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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit der BausperreV des Gemeinderates der Stadt Wien vom 04.05.92 (Plandokument Nr 6394) idF des Beschlusses vom 15.04.94 mit E v 01.12.95, V103/95.Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Stadt Wien ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit 18.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit Beziehung auf Bestimmungen im §8 der BauO f Wien faßte der Gemeinderat der Stadt Wien am 4. Mai 1992 den Beschluß über eine Bausperre, der im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 20/1992 vom 24. Mai 1992 mit folgendem Wortlaut kundgemacht wurde:
"Gemäß §8 Abs4 der Bauordnung für Wien wird bekanntgegeben, daß der Gemeinderat mit Beschluß vom 4. Mai 1992, PrZ 1207, unter Anwendung des §8 Abs2 BO für Wien entsprechend dem Magistratsantrag die Verhängung einer zeitlich begrenzten Bausperre über das Gebiet zwischen Wittgensteinstraße, Dostalgasse, Jaunerstraße, Linienzug 1-2, Felixgasse und Anatourgasse, im 13. Bezirk, KatG Aufhof, die zeitlich begrenzte Bausperre verhängt hat."
Diese Bausperre wurde mit Beschluß des Gemeinderates vom 15. April 1994, Pr.Zl. 1104 (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 17/1994 vom 28. April 1994) um ein Jahr verlängert. Sie wurde mit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument Nr. 6561 (Beschluß des Gemeinderates vom 30. Juni 1994, Pr.Zl. 2036/94) aufgehoben.
II. Unter Berufung auf die eben wiedergegebene Verordnung über die Bausperre versagte die im Devolutionsweg angerufene Bauoberbehörde für Wien der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 20. Mai 1994 die Bewilligung, in Wien 13., Oskar-Jascha-Gasse 56, (auf dem zum Gutsbestand ihrer Liegenschaft EZ 2278 KG Auhof gehörigen Grundstück 2119) ein Einfamilienhaus zu errichten. Die im Einreichprojekt vorgesehene gekuppelte Bauweise (an der linken Grundgrenze) entspräche zwar dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Plandokument 5804, sei aber mit der im ausgearbeiteten Entwurf eines neuen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes (Plan Nr. 6561) vorgesehenen offenen Bauweise nicht vereinbar.
Gegen diesen Bescheid der Bauoberbehörde richtet sich die vorliegende Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin insbesondere die Gesetzmäßigkeit der herangezogenen Verordnung über die Bausperre kritisiert und die amtswegige Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens anregt.
III. Der Verfassungsgerichtshof
beschloß - diese Anregung der Beschwerdeführerin aufgreifend - gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 4. Mai 1992 idF der Verordnung vom 15. April 1994 von Amts wegen zu prüfen und sprach sodann mit dem am 1. Dezember 1995 gefällten Erkenntnis V103/95 aus, daß die Verordnung gesetzwidrig war.
IV. 1. Wie aus Art139 Abs6 B-VG hervorgeht, wirkt der Ausspruch, daß die geprüfte Verordnung gesetzwidrig war, auf den Anlaßfall zurück. Da die belangte Bauoberbehörde sohin eine gesetzwidrige Verordnung anwendete und nach der Lage des Falles nicht von vornherein auszuschließen ist, daß deren Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei nachteilig war, wurde sie durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt. Der Bescheid war daher aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 3.000 S enthalten.
V. Dieses Erkenntnis wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B1542.1994Dokumentnummer
JFT_10039774_94B01542_00