TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/19 L503 2222435-1

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Veröffentlicht am 19.06.2020
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Entscheidungsdatum

19.06.2020

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L503 2222435-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 04.06.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 4.6.2019 sprach die OÖGKK aus, dass der nunmehrige Beschwerdeführer, Herr XXXX (im Folgenden kurz: „BF“) hinsichtlich seiner angegebenen Tätigkeit als Gesellschafter (Mitunternehmer) bei der XXXX (Außen) Gesellschaft nach bürgerlichem Recht ab dem 1.9.2015 nicht als Dienstnehmer der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) und auch nicht der Teilversicherung (Pflichtversicherung in der Unfallversicherung) unterliegt.

Begründend führte die OÖGKK aus, mit Schreiben vom 30.4.2018 habe sie einen vom BF unterfertigten Antrag auf Bescheidausstellung gemäß § 410 ASVG betreffend „der geringfügigen Anmeldung per 1. September 2015 der XXXX “ erhalten. Dem Antrag sei eine Kopie eines von Herrn XXXX am 1.9.2015 händisch ausgefüllten Anmeldeformulars beigefügt worden. In diesem Formular sei die Anmeldung des BF zur Pflichtversicherung nach dem ASVG als geringfügig beschäftigter Dienstnehmer bei der Dienstgeberin XXXX beantragt worden. Laut der vorgelegten Anmeldung sei der BF als Mitunternehmer der genannten Gesellschaft nach bürgerlichem Recht angeführt.

Mit Schreiben vom 26.6.2018 habe die OÖGKK dem BF mitgeteilt, dass das übermittelte Anmeldeformular von der OÖGKK nicht zur Kenntnis genommen werde, da dieses von Herrn XXXX unterzeichnet worden sei, dieser besachwaltert sei und keine Zustimmung seines Sachwalters, Herrn MMag. G., vorgelegen sei. Darüber hinaus habe die OÖGKK mitgeteilt, dass ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliege und habe die OÖGKK dem BF Gelegenheit gegeben, zur vorliegenden Thematik schriftlich Stellung zu beziehen.

Am 11.7.2018 habe die OÖGKK ein auf das oben angeführte Schreiben vom 26.6.2018 bezugnehmendes Antwortschreiben erhalten. Als Absender des Schreibens seien „ XXXX , XXXX “ und der BF angeführt. Das Schriftstück sei lediglich von Herrn XXXX unterzeichnet worden.

Am 18.7.2018 habe die OÖGKK ein inhaltsgleiches Schreiben erhalten, welches von Herrn XXXX und dem BF unterfertigt sei. Im Schreiben werde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtsansicht der OÖGKK, dass kein Dienstverhältnis des BF vorliege, unzutreffend sei und der berufene Sachwalter des Herrn XXXX infolge Interessenkollisionen gesetzlich ausgeschlossen sei und darüber hinaus seine Zustimmung im vorliegenden Fall nicht erforderlich wäre. Den BF selbst träfe aufgrund seiner neben seiner vollversicherten unselbständigen Beschäftigung bei der E.-Bau GesmbH ausgeübten geringfügigen Beschäftigung als Mitunternehmer der XXXX eine Beitragspflicht als Dienstnehmer in der Kranken- und Pensionsversicherung, die sich auf seine Pension auswirke. Bei der genannten GesbR sei der BF mit 1. September 2015 als Mitgesellschafter (Beteiligung 20%) aufgenommen worden. In weiterer Folge wurden die Beteiligungsverhältnisse an der XXXX laut den Angaben des BF näher dargestellt. Eine von der OÖGKK am 18.7.2018 durchgeführte Firmenbuchabfrage habe ergeben, dass diverse – als Mitgesellschafter bezeichnete - Gesellschaften bereits im Jahr 2002 im Firmenbuch gelöscht worden seien.

Für Herrn XXXX sei im Übrigen mit Beschluss des BG U. vom 1.3.2009 Rechtsanwalt MMag. G. als Sachwalter zur Vertretung vor Gerichten, Behörden, Sozialversicherungsträgern und Ämtern aller Art bestellt. Die Sachwalterbestellung (nunmehr: gerichtliche Erwachsenenvertretung) sei nach wie vor aufrecht; eine Genehmigung der von Herrn XXXX bei der OÖGKK getätigten Eingaben liege nicht vor.

Beweiswürdigend verwies die OÖGKK auf die eben dargestellten Beweismittel; aufgrund der aufrechten gerichtlichen Erwachsenenvertretung des Herrn XXXX sei auf dessen Anträge und Eingaben nicht einzugehen; diese würden – nach Rücksprache mit seinem Erwachsenenvertreter – als nicht eingebracht gelten.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die OÖGKK- nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen – aus, der BF gebe, wie im Sachverhalt dargelegt, an, bei der XXXX (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) seit 1.9.2015 als Gesellschafter tätig zu sein. Hierzu sei festzuhalten, dass einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - so wie dies nach dem Zivilrecht der Fall sei, welches insofern zufolge § 9 AVG mangels einer Sonderregelung im ASVG auch für diesen Rechtsbereich gelte - auch im Sozialversicherungsrecht keine Rechtspersönlichkeit zukomme. Sie könne daher nicht als Zurechnungssubjekt der Rechte und Pflichten eines sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebers im Sinne des § 35 ASVG qualifiziert werden.

Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) komme im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH allen Gesellschaftern die Dienstgebereigenschaft zu. Der BF sei demnach - aufgrund seiner angegebenen Stellung als Gesellschafter („Mitunternehmer“) der XXXX selbst als Dienstgeber im Sinne des S 35 Abs 1 ASVG anzusehen. Da niemand zugleich Dienstgeber und Dienstnehmer sein könne, sei eine Dienstnehmereigenschaft des BF somit ausgeschlossen.

Die OÖGKK komme daher zum Ergebnis, dass der BF aufgrund seiner Position als Gesellschafter bei der XXXX nicht als Dienstnehmer zu qualifizieren sei.

2. Im Akt befinden sich unter anderem die diversen, von der OÖGKK bezeichneten Eingaben bzw. Anträge, die von Herrn XXXX bzw. (teilweise) zuletzt auch vom BF unterfertigt wurden, sowie ein Schreiben der OÖGKK zur Wahrung des Parteiengehörs an den BF.

Im Akt befindet sich weiters unter anderem ein Aktenvermerk der OÖGKK vom 17.5.2018 betreffend ein Telefonat mit dem Sachwalter von Herrn XXXX , demzufolge XXXX nach wie vor für sämtliche Angelegenheiten vor Gericht und Behörden besachwaltert sei; angeblich wolle Herr XXXX wieder geschäftlich tätig werden, wobei er einen Geschäftspartner – nämlich den BF – habe. Der Sachwalter habe bestätigt, dass die OÖGKK weiterhin die Eingaben von Herr XXXX ignorieren könne; sofern aber Schriftsätze vom BF unterzeichnet würden, bestünde keine Handhabe und müssten Anträge entsprechend erledigt werden.

Im Akt befindet sich weiters unter anderem ein Aktenvermerk der OÖGKK vom 18.5.2018 betreffend die Eingabe vom 30.4.2018. Im Aktenvermerk wird ausgeführt, das gegenständliche Schreiben sei eines von vielen Schriftstücken, die unter Mitwirkung des Herrn XXXX entstanden seien. Herr XXXX beschäftige seit vielen Jahren mit seinen Schriftsätzen Behörden und Gerichte. Herr XXXX habe in der Vergangenheit immer wieder zahlreiche Anmeldungen von Personen für verschiedene (erfundene) Firmen an die OÖGKK geschickt, bis er schließlich besachwaltert worden sei. Seither würden, nach Rücksprache mit dem Sachwalter MMag. G., Meldungen und sonstige Anträge des Herrn XXXX von der OÖGKK ignoriert. Diesbezüglich gebe es außerdem ein Schreiben des VwGH vom 10.2.2014, worin festgehalten werde, dass der VwGH von Herrn XXXX selbst verfasste Schriftsätze ohne ersichtliche Genehmigung durch den Sachwalter nicht mehr in Behandlung nehme, sondern ablege. Zum aktuellen Schreiben wurde ausgeführt, auch die dem Schreiben beigelegte Anmeldung des BF mit 1.9.2015 sei damals von der OÖGKK ignoriert worden. Der aktuelle Bescheidantrag vom 30.4.2018 aber sei (da es sich um das bekannte Schriftbild handle) zwar offenbar von Herrn XXXX verfasst, jedoch vom BF selbst unterzeichnet worden. In diesem Fall müsse die OÖGKK auf das Schreiben reagieren. Es sei zu befürchten, dass Herr XXXX die OÖGKK mit dieser Vorgangsweise (Vorschieben des BF) künftig wieder umfangreich beschäftigen werde. Gegenüber seinem Sachwalter habe Herr XXXX geäußert, er möchte mit dem BF als Geschäftspartner wieder „beruflich tätig“ werden. Die Besachwalterung beziehe sich zwar auf sämtliche Eingaben bei Gerichten und Behörden, es könne aber nicht verhindert werden, dass Herr XXXX beruflich tätig wird. Insofern habe der Sachwalter der OÖGKK zugesagt, dass er mit dem zuständigen Richter besprechen werde, wie weit seine Einflussmöglichkeiten als Sachwalter tatsächlich reichen. Die OÖGKK werde sich mit dem BF in Verbindung setzen und ihn darüber informieren, dass ohne Genehmigung durch den Sachwalter ein Auftritt des Herrn XXXX (in diesem Fall als Dienstgeber) bei der OÖGKK nicht möglich sei. Die beigelegte Anmeldung mit 1.9.2015 werde als solche nicht zur Kenntnis genommen, weil sie von Herrn XXXX unterzeichnet sei.

Im Akt befindet sich weiters unter anderem ein Aktenvermerk der OÖGKK betreffend ein Telefonat mit der SVA vom 18.5.2018, demzufolge der BF auch eine Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG für das Jahr 2015 beantragt habe; dies sei bereits insofern am 7.5.2018 erledigt worden, als dem BF mitgeteilt worden sei, dass eine Weiterversicherung nur ein Jahr rückwirkend möglich sei.

3. Mit Schreiben vom 25.6.2019 (gerichtet an die OÖGKK, den VwGH, das LG Linz als Arbeits- und Sozialgericht und an das BVwG) erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der OÖGKK vom 4.6.2019.

In der – umfangreichen, aber vielfach verworrenen – Beschwerde bringt der BF zusammengefasst wiederholend vor, dass er (mit einem Anteil von 20%) Gesellschafter der XXXX gewesen sei. Die OÖGKK habe zu Unrecht seine Dienstnehmereigenschaft verneint.

4. Am 13.8.2019 legte die OÖGKK den Akt dem BVwG vor und gab eine Stellungnahme ab. Darin gab die OÖGKK zunächst eingehend den bisherigen Verfahrensgang wieder und wies insbesondere nochmals darauf hin, dass – näher dargelegt – die Eingaben des BF tatsächlich von Herrn XXXX stammen würden, der der gesetzlichen Erwachsenenvertretung unterliege, wobei auch der VwGH bereits in seiner Note vom 10.2.2014, Zl. 2014/11/002-2, festgehalten habe, dass er von Herrn XXXX selbst verfasste Schriftsätze ohne erfolgte und ersichtliche Genehmigung durch den Sachwalter (nunmehr: Erwachsenenvertreter) nicht mehr in Behandlung nehme.

In rechtlicher Hinsicht führte die OÖGKK zur Sache wiederholend aus, der BF gebe an, bei der XXXX (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) seit 1.9.2015 als Gesellschafter tätig zu sein. Hierzu sei festzuhalten, dass einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - so wie dies nach dem Zivilrecht der Fall sei, welches insofern zufolge § 9 AVG mangels einer Sonderregelung im ASVG auch für diesen Rechtsbereich gelte - auch im Sozialversicherungsrecht keine Rechtspersönlichkeit zukomme. Sie könne daher nicht als Zurechnungssubjekt der Rechte und Pflichten eines sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebers im Sinne des § 35 ASVG qualifiziert werden. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) komme jedem Gesellschafter die Dienstgebereigenschaft zu (vgl. VwGH vom 18.11.1995, Zl. 94/08/0074, vom 20.4.2005, Zl. 2001/08/0074, vom 26.1.2017, Zl. Ro 2016/08/0024). Der BF sei demnach - aufgrund seiner angegebenen Stellung als Gesellschafter („Mitunternehmer“) der XXXX selbst als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs 1 ASVG anzusehen. Da niemand zugleich Dienstgeber und Dienstnehmer sein könne, sei eine Dienstnehmereigenschaft des BF somit ausgeschlossen.

Abschließend wurde beantragt, das BVwG möge den Bescheid vom 4.6.2019 bestätigen und die Beschwerde als unbegründet abweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF war – eigenen Angaben zufolge – (jedenfalls) im hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum Gesellschafter (Mitunternehmer) bei der XXXX nach bürgerlichem Recht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der OÖGKK.

Die getroffene Feststellung beruht auf den eigenen Angaben des BF und ist insofern unstrittig: So betont der BF nicht nur mehrfach in seiner Beschwerde, sondern auch in weiteren Eingaben, dass er mit einer Beteiligung im Ausmaß von 20% Gesellschafter der „ XXXX “ (gewesen) sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht mangels anderer Regelung somit durch Einzelrichter.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Konkrete rechtliche Grundlagen:

3.2.1. § 4 ASVG lautet auszugsweise:

(1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

[…]

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. […]

§ 35 ASVG lautet auszugsweise:

§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. […]

3.2.2. § 1175 ABGB lautet auszugsweise:

§ 1175. (1) Schließen sich zwei oder mehrere Personen durch einen Vertrag zusammen, um durch eine bestimmte Tätigkeit einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen, so bilden sie eine Gesellschaft. Sofern sie keine andere Gesellschaftsform wählen, bilden sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinn dieses Hauptstücks.

(2) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nicht rechtsfähig.

[…]

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Der BF vertritt die – mehrfach in seiner Beschwerde und seinen sonstigen Eingaben geäußerte - Ansicht, dass er als Gesellschafter der „ XXXX “ der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliege.

Diese Auffassung ist, wie bereits die OÖGKK richtig dargelegt hat, unzutreffend: Einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt – auch im Sozialversicherungsrecht – keine Rechtspersönlichkeit zu. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt vielmehr jedem Gesellschafter die (potentielle) Dienstgebereigenschaft zu, wobei diesbezüglich auf folgende, ständige Rechtsprechung des VwGH verwiesen sei:

„Treffen die für die Dienstgeberqualifikation entscheidenden Umstände in bezug auf ein und dasselbe Beschäftigungsverhältnis auf mehrere Personen zu, so ist jeder von ihnen Dienstgeber mit den dem sozialversicherungsrechtlichen Dienstgeber nach dem ASVG auferlegten Verpflichtungen und eingeräumten Berechtigungen. Dass solche Personen Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes sind, ändert daran nichts, weil dieser Gesellschaft nach dem Zivilrecht, das insofern zufolge § 9 AVG iVm § 357 Abs 1 ASVG mangels einer Sonderregelung im ASVG auch für diesen Rechtsbereich gilt, keine Rechtspersönlichkeit zukommt und sie daher nicht als Zuordnungssubjekt der Rechte und Pflichten des sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebers qualifiziert werden kann.“ (VwGH 28.11.1995, Zl. 94/08/0074)

In jüngerer Zeit ist diesbezüglich insbesondere auch das Erkenntnis des VwGH vom 20.4.2005, Zl. 2001/08/0074, zu nennen:

„Nach der Rechtsprechung des VwGH kann einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Prozessrechtsfähigkeit im (zB verwaltungsgerichtlichen) Verfahren nur zuerkannt werden, wenn das zu Grunde liegende Materiengesetz einer solchen Arbeitsgemeinschaft selbstständige, von ihren einzelnen Mitgliedern losgelöste materielle Rechte oder Verfahrensrechte einräumen würde (Hinweis B VS 24. September 1968, 1908/65, VwSlg 7409 A/1968; B 21. Jänner 1997, 94/05/0035; B 22. März 2000, 2000/04/0029). Auch nach der Rechtsprechung des erkennenden Senates kommt einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - so wie dies nach dem Zivilrecht der Fall ist, welches insofern zufolge § 9 AVG, § 357 Abs 1 ASVG mangels einer Sonderregelung im ASVG auch für diesen Rechtsbereich gilt - auch im Sozialversicherungsrecht keine Rechtspersönlichkeit zu; sie kann daher nicht als Zuordnungsobjekt der Rechte und Pflichten des sozialversicherungsrechtlichen Dienstgebers qualifiziert werden. Im Sinne des § 35 Abs 1 ASVG als Dienstgeber zu qualifizieren sind vielmehr ausschließlich (alle) Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Hinweis E 28. November 1995, 94/08/0074, mit eingehender Begründung und Hinweisen auf die Vorjudikatur).“

Somit kann im vorliegenden Fall der diesbezüglich klaren Rechtsprechung des VwGH folgend der „ XXXX “ mangels Rechtspersönlichkeit schon dem Grunde nach keine Dienstgebereigenschaft zukommen und kann der BF folglich auch nicht Dienstnehmer der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts jedem Gesellschafter – somit auch dem BF selbst - die potentielle Dienstgebereigenschaft zukommt, wobei ständiger Rechtsprechung zufolge aber niemand sein eigener Dienstnehmer sein kann (vgl. z. B. VwGH 24.11.2016, Zl. Ra 2016/08/0011, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Zusammengefasst hat die OÖGKK zu Recht ausgesprochen, dass der BF hinsichtlich seiner angegebenen Tätigkeit als Gesellschafter (Mitunternehmer) bei der XXXX nach bürgerlichem Recht ab dem 1.9.2015 nicht als Dienstnehmer der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) und auch nicht der Teilversicherung (Pflichtversicherung in der Unfallversicherung) unterliegt und ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung zur Frage der Dienstnehmereigenschaft im Sinne von § 4 ASVG von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.

Schlagworte

Dienstgebereigenschaft Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschafter Pflichtversicherung Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L503.2222435.1.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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