TE Bvwg Beschluss 2020/3/3 W168 2229106-1

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Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W168 2229106-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2020, Zl. 1259014107/200103325, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA - VG idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Vorverfahren

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige aus China, wurde im Zuge von Kontrollen am 27.01.2020 in einer Sushi Bar in XXXX bei Arbeiten in der Küche auf frischer Tat betreten. Die BF wurde in Folge von Beamten der PI XXXX HBF zu ihrem unangemeldeten Wohnsitz begleitet und es konnte festgestellt werden, dass die BF über keinerlei gültige Dokumente verfügte. Aufgrund der illegalen Arbeitsaufnahme, der fehlenden gültigen Dokumente bestand der Verdacht des illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet. Eine daraufhin durchgeführte EKIS/IZR/VIS Abfrage verlief negativ. Eine ZMR Abfrage ergab, dass die BF vom 08.08.2018 - 06.09.2019 in Wien gemeldet war und ein weiterer gemeldeter Wohnsitz im Bundesgebiet nicht festgestellt werden konnte. Die BF wurde daraufhin festgenommen in das PAZ Graz gebracht.

Am 27.01.2020 wurde gegen die BF ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung eingeleitet.

Mit Mandatsbescheid gem. §76 Abs. 2 Z2 FPG iVm §57 Abs. 1 AVG des BFA vom 28.01.2020 wurde über die BF die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, bzw. zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Bei der Niederschriftlichen Einvernahme gab die BF an, dass sie in China als Fabriksarbeiterin gearbeitet habe und in der Provinz Hebei in der Stadt XXXX vor der Ausreise gelebt habe. Die BF bestätigte auf Vorhalt durch das BFA ausdrücklich, dass sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten würde, kein gültiges Aufenthaltsrecht habe, über keine Dokumente sowie über nicht genügten finanzielle Mittel zur Finanzierung des Lebensunterhaltes verfügen würde. Sie wäre gesund und hätte ihren Reisepass in Linz verloren. Eine Verlustanzeige hätte sie nicht erstattet, weil sie sich nicht auskennen würde. Sie wäre im Sommer 2015 von XXXX nach XXXX geflogen und hätte sich seit diesem Zeitpunkt in Österreich aufgehalten. Sie hätte sich in XXXX und XXXX aufgehalten. Auf Vorhalt des BFA, dass die BF nur vom 08.08.2018 - 06.09.2019 in Wien gemeldet war, führte diese aus, dass sie in Österreich einen Sohn auf die Welt gebracht habe. Sie hätte diesen XXXX genannt und diesen am XXXX in Wien auf die Welt gebracht. Den Namen des Vaters kenne sie nicht. Sie wisse nicht wo die Geburtsurkunde wäre. Der Sohn würde sich nunmehr in Wien bei Adoptiveltern befinden. Diese wären Chinesen. Sie wisse jedoch nicht wie diese heißen würden, bzw. kenne sie die Adresse dieser nicht. Sie wäre insgesamt nur ein Mal im Dezember 2018 bei ihrem Sohn gewesen. Betreffend der Einreise befragt, führte die BF aus, dass sie einen Schlepper 80.000 Yuan gegeben habe und dieser für sie die Ausreise organisiert habe. Sie hätte einen gefälschten Reisepass mit Visum bekommen. Sie hätte zum Zeitpunkt der Einreise über rund ?1000 verfügt. Die Cousine der BF würde in Salzburg leben und wäre zu ihr gekommen. Sie würde in Österreich nur putzen und würde rund ?1000 verdienen und würde sich den Alltag in Österreich durch illegale Arbeit finanzieren. Sie hätte rund ein Monat nach ihrer Einreise im Jahre 2015 Arbeit gefunden. Sie dürfe nicht sage, wo sie gearbeitet hätte. Die chinesischen Arbeitgeber wären sauer. Bis auf die Cousine in Salzburg hätte sie keine Verwandten in Österreich. Ihren Sohn hätte sie anderen Landsleuten übergeben. Mit dem Vater des Sohnes hätte sie keinen Kontakt mehr. Sie dürfe seinen Nahmen auch nicht sagen, da auch dieser illegal in Österreich wäre. Die Adoptiveltern hätten das Sorgerecht für den Sohn. In China würden sich die Mutter der BF und deren Tochter aufhalten und sie hätte über das Internet mit diesem Kontakt. Sie hätte keine Ahnung gehabt, wie man sich anmeldet, deswegen hätte sie dies auch nicht getan. Die Länderinformationen zu China würde sie nicht benötigen. Sie könne nicht nach China zurück, da sie einen Sohn in Österreich habe. Befragt wo der Sohn geboren wurde, führte die BF aus, dass sie nicht wisse in welchen Krankenhaus diese gewesen wäre, bzw. würde sich die Klinik im 16. Bezirk befinden. Der BF wurde in Folge mitgeteilt, dass aufgrund der illegalen Beschäftigung, des illegalen Aufenthaltes beabsichtigt sie eine Rückkehrentscheidung mit einem Aufenthaltsverbot zu erlassen und die BF nach Erlangung eines HRZ nach China abzuschieben.

Mit gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 29.01.2020 wurde I. ein Aufenthaltstitel auf berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §57 AsylG nicht erteilt, II. Gem. §10 Abs. 2 AsylG iVm §9 BFA - VG eine Rückkehrentscheidung gem. §52 Abs. 1 Ziffer 1 FPG erlassen, III. gem. §52 Abs. 2 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gem. $46 FPG zulässig ist, IV. gem. §53 Abs. 1 ivM Abs. 2 Ziffer 6, 7 FPG ein befristetes Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren erlasen, V. der Beschwerde wurde gem. §18 Abs. 2 Z 1 BFA - VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und VI. eine Frist für eine freiwillige Ausreise gem. §55 Abs. 3 FPG nicht gewährt.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Identität der BF nicht feststehe und lediglich auf ihren getätigten Angaben beruhe. Die BF wäre gesund und arbeitsfähig. Wirtschaftliche, familiäre, berufliche Bindungen würden nicht existieren. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis der BF zu ihrer Cousine in Salzburg wäre nicht festzustellen gewesen. Es hätte nicht festgestellt werden können, dass die BF einen Sohn in Österreich habe. Die BF spreche kein Deutsch. Es könne nicht festgestellt werden, dass die BF in Österreich integriert wäre, bzw. hier ihren Lebensmittelpunkt habe. Die BF hätte weder ein gültiges Aufenthaltsrecht noch eine Erlaubnis einer Beschäftigung im Bundesgebiet nachzugehen. Die BF verfügt über keine Kranken, - Unfall oder Sozialversicherung. Während des Verfahrens wäre nicht zu Tage gekommen, dass die BF über relevante Gesundheitliche Probleme verfügen würde, bzw. wäre Haftfähigkeit gegeben.

Die BF wäre im Sommer 2015 illegal mit einem gefälschten Visum ins Bundesgebiet eingereist. Sie würde über keine Dokumente verfügen und könne aus Eigenem Österreich nicht verlassen. Die BF würde über kein Aufenthaltsrecht und über keinen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügen. Die BF wäre vom 08.08.2018 bis zum 06.09.2018 in Wien gemeldet gewesen. Die restliche Zeit hätte die BF im Untergrund gelebt. Die BF wäre seit 2015 bis zum Zeitpunkt des Aufgriffes unerlaubten Beschäftigungen nachgegangen. Die BF wäre mittellos und könne ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren. Die BF wäre mit dem Vorsatz der illegalen Aufnahme einer Beschäftigung unrechtmäßig mittels eines gefälschten Reisepasses, bzw. Visums eingereist. Die BF wäre im Bundesgebiet nicht integriert, hätte hier keinen Lebensmittelpunkt und würde über keine familiären oder sozialen Bindungen zum Bundesgebiet verfügen. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu Personen im Bundesgebiet würde nicht vorliegen. Es hätte nicht festgestellt werden können, dass die BF einen Sohn in Österreich geboren hätte. Die BF hätte diesbezüglich keine glaubhaften Angaben machen können, bzw. keinerlei Beweise vorlegen können. Über den Vater des BF hätte die BF keine Angaben erstatten können und hätte keine Geburtsurkunde in Vorlage bringen können. Betreffend des nunmehrigen Aufenthaltes des Sohnes hätte die BF keinerlei konkrete Angaben erstatten können, hätte den vollständigen Namen des Sohnes oder auch der angeblichen Adoptiveltern und deren Adresse nicht nennen können, bzw. hätte die BF erst die Angaben zu einem Zeitpunkt erstattet, als sie durch das BFA damit konfrontiert worden wäre, dass sie über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen würde. Das BFA würde daher davon ausgehen, dass es sich bei diesen Angaben um reine Schutzbehauptungen handelt um der Abschiebung nach China zu entgehen. Die Familie der BF würde sich in China aufhalten. Es wäre kein Umstand erkennbar, dass die Rückkehr in unzulässiger Weise in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte eingreifen würde. Betreffend des Einreisverbotes wurde ausgeführt, dass die BF vom Sommer 2015 bis zum 27.01.2020 (dem Tag der Betretung durch die Polizei und der anschließenden Festnahme) illegalen Beschäftigungen nachgegangen wäre, ohne deren sie mittellos gewesen wäre. Die BF würde über keine Arbeitserlaubnis und über keinen Aufenthaltstitel verfügen. Die BF hätte damit gezeigt, dass sie kein Interesse daran habe, die Gesetze der Österreichs zu respektieren. Dieses Verhalten stellte einen gravierenden Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darf. Durch dieses Verhalten hätte die BF eine schwerwiegende Gefährdung der Öffentlichen Ordnung bewirkt und es wären keine positiven Prognosetendenzen erkennbar. Die Verhängung eines Einreiseverbotes für die Dauer von 2 Jahren erscheine daher angemessen. Auf Grund des gezeigten Verhaltes, wäre erwiesen, dass die BF nicht gewillt ist österreichische Gesetze zu befolgen und dieses Verhalten würde die öffentliche Ordnung gefährden. Die Ausreise der BF wäre im Interesse der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung dringend geboten und erforderlich, weshalb der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen wäre. Zu der Lage im Herkunftsland wurde ausgeführt, dass aufgrund der unzweifelhaften Länderfeststellungen zu China nicht festgestellt werden hätte können, dass die BF im Falle einer Rückkehr mit relevanten Problemen zu rechnen hätte, bzw. wäre dies auch nicht dargelegt worden. Der Großteil der Verwandtschaft würde sich in China aufhalten, bzw. hätte die BF dort auch ihren Lebensmittelpunkt.

Am 04.02.2020 stellte die BF im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

Aus der über die BF am 28.01.2019 verhängten Schubhaft wurde die BF seitens des BFA aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes während der am 14.02.2020 zur Zahl W140 2228481-1 stattgefundenen Verhandlung entlassen und wurde in Folge seitens des LEFÖ - IBF zugesagt, die BF in einer Schutzwohnung unterzubringen und die BF, wo die BF nach Angaben der Vertretung gemeldet ist.

Gegen den Bescheid des BFA vom 29.01.2019 wurde am 26.02.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, dass der belangten Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt, dass die BF angegeben habe, dass sie in Österreich ein Kind zur Welt gebracht hätte. Die BF hätte sich im Zeitraum der Geburt vom 08.08.2018 bis zum 06.09.2018 in Wien an der Adresse XXXX aufgehalten. Hierbei würde es sich um die Büroadresse von LEFÖ - IBF handelt. Durch eine Mitarbeiterin des Vereines im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 14.02.2020 zur Zahl W140 2228481-1 hätte entsprechendes bestätigt werden können. Hätte man diese bezüglich der Geburt des angegebenen Sohnes und der in Folge erfolgten Adoption, bzw. der sich durch die BF vorbehaltenen Besuchsmöglichkeit erkundigt, so hätte die Behörde durch einfache Ermittlungsschritte abklären können, ob die BF einen Sohn in Österreich geboren hätte.

Auch hätte die Behörde keine Ermittlungsschritte diesbezüglich angestellt, ob es sich bei der BF um ein Opfer von Menschenhandelt handeln könnte. Die Zeugin hätte nicht ausschließen können, dass es sich bei der BF um ein Opfer von Menschenhandel handelt. Die BF wäre auch in einer Schutzwohnung des LEFÖ - IBF untergebracht und an deren Büroadresse aufrecht gemeldet. Auch diesbezüglich hätte die Behörde entsprechende Abklärungen vornehmen müssen um den maßgeblichen Sachverhalt zu erheben und insbesondere durch eine geschulte Person des gleichen Geschlechtes erheben müssen, ob es sich bei der BF um ein Opfer von Menschenhandel handelt. Aufgrund des mangelhaften durchgeführten Ermittlungsverfahrens hätte die belangte Behörde den Bescheid mit Verfahrensfehlern belastet und dieser wäre daher rechtswidrig. Bei einem entsprechend sorgsam geführten Ermittlungsverfahren wäre die Behörde zu einem anderen Ergebnis gelangt.

Zur Frage ob § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG vorliegt wurde ausgeführt, dass die Behörde es unterlassen habe, ob betreffend der BF ein Opfer von Menschenhandel vorliegt. Die Behörde hätte weitere Ermittlungen anstellen müssen. Es wäre anzuzweifeln, dass die BF zu angemessenen Arbeitsbedingungen angestellt gewesen ist, bzw. nach dem österreichischen Kollektivvertrag entlohnt worden wäre. Auch die Mitarbeiterin des LEFÖ - IBF hätte nicht ausschließen können, dass es sich bei der BF um ein Opfer von Menschenhandel handeln könnte. Es wäre nicht ersichtlich, ob der Fall dem BKA weitergeleitet worden wäre, bzw. wäre anzunehmen, dass tatsächlich ein Fall des § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG vorliegt. Die diesbezügliche Beweiswürdigung wäre mangelhaft.

Zur Rechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung wurde ausgeführt, dass die Behörde keine Ermittlungen zum Familienleben der BF durchgeführt habe, insbesondere zum angegebenen Sohn und dessen Adoption unter Vorbehalt der Möglichkeit von Besuchen vorgenommen habe. Ein Eingriff in Art. 8 EMRK bei einer Rückkehr der BF nach China in Bezug auf den Aufenthalt des Sohnes in Österreich könne damit nicht ausgeschlossen werden.

Zur Rechtswidrigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III) wurde festgehalten, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht ausgeführt würde, wohin die Beschwerdeführerin abgeschoben werden soll. Es wäre in der Begründung und in den Länderfeststellungen die Volksrepublik China angeführt und daher wäre anzunehmen, dass die BF dorthin abgeschoben werden soll. Allerdings hätte sich die Behörde nicht mit der aktuellen Situation in China aufgrund des Coronavirus auseinandergesetzt. In China wäre seitens der WHO am 30.01.2020 ein Gesundheitsnotstand internationaler Tragweite ausgerufen worden. Seitens des Außenministeriums wäre hinsichtlich China aufgrund des Coronavirus ein hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 4) und eine Partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5) ausgegeben worden, bzw. wären internationale Flüge eingestellt worden. Daher wäre davon auszugehen, dass eine Abschiebung der BF bzw. eine Rückkehr nach China für die BF zumindest vorübergehend weder zumutbar noch zulässig sei.

Zur Rechtswidrigkeit des Einreiseverbotes (Spruchpunkt IV) wurde ausgeführt, dass die Erlassung eines Einreisverbotes seit der Novelle BGBL I 2013/68 (FNG - Anpassungsgesetzt) nicht mehr zwingend gesetzlich vorgeschrieben wäre. Da bereits die Rückkehrentscheidung rechtswidrig wäre, wäre auch die Erlassung des Einreiseverbotes rechtswidrig. Jedenfalls wäre die Erlassung des Einreiseverbotes in der Dauer von zwei Jahren aufgrund der Nichtdurchführung einer Abwägung der privaten Interessen der BF mit dem öffentlichen Interesse an einer Ausweisung unrechtmäßig und unverhältnismäßig.

Zur Rechtswidrigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V) und der Nichtgewährung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI) wurde ausgeführt, dass die Behörde zu Unrecht vom Primat der freiwilligen Ausreise abgewichen wäre. Das Verhalten der BF wäre kein solches, welches die sofortige Ausreise der BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebieten würde.

Es wurde ferner der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

Auch wurde ein Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gem. § 8 a VwGVG iVm § 64 Abs.- 1 Z 1 lit a bis d ZPG gestellt. Die BF wäre Vermögenslos und würde kein regelmäßiges Einkommen beziehen. Sie wäre daher nicht in der Lage die Kosten für die Führung dieses Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die BF würde daher beantragen, ihr die Verfahrenshilfe im Umfang des § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit a bis d ZPO im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr zu gewähren. Das Vermögenbekenntnis würde dem Antrag beiliegen.

Weiters wurden die Anträge gestellt, das BVwG möge

- Eine mündliche Verhandlung durchführen

- der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen

- der Beschwerde stattgeben und feststellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG vorliegen und der BF dieserart Aufenthaltsberechtigung von Amts wegen erteilen.

- In eventu: Der Beschwerde stattgeben und feststellen, dass die Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG gem. § 9 Abs.- 2 BFA - VG auf Dauer unzulässig wäre, bzw. feststellen, dass die Voraussetzungen zur Erteilung einer AB gem. 55 AsylG vorliegen und der BF daher gem. § 58 Abs. 2 AsylG eine Ab von Amts wegen erteilen

- In eventu: der Beschwerde stattgeben und feststellen, dass die Abschiebung der BF nach China zumindest vorläufig unzulässig wäre

- In eventu: den Spruchpunkt IV (Einreiseverbot) ersatzlos beheben

- In eventu: die Dauer des fünfjährigen (sic!) Einreiseverbotes auf eine angemessene Dauer herabsetzen

- In eventu: den Bescheid im angefochtenen Umfang zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Der Beschwerde wurde ein Vermögensbekenntnis der BF, eine durch die BF unterfertigte Niederschrift der XXXX Wien vom 17.08.2018 des Referates für Adoptiv- und Pflegekinder beigelegt, dem zu entnehmen ist, dass die BF der Adoption ihres Kindes, welches sich zu dieser Zeit in der Pflege des XXXX spitals aufgehalten hat, zustimmt. Ergänzend wurde die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG (Schubhaftverhandlung) am 14.02.2020 übermittelt. Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung wurde als Zeugin eine Mitarbeiterin des LEFÖ - IBF, der Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels, betreffend der durch die BF angegebenen Schwangerschaft, bzw. der vorgenommenen Adoption des Sohnes befragt. Hierbei konnte diese Zeugin die sich hierauf beziehenden Angaben der BF im Wesentlichen bestätigen. Dem Protokoll der Einvernahme ist ferner zu entnehmen, dass diese Zeugin wie in der Beschwerdeschrift ausgeführt, im Zuge der Einvernahme auch ausführt, dass es sich bei der BF um ein Opfer von Menschenhandel handeln könnte. Dem Protokoll ist ferner zu entnehmen, dass nach Entlassung aus der Schubhaft (aufgrund des gesundheitlichen Zustandes der BF durch das BFA) im Zuge der Verhandlung vor dem BVwG die BF in einer Schutzwohnung des LEFÖ - IBF untergebracht wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen (vgl. auch BVwG vom 20.07.2015, W182 1263962-2/4E, W182 1315030-2/4E).

Die Beschwerdeführerin machte im gegenständlichen Verfahren ein mögliches reales Risiko einer Verletzung der zu berücksichtigten Konventionsbestimmung gem. Art. 8 EMRK geltend, indem diese nunmehr mit Belegen untermauert darlegte, dass sie entgegen den zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides vorliegenden Informationsstandes der Behörde tatsächlich über familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in der Person ihres zur Adoption freigegebenen Sohnes verfügen würde und somit eine Außerlandesbringung einen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte darstellen würde. Zudem zeigte die Beschwerdeschrift auf, dass betreffend der BF Indizien vorliegen würden, dass diese Opfer von Menschenhandel sein könnte, bzw. die BF mit Datum 04.02.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte über den noch nicht entscheiden wäre.

Die Beschwerdeführerin hat durch die Ausführungen in ihrer Beschwerde den diesbezüglich verfahrenswesentlichen Sachverhalt (und die Beweiswürdigung) nicht bloß unsubstantiiert bestritten, sondern diesbezüglich ein konkretes und substantiiertes Vorbringen erstattet.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden, bzw. kann in casu mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK darstellen könnte.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung insbesondere in der Bewertung der Lage im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde beruht, sowie in der Bewertung der Integration und der Intensität des Privat- und Familienlebens der BF im Bundesgebiet und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W168.2229106.1.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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