TE Bvwg Beschluss 2020/4/6 W227 2209407-1

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Veröffentlicht am 06.04.2020
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Entscheidungsdatum

06.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs9
B-VG Art135 Abs4
B-VG Art139 Abs1 Z1
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
B-VG Art89 Abs2
PrivSchG §5 Abs1 litd
VwGG §25a Abs3

Spruch

W227 2209407-1/8Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Karin WINTER betreffend die Beschwerde von Mag. XXXX gegen den Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 1. Oktober 2018, Zl. 600.904520/0118-RPS/2018:

A)

Gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 1 und Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a i.V.m. Art. 135 Abs. 4 i.V.m. Art. 89 Abs. 2 B-VG wird an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt,

§ 5 Abs. 1 lit. d und Abs. 1 zweiter und dritter Satz des Bundesgesetzes über das Privatschulwesen (Privatschulgesetz - PrivSchG), BGBl. Nr. 244/1962, in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2019, wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG i.V.m. § 25a Abs. 3 VwGG nicht zulässig.

Text

I. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer zeigte am 11. September 2018 die Verwendung von XXXX am " XXXX ", einer Privatschule mit eigenem Organistationsstatut und der Unterrichtssprache Deutsch, an. Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung verlieh der Privatschule mit Bescheid vom 14. März 2019, Zl. BMBWF-24.423/0011-II/4/2019, das Öffentlichkeitsrecht.

2. Mit Schreiben vom 17. und 19. September 2018 hielt der Stadtschulrat für Wien (nunmehr: Bildungsdirektion für Wien) dem Beschwerdeführer u.a. vor, der Anzeige sei kein Sprachennachweis auf dem Niveau C1 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) in der deutschen Sprache angeschlossen gewesen.

3. Daraufhin ersuchte der Beschwerdeführer um Nachsichterteilung vom Erfordernis des Sprachennachweises in der deutschen Sprache.

4. Mit Bescheid vom 21. September 2018, Zl. 600.904520/0172-RPS/2018, wies der Stadtschulrat für Wien den Antrag des Beschwerdeführers auf Nachsichterteilung vom Erfordernis des Sprachennachweises in der deutschen Sprache gemäß § 5 Abs. 1 lit. d und Abs. 4 PrivSchG ab.

5. In Folge untersagte der Stadtschulrat für Wien mit dem (hier) angefochtenen Bescheid gemäß § 5 Abs. 1, 4 und 6 PrivSchG die Verwendung von XXXX als Lehrer an der Privatschule. Begründend führte der Stadtschulrat für Wien u.a. aus, der zur Verwendung angezeigte Lehrer verfüge offenbar über keinen Sprachennachweis auf dem Niveau C1 GER in der deutschen Sprache.

6. Dagegen erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Rechtslage

1.1. § 5 des Bundesgesetzes über das Privatschulwesen (Privatschulgesetz - PrivSchG), BGBl. Nr. 244/1962, in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2019, lautet (die als verfassungswidrig angefochtenen Teile der Bestimmung sind hervorgehoben):

"§ 5. Leiter und Lehrer.

(1) Für die pädagogische und schuladministrative Leitung der Privatschule ist ein Leiter zu bestellen,

a) der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt,

b) der die Eignung zum Lehrer in sittlicher und gesundheitlicher Hinsicht aufweist,

c) der die Lehrbefähigung für die betreffende oder eine verwandte Schulart oder eine sonstige geeignete Befähigung nachweist,

d) der in der deutschen Sprache Sprachkenntnisse nach zumindest dem Referenzniveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechend der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedsstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen - GER nachweisen kann und

e) in dessen Person keine Umstände vorliegen, die nachteilige Auswirkungen auf das österreichische Schulwesen erwarten lassen.

Das Erfordernis gemäß lit. d wird auch durch einen Nachweis von zumindest gleichwertigen Sprachkenntnissen erfüllt. Lit. d gilt nicht für Personen gemäß § 1 Z 2 der Ausländerbeschäftigungsverordnung, BGBl. II Nr. 609/1990 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 257/2017 sowie für Schulen, die keine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen oder durch deren Besuch gemäß § 12 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985, die allgemeine Schulpflicht nicht erfüllt werden kann oder die nach dem vom zuständigen Bundesminister erlassenen oder genehmigten Organisationsstatut nicht auf die Erlangung eines Zeugnisses über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder einer Schulart (Form bzw. Fachrichtung einer Schulart) oder nicht auf den Erwerb der mit der erfolgreichen Ablegung einer Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlussprüfung verbundenen Berechtigungen abzielen.

(2) Schulerhalter, welche die im Abs. 1 lit. a bis c genannten Bedingungen erfüllen, können die Leitung der Privatschule auch selbst ausüben.

(3) Der Leiter ist für die unmittelbare Leitung und Überwachung des Unterrichtes an der Privatschule verantwortlich. Er ist an die in Ausübung der Aufsicht (§ 22) erteilten Weisungen der zuständigen Schulbehörden gebunden.

(4) Die an der Schule verwendeten Lehrer haben ebenfalls die in Abs. 1 genannten Bedingungen zu erfüllen.

(5) Die zuständige Schulbehörde kann von dem Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft (Abs. 1 lit. a und Abs. 4) Nachsicht erteilen, wenn die Verwendung im Interesse der Schule gelegen ist und öffentliche Interessen der Nachsichterteilung nicht entgegenstehen.

(6) Die Bestellung des Leiters und der Lehrer sowie jede nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebende Veränderung in deren Person ist vom Schulerhalter der zuständigen Schulbehörde unverzüglich anzuzeigen, welche die Verwendung des Leiters oder Lehrers innerhalb eines Monats ab dem Einlangen der Anzeige zu untersagen hat, wenn die Bedingungen der vorstehenden Absätze nicht erfüllt sind. Darüber hinaus hat die zuständige Schulbehörde die Verwendung eines Leiters oder Lehrers zu untersagen, wenn die in den vorstehenden Absätzen genannten Bedingungen später wegfallen, sowie hinsichtlich des Leiters auch dann, wenn er die ihm nach Abs. 3 obliegenden Aufgaben nicht ausreichend erfüllt.

(7) Die Bestimmungen des Abs. 6 gelten sinngemäß auch für den Schulerhalter in seiner Eigenschaft als Leiter der Schule (Abs. 2)."

2. Zulässigkeit des Antrages

Ein Antrag im Sinne des Art. 139 B-VG und des Art. 140 B-VG darf nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - Verordnungsbestimmung bzw. Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichts im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003). Der Prüfungsmaßstab der "Gesetzwidrigkeit" umfasst nach Art. 139 Abs. 1 B-VG auch die Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung (siehe VfSlg. 16.242/2001; VfGH 10.12.2012, V 22/12 u.a.).

Die angefochtene Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. d und § 5 Abs. 1 zweiter Satz PrivSchG wurde im Verfahren vor dem Stadtschulrat für Wien als Grundlage für den erlassenen Bescheid herangezogen und das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden verwaltungsbehördlichen Handelns zu überprüfen. Die Sätze 2 und 3 des § 5 Abs. 1 PrivSchG stehen aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in einem untrennbaren Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 lit. d leg. cit., weil sie ausschließlich an die dort geregelten Tatbestände anknüpfen und keinen von diesen Tatbeständen losgelösten Regelungsinhalt aufweisen. Aus diesem Grund hat auch das Bundesverwaltungsgericht die angefochtene Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. d sowie Abs. 1 zweiter und dritter Satz PrivSchG anzuwenden; die angefochtenen Bestimmungen sind daher insgesamt präjudiziell im Sinne des Art. 89 Abs. 2 i.V.m. Art. 135 Abs. 4 i.V.m. Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG.

Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu den Verfahrens-voraussetzungen ist der Umfang der zu prüfenden und im Falle ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Rechtsvorschrift derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall bildet, dass aber andererseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt (vgl. z.B. VfSlg. 8155/1977, 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Der Verfassungsgerichtshof hat in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und welchem dieser Ziele der Vorrang gebührt (vgl. dazu z.B. VfSlg. 7376/1974, 7786/1976, 13.701/1994). Es ist dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, der Rechtsvorschrift durch Aufhebung bloßer Teile einen völlig veränderten, dem Normsetzer überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt zu geben, weil dies im Ergebnis geradezu ein Akt positiver Normsetzung wäre (vgl. VfSlg. 12.465/1990; 13.915/1994, 15.090/1998).

Letztlich ist der Umfang einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Gesetzesbestimmung derart abzugrenzen, dass die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl. VfSlg. 13.965/1994 m.w.N., 16.542/2002, 16.911/2003). Ein untrennbarer Zusammenhang ist anzunehmen, wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht ohne Mitberücksichtigung weiterer Bestimmungen beantworten lässt, insbesondere deshalb, weil sich ihr (gegebenenfalls verfassungsrechtlich bedenklicher) Inhalt erst mit Blick auf diese weiteren Bestimmungen erschließt. Ein solcher Zusammenhang kann sich aber auch daraus ergeben, dass diese weiteren Bestimmungen durch die Aufhebung der verfassungsrechtlich bedenklichen Normen einen völlig veränderten Inhalt erhielten (vgl. VfSlg. 8155/1977, 8461/1978 u.v.a.). Die Grenzen der Aufhebung sind nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes so zu ziehen, dass der verbleibende Teil einer Rechtsvorschrift nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt (vgl. VfSlg. 13.965/1994 m.w.N., 16.542/2002, 16.911/2003).

Die jüngere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes besagt, dass eine zu weite Fassung eines Antrags diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen erfasst, führt dies - ist der Antrag in der Sache begründet - im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfGH 08.10.2014, G 83/2014 u.a.; 09.12.2014, G 136/2014 u.a.; 10.03.2015, G 203/2014 u.a.). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies - wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind - im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags und nicht mehr zur Zurückweisung des gesamten Antrags (vgl. VfGH 09.12.2014, G 136/2014 u.a.; 10.03.2015, G 203/2014 u.a.).

3. Bedenken gegen § 5 Abs. 1 lit. d und Abs. 1 zweiter und dritter Satz PrivSchG:

Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 B-VG und Art. 2 StGG

3.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat (vgl. z.B. VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002).

Der Gleichheitssatz bindet auch die Gesetzgebung (vgl. VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihr insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl. VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl. VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassungs wegen nicht verwehrt, ihre (sozial-)politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. VfSlg 13.576/1993, 13.743/1994, 15.737/2000, 16.167/2001, 16.504/2002). Sie kann im Rahmen ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen und darf bei der Normsetzung generalisierend von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl. VfSlg 13.497/1993, 15.850/2000, 16.048/2000, 17.315/2004 und 17.816/2006, 19.722/2012, jeweils m.w.N.) sowie auch Härtefälle in Kauf nehmen (vgl. VfSlg 16.771/2002 m.w.N.).

3.2. Das Bundesverwaltungsgericht vermag unter dem Blickwinkel des Art. 7 Abs. 1 B-VG bzw. des Art. 2 StGG keine sachliche Rechtfertigung dafür finden, dass die an einer Privatschule verwendeten Lehrer in jedem Fall Sprachkenntnisse in der deutschen Sprache nach zumindest dem Referenzniveau C 1 des GER für Sprachen nachweisen müssen. Denn die angefochtene Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. d PrivSchG wurde mit BGBl. I Nr. 138/2017 in das Privatschulgesetz eingefügt. Diese Novelle zum Privatschulgesetz geht auf den Initiativantrag 2254/A 25. GP zurück (vgl. Seite 61 des Initiativantrags). Die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung des Initiativantrags besagen nämlich (AB 1707 BlgNR 25. GP, 59): "Im Sinne der Gewährleistung eines qualitätsvollen Unterrichts sollen die in § 5 genannten Anforderungen eine Erweiterung um den Nachweis der vorhandenen Sprachkompetenz auf Kompetenzniveau C1 im Sinne des Gemeinsamen Referenzrahmens für Sprachen erfahren. Damit verfügen alle Lehrkräfte über die gesicherte Sprachkompetenz auf Niveau C 1 in der Unterrichtssprache." Der Gesetzgeber, welcher die angefochtene Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. d PrivSchG mit BGBl. I 138/2017 in den Rechtsbestand eingefügt hat, hatte offenbar die Intention vor Augen, das Referenzniveau C 1 in der Unterrichtssprache zu verankern. Dem Bundesverwaltungsgericht ist allerdings keine Bestimmung bekannt, wonach öffentliche Schulen ausschließlich Lehrer mit Sprachkenntnissen in der deutschen Sprache nach zumindest dem Referenzniveau C 1 einstellen dürften (vgl. dazu beispielsweise § 43b Abs. 4 Vertragsbedienstetengesetz über den Nachweis von Kenntnissen in der Minderheitensprache nach zumindest dem Referenzniveau B 1). Insofern ist aus der Gegenüberstellung von öffentlichen Schulen und Privatschulen in diesem Punkt der Anforderung an die Qualifikation der Lehrkräfte kein sachlicher Grund erkennbar, der eine derartige Differenzierung rechtfertigen könnte.

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts werden diese Bedenken nicht durch die Novellen BGBl. I Nr. 43/2018 und BGBl. I Nr. 35/2019 zum Privatschulgesetz zerstreut, auch wenn mit diesen Novellen der angefochtene zweite und dritte Satz des § 5 Abs. 1 leg. cit. angefügt wurde. Diese angefügten Sätze besagen zum einen, dass das Erfordernis der Sprachkenntnisse in der deutschen Sprache nach zumindest dem Referenzniveau C 1 des GER auch durch einen Nachweis von zumindest gleichwertigen Sprachkenntnissen erfüllt werden könne (§ 5 Abs. 1 zweiter Satz PrivSchG). Darunter fallen - so die Gesetzesmaterialien (Initiativantrag 260/A 26. GP, 2) - insbesondere österreichische Reifeprüfungszeugnisse mit Unterrichtssprache Deutsch bzw. gleichwertige ausländische Zeugnisse oder Abschlusszeugnisse mindestens dreijähriger Studien mit Unterrichtssprache Deutsch an postsekundären Bildungseinrichtungen. Zum anderen wird in § 5 Abs. 1 dritter Satz PrivSchG festgeschrieben, dass das Erfordernis des Nachweises von Sprachkenntnissen in der deutschen Sprache nach zumindest dem Referenzniveau C 1 des GER nicht für Personen gemäß § 1 Z 2 Ausländerbeschäftigungsverordnung (AuslBVO) gelte sowie für Schulen, die keine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen oder durch deren Besuch die allgemeine Schulpflicht nicht erfüllt werden kann oder die nach dem vom zuständigen Bundesminister erlassenen oder genehmigten Organisationsstatut nicht auf die Erlangung eines Zeugnisses über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder einer Schulart (Form bzw. Fachrichtung einer Schulart) oder nicht auf den Erwerb der mit der erfolgreichen Ablegung einer Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlussprüfung verbundenen Berechtigungen abzielen. In den Erläuterungen dazu heißt es (AB 541 BlgNR 26. GP, 3): "Zur Gewährleistung eines qualitätsvollen Unterrichts haben die in § 5 genannten Anforderungen durch das Bildungsreformgesetz 2017, BGBl. I Nr. 138/2017, eine Erweiterung um den Nachweis der vorhandenen Sprachkompetenz auf Kompetenzniveau C1 im Sinne des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) für Sprachen erfahren (§ 5 Abs. 1 lit. d). Um die Ausrichtung der Bestimmung deutlich zu unterstreichen soll im Sinne dieses Zieles der dazu geschaffenen Ausnahmeregelung für Lehrpersonal an Internationalen Schulen nach § 1 Z 2 der Ausländerbeschäftigungsverordnung, BGBl. II Nr. 609/1990 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 257/2017, eine weitere Ausnahme angefügt werden. Im Sinne des genannten Zieles sowie eines einfachen und effizienten Vollzuges soll das Spracherfordernisses auf Schulen beschränkt werden, die eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen oder durch deren Besuch die allgemeine Schulpflicht erfüllt werden kann oder die ihrem Organisationsstatut zufolge auf die Erlangung eines Zeugnisses über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder einer Schulart oder auf den Erwerb der mit der erfolgreichen Ablegung einer Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlussprüfung verbundenen Berechtigungen abzielen."

Durch das Anfügen von § 5 Abs. 1 zweiter und dritter Satz PrivSchG wurde jedoch insgesamt das Erfordernis des Nachweises von Sprachkenntnissen in der deutschen Sprache nach zumindest dem Referenzniveau C 1 nicht beseitigt, sondern nach wie vor die Unsachlichkeit beibehalten, dass Schulleiter und Lehrer an Privatschulen - im Unterschied zu Schulleitern und Lehrern an öffentlichen Schulen - ein derartiges Sprachniveau in der deutschen Sprache nachweisen müssen.

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist keine sachliche Rechtfertigung dafür ersichtlich, dass § 5 Abs. 1 lit. d PrivSchG in seinem Anwendungsbereich auf Sprachkenntnisse in der deutschen Sprache nach zumindest dem Referenzniveau C 1 abstellt.

Überdies bestehen mangels einer hinreichenden Determinierung folgende Bedenken hinsichtlich einer vollziehbaren Regelung:

In § 5 Abs. 1 dritter Satz PrivSchG legt zwar der Terminus: "Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlussprüfung" nahe, dass es sich um abschließende Prüfungen im Sinne des Schulorganisationsgesetzes (SchOG) handelt. Mangels eines technischen Verweises bleibt dies jedoch offen, zumal gerade der Begriff "Abschlussprüfung" einerseits jede abschließende Prüfung an jeglicher Schulart bzw. Schulform, unabhängig von einer gesetzlich oder durch ein Organisationsstatut - wie der verfahrensgegenständlichen Schule - geregelten Schulart, umfassen kann, andererseits jedoch auch auf die im SchOG geregelten Abschlussprüfungen der berufsbildenden mittleren Schulen i.S.d. §§ 58 Abs. 3, 59 Abs. 2a, 60 Abs. 3, 62 Abs. 4, 63 Abs. 5 und 63b Abs. 4 SchOG beschränkt werden kann.

Auch bleibt - anders als z.B. in § 63 Abs. 10b Universitätsgesetz 2002 - bei § 5 Abs. 1 lit. d i.V.m. Abs. 1 zweiter Satz PrivSchG völlig offen, wie ein solcher Nachweis über Sprachkenntnisse nach zumindest dem Referenzniveau C 1, oder ein Nachweis von zumindest gleichwertigen Sprachkenntnissen zu erbringen ist. Die zitierte Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedsstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 ist nicht verbindlich und enthält für C1 in einer Globalskala folgende Deskriptoren: "Kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen. Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden." (siehe deutsche Version: http://www.goethe.de/z/50/commeuro/303.htm, abgefragt am 2. April 2020).

Damit wird eine Vorhersehbarkeit der behördlichen Entscheidung verunmöglicht.

4. Aus diesen Erwägungen stellt das Bundesverwaltungsgericht den vorliegenden Antrag.

Schlagworte

Anzeige zur Einstellung eines Lehrers Determinierungsgebot Gesetzesprüfung Gesetzprüfungsantrag Gleichheitsgrundsatz Lehrer Lehrerbestellung Präjudizialität Privatschule Sprachkenntnisse Untersagung der Verwendung VfGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2209407.1.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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