TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/29 L517 2221621-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.06.2020
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Entscheidungsdatum

29.06.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L517 2221621-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom 06.06.2019, OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 45 Abs 1, 2 und 3 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

20.12.2018-Antrag der beschwerdeführenden Partei (in Folge "bP" genannt) auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) sowie gleichzeitig auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass beim Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (in Folge belangte Behörde bzw "bB")

15.03.2019-Erstellung eines allgemeinmedizinischen Gutachtens, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

19.04.2019-Erstellung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens; Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

25.04.2019-Gesamtbeurteilung; Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

Übermittlung Behindertenpass GdB 70 % (Antrag Pass-Verfahren 19.04.2018)

02.05.2019-Parteiengehör

06.06.2019-Bescheid

15.07.2019-Beschwerde der bP

24.07.2019-Beschwerdevorlage am BVwG

II. Feststellungen (Sachverhalt)

Die beschwerdeführende Partei (in Folge "bP") besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.

Die bP ist seit 14.03.2017 im Besitz eines Behindertenpasses. Der Gesamtgrad der Behinderung wurde zuletzt am 19.04.2018 mit 70 vH. festgestellt. Folgende Zusatzeintragungen sind im Behindertenpass eingetragen:

"Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor"

"Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese"

Am 20.12.2018 stellte die bP den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) sowie gleichzeitig auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass beim Sozialministeriumsservice XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. "bB").

Daraufhin wurde von der bB ein allgemeinmedizinisches Gutachten (15.03.2019) und ein orthopädisches Gutachten (19.04.2019) eingeholt.

Das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 15.03.2019 führt die "Unzumutbarkeit" betreffend auszugsweise aus:

"...

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

1. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom - schwere Form laut Facharztbefund schweres Schlafapnoesyndrom, mit Maske therapiert

Pos.Nr.: 06.11.03 50 %

2. Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit Tabletten gute Einstellung, Nüchternblutzucker ca. 145

Pos.Nr.: 09.02.01 20 %

3. Hypertonie

mit Tabletten etwas erhöhte Werte

Pos.Nr.: 05.01.02 20 %

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

allgemeinmedizinisch Benützung ÖVM nicht eingeschränkt; siehe auch orthopädisches Gutachten

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

..."

Das orthopädische Sachverständigengutachten vom 19.04.2019 führt die "Unzumutbarkeit" betreffend auszugsweise aus:

"...

Derzeitige Beschwerden:

"Ich muss die ganze Nacht am Rücken liegen, sonst bekomme ich Schmerzen im Kreuz. Dann stehe ich auf und kann ich mich im Kreuz kaum bewegen. Wenn ich den Bewegungsmuskel ganz streng anziehe, dann habe ich keine Schmerzen, dann kann ich 100 bis 150 Meter gehen und dann habe ich keine Kraft mehr. Ich habe einen Gehstock mit einem Notsitz, dann habe ich für ca. 1 Stunde Kraft, damit ich bei uns zum Markt gehe oder nach XXXX hineinfahre und dann bin ich wieder passiv."

Gangbild: Schonhaltung

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

1. Degenerative Wirbelsäulenveränderung: Aufgrund der vorliegenden Befunde und der Bewegungseinschränkung bei fehlender Nervenwurzelirritation ohne neurologische Ausfälle wird die Einschätzung durchgeführt.

Pos. Nr.: 02.01.02 40 %

2. Zustand nach Knietotalendoprothesen beidseits: Es besteht eine gute Beweglichkeit in den Kniegelenken. Aufgrund der Instabilität rechts wird der erhöhte Rahmen gewählt.

Pos. Nr.: 02.05.19 30 %

Gesamtgrad der Behinderung 50 %

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Das Knie- und Wirbelsäulenleiden schränkt die Mobilität ein, eine kurze Wegstrecke (300 bis 400m) kann aber aus orthopädischer Sicht zurückgelegt werden. Die Beweglichkeit der Gelenke ermöglicht das sichere Ein- und Aussteigen und die Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

derzeit nicht

..."

Das am 25.04.2019 erstellte Gesamtgutachten fasst zusammen:

"...

Allgemeinmedizinisch Benützung ÖVM nicht eingeschränkt. Das Knie- und Wirbelsäulenleiden schränkt die Mobilität ein, eine kurze Wegstrecke (300 bis 400m) kann aber aus orthopädischer Sicht, zurückgelegt werden. Die Beweglichkeit der Gelenke ermöglicht das sichere Ein- und Aussteigen und die Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel.

..."

Mit Parteiengehör vom 02.05.2019 wurde der bP mitgeteilt, dass aufgrund der erstellten Gutachten (Gesamtbeurteilung vom 25.04.2019) von der "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" auszugehen ist. Die entsprechenden Gutachten wurden der bP als Beilage übermittelt.

Eine Stellungnahme seitens der bP erfolgte nicht.

Mit Datum vom 06.06.2019 erging der, den Antrag vom 20.12.2018 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abweisende Bescheid der bB.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung bei der bP nicht vorliegen.

Am 15.07.2019 erhob die bP Beschwerde und führte aus:

Sie ersuche um die Zuerkennung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass. Sie ersuche um Anerkennung des Gutachtens von Herrn XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie. Um eine Anhörung in einer öffentlichen Verhandlung werde ebenfalls gebeten.

Als Beilage wurde erwähntes Gutachten Dr. XXXX vom 12.12.2018 vorgelegt. Das Gutachten wurde ursprünglich im Pass-Verfahren vorgelegt und weist im Wesentlichen zusammengefasst folgenden Inhalt auf:

"...

An der Wirbelsäule schon eine Skoliose klinisch erkennbar, Druckschmerz im Bereich der gesamten Wirbelsäule, an der unteren LWS aber verstärkt.

An der oberen Extremität sind die Gelenke gut beweglich. Die Funktionstests gut durchführbar.

An der unteren Extremität bei den Kniegelenken eingeschränkte Beweglichkeit, gelockertes Kniegelenk rechts, erhöhte Schublade. Das Gangbild ist stockend.

Beurteilung:

Aufgrund der erhobenen Befunde, des Schlafapnoesyndroms, der degenerativ veränderten HWS und LWS mit Facettarthrosen und Neuroforamenstenosen, der Knieendoprothese und der Kniegelenkslockerung, des Diabetes und der Hypertonie besteht eine Behinderung, die insgesamt 70 % von 100 % ausmacht.

Somit besteht eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Es besteht eine Gehstrecke glaubwürdig von 100 bis 150 Meter und dann ist eine Pause notwendig, also wäre hier doch zu vermerken, dass Herr XXXX vermehrt mit dem privaten PKW, den er sich zugerichtet hat, besser mobilisiert ist.

..."

Am 24.07.2019 folgte die Beschwerdevorlage am BVwG.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister, sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden Begründung (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036).

Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).

Insofern kommt es - auf das VwGH Erkenntnis vom 19.12.2017, Ra 2017/11/0288-3 verweisend - bei der Beurteilung der "Zumutbarkeit" nur auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigungen an sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, nicht jedoch auf die tatsächlich gegebene Infrastruktur.

Gegenständlich wurde von der bB im Ermittlungsverfahren ein allgemeinmedizinisches und ein orthopädisches Sachverständigengutachten eingeholt. In beiden Gutachten wird die "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" bei der bP festgestellt.

Auch die im Akt aufliegenden Vorgutachten aus dem Pass-Verfahren 2018 kommen zum selben Ergebnis.

Sämtliche im Gutachten von Dr. XXXX vom 12.12.2018 festgestellte Gesundheits- und Funktionseinschränkungen finden sich auch in den oa. Gutachten wieder. Der dem Gutachten von Dr. XXXX zugrunde gelegte Befund Dr. XXXX vom 12.09.2017 findet zwar selbst keine Erwähnung in den Gutachten und liegt im Akt nicht auf, er enthält aber auch keine weiteren zusätzlich zu berücksichtigenden Diagnosen.

Vom orthopädischen Sachverständigen wird ausgeführt, dass aufgrund der Einschränkungen der Wirbelsäule und der beidseitigen Versorgung mit Knieprothesen eine geminderte Mobilität vorliegt. Eine kurze Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel seien aber möglich.

Die Einschränkungen der bP liegen daher nicht in einer die "Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" gerade zu verunmöglichenden Art und Weise vor. Die Feststellung im unfallchirurgischen Gutachten, dass die bP besser mit dem PKW mobilisiert sei, kann für die Beurteilung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" unerheblich bleiben. Maßstab ist nur, ob der bP die sichere Benützung überhaupt möglich ist und nicht etwa auch, ob öffentliche Verkehrsmittel überhaupt benützt werden oder die Benützung des eigenen PKW eine bessere Alternative wäre. Aus allgemeinmedizinischer Sicht ergaben sich keine Hinweise auf eine "Unzumutbarkeit" bei der bP.

Die von der bP angegebenen 150 Meter an bewältigbarer Wegstrecke konnten von den Sachverständigen im Rahmen der persönlichen Untersuchung nicht objektiviert werden.

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die Sachverständigengutachten vom 15.03.2019 und 19.04.2019, sowie das Gesamtgutachten vom 25.04.2019 schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen sie die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

In den Gutachten wurden alle relevanten von der bP vorgebrachten Leiden sowie die beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

In den angeführten Gutachten wurde von den Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In den Gutachten wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen, und das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend dargelegt. Das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" wurde schlüssig und nachvollziehbar begründet.

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen.

Die von der bP eingebrachte Beschwerde enthält kein substanzielles Vorbringen, welches die Einholung eines weiteren Gutachtens erfordern würde und mangelt es dieser darüber hinaus an einer ausreichenden Begründung für die behauptete Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides (VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030-5).

Die Sachverständigengutachten wurden, im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung durch die Gutachter ist der Einschätzung entsprechend, von der "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" durch die bP auszugehen.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall wurden der bP sämtliche im Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten zum Parteiengehör übermittelt und erfolgte seitens der bP keine Stellungnahme.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

Gemäß § 1 Abs 5 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:

[...] Z 1 und 2

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß Abs 5 leg cit bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist dem Behindertenpassinhaber/der Behindertenpassinhaberin, zum Nachweis, dass er/sie über die Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt, die im § 29b Abs 2 bis 4 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159 (StVO), genannten Berechtigungen in Anspruch nehmen kann, ein Parkausweis auszustellen. Die in einem gültigen Behindertenpass enthaltene Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit" ist der Eintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gleichzuhalten.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren.

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 - also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden. Die bP erachtete in ihrer Beschwerde die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmittel" als gegeben.

Die Prüfung, ob die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" vorzunehmen ist, hat entlang der Kriterien der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl II Nr 495/2013, zu erfolgen, konkret: ob bei der bP

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit

vorliegen

Entscheidungswesentlich ist dabei ausschließlich der Gesundheitszustand der bP selbst. Maßgeblich ist nur, ob erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vorliegen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegt.

Gemäß den angeführten Gutachten sind derartige Umstände aber nicht gegeben. Zwar liegen bei der bP sehr wohl Einschränkungen der Wirbelsäule und Kniegelenke vor, doch erreichen diese nicht die für die "Unzumutbarkeit" vorausgesetzte Intensität der Erheblichkeit. Die Vorbringen der bP in der Beschwerde waren nicht substantiell und geeignet um die Aussagen der medizinischen Sachverständigen zu entkräften.

Beide Sachverständigengutachten erfüllen die nach Einschätzungsverordnung und Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen geforderten Kriterien. Da die Voraussetzungen für die Eintragung der beantragten Zusatzeintragung bei der bP nicht vorlagen, ist die Beschwerde abzuweisen und der Bescheid der bB vollinhaltlich zu bestätigen.

Die Sachverständigengutachten wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

3.5. Soweit von der bP auch der nach § 29b StVO beantragte Parkausweis in Beschwerde gezogen wird, wird darauf hingewiesen, dass sich das BVwG in seinem Prüfungsumfang auf das - als Vorfrage zur Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO - zu klärende Vorliegen der Voraussetzungen der beantragten Zusatzeintragung zu beschränken und mangels Zuständigkeit keine Entscheidung über den noch offenen Antrag gem. § 29b StVO zu treffen hat (vgl. VwGH Erkenntnis vom 21.09.2018, Ro 2017/02/0019).

Diesbezüglich wird auf den dazu ergangenen verfahrensbezogenen Beschluss L517 2221621-2 verwiesen.

3.6. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gegenständlich konnte der maßgebliche Sachverhalt hinreichend durch die Aktenlage geklärt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG (ungeachtet der Stellung eines Antrages) von einer Verhandlung absehen, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dies ist eben dann der Fall, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre.

Beim Vorbringen der Beschwerde handelt es sich um lediglich unsubstantiiertes Bestreiten des vom SMS festgestellten Sachverhaltes, welches außer Betracht bleiben kann (vgl. VwGH vom 26.09.2019, Ra 2019/08/0134). Ungeachtet der obigen Ausführungen muss es dem Gericht frei stehen im Zuge der freien Beweiswürdigung zu beurteilen, ob eine Verhandlungspflicht besteht oder nicht. Der Judikatur des VwGH ist im vorliegenden Fall nicht zu folgen, da auch die direkte Konfrontation des Sachverständigen kein anderes als das vorliegende Ergebnis, wie ausführlich dargelegt, bringen würde. Dies insofern, da sich das Beschwerdevorbringen der bP allein auf das Ersuchen um Anerkennung des vorgelegten Gutachtens bezieht, ohne weiter auszuführen worin sich die bP konkret beschwert sieht.

3.7. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.

Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.

Die grundsätzlichen Bestimmungen betreffend die Ausstellung eines Behindertenpasses sowie betreffend die Zusatzeintragungen in den Behindertenpass im Sinne des BBG erfuhen keine substanzielle Änderung, weshalb auch in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gegeben waren.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L517.2221621.1.00

Im RIS seit

17.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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