TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/8 L518 2220136-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.2019
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Entscheidungsdatum

08.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55

Spruch

L518 2220136-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A.I) Die Beschwerde wird gemäß § 57, § 10 Abs. 2 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9, 18 (1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 1 und Abs. 9, § 46 und § 55, sowie § 53 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes 3 Jahre beträgt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Armenien, vertreten durch ARGE Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A.II) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge auch als bP bezeichnet), ist Staatsangehöriger von Armenien.

Sie reiste illegal in Österreich ein, wurde wegen des Verdachts der Begehung strafbarer Handlungen nach § 127 StGB und § 27 Abs. 1 SMG angezeigt und am 07.05.2019 in XXXX in diesem Zusammenhang einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen.

Am selben Tag wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom illegalen Aufenthalt der bP in Kenntnis gesetzt und gegen sie die Festnahme ausgesprochen. Die bP wurde sohin in ein Polizeianhaltezentrum verbracht und zur Einvernahme vorgeführt.

I.2. Im Zuge der am 08.05.2019 durchgeführten Einvernahme vor dem BFA gab die bP im Wesentlichen an, sie sei armenischer Staatsbürger und seit circa eineinhalb Monaten in Österreich. Die Tochter eines in Österreich lebenden Onkels sei schwer erkrankt und sei die bP deshalb - nachdem sie in Polen gearbeitet habe - nach Österreich gereist. Sie habe ihre Dienstwohnung (in Polen) verloren, da sie nicht mehr gearbeitet habe. Bevor die bP nach Armenien zurückreise, habe sie den Onkel in Österreich besuchen wollen. Sie habe ein Visum für Polen und eine Arbeitsgenehmigung, mit welcher sie sich im Schengenraum bewegen dürfe. Man habe ihr in Polen versichert, dass sie während der Dauer des Verfahrens zum Erhalt einer neuen Arbeitsgenehmigung reisen dürfe. In Österreich seien ein Onkel und dessen Töchter aufhältig. Sie habe bei dem Onkel in Österreich gewohnt und sei von diesem unterstützt worden. Dieser Onkel habe in Österreich einen Aufenthaltstitel. Nachdem die bP ihr Geschäft in Armenien schließen habe müssen, sei sie nach Polen gegangen um zu arbeiten. Sie sei nicht wissentlich illegal nach Österreich gereist und habe sich auf die Anwälte und Behörden in Polen verlassen. Diese hätten ihr gesagt, dass sie sich hier aufhalten könne. Die Eltern und eine Schwester seien in Armenien.

Zudem tätigte die bP nachstehende Aussagen:

F: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf?

A: Seit ca. eineinhalb Monaten.

F: Der letzte Einreisestempel in den Schengener Raum ist vom XXXX 2018, seither haben Sie diesen Bereich nicht wieder verlassen. Sie verfügen über kein gültiges Visum welches Sie zur Einreise benötigen.

A: Genau.

...

F: Sie haben kein Visum und sind nicht berechtigt sich im Schengener Raum frei zu bewegen.

A: Ich habe ein Visum für Polen und eine Arbeitsgenehmigung mit welcher ich mich in Schengener Raum bewegen darf.

F: Sie verfügen nicht über ein Visum für den Schengener Raum, darüber ist auch nicht im Schengener Informationssystem gespeichert.

A: In Polen hat man mir versichert, dass ich während der Dauer des Verfahrens zu einer neuen Arbeitsgenehmigung im Schengener Raum reisen darf. Ich wurde bereits mehrfach von der Polizei kontrolliert und wurde auch von der Polizei angehalten und mir wurde nicht gesagt, dass ich Österreich verlassen muss.

...

F: Hatten Sie je eine Anmeldebescheinigung, einen Aufenthaltstitel oder ein Visum bzw. sonst irgendein Aufenthaltsrecht für Österreich oder die EU?

A: Nein nur für Polen, da hatte ich ein Visum und eine Arbeitsgenehmigung.

...

F: Sind Sie in Armenien zuletzt einer Arbeit nachgegangen? A: Ich habe in der Touristenbranche gearbeitet.

F: Verfügen Sie über eine Bankomat- oder Kreditkarte oder haben Sie sonst eine Möglichkeit an Geld zu kommen.

A: Nein.

F: Was spricht gegen eine Rückkehr nach Armenien? A: Ich habe mit den Behörden Probleme, wir versuchten dort Geschäfte zu machen und die Behörden hatten was dagegen.

Befragt, was ich damit meine, ich wollte eigen Filialen in der Touristenbranche eröffnen und die Unterbringung in Hotels organisieren. Wir wollten dafür eine Genehmigung und haben diese nicht bekommen. Wir hatten ein eigenes Unternehmen aber die Behörden wollten hohe Steuern. Man bezichtigte uns hohe Steuern zu zahlen, weshalb wir Konkurs anmelden musste und unser Geschäft schließen. Das war 2016.

F: Sind Sie danach nach Polen um dort zu arbeiten? A: Ja.

Vorgelegt wurde von der bP ihr armenischer Reisepass.

I.3. Über die bP wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG verhängt. Darin wurde bescheidmäßig ausgeführt, dass die bP mehrfach wegen Diebstahls angezeigt worden sei, über keinen offiziellen Wohnsitz verfüge, keine ausreichenden finanziellen Mittel habe und jedenfalls, um einer Abschiebung zu entgehen, untertauchen würde. Sie sei nicht vertrauenswürdig, verfüge über keinerlei private Bindungen mit Ausnahme eines Onkels und dessen Familie in Österreich. Das BFA gehe daher von Fluchtgefahr aus. Die Verhängung einer Schubhaft diene dem Erhalt der öffentlichen Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates, welchen ein hoher Stellenwert bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zukommen. Dem gegenüber seien die privaten Interessen an der Schonung der persönlichen Freiheit der bP den Interessen des Staates nachgereiht. Die Anordnung eines gelinderen Mittels sei nach Ansicht der Behörde nicht ausreichend, den BF von einem möglichen Untertauchen abzuhalten. Die Verhängung der Schubhaft sei daher als ultima ratio Maßnahme anzusehen und im Sinne des öffentlichen Wohles erforderlich.

Das BFA übermittelte den behördlichen Schubhaftakt am 24.05.2019. Am 27.05.2019 erging eine Stellungnahme mit angeschlossenem Kostenersatzantrag. Neuerlich wurden Kopien des Reisepasses vorgelegt, aus denen sich lediglich ein abgelaufenes polnisches Visum ersehen ließ. Die Behörde führte aus, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine Schubhaftbeschwerde handle, in welcher keine Vorfragen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Rückkehrentscheidung zu klären seien. Gemäß § 80 FPG sei die Behörde jedenfalls angehalten, laufend das Vorliegen der Gründe für die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu prüfen. Im Rahmen eines Parteiengehörs wurde der Rechtsvertretung der bP die behördliche Stellungnahme vom 27.05.2019 binnen kurzer Frist zur Replik übermittelt.

Fristgerecht wurde seitens der Rechtsvertretung repliziert und ausgeführt, dass sich die bP sicher sei, einen Stempel der polnischen Behörden vom XXXX 2019 in seinem Reisepass zu haben. Die kopierten Seiten des Reisepasses im Rahmen der Stellungnahme der Behörde seien nicht vollständig. Es seien nicht alle Seiten kopiert worden. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein Stempel auf einer nicht übermittelten Seite befinden könnte. Es werde daher beantragt, dem BVwG den Originalreisepass vorzulegen. Weiters wurde als Beilage ein Dokument in polnischer Sprache der polnischen Vertreterin des BF übersandt. Eine Übersetzung dieses Schriftstückes wurde nicht vorgelegt.

Mit Kurzbrief vom 27.05.2019 übermittelte das BFA das Ergebnis einer Anfrage an die polnische Fremdenbehörde. Demnach sei der Antrag der bP auf Verlängerung des Visums mit Entscheidung vom XXXX 2019 abgewiesen worden und sein letztes Visum mit XXXX 2018 abgelaufen. Nach Übersendung des Kurzbriefes an die Rechtsvertretung teilte diese mit, dass die Auskunft der polnischen Fremdenbehörde nicht bedeute, dass die bP nicht zuvor bzw. im Wege der Erhebung eines Rechtsmittels seinen rechtmäßigen Aufenthalt in Polen verlängert hätte.

Die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid wurde mit Entscheidung des BVwG vom XXXX 2019 abgewiesen und wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung vorliegen. Zudem wurde entsprechend über die Kosten abgesprochen.

I.4. Mit gleichzeitig erlassenen, im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 09.05.2019 wurde gemäß § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Der Beschwerde wurde gem. § 18 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 53 FPG wurde in Bezug auf die bP ein Einreiseverbot für die Dauer von 5 Jahren erlassen.

I.4.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung hielt die belangte Behörde unter anderem fest:

- Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Ihre Identität konnte aufgrund der Vorlage ihres Reisepasses festgestellt werden.

Die Feststellung, dass Sie in Österreich keiner legalen Arbeit nachgehen, ergibt sich aus Ihren Angaben und dem Umstand, dass Sie dazu nicht berechtigt wären.

Ihre Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand Ihren eigenen Angaben.

- Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:

Eine Nachschau im ZMR hat ergeben, dass Sie in Österreich über keinen aufrechten Wohnsitz verfügen. Dass Sie über keinerlei finanzielle Mittel verfügen ergibt sich aus Ihren glaubwürdigen Angaben, sowie dem Umstand, dass Sie keine nennenswerten Bargeldbeträge oder Bankomat- bzw. Kreditkarten bei sich führen.

Dass Sie sich bereits mehrere Monate illegal im Schengener Raum aufhalten ergibt sich aus den Eintragungen Ihres Reisepasses und den Auszügen aus dem Visainformationssystem. Auch wenn Sie sich darauf berufen, dass polnische Behörden Ihnen ein Aufenthaltsrecht für Polen zugesprochen hätten, welches die Dauer der Bearbeitung Ihres Antrages auf Arbeitspapiere abdeckt, berechtigt Sie dies nicht dazu sich im Schengener Raum frei zu bewegen. Sie versuchten mehrfach glaubhaft zu machen, dass Ihnen die polnischen Behörden zugesichert hätten, Sie wären mit der Aufenthaltserlaubnis auch berechtigt zu reisen, ergibt sich daraus kein Grund für Ihren Verbleib im Bundesgebiet. Zum einen ist jede Person, welche in den Schengener Raum bzw. nach Österreich einreist dazu verpflichtet Erkundigungen über die jeweiligen Einreisebestimmungen einzuholen und die erforderlichen Dokumente zu beschaffen. Auch wenn polnische Behörden Ihnen zugesagt hätten, Sie dürften nach Österreich reisen, liegt es in Ihrer Verantwortung entsprechende Erkundigungen einzuholen, wofür die entsprechenden Konsulate und Botschaften in den jeweiligen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. Zum anderen ist nicht glaubhaft, dass die polnischen Behörden Ihnen die Reisefreiheit mit einem nationalen Aufenthaltsrecht zugesichert hätten und Sie die Reise daher in Unwissenheit angetreten waren, da Sie bereits im Jahr 2017 ein Schengener Visum bei italienischen Behörden beantragt hatten, welches Ihnen abgelehnt wurde. Daraus ergibt sich, dass Sie über die Visabestimmungen sehr wohl Bescheid wussten. Doch selbst wenn Sie tatsächlich keine Kenntnis von den Bestimmungen gehabt haben sollten, wären Sie dazu verpflichtet gewesen sich dieser kundig zu machen. Die Einreise in das österreichische Bundesgebiet ist jedenfalls nur mit gültigem Visum erlaubt, über welches Sie nicht verfügen. Auch das polnische Schengen Visum, welches sich in Ihrem Reisepass befindet und vom XXXX Gültigkeit gehabt haben soll, scheint nicht im Schengener Visainformationssystem auf. Zum polnisches Aufenthaltsrecht ist noch anzumerken, dass würden die Behörden Ihnen die Weiterreise gestatten wollen, hätten diese ein weiteres Visum ausgestellt und nicht einfach einen nationalen Stempel in Ihrem Reisepass hinterlassen.

Sie sind jedenfalls nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt.

- Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat und Familienleben:

Die Feststellung, dass sie im Bundesgebiet keine Verwandten haben, außer ihrem Onkel und deren Kinder, welche in keinem Naheverhältnis oder gar Abhängigkeitsverhältnis zu Ihnen stehen, ergibt sich aus Ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben.

Die Feststellung, dass Sie in Österreich keiner rechtmäßigen Arbeit nachgehen, ergibt sich aus Ihren diesbezüglichen glaubwürdigen Angaben und dem Umstand, dass Sie dazu nicht berechtigt wären.

- Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat / im Zielstaat:

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 5 Abs. 2 BFA-VG zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

- Betreffend die Feststellungen zu den Gründe für die Erlassung des Einreiseverbots:

Sie sind nicht in der Lage nachzuweisen, dass Sie über ausreichend Barmittel verfügen um Ihren Lebensunterhalt in Österreich bedienen zu können. Im Gegenteil gaben Sie selbst an, Ihren Aufenthalt nicht finanzieren zu können, sondern auf die finanzielle Unterstützung Ihres Onkels angewiesen zu sein. Dieser jedoch soll selbst derzeit arbeitslos sein und eine schwerkranke Tochter zu versorgen haben. Dass dieser sich den Aufenthalt für Sie noch zusätzlich leisten kann ist nicht glaubhaft und geht auch daraus hervor, dass Sie bereits straffällig wurden, weshalb auch die Einvernahme vor der Polizeiinspektion durchgeführt werden musste.

Sie führen weder Bargeld mit sich, noch Kredit- oder Bankomatkarten und haben auch nicht die Möglichkeit legal an ausreichende finanzielle Mittel zu gelangen.

Weiters sind Sie nicht berechtigt einer legalen Tätigkeit nachzugehen um Ihren Aufenthalt zu finanzieren.

I.4.2. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass die Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle und aufgrund der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ein Einreiseverbot zu erlassen sei.

I.5. Gegen den Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass ihm am 18.03.2019 ein Visum der polnischen Behörden ausgestellt worden sei, was im Pass vermerkt sei. Es wurden Ausführungen zum Schubhaftverfahren getroffen.

dass der BF über einen gültigen polnischen Aufenthaltstitel verfüge, welcher kurz zuvor in Polen verlängert worden sei. Der BF habe bei seinem namentlich genannten Onkel gewohnt und könne dies auch in Zukunft tun.

Die gegenständliche Rückkehrentscheidung sei rechtswidrig, da der BF aufgrund seines polnischen Aufenthaltstitels zunächst hätte aufgefordert werden müssen, sich nach Polen zurückzubegeben. Dies sei nicht der Fall gewesen und sei die sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet auch nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geboten. Die Schubhaft sei daher von Beginn an rechtswidrig gewesen.

Der am 13.05.2019 gestellte Asylantrag sei nicht zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt worden. Der gemäß § 76 Abs. 6 FPG ausgefertigte Aktenvermerk sei daher inhaltlich falsch und nur mangelhaft begründet worden. Nach den Bestimmungen der Dublin III-VO sei eine Rückführung nach Polen zu überprüfen gewesen. Der BF habe erst nach Erlassung der Rückkehrentscheidung realisiert, dass er nunmehr einen Asylantrag stellen müsse, um nicht in seiner Heimat einer Gefahr der Verletzung seiner durch die EMRK geschützten Rechte Gefahr laufen würde.

Darüber hinaus sei keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG gegeben. Dadurch, dass der BF nunmehr einen Asylantrag stellen müsse, um nicht in seiner Heimat einer Gefahr der Verletzung seiner durch die EMRK geschützten Rechte Gefahr zu laufen.

Darüber hinaus sei keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG gegeben.

Weiters sei keine (erhebliche) Fluchtgefahr gegeben. Der Behörde sei bekannt gewesen wo sich der BF aufhalte, da sie diesen am Wohnort des Onkels aufsuchten und festnahmen. Der BF sei sozial verankert und daher auch nicht dazu angehalten, unterzutauchen. Diese soziale Verankerung sei fälschlicherweise durch die Behörde nicht festgestellt worden. Beantragt werde die zeugenschaftliche Einvernahme des Onkels, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der Ersatz des Aufwandes gemäß § 35 VwGVG sowie der Ersatz der Eingabengebühr in Höhe von ? 30,--.

I.6. Am 13.05.2019 stellte die bP aus dem Stande der Schubhaft heraus einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Einvernahme im Asylverfahren erfolgte am 22.05.2019 und wurde damals nicht abgeschlossen bzw. unterbrochen. Die negative Entscheidung der belangten Behörde hinsichtlich § 5 und § 61 AsylG erwuchs am 05.06.2019 in Rechtskraft. Die bP wurde am XXXX 2019 nach Polen überstellt.

I.7. Mit Schreiben vom XXXX 2019 teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass gegen die bP Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gemäß § 127 StGB Anklage erhoben worden ist.

I.8. Die Beschwerdevorlage langte am 24.06.2019 in Linz beim BVwG ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei der bP handelt es sich um einen armenischen Staatsangehörigen.

Der bP ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

Die bP verfügte über ein von XXXX gültiges polnisches Visum. Im Jahr 2017 wurde ihr von den italienischen Behörden ein Visum verweigert.

Die bP reiste illegal in Österreich ein und war während ihres Aufenthalts bei ihrem Onkel nicht im Zentralen Melderegister registriert. Im Zeitpunkt der Einreise im Jahr 2019 verfügte die bP über keinen gültigen und aufrechten Aufenthaltstitel im Schengenraum und hat sie einen solchen auch nicht später erlangt.

Die bP ist in Armenien geboren und aufgewachsen, hat dort die Schule besucht und später gearbeitet. Die Eltern und eine Schwester leben in Armenien und spricht die bP die Landessprache auf Muttersprachlichem Niveau.

In Österreich lebt ein Onkel mit seinen Töchtern, welche die bP besuchte, zu denen aber kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht. Die bP hat bei diesem Onkel vorübergehend gelebt, war bei diesem aber nicht gemeldet. Die bP hat keine besonderen integrativen Anknüpfungspunkte in Österreich. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

Die Identität der bP steht fest.

Die bP ist strafgerichtlich unbescholten in Österreich, es wurde jedoch gegen sie ein Ermittlungsverfahren wegen § 127 StGB sowie dem SMG eingeleitet und mit XXXX 2019 Anklage wegen § 127 StGB erhoben. Der Aufenthalt der bP in Österreich stellt eine Gefährdung öffentlicher Interessen dar.

II.1.3. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Armenien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

II.1.4. Die bP stellt aufgrund ihres strafbaren Verhaltens eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Gemeinschaft dar. Eine positive Zukunftsprognose (bzgl. des Verhaltens) konnte nicht erstellt werden. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Abschiebung der bP nach Armenien zulässig und möglich ist und war die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot geboten.

2. Beweiswürdigung

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel in Form eines Reisepasses.

II.2.3 Es wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Armenien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Armeniens auszugehen ist (vgl. Punkt II.3.1.5. und Unterpunkte). Die bP hatte keinerlei Bedenken hinsichtlich der Rückkehr nach Armenien geäußert.

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

Die Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

II.2.4.1.

Der BF legte einen armenischen Reisepass vor, aus welchem sich seine Identität ergab. Die Einreise erfolgte illegal, da der BF zu diesem Zeitpunkt nicht über ein Visum verfügte.

Die Feststellung zur illegalen Einreise gründet sich auf die Tatsache, dass sich im von der bP vorgelegten Reisepass kein gültiger Visumsvermerk für den Schengenraum findet und auch im Informationssystem kein entsprechender Eintrag vorlag. Zudem wurde nunmehr von den polnischen Behörden bestätigt, dass kein Aufenthaltstitel vorlag. Dennoch behauptete die bP bis zuletzt, dass sie über einen gültigen Aufenthaltstitel für Polen verfügen würde, konnte dies jedoch trotz intensivster Bemühungen im Verfahren nicht glaubhaft geltend machen. Unglaubwürdig waren in diesem Zusammenhang jedenfalls - wie bereits von der belangten Behörde angeführt - die Ausführungen dazu, die polnischen Behörden hätten der bP mitgeteilt, dass sie frei reisen könne. Das im Reisepass befindliche Visum für Polen ist bereits abgelaufen. Eine diesbezügliche Verlängerung ist nicht eingetragen und konnte eben auch nicht verifiziert werden. Im Zuge des Schubhaftverfahrens legte die bP einseitiges, in polnischer Sprache abgefasstes Dokument vor, welches entgegen den Behauptungen nicht zum Nachweis eines Aufenthaltstitels geeignet war. Den oben wiedergegebenen Ausführungen der belangten Behörde (bB) kann vollinhaltlich gefolgt werden, wenn diese ausführt, dass die bP wohl in Kenntnis der Visabestimmungen war, da bereits 2017 ein Visum für Italien abgewiesen wurde und zudem es an der bP gelegen wäre, sich entsprechend über die Bestimmungen zu erkundigen.

Darüber hinaus ergibt sich aus dem Schreiben des BFA vom XXXX 2019, in welchem eine Stellungnahme der polnischen Behörden widergegeben ist, dass die zuständige Fremdenbehörde mit Entscheidung vom XXXX 2019 dem Ersuchen auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels in Polen nicht stattgegeben hat.

II.2.4.2.

Auch die Ausführungen der Behörde zur Mittellosigkeit der bP sind nachvollziehbar. Die bP ist nicht in der Lage nachzuweisen, dass sie über ausreichend Barmittel verfügt, um ihren Lebensunterhalt in Österreich bedienen zu können. Im Gegenteil gab sie an, ihren Aufenthalt nicht finanzieren zu können. Auch die Finanzierung über den derzeit arbeitslosen Onkel, welcher eine schwerkranke Tochter hat, ist nicht dauerhaft gesichert. Auch liegt kein Einkommen vor.

Darüberhinausgehende familiäre oder sonstige soziale Beziehungen hat das Verfahren zur nicht ergeben. Bedenkt man, dass die bP nach eigenen Angaben nunmehr seit etwa zwei Monaten in Österreich ist, verwundert es auch nicht, dass diesbezügliche soziale Beziehungen noch nicht entstanden sind.

Aus diesen Gründen wurde die Gefährdung der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht alleine aus den strafrechtlichen Ermittlungen abgeleitet., wie die Beschwerde vermeint.

II.2.4.3.

Wie das Beschwerdeverfahren klar ergeben hat, verfügt der BF nicht über einen polnischen Aufenthaltstitel, wie von ihm mehrmals behauptet. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens beharrte er darauf, dass sich in seinem Pass ein diesbezüglicher Vermerk befinden würde und führte er an, dass ihm am 18.03.2019 von den polnischen Behörden ein Visum erteilt worden sei, sadass er über einen Aufenthaltstitel verfüge. Das Verfahren hat jedoch ergeben, dass die bP seit Beginn seiner fremdenrechtlichen Einvernahmen hier die Behörden offenbar täuschen wollte. In Zusammensicht mit der Tatsache, dass der BF in Österreich im zentralen Melderegister bisher ebenso nicht aufschien, damit ein Verstoß gegen das Meldegesetz vorliegt und zudem strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden, ergibt sich eine Gefährdung der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht nur aus der Mittellosigkeit der bP. Auch im Schubhaftverfahren kam das Gericht zur Annahme, dass ein Sicherungsbedarf besteht.

Da die bP über keinen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates verfügt, gehen auch die Ausführungen in der Beschwerde zu § 52 Abs. 6 FPG ins Leere, wonach die bP zuerst zu verpflichten gewesen wäre, in einen Staat zu reisen, wo sie ein Aufenthaltsrecht besitzt.

II.2.4.4. Zum in der Beschwerde gestellten Antrag, den Reisepass der bP vollständig beizuschaffen, da dem BVwG - wie schon im Schubhaftbeschwerdeverfahren - nicht alle Seiten des Passes in Kopie vorlägen ist festzuhalten, dass es eine gängige Praxis der Behörden - auch im Sinne der Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz - darstellt, nur die Passseiten zu kopieren, auch welchen sich auch tatsächlich Einträge finden. Leere Seiten zu kopieren wird damit zu Recht unterlassen und ist nicht als systematischer Versuch zu sehen, einen Aufenthaltstitel zu widerlegen. Vielmehr ergibt sich aus den vorherigen Ausführungen, dass niemals ein solcher Titel bestand.

Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, dass selbst bei Abweisung des Antrages auf Verlängerung der bP die Möglichkeit hätte, Rechtsmittel zu erheben, welchem die aufschiebende Wirkung zukomme und welches nicht berücksichtigt worden sei, ist festzuhalten, dass sich in diesem Zusammenhang bloße Vermutungen finden. Es ist weder klar, ob die bP Rechtsmittel erhoben hat oder diesem etwa die aufschiebende Wirkung zukommen würde.

Mit der amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime befreit die Parteien nicht davon, durch ein substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf; eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlung faktische Grenzen gesetzt sind und die Behörde von sich aus nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (siehe die Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 39 Rz. 9 f; Erk. d. VwGH vom 24.4.2007, 2004/05/0285).

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt (Erk. d. VwGH vom 12.9.2006, 2003/03/2006).

Auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist Bedacht zu nehmen (§ 15 AsylG 2005) und im Rahmen der Beweiswürdigung - und damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - zu berücksichtigen (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

Insgesamt gesehen wurde der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der belangten Behörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben, der immer noch die gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die belangte Behörde hat auch die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in der angefochtenen Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und teilt das hier entscheidende Gericht auch die tragenden Erwägungen der Beweiswürdigung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, in einer heillosen Überspannung der Ermittlungsmaxime, ohne weitere Anhaltspunkte, betreffend der offensichtlich nicht gewährten Verlängerung des Aufenthaltstitels für Polen, Nachforschungen im polnischen Recht anzustellen, obgleich durch die Rechtsvertretung zuvor weder geklärt wurde, ob überhaupt ein Rechtsmittel ergriffen worden ist und welche Wirkungen damit verbunden wären. Derartige Erkundungsvorbringen, die lediglich auf unbestimmten Vermutungen basieren, für die keine Anhaltspunkte bestehen, stellen einen unzulässigen Erkundungsbeweis dar und sind daher unbeachtlich (Hengstschläger/Leeb, AVG § 46 Rz 16).

II.2.4.5. Zu den Rückkehrbefürchtungen nach Armenien gab die bP lediglich vage an, Probleme mit den Behörden gehabt haben, welche darauf beruht hätten, dass sie als Selbstständiger hohe Steuern hätten zahlen müssen, was sie mit ihrem Geschäft in den Konkurs getrieben hätte. Dabei handelt es sich jedoch um keine relevanten Problematik, welche eine Rückkehr in Ihr Heimatland unzumutbar machen würde. Dies selbst bei Wahrunterstellung und gab die bP selbst an, letztlich nur wegen der Arbeit nach Polen gegangen zu sein und nicht wegen Verfolgung Armenien verlassen zu haben.

II.2.4.6. Die oben widergegebene Beweiswürdigung der bB wird der Entscheidung zugrunde gelegt und vollinhaltlich gefolgt.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 13 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF gilt die Republik Armenien als sicherer Herkunftsstaat.

II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen

Gemäß dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

Aus dem Grundsatz, wonach, wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat gelten kann, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts aufgrund der in diesem Punkt im Wesentlichen unveränderten materiellen Rechtslage nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichten entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der bP ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist, von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abzuweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

II.3.1.5.2. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung ein umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Armenien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Armeniens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese Obliegenheit wurde seitens der bB übererfüllt.

Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.

II.3.1.2. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Das BFA hat gegenständlich eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG erlassen und es liegt ein als Vorlageantrag bezeichnetes Schreiben vor; gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird. Anders als in § 64a AVG tritt mit der Vorlage der Beschwerde die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft; Beschwerdegegenstand im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht soll die Beschwerdevorentscheidung sein (EB zur RV 2009 dB XXIV.GP, S. 5).

Zu A I)

II.3.2. Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.2.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) - (6) ..."

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

"§ 52. ...

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

----------

1.-nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a.-nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.-ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.-ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.-der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.-das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

§ 11. NAG (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

----------

1.-gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.-gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.-gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.-eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.-eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.-er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

----------

1.-der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.-der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.-der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.-der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.-durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.-der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7.-in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1)...

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) - (5).

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

§ 58. AsylG (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

...

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

----------

1.-sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2.-bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3.-gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) -(4) ...

II.3.2.2. Es liegt kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet vor und fällt die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Es liegen im Lichte des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise vor, dass der bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte ist dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, we

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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