunehmen.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz sei daher grundsätzlich nicht zulässig. In einem solchen Fall ist ein anhängiges Rückkehrentscheidungsverfahren einzustellen und eine bereits erlassene erstinstanzliche und mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung vom Verwaltungsgericht ersatzlos zu beheben. Eine Aussetzung des Rückkehrentscheidungsverfahrens bis zur Beendigung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz kommt nicht in Betracht, weil es nach der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz jedenfalls einzustellen wäre: sei es, weil Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, sei es, weil eine negative Entscheidung und damit einhergehend eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 FPG 2005 bzw ein Ausspruch über die dauerhafte Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder ein Ausspruch nach § 8 Abs 3a AsylG 2005 ergangen ist. Dies gilt auch für ein anhängiges Verfahren über einen Asylfolgeantrag (VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0078).

Im Erkenntnis vom 25.09.2018, Ra 2018/21/0107, wurde diese Rechtsansicht bekräftigt

2. Zum gegenständlichen Verfahren:

2.1. Die beschwerdeführenden Parteien stellten im Gefolge ihrer schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 09.06.2015 bzw. in Ansehung des Fünftbeschwerdeführers nach dessen Geburt im Bundesgebiet am 29.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018, Zlen. L502 2126406-1/31E, L502 2126402-1/25E, L502 2126404-1/16E, L502 2126403-1/16E und L502 2134113-1/13E, abgewiesen.

Demgegenüber ist der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz - ein solcher Antrag gilt gemäß § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten - infolge der kassatorischen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.09.2019, Ra 2019/18/0038 bis 0042-10, unerledigt und liegt dahingehend keine rechtskräftige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (mehr) vor.

Da nach der soeben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung einer Rückkehrentscheidung im gegenständlichen Verfahren vor der Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nicht zulässig ist, ist der gegen die Rückkehrentscheidung erhobenen Beschwerde Folge zu geben. Da die weiteren Spruchpunkte auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung aufbauen, sind die im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Beschwerde im Umfang ihrer Spruchpunkte II., III., V. und VI. jeweils ersatzlos aufzuheben.

Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheid blieb ausdrücklich unangefochten. Über Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide wurde bereits mit Teilerkenntnis vom 06.03.2019 entschieden.

2.2. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, da der für die Erlassung des gegenständlichen Erkenntnisses maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

Zu B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, vorstehend im Einzelnen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewährung von internationalem Schutz ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das zur Entscheidung berufene Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (insbesondere dem Erkenntnis vom 15.03.2018, Ra 2017/21/0138) abgeht.

Schlagworte

Asylverfahren aufschiebende Wirkung außerordentliche Revision Behebung der Entscheidung Einreiseverbot Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Familienverfahren Kassation Rechtskraft Rechtskraft der Entscheidung Rückkehrentscheidung behoben VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L521.2126406.2.01

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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