Entscheidungsdatum
07.04.2020Norm
B-VG Art131 Abs1Spruch
W195 2230190-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid des XXXX gemäß des XXXX beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und zugleich - aktenkundiger und unstrittiger - Sachverhalt:
1. Am 30.12.2019 brachte der Beschwerdeführer (BF) einen Antrag gemäß § 23 Abs 3 Niederösterreichischem Mindestsicherungsgesetz (NÖ MSG) beim XXXX ein
2. Mit Bescheid des Magistrats der XXXX , wurde über die diversen Anträge des BF entschieden.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 12.03.2020 ausdrücklich Beschwerde "an das Bundesverwaltungsgericht" und begründete diese zusammengefasst damit, dass der Bescheid wegen unrichtigen Standpunktes der Behörde rechtswidrig sei.
Es wurden die Anträge gestellt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, die volle Leistung aus dem NÖ SAG zuzuerkennen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
4. Am 06.04.2020 legte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG), mit dem Hinweis auf den ausdrücklichen Antrag des BF zur Entscheidung durch das BVwG, vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß Art. 129 B-VG besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Z 1); gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Z 2); wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Z 3); gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 2 B-VG (Z 4).
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes, soweit sich aus
Abs. 3 nicht anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
1.Feststellungen:
Es wird festgestellt, dass der in Beschwerde gezogene Bescheid des XXXX nicht von einer Bundesbehörde in einer Angelegenheit des Bundes erlassen wurde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden unstrittigen Akteninhalt, insbesondere aus der Beschwerde, zum Verfahren Zl. W195 2230190-1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Zuständigkeiten, die den Verwaltungsgerichten von Verfassung wegen zukommen, sind in Art. 130 Abs. 1 B-VG geregelt. Darüber hinaus ist es gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG möglich, durch Bundes- oder Landesgesetz sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze (Z 1) oder Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (Z 2) oder Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten (Z 3) vorzusehen.
Das Verwaltungsgericht des Bundes erkennt gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG, soweit sich aus Abs. 3 nichts anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit zu prüfen und eine etwaige Unzuständigkeit wahrzunehmen (VwGH 29.10.2015, Ro 2015/07/0019).
Im Zusammenhang mit dem die Verteilung der Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte festlegenden Art. 131 B-VG lässt sich den Erläuterungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (ErlRV 1618 BlgNR 24. GP, 15) entnehmen, dass die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes daran anknüpft, ob "eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung (im Sinne des Art. 102 B-VG) besorgt wird; dies unabhängig davon, ob die betreffende Angelegenheit in Art. 102 Abs. 2 B-VG genannt ist oder sich ihre Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung aus anderen Bestimmungen ergibt" (siehe auch Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2008], 29 [35 ff] bzw. VfGH 04.03.2015, E 923/2014).
Die für die Entscheidung im gegenständlich angefochtenen Bescheid maßgebliche Rechtsgrundlage ist das Niederösterreichische Sozialhilfegesetz 2000 (Ausführungsgesetz). Die Gewährung von Leistungen sozialer Hilfsbedürftigkeit - "das Armenwesen" - ist an sich Sache der Länder. Der Bund ist jedoch zuständig auf diesem Gebiet Grundsätze - gegenständlich in Form des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes - für die Landesgesetzgebung aufzustellen (Grundsatzgesetzgebung).
Die Grundlage für die Umsetzung von Vorhaben im Zusammenhang mit Sozialhilfe auf Landesebene bildet daher der Kompetenztatbestand "Armenwesen" des Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG (iVm Art. 15 Abs. 6 B-VG).
Auf Grund der Zuordnung der Sozialhilfe zum Kompetenztatbestand "Armenwesen" gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm Art. 15 Abs. 6 B-VG obliegt dem Bund die Gesetzgebung über die Grundsätze und den Ländern die Erlassung von Ausführungsgesetzen sowie die Vollziehung, weshalb im Zusammenhang mit dem, auf der Grundlage des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes 2000 erlassenen Bescheides, jedenfalls über keine Angelegenheit abzusprechen ist, die in unmittelbarer Bundesvollziehung zu besorgen ist.
Im angefochtenen Bescheid wird gemäß §§ 5, 6, 7, 8,14, 15, 16, 17 des Niederösterreichischen Sozialhilfe-Ausführungsgesetz (NÖ SAG) und §§ 1 und 3 Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln für den BF festgestellt.
Da es sich bei der gegenständlichen Entscheidung durch XXXX nicht um eine Angelegenheit handelt, welche in unmittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen ist und sich eine Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung auch nicht aus anderen Bestimmungen ergibt, liegt im Ergebnis keine Angelegenheit vor, welche "unmittelbar von Bundesbehörden" im Sinne von Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG besorgt wird.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der Rechtszug im vorliegenden Fall somit nicht an das Bundesverwaltungsgericht, sondern gemäß der Art. 131 Abs. 1 B-VG inhärenten Generalklausel an das (örtlich zuständige) Landesverwaltungsgericht zu gehen hat.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hatte zu entfallen, weil keine Erörterung dieser (verfassungsrechtlichen) Rechtslage weder durch die EMRK noch die GRC geboten ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die vorliegende Entscheidung hat die Zurückweisung der Beschwerde infolge Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zum Inhalt und folgt dabei den diesbezüglich eindeutigen verfassungsgesetzlichen Vorgaben, sodass schon deshalb nicht von einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ausgegangen werden kann (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Kompetenzlage Landesverwaltungsgericht Magistrat Unzuständigkeit BVwG ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2230190.1.00Im RIS seit
17.09.2020Zuletzt aktualisiert am
17.09.2020