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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §833;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Reder & Handschuh Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Mag. Werner Suppan, Rechtsanwalt in Wien XVI, Thaliastraße 100, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30. April 1996, Zl. MD-VfR - B VIII - 9/96, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens um Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und den vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Urkunden ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Ansuchen vom 14. Juni 1994, beim Magistrat der Stadt Wien eingelangt am 8. Juli 1994, beantragte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Anbringung einer Lichtreklame am Haus Wien 8, Hernalser Gürtel 2. Das Bauansuchen sowie der beigeschlossene Einreichplan waren nur von der Grundstücksmiteigentümerin Immotech Immobilientreuhand- und Bauträger Gesellschaft mbH unterfertigt. Die Baubehörde erster Instanz forderte hierauf die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin mit Verfahrensanordnung vom 12. Oktober 1995 auf, den Nachweis der Zustimmung der Eigentümer der Liegenschaft Wien 8, Hernalser Gürtel 2, durch Unterfertigung der rückgemittelten drei Einreichskizzen innerhalb einer Frist von 14 Tagen nachzureichen, widrigenfalls das Bauansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde. Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin hat in der Folge die rückgemittelten Einreichpläne mit dem Hinweis, die Mehrheitseigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft Immotech Immobilientreuhand- und Bauträger Gesellschaft mbH habe das Bauansuchen unterfertigt, wieder vorgelegt, jedoch weder innerhalb der festgesetzten Frist noch bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides den geforderten Nachweis der Zustimmung der übrigen Miteigentümer erbracht. Mit Bescheid vom 11. Jänner 1996 wurde daher das Ansuchen um Baubewilligung gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30. April 1996 wurde die dagegen erhobene Berufung der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BO genüge die bloße Zustimmung des Mehrheitseigentümers für eine positive Erledigung des Ansuchens um Baubewilligung nicht, vielmehr sei die Zustimmung aller Miteigentümer zur beantragten Bauführung erforderlich. Die Frage, ob diese Zustimmung aufgrund der zivilrechtlichen Vorschriften in einem gerichtlichen Verfahren erzwungen werden könne, sei keine Vorfrage des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1987, Zl. 86/05/0169).
Mit Beschluß vom 9. Juni 1997, B 2216/96-10, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und sodann die Beschwerde aufgrund des Abtretungsantrages der Beschwerdeführerin vom 16. September 1997 mit Beschluß vom 29. September 1997, B 2216/96-13, an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin ihrem Vorbringen im Verbesserungsauftrag vom 7. November 1997 zufolge "in ihrem Recht auf Erhalt einer Baubewilligung für eine Lichtreklame bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und insbesondere auf Erhalt einer meritorischen Entscheidung gemäß § 70 Abs. 2 der Bauordnung für Wien verletzt. Darüber hinaus erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf verfassungskonforme Anwendung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen verletzt".
Die Beschwerdeführerin trägt im wesentlichen vor, Zweck der Bestimmung des § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien sei kein anderer als der zivilrechtliche Zweck über die Verwaltung einer Liegenschaft, sodaß bei verfassungskonformer Auslegung bereits die Zustimmung der Mehrheit der Liegenschaftseigentümer für ein Bauansuchen hinreichend sei. Der angefochtene Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig, weil der vorzitierten Bestimmung ein verfassungswidriger Inhalt beigemessen worden sei. Die Bestimmung des § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien und insbesondere die darin enthaltene Wortfolge "(aller Miteigentümer)" sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, daß dadurch lediglich eine verwaltungsrechtliche Frage im Kompetenzbereich des Wiener Landesgesetzgebers zu klären sei, dieser aber nicht in den zivilrechtlichen Kompetenzbereich (Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG) eingreifen könne. Für den verwaltungsrechtlichen Zweck genüge aber ein Zustimmungserfordernis der Mehrheit der Miteigentümer.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien (BO) hat der Bauwerber für das Baubewilligungsverfahren u.a. die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer), wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist, vorzulegen.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Das Fehlen des Nachweises der Zustimmung des Grundeigentümers ist gemäß § 13 Abs. 3 AVG als Formgebrechen behebbar. Ein solcher Verbesserungsauftrag ist nur dann nicht zu erlassen, wenn ein Miteigentümer, dessen Zustimmung als Beleg des Bauansuchens vorzulegen wäre, sich gegen das Bauvorhaben ausgesprochen hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 95/06/0043, u.a.).
§ 63 Abs. 1 lit. c BO verlangt ausdrücklich die Zustimmung aller Miteigentümer zur beantragten Bauführung, wenn der Bauwerber nicht selbst (Mit-)Eigentümer der Liegenschaft ist. Der Nachweis der Zustimmung des Grundeigentümers bzw. der Miteigentümer stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im allgemeinen nur einen Beleg des Bauansuchens dar. Wenn die Zustimmung zur Bauführung im Zeitpunkt der Einbringung des Ansuchens überhaupt nicht vorgelegen hat oder später weggefallen ist, wird die Zustimmung des (Mit-)Eigentümers der Liegenschaft zu einer Voraussetzung für die aufrechte Erledigung des Bauansuchens, die auch im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung gegeben sein muß (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 19. September 1995, Zlen. 93/05/0105 und 93/05/0162).
Der Grund, weshalb fast alle Bauordnungen der Länder als Formerfordernis eines Bauantrages die Zustimmung des Bauwerbers fordern, liegt offenkundig einerseits darin, daß dadurch ein aufwendiges Verwaltungsverfahren bezüglich eines Vorhabens vermieden wird, das letztlich mangels Zustimmung des Grundeigentümers nicht realisiert werden kann. Andererseits können verschiedene Verpflichtungen, die sich an eine Baubewilligung knüpfen (wie z.B. die Verpflichtung zur Grundabtretung oder zur späteren Gehsteigherstellung), nur vom Grundeigentümer erfüllt werden (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1997, B 3509/96, und das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 92/05/0202).
Nach dem klaren Wortlaut des § 63 Abs. 1 lit. c BO wird die Zustimmung aller Miteigentümer zu einem bestimmten Bauvorhaben ohne Rücksicht auf die zivilrechtlichen Befugnisse der einzelnen Miteigentümer gefordert (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 29. November 1994, Zl. 94/05/0319, BauSlg. Nr. 277/1994, sowie vom 22. Juni 1993, Zl. 93/05/0098). Aus welchen Gründen Miteigentümer ihre Zustimmung verweigern, ist keine im Verwaltungsverfahren zu lösende Frage, sondern ist vielmehr darüber eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 92/05/0110, BauSlg. Nr. 170/1994). Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch keine nach dem Zweck und/oder dem Sinnzusammenhang des Gesetzes zu weit gefaßte Regelung hinsichtlich des Zustimmungserfordernisses "aller Miteigentümer" im § 63 Abs. 1 lit. c BO zu erblicken. Eine wie von der Beschwerdeführerin geforderte teleologische Reduktion dieser Norm dahingehend, daß die Zustimmung der Mehrheit der Liegenschaftseigentümer ausreichend sei, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil aus dem vorgenannten Zweck das Zustimmungserfordernis nach § 63 Abs. 1 lit. c BO liquid nachgewiesen werden muß, also keinesfalls mehr fraglich sein darf, ob die Zustimmung erteilt wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0052), und die Begründetheit der Verweigerung der Zustimmung der Miteigentümer keine im Verwaltungsverfahren zu lösende Frage, sondern im Gerichtsverfahren zu klären ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 92/05/0110, BauSlg. Nr. 170/1994). Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken werden - wie dies auch bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß über die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde vom 9. Juni 1997, B 2216/96-10, dargelegt hat - nicht geteilt. Im hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1971, Slg. Nr. 8.094/A, hat der Verwaltungsgerichtshof das Anbringen einer Lichtreklame der hier zu beurteilenden Art an einem Haus deshalb als nicht zur ordentlichen Verwaltung gehörig beurteilt, weil Gegenstand der ordentlichen Verwaltung und Benützung des Hauptstammes im Sinne des § 833 ABGB nur die Erhaltung der Substanz selbst und gewisse kleine Veränderungen, die der Instandsetzung der Substanz dienen, sind. Mehrheitsbeschlüsse der außerordentlichen Verwaltung, welche von den überstimmten Miteigentümern gemäß § 835 ABGB im Gerichtswege bekämpft werden können, vermögen keinesfalls das im § 63 Abs. 1 lit. c BO geforderte Zustimmungserfordernis zu ersetzen.
Welche Verfahrensvorschriften von der belangten Behörde verletzt worden sein sollen, wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 Formgebrechen behebbare Baurecht Formgebrechen behebbare Beilagen Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1 Verbesserungsauftrag BejahungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997050263.X00Im RIS seit
11.07.2001