TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/2 97/05/0266

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Veröffentlicht am 02.12.1997
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;

Norm

BauO Wr §129 Abs10 idF 1996/042;
BauO Wr §60 Abs1 lita idF 1992/034;
BauO Wr §60 Abs1 lita idF 1996/042;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Erhard F. Lehner in Wien, vertreten durch Neumayer & Walter, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien III, Baumannstraße 9/11, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 12. August 1997, Zl. MD-VfR - B XIII - 25/96, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines Grundstückes im

13. Wiener Gemeindebezirk. Auf diesem Grundstück sei nach den Angaben des Beschwerdeführers seit 1937 ein baubehördlich bewilligtes Gebäude gestanden und der Bestand dieses Gebäudes auch über Jahrzehnte nicht beanstandet worden. Hinsichtlich der Liegenschaft sei im Jahr 1988 an F.L. ein Fruchtgenußrecht eingräumt worden. Im Jahre 1995 sei das Gebäude, das teilweise aus einer Holzkonstruktion bestanden habe, abgebrannt. Daraufhin sei das Gebäude, soweit es unbrauchbar gewesen sei, bis auf die Grundmauern beseitigt und wieder aufgebaut worden.

Der Magistrat der Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 24. Juni 1996 nach einem Ortsaugenschein am 15. Mai 1996 gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien folgenden baupolizeilichen Auftrag erteilt:

"Binnen 12 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides sind die ohne baubehördlicher Bewilligung errichteten Baulichkeiten, nämlich

1)

ein im Abstand von 2,50 m von der rechten und 2,00 m von der hinteren Grundgrenze vollunterkellertes (30 cm Betonsteine) Kleingartenwohnhaus in Holzriegelbauweise (20 cm) mit einem doppelzügigen Kamin (50 cm x 90 cm), ausgebautem Dachgeschoß im Gesamtausmaß von ca. 63,00 m2 und einer Höhe von ca. 10,00 m, davorliegend eine Terrasse im Ausmaß von 4,10 m x 5,20 m,

2)

die entlang der vorderen Grundgrenze hergestellte fundierte Einfriedung (50 cm hoch), sowie einen PKW-Abstellplatz im Ausmaß von 4,50 m x 5,00 m

abzutragen."

Nach den Ausführungen des angefochtenen Bescheides habe die Baubehörde erster Instanz aufgrund der am 15. Mai 1996 abgehaltenen Ortsaugenscheinsverhandlung festgestellt, daß auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft die im Spruch näher bezeichneten Bauführungen vorgenommen worden seien, ohne daß eine baubehördliche Bewilligung erwirkt worden sei.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, daß im Punkt 2. die Wortfolge "die entlang der vorderen Grundgrenze hergestellte fundierte Einfriedung (50 cm hoch), sowie" zu entfallen habe. Ansonsten wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung ist nach Anführung des § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien im wesentlichen damit begründet, daß die Beseitigung einer konsenslosen Bauführung eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Eigentümers sei. Ein Fruchtgenußrecht bewirke, auch wenn es verbüchert sei, kein Eigentum an einem Gebäude. Ein Auftrag gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien dürfe jedoch nur hinsichtlich solcher Bauten (Änderungen) erlassen werden, deren Bewilligungspflicht sowohl nach der Rechtslage zur Zeit der Errichtung, als auch nach der Rechtslage zur Zeit der Erlassung des Auftrages gegeben sei. Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien sei u. a. der Neubau bewilligungspflichtig. Ein Neubau liege nach dieser Bestimmung auch vor, wenn nach Abtragung bestehender Baulichkeiten die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Der Beschwerdeführer habe ausgeführt, daß das Gebäude an der Stelle eines seiner Meinung nach im Jahr 1937 baubehördlich bewilligten älteren Gebäudes errichtet worden sei, das durch einen Brandschaden zerstört worden sei. Eine derartige Bewilligung habe nicht aufgefunden werden können. Abgesehen davon habe das ergänzend durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben, daß es sich bei dem nunmehr durchgeführten Bauvorhaben um einen Neubau handle. Die tragenden Außenmauern des nunmehrigen Kleingartenhauses seien neu ausgeführt und keine Teile bzw. Materialien aus einem früheren Bestand wiederverwendet worden. Daß etwaige Fundamente oder Kellermauern wieder verwendet worden seien, hindere die Qualifikation als Neubau gemäß § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien nicht. Der Beweisantrag des Beschwerdeführers, festzustellen, daß der Neubau an derselben Stelle und mit derselben Konfiguration (mit Ausnahme der Mansarde) wie das alte Gebäude errichtet worden sei, gehe ins Leere. Mit dem Untergang des alten Gebäudes, das nach der vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme des Baumeisters Ing. D. vom 16. Mai 1997 als Totalschaden anzusehen gewesen sei, sei ein allenfalls vorhandener Konsens untergegangen. Die Errichtung eines Gebäudes sei daher auch dann bewilligungspflichtig, wenn an derselben Stelle und in der gleichen Art bereits ein Gebäude vorhanden gewesen sei. Da für die Errichtung des Neubaues somit eine Baubewilligung nicht vorgelegen sei, sei der Bau als konsenslos anzusehen und der Auftrag daher zu Recht ergangen. Selbst wenn der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit ein Ansuchen um nachträgliche baubehördliche Bewilligung eingebracht haben sollte, stehe dies der Bestätigung des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides nicht entgegen, da auch während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung ein Auftrag zur Beseitigung der eigenmächtigen Neuerungen erteilt werden könne. Da die Errichtung einer Einfriedung bis zu einer Höhe von 2,50 m, soweit sie nicht gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe oder Grundflächen für öffentliche Zwecke gerichtet seien, bewilligungsfrei sei, sei der erstinstanzliche Spruch entsprechend zu ändern gewesen. Zur Herstellung eines befestigten Abstellplatzes für PKW sei ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich. Der Abstellplatz sei mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht worden und geeignet, öffentliche Rücksichten zu berühren. Es sei somit eine Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. b Bauordnung für Wien gegeben. Eine baubehördliche Bewilligung habe auch dafür nicht vorgelegt werden können.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Auftrag zur Abtragung eines bereits errichteten Gebäudes erteilt zu erhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 42/1996, ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten. § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien in der im Jahre 1995 (in dem offensichtlich die Wiedererrichtung erfolgte) maßgeblichen Fassung, LGBl. Nr. 34/1992, bzw. der im Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages maßgeblichen Fassung, LGBl. Nr. 42/1996, sieht - wie schon bisher - ausdrücklich vor, daß ein bewilligungspflichtiger Neubau auch vorliegt, wenn nach Abtragung bestehender Baulichkeiten die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden.

Der Beschwerdeführer geht selbst davon aus, daß das früher bestandene Gebäude im Jahre 1995 abgebrannt sei und, soweit es unbrauchbar gewesen sei, bis auf die Grundmauern bzw. Kellermauern beseitigt worden und auf diesen das neue Gebäude weitgehend ident wieder errichtet worden sei. Der Umstand, daß der Grund für die Beseitigung der Baulichkeit bis auf die Fundamente höhere Gewalt gewesen sei, ändert nichts daran, daß die Wiedererrichtung eines abgebrannten Gebäudes, bei der die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder verwendet werden, nach § 60 Abs. 1 leg. cit. bewilligungspflichtig ist. Diese Bewilligungspflicht bestand

-

wie dargelegt - sowohl im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes als auch im Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden baupolizeilichen Auftrages der belangten Behörde. Es ist daher nicht von maßgeblicher Bedeutung, ob die belangte Behörde zutreffend angenommen hat, daß auch für das vor 1937 bestandene Gebäude keine baurechtliche Bewilligung vorgelegen sei.

Aus einem Erlaß der belangten Behörde kann - wie dies der Beschwerdeführer selbst ausführt - kein subjektiver Rechtsanspruch abgeleitet werden. Eine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht kommt daher nicht in Betracht. § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien sieht nicht

-

wie der Beschwerdeführer meint - einen Auftrag zur Beantragung einer nachträglichen Baubewilligung alternativ zum Auftrag auf Beseitigung vor.

Da die Wiedererrichtung eines Gebäudes teilweise oder zur Gänze auf den Grundmauern bzw. Kellermauern eines früher bewilligten Gebäudes - wenn auch in der Form wie das früher bewilligte Projekt - einen bewilligungspflichtigen Tatbestand im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien darstellt, bedurfte es im Hinblick auf die Frage der Konsensgemäßheit des Altbestandes keiner weiteren Feststellungen und keines weiteren Ermittlungsverfahrens. Auch der insofern geltend gemachte Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997050266.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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