Entscheidungsdatum
26.06.2020Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
COVID-19-MaßnahmenG §1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Wartecker über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 08.05.2020, Zl. MBA/..., betreffend eine Übertretung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz iVm der VO des COVID-19-Maßnahmengesetzes,
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe gerichteten Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von EUR 3.000,-- auf € 2.400,-- und die für den Nichteinbringungsfall festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen auf 66 Stunden herabgesetzt wird.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit € 240,-- festgesetzt, das sind 10% der verhängten Geldstrafe.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen, o.a. Straferkenntnis der belangten Behörde vom 8.5.2020 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 31.3.2020 um 13:50 Uhr als Inhaber der Betriebsstätte des Unternehmens „C.“ in Wien, D.-gasse, welche eine Betriebsstätte eines Dienstleistungsunternehmens darstelle, nicht dafür Sorge getragen, dass diese Betriebsstätte nicht zum Zwecke der Inanspruchnahme von Dienstleitungen betreten werde, obwohl das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleitungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Erwerb von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleitungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben als vorläufige Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl. I Nr. 12/2020 (idF) BGBl. II Nr. 110/2020 in der Zeit von 16.3.2020 bis 13.4.2020 untersagt gewesen sei. die angeführte Betriebsstätte sei auch nicht unter die in § 2 dieser VO aufgezählten Ausnahmen gefallen. Konkret habe er Herrn E. F., geb. am ...1995 und Herrn G. H., geb. am ...1997 die Haare geschnitten.
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 3 Abs. 2 erster Satz und § 1 COVID-19-Maßnahmengesetz iVm § 1 der VO betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl. II 96/2020 idF BGBl. II Nr. 110/2020 verletzt, und wurde deshalb über ihn gemäß Artikel 8 § 3 Abs. 2 COVID-19 Gesetz, BGBl. I Nr. 12/2020 eine Geldstrafe iHv € 3.000,-- sowie im NEF eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von drei Tagen verhängt. Zudem wurde dem Genannten gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag iHv € 300,-- auferlegt.
Seine dagegen form- und fristgerecht eingebrachte Beschwerde richtet der Beschwerdeführer dezidiert nur gegen das Strafausmaß und führt begründend aus, er habe infolge der „Coronakrise“ zur fraglichen Zeit kein bzw. nur ein sehr geringes Einkommen gehabt, seine finanziellen Verhältnisse seien katastrophal. Die gegen ihn verhängte Strafe stehe in keiner Relation zum ihn treffenden Verschulden und würde ihn in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation unverhältnismäßig hart treffen. Er ersuche seine bisherige Unbescholtenheit und das „sofortige Geständnis“ strafmildernd zu berücksichtigen. Er beantrage somit die Herabsetzung der Strafhöhe, „in Erlassung einer Ermahnung“.
Aufgrund der Teilrechtskraft des Schuldspruches hatte das Verwaltungsgericht Wien nur noch über den Straf- und den damit verbundenen Kostenausspruch abzusprechen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat hierzu erwogen:
Die gegenständliche Übertretung ist gemäß § 3 Abs. 2 COVID-19 Maßnahmengesetz mit Geldstrafe bis € 30.000,-- zu ahnden. Die Ersatzfreiheitsstrafe im NEF ist nach § 16 Abs. 2 VStG zu bemessen und beträgt bis zu zwei Wochen.
Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gerade die mit der gegenständlichen Übertretung nach dem COVID-19 Maßnahmengesetz verbundene Höhe der Strafdrohung (bis zu € 30.000,--) macht bereits deutlich, dass der Gesetzgeber der Hintanhaltung von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt und Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften einen besonderen Unrechtsgehalt beigemessen hat. Die (zu vermeidende) Gefährdung, die sich aus Unterlassungen durch Verantwortliche von Dienstleistungsbetrieben - verfahrensgegenständlich eines Friseurbetriebes - ergibt, besteht hier darin, dass zur inkriminierten Zeit nicht für das Nichtbetreten der Betriebsstätte gesorgt wurde und somit vom Beschwerdeführer gegen eine gesetzliche Maßnahme verstoßen wurde, die nicht unmaßgeblich zur Nichtausbreitung des Virus beitragen sollte.
Dass die Einhaltung der vom Beschwerdeführer übertretenden Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, ist nicht hervorgekommen. Vielmehr war gegenständlich zumindest bedingt vorsätzliche Tatbegehung zu konstatieren, ergibt sich doch aus der Verantwortung des Beschwerdeführers, dass er sich der Verwaltungsübertretung bewusst gewesen ist. Das Verschulden des Beschwerdeführers war somit jedenfalls als höhergradig einzustufen.
Die Tat schädigte in erheblichem Maße das durch die übertretenen Vorschriften rechtlich geschützte öffentliche Interesse an der Verhinderung der Verbreitung von COVID-19. Sowohl die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes (Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen) als auch dessen Beeinträchtigung waren gegenständlich als bedeutend zu erachten.
Ein Absehen von der Strafe bzw. die Erteilung einer bloßen Ermahnung kam somit nicht in Frage (§ 45 Abs. 1 Z 4 iVm § 45 Abs. 1 letzter Absatz VStG).
Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführers, erschwerend hingegen keinen Umstand gewertet. Dem ist zuzustimmen, denn von einem reumütigen Geständnis kann bei Betreten auf frischer Tat keine Rede sein, zudem hat der Beschwerdeführer seine Verantwortung gewechselt (die Kunden seien erst Bekannte, dann Familienmitglieder gewesen), welcher Umstand aber ohnedies nicht entscheidungsrelevant ist.
Bei der Bemessung der Geldstrafe wurde nun – in Abweichung zur verwaltungsbehördlichen Beurteilung – von lediglich unterdurchschnittlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen, auch wenn zum Entscheidungszeitpunkt Dienstleitungsbetriebe wie der gegenständliche wieder geöffnet sein dürfen und somit aus der Friseurtätigkeit auch wieder direkt Einkommen zu erzielen ist. Selbst bei Vorliegen von Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers und auch bei Obliegen gesetzlicher Sorgepflichten ist die neu festgesetzte Geldstrafe nunmehr nicht mehr überhöht. Die Ersatzfreiheitsstrafe für den Nichteinbringungsfall wurde auch gemildert und im untersten Bereich des gesetzlichen Strafsatzes ausgemessen; sie erweist sich zur Geldstrafe auch nicht als unverhältnismäßig hoch und ist nun durchaus tat-und täteradäquat.
Schließlich war vorliegendenfalls insbesondere auch auf spezial- und generalpräventive Erwägungen besonders Bedacht zu nehmen, zumal neuerliche Maßnahmen wie sie zu treffen waren und den verletzten Bestimmungen zugrunde lagen, künftig keinesfalls auszuschließen sind.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den obgenannten gesetzlichen Strafsatz erweist sich die auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabgesetzte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe als angemessen. Einer noch weitergehenden Strafmilderung stand schließlich auch noch der Umstand entgegen, dass ohnedies nur mehr ein relativ geringer Bruchteil des gesetzlichen Strafsatzes (bei der Geldstrafe nur 8 %) ausgeschöpft wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführte zwingende gesetzliche Bestimmung, wonach bei zumindest teilweiser Stattgabe einer Beschwerde dem Beschwerdeführer kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen ist.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Betretungsverbot; öffentlicher Ort; StrafbemessungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.009.7250.2020Zuletzt aktualisiert am
16.09.2020