TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/29 L517 2225355-1

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Veröffentlicht am 29.06.2020
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Entscheidungsdatum

29.06.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L517 2225355-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Mag. Harald PAPESCH, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 23.09.2019, OB: XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 43 Abs 1, § 45 Abs 1 und 2, § 47 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF iVm § 1 Abs 2 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF, als unbegründet abgewiesen und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 40 vH beträgt und, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Behindertenpasses iSd zitierten Bestimmungen des BBG nicht vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

25.03.2019- Antrag der beschwerdeführenden Partei (in Folge "bP" genannt) auf die Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice XXXX - SMS, Landesstelle XXXX (in Folge belangte Behörde bzw "bB" genannt)

24.07.2019-Erstellung eines allgemeinmedizinischen und neurologischen Sachverständigengutachtens; GdB 40 vH; Dauerzustand; Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

20.08.2019-Parteiengehör/keine Stellungnahme

23.09.2019-Bescheid der bB; Abweisung des Antrags vom 25.03.2019 auf die Ausstellung eines Behindertenpasses

04.11.2019-Beschwerde der bP, vertreten durch einen Rechtsanwalt

13.11.2019-Beschwerdevorlage am BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP besitzt die XXXX Staatsbürgerschaft und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.

Am 25.03.2019 stellte die bP den verfahrensgegenständlichen Antrag auf die Ausstellung eines Behindertenpasses bei der bB.

In der Folge wurde am 24.07.2019 ein allgemeinmedizinisches und neurologisches Sachverständigengutachten erstellt. Es wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH und die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Das Gutachten weist folgenden relevanten Inhalt auf:

...

"Anamnese:

Vorgutachten Dr. XXXX vom 21.05.2015, GdB 40%

Derzeitige Beschwerden:

Der Antragsteller berichtet, dass als Residuum von der stattgehabten Blutung noch ein Taubheitsgefühl im Bereich der rechten Körperhälfte besteht, darüber hinaus mehrmalig pro Monat Kopfschmerzen sowie Konzentrations- und Gedächtniseinbußen bzw. Wortfindungsstörungen. Seit 2013 ist er anfallsfrei. Stimmungsmäßig geht es ihm oft wechselhaft, vorrangig besteht eine vermehrte Ängstlichkeit hinsichtlich dem Wiederauftreten von epileptischen Anfällen. Er ist in regelmäßiger psychotherapeutischer Betreuung, zuletzt auch wieder psychiatrisch, wobei Psychopharmaka nicht eingenommen werden.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Levetiracetam, Lyrica, Pantoloc

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Epilepsie Ambulanz Befund XXXX vom 27.02.2019:

Diagnosen:

Strukturelle fokale Epilepsie

- Ätiologie: Z.n. ICH li. temp. parietal bei AVM-Hämatomausräumung am 10.04.2010 ( XXXX )

- Anfallstypen: GTKA, sensible Anfälle re. Arm, Kloni re. Mundwinkel

- Bisherige Therapie: Levetiracetam, Pregabalin

Supraselläre kolloidale Zyste in Verlaufskontrolle (stabil seit 2010, letzte Kontrolle 12/2017)

Faktor VII-Mangel

Chronische Sinusitis - FESS 2014 ( XXXX )

Arztbrief XXXX vom 06.03.2019:

Diagnose:

Rest-AV-Malformation li parietal, Spetzler Grad II°

St.p. ICH mit Hämatomevakuation links-parietal (OP 10.04.2010)

Symptomatische Epilepsie

Supraselläre kolloidale Zyste (stat. seit 2010)

Faktor VII-Mangel

Chronische Sinusitis

Arztbrief XXXX vom 18.12.2018:

Diagnosen:

Residuale AVM temporoparietal links (12/2018) - LINAC Bestrahlung geplant

Symptomatische Epilepsie

Supraselläre kolloidale Zyste - in Verlaufskontrolle

Faktor VKK-Mangel

Chronische Sinusitis

Klinisch-Psychologischer Befund Mag. XXXX vom 15.03.2013:

Diagnose:

Leichtes hirnorganisches Psychosyndrom nach Gehirnblutung

Ängstliche Anpassungsstörung

OP-Bericht LK XXXX 04/2010

Arbeitsmedizinisches Gutachten BBRZ 08/2018

Kurzarztbrief XXXX 11/2018

Ambulanzbefund XXXX 01/2019

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 174,00 cm Gewicht: 100,00 kg Blutdruck: nicht gemessen

Klinischer Status - Fachstatus:

Vigilanz und Sprache :

Patient wach und allseits orientiert. Unauffällige Spontansprache.

Caput:

HWS aktiv und passiv frei beweglich, kein Meningismus, kein Druckschmerz im Bereich der Nervenaustrittspunkte des Nervus trigeminus.

Hirnnerven:

Nervus olfactorius: Geruch anamnestisch o.B.

Nervus opticus: Gesichtsfeldprüfung unauffällig, Visus o.B.,

Nervus oculomotorius, Nervus trochlearis und Nervus abducens: unauffällige Optomotorik, keine Ptose, keine horizontale oder vertikale Blicklähmung, kein Nystagmus.

Auge in Primärposition. Pupillen bds. mittelweit, isokor und rund. Prompte, direkte und indirekte Lichtreaktion, erhaltene Konvergenzreaktion.

Nervus trigeminus: Sensibilität im Gesicht o.B., Kornealreflex nicht geprüft, gut auslösbarer Masseterreflex.

Nervus facialis: kein Facialisdefizit mimisch oder willkürlich

Nervus vestibulocochlearis: Gehör subjektiv seitengleich, kein Nystagmus.

Nervus glossopharyngeus, Nervus vagus: Seitengleiches Heben des Gaumensegels, Würgreflex auslösbar. Phonation o.B., keine Heiserkeit in der Stimme bemerkbar. Kehlkopf hebt und senkt sich regelrecht.

Nervus accessorius: beidseits kräftige Muskulatur ohne Atrophie

Nervus hypoglossus: Zunge wird gerade herausgestreckt. Zungenmotilität o.B., keine Faszikulationen.

Obere Extremität:

Trophik o.B., Tonus normal, grobe Kraft o.B.

Kein Absinken im Armvorhalteversuch, keine Pronationstendenz.

Muskeleigenreflexe beidseits mittellebhaft symmetrisch auslösbar (Bizepssehnenreflex, Radiusperiostreflex, Trizepssehnenreflex).

Knips beidseits negativ.

Untere Extremitäten:

Trophik o.B., Tonus normal, grobe Kraft o.B.

Kein Absinken im Beinvorhalteversuch.

Muskeleigenreflexe beidseits mittellebhaft symmetrisch auslösbar (Patellarsehnenreflex, Achillessehnenreflex).

Babinski beidseits negativ.

Sensibilität:

Subjektiv Minderwahrnehmung im Bereich der gesamten rechten Körperhälfte.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Unauffälliges Gangbild, Seiltänzergang und Einbeinstand sicher durchführbar.

Status Psychicus:

Patient wach und allseits orientiert, vermehrte Ängstlichkeit, Konzentrationseinbußen, gelegentlich Wortfindungsstörungen, Stimmungslage wechselhaft, aktuell euthym, keine suizidalen Gedanken.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1. Zustand nach Hirnblutung 2010 mit residualer neurologischer und psychopathologischer Auffälligkeit

aufgrund der sensiblen Halbseitensymptomatik, der affektiven Symptome sowie der Konzentrations- und Gedächtniseinbußen. Regelmäßige Psychotherapie. Pos.Nr.04.01.01 GdB% 40

2. Epilepsie

seit 2013 unter antikonvulsiver Therapie Anfallsfreiheit Pos.Nr. 04.10.01 GdB% 20

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden Nr. 1 ist führend und bestimmt den Gesamtgrad der Behinderung von 40%, Leiden Nr. 2 führt aufgrund der Geringfügigkeit zu keiner Erhöhung.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Keine

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Im Vergleich zum Vorgutachten besteht nunmehr Anfallsfreiheit. Anhaltend bestehen allerdings noch immer neurologische Ausfallssymptome sowie neuropathologische Symptome und affektive Symptome, die nun einem eigenen Punkt zugeordnet werden.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Keine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung.

[X] Dauerzustand"

Die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde begutachtet, jedoch stellte die bP keinen diesbezüglichen Antrag und die Wiedergabe des entsprechenden Teils des medizinischen Sachverständigengutachtens konnte unterbleiben.

Am 20.08.2019 wurde Parteiengehör gewährt und der bP durch die bB Gelegenheit gegeben zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Die bP gab keine Stellungnahme ab.

Im Anschluss erging am 23.09.2019 der Bescheid der bB. Es wurde der Antrag vom 25.03.2019 auf die Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Mit einem Grad der Behinderung von 40% erfülle die bP nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Rechtsgrundlage waren §§ 40, 41, und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG). Begründend wurde ausgeführt: Im Ermittlungsverfahren sei ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden. Nach diesem Gutachten betrage der Grad der Behinderung 40%. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Gemäß § 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) sei der bP mit Schreiben vom 20.08.2019 Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden.

Am 04.11.2019 erhob die bP vertreten durch einen Rechtsanwalt Beschwerde: Die Entscheidung werde insoweit angefochten, als der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wird. Der Grad der Behinderung sei mit 40% zu gering bemessen worden. Bei der bP liege ein Grad der Behinderung von zumindest 50% vor. Bei richtiger Einschätzung der bestehenden Leiden, hätte ein Grad der Behinderung von 50% festgestellt werden müssen. Es werde beantragt ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Es würden daher nachstehende Anträge gestellt: Es wolle der Beschwerde stattgeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werden, dass eine Grad der Behinderung von zumindest 50% festgestellt, und dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses Folge gegeben werden möge. In eventu wolle der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückverwiesen werden.

Schließlich erfolgte am 13.11.2019 die Beschwerdevorlage am BVwG.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das eingeholte Sachverständigengutachten vom 24.07.2019 (Facharzt für Neurologie und Allgemeinmedizin) schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung.

Im angeführten Gutachten wurde von dem Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen. Insbesondere erfolgte die Auswahl und Begründung weshalb nicht eine andere Positionsnummer mit einem höheren Prozentsatz gewählt wurde, schlüssig und nachvollziehbar (VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).

Laut diesem Gutachten besteht bei der bP als führendes Leiden ein Zustand nach Hirnblutung 2010 mit residualer neurologischer und psychopathologischer Auffälligkeit.

Das Leiden wurde mit einem Grad der Behinderung von 40 vH unter die Positionsnummer 04.01.01 eingestuft. Diese Einstufung erfolgte aufgrund der sensiblen Halbseitensymptomatik, der affektiven Symptome, der Konzentrations- und Gedächtniseinbußen sowie regelmäßiger Psychotherapie. Die Positionsnummer 04.01.01 der Einschätzungsverordnung befasst sich mit cerebralen Lähmungen leichten Grades und ermöglicht eine Einstufung des Grades der Behinderung von 10-40 vH. Die bP wurde in dieser Positionsnummer mit dem höchstmöglichen Grad der Behinderung eingestuft.

Bei einem Grad der Behinderung von 30-40 vH komme es zum Ausfall einzelner Muskelgruppen. Es bestehe eine geringe affektive Symptomatik, Konzentrations- und Gedächtnisstörung, einfache Wortwahl, Wortfindungsstörung. Komplexe Inhalte wären nicht mehr erfassbar, die Sprache sei verflacht. Es bestehe eine Restaphasie und eine literale Paraphasie (Vgl. Handbuch zur Einschätzungsverordnung 2014) Die getroffene Einstufung eines Grades der Behinderung mit 40 vH deckt sich auch mit den bei der bP vorliegenden Beschwerden , die im Gutachten vom 24.07.2019 angeführt werden: "Der Antragsteller berichtet, dass als Residuum von der stattgehabten Blutung noch ein Taubheitsgefühl im Bereich der rechten Körperhälfte besteht, darüber hinaus mehrmalig pro Monat Kopfschmerzen sowie Konzentrations- und Gedächtniseinbußen bzw. Wortfindungsstörungen. Seit 2013 ist er anfallsfrei. Stimmungsmäßig geht es ihm oft wechselhaft, vorrangig besteht eine vermehrte Ängstlichkeit hinsichtlich dem Wiederauftreten von epileptischen Anfällen. Er ist in regelmäßiger psychotherapeutischer Betreuung, zuletzt auch wieder psychiatrisch, wobei Psychopharmaka nicht eingenommen werden." Weiters liegt ein klinisch-psychologischer Befund vom 15.03.2013 vor:

"Diagnose: Leichtes hirnorganisches Psychosyndrom nach Gehirnblutung. Ängstliche Anpassungsstörung. Zusammenfassung: Es zeigen sich kognitive Beeinträchtigungen im Ausmaß eines geringgradigen organischen Psychosyndroms. Im Gedächtnisbereich zeigen sich gute verbale Gedächtnisfunktionen (unmittelbares Merken, Lernen, Abrufen, Wiedererkennen) Die figurale Merkfähigkeit erweist sich als störbar und ist bei der heutigen Untersuchung mittelgradig beeinträchtigt. Im Aufmerksamkeitsbereich zeigen sich sehr leichte Beeinträchtigungen im kognitiven Verarbeitungstempo und leichte Beeinträchtigungen bezüglich Aufmerksamkeitsflexibilität und Belastbarkeit unter Zeitdruck Aufmerksamkeitsaktivierung, einfache selektive Aufmerksamkeit und Daueraufmerksamkeit erweisen sich als altersentsprechend. Im Gespräch sind keine Sprachfunktionsstörungen beobachtbar. Persönlichkeitsdiagnostisch zeigen sich starke krankheitsbezogene Befürchtungen (Patient hat Angst vor einer neuerlichen Blutung) sowie allgemein erhöhte Anspannung, erhöhte gedankliche Ablenkbarkeit und Unbehagen beim Alleinsein. An körperlichen Beschwerden werden u.a. Kopfschmerzen sowie Ein- und Durchschlafstörungen genannt. Die Belastungsfähigkeit unter Stress ist vermindert, wobei es unter Beanspruchung leicht zu somatischen Reaktionen kommen dürfte. Eine affektive Störung ist nicht feststellbar. Aufklärung sowie das Erlernen eines Entspannungsverfahrens sind anzuraten."

Die nächsthöhere Positionsnummer der Einschätzungsverordnung 04.01.02 erfasst cerebrale Lähmungen mittleren Grades und ermöglicht eine Einstufung des Grades der Behinderung in einem Rahmensatz von 50-70 vH. Bei einem Grad der Behinderung von 50-60 vH komme es zum Ausfall mehrerer Muskelgruppen. Es würden zunehmend affektive und kognitive Defizite vorliegen. Die sozialen Fähigkeiten seien eingeschränkt. Es bestehe eine Rückzugstendenz, das Sprachverständnis sei nur teilweise erhalten. Es bestehe eine expressive Störung, aber für einfache Alltagsangelegenheiten ausreichend. Es würden Agrammatismus, Telegrammstil und Aphonie vorliegen. Die bP weist diese Symptome, die für eine Einstufung unter die Positionsnummer 04.01.02 vorliegen müssten nicht auf und die vorgenommene Einstufung des Leidens unter die Positionsnummer 04.01.01 mit einem Grad der Behinderung von 40 vH erfolgte schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei.

Als zweites Leiden wurde eine Epilepsie diagnostiziert. Es bestehe seit 2013 unter antikonvulsiver Therapie Anfallsfreiheit. Dieses Leiden wurde unter der Positionsnummer 04.10.01 mit einem Grad der Behinderung von 20 vH eingestuft. Diese Positionsnummer erfasst eine leichte Form der Epilepsie mit sehr seltenen Anfällen und ermöglicht die Einstufung des Grades der Behinderung zwischen 20-40 %. Bei der Einstufung des Grades der Behinderung von 20 vH wird ausgeführt: nach 3 Jahren Anfallsfreiheit unter antikonvulsiver Therapie." Diese Einstufung entspricht exakt dem Krankheitsbild der bP, Sie ist schon seit 2013 anfallsfrei, daher seit mehr als 3 Jahren. Weiters nimmt die bP laut dem medizinischen Gutachten vom 24 07.2019 zwei Medikamente gegen Epilepsie ein und ist somit unter antikonvulsiver Therapie. Bei den Medikamenten handelt es sich um Levetiracetam und Lyrica. Der Wirkstoff Levetiracetam gehört zu den wichtigsten Mitteln gegen Krampfleiden (Epilepsie). Er senkt die Gefahr eines epileptischen Anfalls. (Vgl. https://www.netdoktor.de/medikamente/levetiracetam/) Mit Lyrica wird eine bestimmte Form der Epilepsie im Erwachsenenalter (partielle Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung) behandelt. Lyrica ist nicht dazu gedacht, allein eingenommen zu werden, sondern sollte stets in Kombination mit anderen antiepileptischen Behandlungsmaßnahmen angewendet werden. ( Vgl. https://www.patienteninfo-service.de/a-z-liste/l/lyricaR-25-mg-50-mg-75-mg-100-mg-150-mg-200-mg-225-mg-300-mg-hartkapseln/kontrast/an/). Die Einschätzung des Leidens der Epilepsie erfolgte somit in einer überzeugenden und logischen Art und Weise.

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung führte der Gutachter aus, dass Leiden Nr. 1 führend sei und den Gesamtgrad der Behinderung von 40% bestimme. Leiden Nr. 2 führe aufgrund der Geringfügigkeit zu keiner Erhöhung. Dies ist ebenso wie die Einschätzung der einzelnen Leiden schlüssig, nachvollziehbar und ohne Widersprüche.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In dem Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.

Die von der bP eingebrachte Beschwerde enthält kein substanzielles Vorbringen, welches die Einholung eines weiteren Gutachtens erfordern würde und mangelt es dieser darüber hinaus an einer ausreichenden Begründung für die behauptete Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides (VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030-5).

In Bezug auf den in der Beschwerdeschrift gestellten Beweisantrag hinsichtlich der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens weist das erkennende Gericht darauf hin, dass seitens des Beschwerdeführers nicht angegeben wurde in welcher medizinischen Fachrichtung dieses Gutachten erstellt werden soll. Es wurde auch nicht dargelegt aus welchen Gründen die Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens erforderlich sei. Festgestellt wurde lediglich, dass der eingeschätzte Gesamtgrad der Behinderung von 40% zu gering bemessen sei. Dem vorliegenden medizinischen Gutachten vom 24.07.2019 wurde jedoch nicht substantiiert entgegengetreten.

Auch ist das erkennende Gericht dazu nicht verhalten, zumal es sich auch um einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis handelt. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nichts anderes beabsichtigt die bP jedoch mit den oben erörterten Beweisanträgen.

Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren - auch im gegenständlichen Verfahren - unzulässig. Daher war das ho. Gericht einerseits nicht gemäß §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahingehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet (Hengstschläger/Leeb, AVG (2005) § 46 Rz 16 mwN).

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.

Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Gemäß diesem Gutachten (vom 24.07.2019) ist folglich von einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. auszugehen.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Die von der bP eingebrachte Beschwerde erscheint fristgerecht im Sinne der Rechtsmittelfrist des BBG eingebracht. Dem Akt kann nicht entnommen werden, zu welchem Datum der Bescheid der bB an die bP zugestellt wurde. Dies gründet sich auf die von der bB geübte Praxis, ohne Zustellnachweis zuzustellen, weshalb den Ausführungen der bP hinsichtlich Rechtzeitigkeit der Rechtsmittelerhebung zu folgen war.

Die sonstigen Voraussetzungen, welche § 9 VwGVG seinem Inhalt nach festlegt, liegen vor.

Die bP brachte sinngemäß in ihrer Beschwerde vor: Die Entscheidung werde insoweit angefochten, als der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wird. Der Grad der Behinderung sei mit 40% zu gering bemessen worden. Bei der bP liege ein Grad der Behinderung von zumindest 50% vor. Bei richtiger Einschätzung der bestehenden Leiden, hätte ein Grad der Behinderung von 50% festgestellt werden müssen. Es werde beantragt ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Es würden daher nachstehende Anträge gestellt: Es wolle der Beschwerde stattgeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werden, dass eine Grad der Behinderung von zumindest 50% festgestellt, und dem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses Folge gegeben werden möge. In eventu wolle der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückverwiesen werden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a. VwGH vom 24.09.2003, 2003/11/0032; VwGH vom 21.08.2014, Ro 2014/11/0023-7).

Wie der VfGH in seinem Beschluss vom 24.09.2018, E 2304/2018, festgestellt hat, ist es nicht in gesetzwidriger Weise unsachlich, wenn der Verordnungsgeber für die Bewertung des Gesamtgrades der Behinderung - statt einer Addition der einzelnen Beeinträchtigungen - auf die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander abstellt. Durch die Berücksichtigung der Wechselwirkungen wird sichergestellt, dass die Auswirkungen der Beeinträchtigungen jedenfalls in ihrer Gesamtheit beurteilt werden, unabhängig davon, ob sich die Behinderung aus einer oder mehreren Beeinträchtigungen zusammensetzt.

Weiters wird in dem Gutachten auch festgestellt, dass die Behinderung iSd § 1 Abs 2 BBG mehr als 6 Monate gegeben sein wird.

Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Der VwGH führte in seinem Erkenntnis Ra 2017/11/0040 vom 21.06.2017 sinngemäß aus, dass sich der Sachverständige in seinem Gutachten ausreichend mit den vorgelegten Befunden auseinanderzusetzen hat, und das Gutachten eine eingehende die Rahmensätze vergleichende Begründung für die gewählte Positionsnummer zu enthalten hat.

Bei Fehlen einer ausreichenden Begründung hätte das BVwG gegebenenfalls, ergänzende Ermittlungen oder eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH Ra 2015/11/0036 vom 08.07.2015, vgl. VwGH vom 04.12.2017, Ra 2017/11/0256-7).

Das Sachverständigengutachten vom 24.07.2019 wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 - also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden. Die bP erachtete in der Beschwerde vom 04.11.2019 den im Bescheid festgestellten Grad der Behinderung als zu gering. Gemäß dem angeführten Gutachten ist bei der bP nicht von einem höheren Gesamtgrad der Behinderung auszugehen, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

3.5.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

§ 24 VwGVG lautet:

Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden.

Gegenständlich unstrittig ist, dass die bP an einem Zustand nach Hirnblutung 2010 mit residualer neurologischer und psychopathologischer Auffälligkeit und an Epilepsie leidet. Diese Leiden wurden vom medizinischen Sachverständigen im neurologischen und allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 24.07.2019 umfassend eingeschätzt und gewürdigt.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG (im Übrigen wurde ein Antrag nicht gestellt) von einer Verhandlung absehen, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dies ist eben dann der Fall, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre.

Weiters liegt auch kein Rechtsschutzdefizit für die bP - auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen (Sachverständigengutachten in Verbindung mit der klinischen Untersuchung und den vorgelegten Befunden, Parteiengehör, Bescheid und dergleichen) und aus dem sich damit ergebenden persönlichen Eindruck von der bP auf das Gericht - vor und würde auch eine mündliche Verhandlung, bedingt durch die vorliegenden Tatsachen, keinen anderen ergänzenden Sachverhalt ergeben.

Schlussfolgernd hat das erkennende Gericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

3.6. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030)

Nach Art. 133 Abs. 4 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/11/0288-3, vom 06.12.2017 Ra 2015/11/0046-8, vom 11.12.2017 Ra 2015/11/0102-5).

Nach ständiger Judikatur sind Rechtsfragen des Verfahrensrechts nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels in der Zulassungsbegründung dargelegt werden muss (VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/11/0288-3, VwGH vom 23.01.2017 Ra 2017/11/0001, mwN).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.

Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.

Die grundsätzliche Bestimmung betreffend der Ausstellung eines Behindertenpasses im Sinne des BBG erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch die Voraussetzungen des Art. 133 Abs 4 B-VG diesbezüglich nicht gegeben waren.

Im Hinblick auf die außerordentliche Revision ist bei den gem. § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des VwGH abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des VwGH abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht ausreicht (VwGH vom 06.12.2017, Ra 2015/11/0046-8, vgl. Beschluss Ra 2017/11/0225, mwN).

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L517.2225355.1.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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