RS Vfgh 2020/6/9 E4023/2019

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Veröffentlicht am 09.06.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen aus Afghanistan; mangelnde Auseinandersetzung mit der Minderjährigkeit und den UNHCR-Richtlinien

Rechtssatz

Im Hinblick auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten berücksichtigt das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zwar insofern am Rande, als es in der Beweiswürdigung und in der rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen ausführt, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr bzw Neuansiedelung in den Städten Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif zumutbar sei, weil dieser - trotz seiner "gerade noch" vorliegenden Minderjährigkeit - über die notwendige Selbstständigkeit verfüge und er überdies wieder Kontakt zu seiner Familie aufnehmen könne. Daraus zieht das BVwG offenbar den Schluss, dass von einer potenzierten Gefährdungslage bzw einer besonderen altersspezifischen Vulnerabilität des Beschwerdeführers nicht auszugehen sei.

Mit diesen Ausführungen geht das BVwG zwar auf bestimmte, im Lichte der Art2 und Art3 EMRK relevante Aspekte ein, verkennt aber, dass es sich bei dem Beschwerdeführer sehr wohl um eine besonders vulnerable Person handelt. Es wäre daher eine - die Minderjährigkeit berücksichtigende - spezifische Auseinandersetzung damit erforderlich gewesen, welche Rückkehrsituation der Beschwerdeführer in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif tatsächlich vorfinden würde (vgl dazu insbesondere die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018). Eine solche Auseinandersetzung konnte im vorliegenden Fall nicht schon deshalb unterbleiben, weil der minderjährige Beschwerdeführer nach Auffassung des BVwG über die notwendige Selbstständigkeit verfüge und allenfalls wieder Kontakt zu seiner Familie aufnehmen könne.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E4023.2019

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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