Entscheidungsdatum
19.02.2020Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I417 2173938-4/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich ZANIER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Libyen, über die mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2020, GZ. "1021715401 - 200148264 / BMI-EAST_WEST" erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 nicht rechtmäßig. Der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2020, Zl. "1021715401 - 200148264 / BMI-EAST_WEST" wird aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Fremde stellte erstmalig am 22.06.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass er beim Militär in Libyen gewesen sei. Wegen ihm sei einer seiner beiden Brüder getötet worden, sein zweiter Bruder sei wegen ihm eingesperrt worden. Der Rest seiner Familie habe Libyen verlassen und lebe in Ägypten. Er sei bei dem Angriff der Nato am 19.03.2011 ein Soldat für Gaddafi gewesen und durch einen Splitter verletzt worden. Danach sei er zwei Jahre lang eingesperrt worden. Als das Gefängnis im Dezember 2012 angegriffen worden sei, habe er nach Ägypten flüchten können.
Der erste Antrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 22.06.2014 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.03.2018, Zl. I413 2173938-1/19E hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Darüber hinaus wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Libyen zulässig ist.
2. Der Fremde kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 04.12.2018 seinen ersten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Begründend gab er an, dass er in Libyen als Offizier tätig gewesen sei und er im März 2011 bei einem Luftangriff der französischen Luftwaffe verletzt worden sei. Aufständische hätten versucht den Fremden zu töten. Sein Bruder, welcher ebenfalls bei der Armee als Offizier tätig gewesen wäre, sei von Kämpfern des IS geköpft worden. Daraufhin hätten ihm Freunde geholfen aus Libyen auszureisen. Befragt danach, was sich seit der Rechtskraft des Vorverfahrens geändert habe, gab er an, Anfang 2015 sei ihm per Telefax mitgeteilt worden, dass sein Bruder getötet worden sei. Zudem sei ihm mitgeteilt worden, dass nach ihm gesucht werde. Bei seiner Rückkehr nach Libyen befürchte er sofort umgebracht zu werden.
Der erste Folgeantrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 04.12.2018 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.02.2019, Zl. I414 2173938-3/3E hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Darüber hinaus wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Libyen zulässig ist. Darüber hinaus wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
3. Der Fremde kam seiner Ausreiseverpflichtung abermals nicht nach und brachte am 22.01.2020 seinen verfahrensgegenständlichen zweiten Folgeantrag, sohin seinen insgesamt dritten Antrag auf internationalen Schutz ein. Als Grund für seine neuerliche Antragstellung gab er im Rahmen seiner Erstbefragung am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, aufgrund der Kriegssituation nicht nach Libyen zurückkehren zu können. Der Fremde habe im Krieg als Soldat für Gaddafi gekämpft, während Libyen nun unter der Führung von dessen Gegner, General Haftar, stehen würde. Eine Rückkehr nach Libyen würde somit den Tod des Fremden bedeuten.
4. Mit 22.01.2020 wurde seitens der belangten Behörde gegen den Fremden ein Festnahmeauftrag nach § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG erlassen und über diesen die Schubhaft verhängt.
5. Am 03.02.2020 wurde der Fremde - während seiner Anhaltung in Schubhaft - niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung befragt, gab er hierbei an, dass er nach seinem letzten Asylantrag "auf der Straße" gesessen sei und man ihm gesagt habe, dass er einen neuen Asylantrag stellen müsse, um wieder Verpflegung und Unterkunft zu bekommen. "Aus Angst" habe sich der Fremde zur freiwilligen Rückkehr angemeldet, den diesbezüglichen Antrag jedoch wieder zurückgezogen, nachdem er neuerlich von der Polizei aufgegriffen worden sei. Zudem habe der Fremde von Milizen aus Libyen ein Angebot bekommen, mit ihnen zusammen gegen den Machthaber in Libyen, General Haftar, zu kämpfen, dieser habe jedoch mittlerweile auch die Kontrolle über die Stadt Tripolis, sodass dort keine Flugzeuge mehr landen könnten und der Fremde aufgrund dessen nicht mehr zurückkehren könne. Der Fremde werde nach wie vor namentlich von General Haftar gesucht, dieser Umstand sei ihm bereits seit dem Jahr 2014 bekannt und habe er dies auch in seinen vorangegangenen Asylverfahren bereits geltend gemacht (S. 3f der Niederschrift vom 03.02.2020).
6. Mit mündlich verkündeten Bescheid vom 12.02.2020 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz des Fremden gemäß "§ 12a Absatz 2 AsylG" auf.
7. Der Verwaltungsakt der belangten Behörde langte am 17.02.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung I417 des Bundesverwaltungsgerichtes ein, worüber die belangte Behörde gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit Mitteilung vom selben Tag informiert wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Fremden:
Der (spätestens) am 22.06.2014 in das Bundesgebiet eingereiste Fremde ist volljährig, Staatsangehöriger von Libyen, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zum islamischen Glauben. Seine Identität steht fest.
Er leidet nicht an schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden.
In Österreich verfügt er über keine maßgeblichen privaten und über keine familiären Anknüpfungspunkte. Er weist zudem keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf und ging zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 06.06.2019, Zl. XXXX wurde der Fremde wegen der versuchten Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs. 1 erster Fall SMG sowie wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt, verurteilt.
1.2. Zu den Fluchtmotiven und einer etwaigen Rückkehrgefährdung des Fremden:
In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem gegenständlichen dritten Asylverfahren wird festgestellt, dass dieser im Fall seiner Rückkehr nach Libyen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein wird.
Jedoch ist dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Libyen (Stand 21.11.2019) zu entnehmen, dass sich die politische Situation in Libyen nach wie vor instabil und die Sicherheitslage nach wie vor gefährlich und unvorhersehbar gestaltet. Kämpfe - auch zwischen lokalen Milizgruppen - können überall ohne Vorwarnung ausbrechen, und bleibt die terroristische Bedrohung sowohl innerhalb der Hauptstadt Tripolis als auch im Rest des Landes real.
Aufgrund der gegenwärtig aktuellen UNHCR-Position zur Rückkehr nach Libyen mahnt auch der UNHCR bzw. bittet dringend ("urges"), zwangsweise Rückführungen nach Libyen auszusetzen, bis sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage deutlich verbessert habe.
Angesichts der allgemeinen Lage im Land kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Fremden nach Libyen für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.1. Zur Person des Fremden:
Die Feststellungen zu den Lebensumständen, den Familienverhältnissen, dem Gesundheitszustand, der Volksgruppenzugehörigkeit sowie der Konfession des Fremden gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren.
Die Identität des Fremden steht aufgrund seines Original libyschen Reisepasses mit der Nr. XXXX fest.
Die Feststellung, wonach der Fremde in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nachging, ergibt sich aus einer Abfrage im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 19.02.2020.
Die strafrechtliche Verurteilung des Fremden ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 19.02.2020.
2.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:
Die Fluchtgründe, welche im gegenständlichen Verfahren vorgebracht wurden - die Gefahr einer staatlichen Verfolgung in Libyen aufgrund seiner vormaligen, militärischen Tätigkeit für das Gaddafi-Regime - sind ident mit jenen, welche in den beiden rechtskräftig entschiedenen Vorverfahren bereits berücksichtigt worden waren.
2.3. Zur Feststellung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Libyen sind dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Libyen (Stand 21.11.2019) entnommen.
Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mittels Beschluss.
§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, lauten:
"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen
§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) ...
Entscheidungen
§ 22. ...
(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
...".
§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, lautet:
"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
Mit Erkenntnis des BVwG vom 28.02.2019 wurde der zweite Antrag des Fremden auf internationalen Schutz rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Dem Fremden droht in Libyen keine asylrelevante Verfolgung und führt er auch kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und sein Privatleben weist keine besonders ausgeprägte Intensität auf.
Jedoch ist dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Libyen mit Stand 21.11.2019 zu entnehmen, dass sich die politische Situation in Libyen nach wie vor instabil und die Sicherheitslage nach wie vor gefährlich und unvorhersehbar gestaltet. Kämpfe - auch zwischen lokalen Milizgruppen - können überall ohne Vorwarnung ausbrechen, und bleibt die terroristische Bedrohung sowohl innerhalb der Hauptstadt Tripolis als auch im Rest des Landes real.
Aufgrund der gegenwärtig aktuellen UNHCR-Position zur Rückkehr nach Libyen mahnt auch der UNHCR bzw. bittet dringend ("urges"), zwangsweise Rückführungen nach Libyen auszusetzen, bis sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage deutlich verbessert habe.
Angesichts der allgemeinen Lage im Land kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Fremden nach Libyen für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Lichte des § 22 BFA - VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.
Da daher insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht vorgelegen sind, wird der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2020, Zl. "1021715401 - 200148264 / BMI-EAST_WEST", aufgehoben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung faktischer Abschiebeschutz faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung nicht rechtmäßig Folgeantrag Identität der Sache Privat- und Familienleben real risk reale GefahrEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I417.2173938.4.00Im RIS seit
17.09.2020Zuletzt aktualisiert am
17.09.2020