TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/2 95/08/0242

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Veröffentlicht am 02.12.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der K-GmbH in W, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien I, Franziskanerplatz 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 9. Juni 1995, Zl. 120.776/1-7/95, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. M in O, 2. S in K,

3. Z in D, 4. X in K, 5. J in D, 6. P in L, 7. Ja in D, 8. Y in K, 9. P in O, 10. Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1101 Wien, 11. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifterstraße 65, 1200 Wien, 12. Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- und der mitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit neun im wesentlichen gleichlautenden Bescheiden vom 30. Oktober 1992 stellte die Wiener Gebietskrankenkasse fest, die erst- bis neuntmitbeteiligten Parteien unterlägen in der Zeit vom 14. Jänner 1992 bis 24. Jänner 1992 aufgrund ihrer Beschäftigung als Hilfsarbeiter bei der Beschwerdeführerin der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Einspruch.

Der Landeshauptmann von Wien erließ hierüber neun Bescheide vom 12. Mai 1993, mit denen er den Einspruch - jeweils bezogen auf einen der betroffenen Dienstnehmer - abwies.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und bestätigte die Bescheide der Einspruchsbehörde. Sie ging im wesentlichen davon aus, die Erst- bis Neuntmitbeteiligten seien bei Überprüfungen des Landesarbeitsamtes Wien betreffend die Einhaltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes auf einer Baustelle der Beschwerdeführerin bei der Verrichtung von Verputzarbeiten, der Entfernung von Bauschutt sowie Maler- und Anstreicherarbeiten angetroffen worden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe den Mitarbeitern des Landesarbeitsamtes bekanntgegeben, die Arbeitskräfte seien seit etwa zwei Wochen bei der Generalsanierung der beiden (im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden) Häuser beschäftigt und in einer der Wohnungen einquartiert. Im Verfahren über die Versicherungspflicht dieser Personen habe die Beschwerdeführerin - unter Vorlage schriftlicher Verträge - jedoch den Standpunkt vertreten, die bei den Arbeiten angetroffenen Personen seien teils Mieter, teils deren Bekannte und damit beschäftigt gewesen, die angemieteten Wohnungen bewohnbar zu machen. Nach dem Inhalt der "Mietverträge" hätten sich die Mieter verpflichtet, die Wohnungen auf Kategorie A anzuheben, wobei ihnen bis zur Fertigstellung keine Betriebskosten und kein Hauptmietzins, danach aber der Mietzins der Kategorie A verrechnet werden und die Nichtdurchführung der Arbeiten einen vereinbarten Kündigungsgrund darstellen sollte. Dieses Vorbringen und die zu seiner Untermauerung vorgelegten Urkunden würdigte die belangte Behörde dahingehend, daß damit der wahre Sachverhalt, nämlich die versicherungspflichtige Beschäftigung der auf der Baustelle angetroffenen Personen als Hilfsarbeiter der Beschwerdeführerin, verschleiert werden sollte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift - ebenso wie die elftmitbeteiligte Partei - Abstand genommen. Die mitbeteiligte Wiener Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die zwölftmitbeteiligte Partei hat in ihrem als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz lediglich erklärt, sich der Rechtsmeinung der belangten Behörde anzuschließen und die Abweisung der Beschwerde zu beantragen. Die Erst- bis Neuntmitbeteiligten haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht "Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere des AVG", und "unrichtige Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG" geltend. Die Ausführung dieser Beschwerdegründe (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) ist mit der Darstellung des Sachverhalts (§ 28 Abs. 1 Z. 3 VwGG) vermengt, doch lassen sich die Ausführungen ab Seite 3, vierter Absatz, bis Seite 6, drittvorletzter Absatz, der Beschwerde der Verfahrensrüge zuordnen.

Bei diesen Ausführungen handelt es sich in erster Linie um eine Kritik der Beweiswürdigung der belangten Behörde, verbunden mit der Behauptung, der angefochtene Bescheid entspreche nicht den Begründungserfordernissen des § 60 AVG.

Gegen Ende dieser Ausführungen und in den restlichen fünf Absätzen der Beschwerde wird - erkennbar unter dem Gesichtspunkt der behaupteten unrichtigen Anwendung des § 4 Abs. 2 ASVG - auch geltend gemacht, es fehlten Feststellungen über eine persönliche Abhängigkeit der von der belangten Behörde als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin eingestuften Personen. Selbst unter der unrichtigen Voraussetzung, diese Personen hätten die Arbeiten in dem Objekt der Beschwerdeführerin, bei denen sie im Zuge von Erhebungen des Landesarbeitsamtes Wien angetroffen worden seien, nicht aufgrund von Mietverträgen an "eigenen Wohnungen", sondern vielmehr "aus wirtschaftlichen Gründen" verrichtet, sei es der belangten Behörde daher verwehrt gewesen, von einer Versicherungspflicht auszugehen.

Der Gesamtheit dieser Beschwerdeausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde in der ausführlichen Begründung ihrer Entscheidung die von der Beschwerdeführerin zur Unterstützung ihres Standpunktes in der Beschwerde hervorgehobenen Ermittlungsergebnisse nicht übergangen, sondern in lebensnaher Weise dahingehend gewürdigt hat, bei der Berufung der Beschwerdeführerin auf schriftliche Hauptmietverträge mit den bei den Arbeiten angetroffenen slowakischen Staatsbürgern handle es sich nur um einen Versuch, die tatsächlichen Verhältnisse zu verschleiern, und dies gelte auch für die gemeinsame schriftliche Stellungnahme der erwähnten Personen, von der die belangte Behörde aus in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Gründen davon ausgegangen ist, sie sei in Absprache mit der Beschwerdeführerin verfaßt worden. Soweit die Beschwerdeführerin der Beweiswürdigung der belangten Behörde mit dem Argument entgegentritt, ihre Darstellung des Sachverhaltes sei "bei der herrschenden Wohnungsnot" ... "nicht denkunmöglich", verkennt sie, daß damit eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht dargetan wird und daß der Verwaltungsgerichtshof die einem bei ihm angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Beweiswürdigung nur nach bestimmten, in der Rechtsprechung zu § 41 Abs. 1 VwGG (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 548 ff) näher dargestellten Gesichtspunkten zu überprüfen hat (vgl. zu diesen Gesichtspunkten auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 326 ff).

Im besonderen leidet die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht an den Widersprüchen, die die Beschwerdeführerin in einzelnen Punkten aufzuzeigen versucht. So widerspricht es nicht, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, der Lebenserfahrung, daß sich jemand - im konkreten Fall: Karl P. - in unmittelbarer Konfrontation mit dem Sachverhalt bei dessen Erhebung an Ort und Stelle anders verantwortet als bei einer späteren Einvernahme vor der Behörde. Im Zusammenhang mit den weiteren Beschwerdebehauptungen, die belangte Behörde gehe zugleich von gültigen und von Scheinmietverträgen aus und ziehe gedanklich fehlerhafte Schlüsse aus der von ihr angenommenen Weigerung von Karl P., Aussagen über Stundenaufzeichnungen oder Angaben über eine Vergabe der Arbeiten an selbständige Unternehmer zu machen, werden die jeweils bekämpften Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Bedeutung nicht richtig wiedergegeben. Der ersten der erwähnten beiden Beschwerdebehauptungen steht entgegen, daß die Feststellungen über die für die Arbeiter nachteilige Gestaltung der mit ihnen abgeschlossenen Mietverträge und deren Auflösung in der Folge der behördlichen Erhebungen nicht voraussetzen, es habe sich nicht um Scheinmietverträge gehandelt, sondern zum Ergebnis, letzteres sei der Fall gewesen, in gedanklich schlüssiger Weise beitragen. Die Ausführungen der belangten Behörde über das Fehlen von etwaige Stundenaufzeichnungen und eine Vergabe der Arbeiten an selbständige Unternehmer betreffenden Angaben dienen - anders als in der zweiten der erwähnten Beschwerdebehauptungen unterstellt wird - nicht mehr der Widerlegung der nach Auffassung der belangten Behörde wahrheitswidrigen Verantwortung der Beschwerdeführerin. Sie betreffen die ursprünglichen, gegenüber den einschreitenden Organen des Landesarbeitsamtes abgegebenen Äußerungen von Karl P. und legen nur dar, daß andere als die von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen auch durch diese Äußerungen nicht nahegelegt wurden. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde weist daher auch im Detail nicht die von der Beschwerdeführerin behaupteten Mängel auf.

Die in der Beschwerde abschließend erhobene Behauptung, es fehlten Feststellungen darüber, daß die von den Organen des Landesarbeitsamtes angetroffenen Personen "über ihre Arbeitszeit auf längere Sicht nicht frei verfügen konnten, persönlich Arbeitsleistungen zu erbringen hatten, sich unter betriebliche Ordnungsvorschriften und Weisungen zu unterwerfen hatten und ihre Arbeit unter Überwachung stand und eine disziplinäre Verantwortlichkeit vorlag", und es sei "nicht ein einziges dieser Elemente" im angefochtenen Bescheid festgestellt worden, übergeht in aktenwidriger Weise die von der belangten Behörde ausdrücklich getroffene Feststellung, es sei davon auszugehen, der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe "die Arbeiter zur entgeltlichen Verrichtung der festgestellten Hilfsarbeiten unter Bindung an seine Weisungen und an eine fixe Arbeitszeit sowie unter seiner Kontrolle" aufgenommen, und die weiteren Ausführungen und Erwägungen zu diesem Thema auf Seite 12 des angefochtenen Bescheides.

Die Beschwerde ist daher zur Gänze unbegründet und gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen, weil angesichts der völlig eindeutigen Sach- und Rechtslage keines der in der Beschwerdeschrift dargestellten Argumente geeignet ist, ein anderes Ergebnis in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zu bewirken.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995080242.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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