TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/12 G303 2220559-3

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Veröffentlicht am 12.06.2020
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Entscheidungsdatum

12.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G303 2220559-3/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Kolumbien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 18.03.2020, Zl. XXXX, betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung von Amts wegen nicht zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Salzburg, dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) zugestellt am 23.03.2020, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vom 24.01.2019 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kolumbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kolumbien festgestellt (Spruchpunkt V.), einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2, 4 und 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VII.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 6 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).

Mit dem am 28.05.2020 beim BFA, RD Salzburg, eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob die beschwerdeführende Partei (Abwesenheitskurator: RA XXXX) durch ihren bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Darin wurde angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 04.06.2020 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF leidet an einer psychischen Erkrankung und ist HIV positiv. Es liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, denen zufolge anzunehmen gewesen wäre, dass eine Rückkehr oder Rückführung der beschwerdeführenden Partei in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Eine Aufenthaltsverfestigung des BF in Österreich liegt nicht vor; er führt hier kein Familienleben und hat keinen Wohnsitz im Bundesgebiet.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. Die getroffenen Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt, da in der Beschwerde kein dem im angefochtenen Bescheid zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet wurde.

In der Beschwerde wird dazu lediglich vorgebracht, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt hat, ob der BF im Falle seiner Rückkehr nach Kolumbien aufgrund seiner psychischen Erkrankung und seiner HIV-Erkrankung Zugang zu der für ihn notwendigen Behandlung hat. Aus den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur medizinischen Grundversorgung und auch zur Behandelbarkeit psychischer Erkrankungen in Kolumbien ergibt sich jedoch eindeutig, dass die medizinische Versorgung in Kolumbien mit jener in Europa vergleichbar ist und die Behandlung von HIV-Erkrankten und psychisch Kranken sichergestellt ist. Auch die Behauptung, wonach die im Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und teilweise unrichtig bzw. veraltet wären, wurde in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise näher begründet.

Konkrete Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat stützt, wurden in der Beschwerde aber nicht näher bezeichnet oder glaubhaft gemacht. Derartige Gründe sind auch sonst nicht hervorgekommen.

Im Beschwerdeverfahren konnten keine Anhaltspunkte für eine Aufenthaltsverfestigung des BF bzw. ein geführtes Familienleben in Österreich festgestellt werden. Aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters ergibt sich, dass der BF über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (Spruchpunkt A.):

Die belangte Behörde hat im Spruch (Spruchpunkt VI.) die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 2, 4 und 5 BFA-VG gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass der BF keine Verfolgungsgründe geltend gemacht habe. So habe er zu keinem Zeitpunkt ein substanziiertes Fluchtvorbringen erstattet.

Überdies wurde ausgeführt, dass der Aufenthalt des BF in Österreich eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle, weshalb die sofortige Ausreise erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Nach der derzeitigen Aktenlage und ausgehend vom Beschwerdevorbringen besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, der verfahrensgegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Es besteht keine reale Gefahr, dass eine Rückkehr nach Kolumbien das Leben und die Unversehrtheit des BF gefährden könnte oder dieser einer wie auch immer gearteten existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung. Auch wenn der BF an einer psychischen Erkrankung leidet und HIV-positiv ist, wurde nicht dargelegt, dass der BF sich aktuell deswegen in Behandlung befindet bzw. der Abbruch einer solchen Behandlung für ihn lebensbedrohliche Auswirkungen hätte.

Auch konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass im gegenständlichen Fall allenfalls konkret zu berücksichtigende private oder familiäre Interessen vorliegen würden, die das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen würden, sind auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände der beschwerdeführenden Partei nicht hervorgekommen.

Unbeachtlich des Vorbringens in der Beschwerde haben sich auch sonst keine Umstände ergeben, wonach die aufschiebende Wirkung von Amts wegen zuzuerkennen gewesen wäre.

Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG als unbegründet abzuweisen und der Beschwerde auch von Amts wegen die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, da der hier maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

3.3. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2220559.3.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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