TE Lvwg Erkenntnis 2020/5/11 VGW-131/036/3949/2020, VGW-131/V/036/4180/2020

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Veröffentlicht am 11.05.2020
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Entscheidungsdatum

11.05.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §71 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über die Beschwerde des (1995 geborenen) Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 14.02.2020, Zl. …, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Angelegenheit nach dem Führerscheingesetz, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag vom 01.02.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Stellungnahme als unzulässig zurückgewiesen wird.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Schreiben vom 09.01.2020 (dem Beschwerdeführer am 14.01.2020 durch Hinterlegung zugestellt) teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (Bf) mit, dass eine Entziehung seiner Lenkberechtigung beabsichtigt sei. Er sei vom BG am 05.11.2019 zu einer näher angeführten Geschäftszahl wegen dem Vergehen der Gefährdung der körperlichen Sicherheit und der versuchten und vollendeten Sachbeschädigung nach näher angeführten Rechtsvorschriften zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden. Die belangte Behörde beabsichtige daher, ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von drei Monaten zu entziehen. Der Bf könne gemäß § 45 Abs. 3 AVG binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zum Ergebnis der Beweisaufnahme schriftlich Stellung nehmen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.02.2020 war gegenüber dem Bf Folgendes angeordnet worden:

„Die Landespolizeidirektion Wien - Verkehrsamt - entzieht Ihnen gemäß § 24 Absatz 1 Zif. 1 Führerscheingesetz 1997 die für die Klasse(n) AM und B erteilte Lenkberechtigung.

Gemäß § 25 Absatz 3 FSG 1997 wird verfügt, dass Ihnen die Lenkberechtigung für die Zeit von 3 (drei) Monaten,

gerechnet ab Zustellung des Bescheides,

entzogen wird.

Sie haben gemäß § 29 Absatz 3 FSG 1997 den am 27.06.2018 unter der Zahl … von der LPD Wien für die Klasse(n) AM und B ausgestellten Führerschein unverzüglich im Verkehrsamt der Landespolizeidirektion Wien abzugeben.

Einer allfälligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aberkannt.“

Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf das oben angeführte Urteil des BG sowie darauf, dass der Bf bis dato keine Stellungnahme abgegeben habe. Die belangte Behörde veranlasste die Zustellung dieses Bescheides an die Wohnadresse des Bf in Wien, C.-gasse. Nach einem erfolglosen Zustellversuch an dieser Anschrift am 05.02.2020 wurde die – den Bescheid enthaltende – Sendung beim Postamt … hinterlegt (Beginn der Abholfrist: 06.02.2020).

In der Zwischenzeit war (und zwar am 03.02.2020) eine Stellungnahme des Bf (durch seine Rechtsanwältin) bei der belangten Behörde eingelangt. Es wurde mitgeteilt, dass die im Akt der Rechtsanwältin aufliegende FK mit keinem Aufgabeschein versehen sei. Nachdem die junge Dame, die u.a. mit der Postaufgabe befasst gewesen sei, per 31.01. gekündigt worden sei, übermittle die Rechtsanwältin sicherheitshalber eine Fotokopie dieser Äußerung und ersuche sie um Berücksichtigung. Für den Fall, dass die Stellungnahme nicht bei der Behörde postalisch eingelangt sein sollte, stelle sie aus Gründen der advokatorischen Vorsicht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine allfällige Fristversäumung und bringe sie vor, dass die nicht eingeschriebene Aufgabe der Stellungnahme ein einmaliges Versäumnis der jungen Kanzleiangestellten dargestellt habe. In der angeschlossenen Stellungnahme vom 28.01.2020 heißt es, dass der Bf die Tat bereue und um Nachsicht ersuche. Er sei zur Ausübung seines Berufes auf das Lenken von Fahrzeugen angewiesen und wäre es eine harte Bestrafung, ihm den Führerschein auch nur für eine Woche oder einen Monat zu entziehen.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgericht Wien angefochtenen Bescheid vom 14.02.2020 wies die belangte Behörde den Antrag vom 01.02.2020 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Stellungnahme gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab. Begründend wurde ausgeführt, dass der im Wiedereinsetzungsantrag vorgebrachte Grund für die verspätete Abgabe der Stellungnahme keine Tatsache im Sinne des § 71 AVG darstelle, sodass der Antrag abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf fristgerecht Beschwerde. Es wurde beantragt, dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben, die erstattete Stellungnahme zu beachten und aus den darin genannten Gründen vom Führerscheinentzug Abstand zu nehmen. Auch wurde ersucht, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

Demnach setzt die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne der vorerwähnten Gesetzesstelle aber unter anderem voraus, dass der Wiedereinsetzungswerber durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erlitten hat. Die auch im vorliegenden Beschwerdefall hinsichtlich der Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages somit entscheidende Rechtsfrage, ob der Bf durch die (angebliche) Versäumung der Rechtfertigungsfrist bzw. des dafür im erstbehördlichen Verfahren festgesetzten Termines einen (durch den Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuhelfenden) Rechtsnachteil erlitten hat, ist zu verneinen (auf die von der belangten Behörde für die Abweisung des Antrages gegebene Begründung braucht nicht näher eingegangen zu werden).

Wie oben bei der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt worden ist, ist das Verständigungsschreiben vom Ergebnis der Beweisaufnahme (datiert mit 09.01.2020) dem Bf am 14.01.2020 durch Hinterlegung zugestellt worden. Es war dem Bf eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens für eine Stellungnahme eingeräumt worden. Bis zum Ablauf dieser Frist (dem 28.01.2020) ist nun tatsächlich eine Äußerung bei der belangten Behörde (aus welchen Gründen auch immer) nicht eingelangt. Der Bescheid vom 03.02.2020 (betreffend Entziehung der Lenkberechtigung) ist dem Bf am 06.02.2020 durch Hinterlegung zugestellt worden. Das Schreiben der Rechtsanwältin (Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und neuerliche Vorlage der Stellungnahme) ist am 03.02.2020 (also noch vor Abfertigung des Entziehungsbescheides) bei der belangten Behörde eingelangt. Langt nun aber eine Stellungnahme der Partei zwar nach Ablauf der gesetzten Frist, aber noch vor Erlassung des Bescheides (hier: betreffend Entziehung der Lenkberechtigung) bei der Behörde ein, so hätte die Behörde sich mit diesem Vorbringen auseinandersetzen müssen (siehe dazu das Erkenntnis des VwGH vom 11.04.1988, Zl. 87/10/0003). Das zwischen Datierung und Zustellung des Bescheides bei der Behörde eingelangte Vorbringen wäre zu beachten. Der Bf übersieht aber, dass ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im Verfahren bei der belangten Behörde durch die im Beschwerdeverfahren mit der Beschwerde gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert wird (siehe dazu z.B. das Erkenntnis des VwGH vom 31.01.1995, Zl. 93/07/0112 u.v.a.).

Die dem Bf demnach offen gestandene Möglichkeit, den im behördlichen Verfahren allenfalls aufgetretenen Mangel der Verletzung des Parteiengehörs durch ein entsprechendes Vorbringen in seiner Beschwerde im Beschwerdeverfahren uneingeschränkt geltend zu machen, hätte – sofern der Bf davon auch Gebrauch gemacht hätte – zufolge der Bestimmung des § 24 Abs. 1 VwGVG die Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit unmittelbarer Beweisaufnahme ausgelöst (wobei anzumerken ist, dass die Ausführungen in der Stellungnahme des Bf bloß darin bestehen, aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit sei er auf den Führerschein angewiesen, was aber bei der Bemessung der Dauer der Entziehung völlig irrelevant ist).

Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf (bei der vorliegenden Fallkonstellation) dadurch, dass die im behördlichen Verfahren wegen der von der belangten Behörde angenommenen Fristversäumnis unterbliebene Prozesshandlung (hier: Bezugnahme auf seine – freilich nicht relevante – Äußerung) vor dem Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren hätte gesetzt werden können, keinen die Abhilfe durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erforderlich machenden Rechtsnachteil im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG erlitten hat (siehe dazu das Erkenntnis des VwGH vom 07.09.1995, Zl. 95/09/0176).

Damit sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aber nicht vorgelegen, sodass der Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückgewiesen werden muss.

Aufgrund der obigen Überlegungen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich keine über die Bedeutung des Einzelfalles hinausgehenden Rechtsfragen stellten.

Schlagworte

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Frist; Versäumung; Stellungnahme; Rechtsnachteil; Parteiengehör

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.131.036.3949.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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