TE Bvwg Beschluss 2019/8/20 L524 2219751-2

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Veröffentlicht am 20.08.2019
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Entscheidungsdatum

20.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §33
ZustG §9 Abs3

Spruch

L524 2219751-2/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien und Kocher - Bucher Rechtsanwälte OG, Friedrichgasse 31, 8010 Graz, gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.05.2019, Zl. 1210931800-181028102, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, den Beschluss:

A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 29.10.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 05.03.2019, Zl. 1210931800-181028102, wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 08.03.2019 bei der Post hinterlegt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 25.04.2019 über seinen gewillkürten Vertreter, den Verein Menschenrechte Österreich, Beschwerde und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

4. Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung des BFA vom 03.05.2019, Zl. 1210931800-181028102, wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

5. Gegen diese Erledigung richtet sich die Beschwerde vom 29.05.2019.

II. Feststellungen:

Die Erledigung des BFA vom 03.05.2019, Zl. 1210931800-181028102, wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung bei der Post am 07.05.2019 übermittelt.

Eine Zustellung an den Zustellbevollmächtigten des Beschwerdeführers, den Verein Menschenrechte Österreich, erfolgte nicht. Die Erledigung des BFA vom 03.05.2019 ist dem Zustellbevollmächtigten auch nicht tatsächlich zugekommen.

Gegen diese Erledigung richtet sich die Beschwerde vom 29.05.2019, die der Beschwerdeführer über einen nunmehr anderen gewillkürten Vertreter erhob.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellung, dass die Erledigung des BFA an den Beschwerdeführer persönlich übermittelt wurde, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Rückschein.

Die Feststellung, dass die Erledigung nicht an den Zustellbevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellet wurde und diesem auch nicht tatsächlich zugekommen ist, ergibt sich aus der Stellungnahme des Zustellbevollmächtigten vom 24.07.2019 und dem Aktenvermerk vom 29.07.2019. Demnach hat der Zustellbevollmächtigte erst durch die Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.06.2019, ob der Zustellbevollmächtigte die Erledigung erhalten hat, von dieser erfahren.

Dass vom BFA auch keine Zustellung an den Zustellbevollmächtigten des Beschwerdeführers veranlasst wurde, ergibt sich auch aus der Mitteilung des BFA vom 19.06.2019.

Die Feststellung, dass am 29.05.2019 Beschwerde gegen die Erledigung des BFA erhoben wurde, ergibt sich aus der e-mail vom 29.05.2019, mit der die Beschwerde an das BFA übermittelt wurde.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

1. Die Erlassung eines Bescheides setzt voraus, dass die betreffende Erledigung der Partei entweder mündlich verkündet oder zugestellt (ausgefolgt) wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 62, Rz 3). Wird ein "Bescheid" im Einparteienverfahren nicht ordnungsgemäß erlassen, dann wird er als Rechtsnorm nicht existent und ist daher auch nicht (dh von niemandem, zB mit Beschwerde an den VwGH) anfechtbar (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 62, Rz 8, mwM).

Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Ab dem Wirksamwerden einer Zustellungsvollmacht (Zugang an die Behörde) kann nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten zugestellt werden. Er ist als Empfänger zu bezeichnen. Zustellungen an den Vollmachtgeber selbst sind unwirksam (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 9, K23).

Mit der Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten gilt das Dokument als an die Partei bzw. den Beteiligten zugestellt; es treten die mit dem Dokument für die Partei (den Beteiligten) verbundenen Wirkungen (zB Erteilung einer Bewilligung) ein. Dies gilt für alle Dokumente, auch für Dokumente mit einem spezifisch personenbezogenen Inhalt wie zB Ladungen (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 9, K25).

Durch tatsächliches Zukommen an den gesetzlichen Vertreter wird auch die unwirksame Zustellung an eine prozessunfähige Person geheilt (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 9, K26).

Im vorliegenden Fall erhob der Beschwerdeführer über seinen gewillkürten Vertreter, den Verein Menschenrechte Österreich, am 25.04.2019 Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 05.03.2019 und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid es BFA vom 05.03.2019. Dem Schriftsatz vom 25.04.2019 war eine Vollmacht beigefügt, aus der hervorgeht, dass sich die Vollmacht ua. auch auf die Erhebung von Rechtsmitteln, die Stellung von sämtlichen Anträgen im Zusammenhang mit dem Verfahren und die Annahme von Zustellungen umfasst.

Das BFA vertritt die Auffassung, dass sich die Vollmacht des Vereins Menschenrechte Österreich auf das "INT-Verfahren" beziehe (ohne jedoch zu erläutern, was es unter dieser Bezeichnung versteht), nicht jedoch explizit auf das AVG- bzw. VwGVG-Verfahren. Dazu widersprüchlich geht das BFA dann aber in der Erledigung vom 03.05.2019 doch davon aus, dass der Beschwerdeführer vom Verein Menschenrechte Österreich vertreten werde (Seite 1 der Erledigung). Der Vollmacht lässt sich eine Einschränkung, dass sich diese nicht auf Verfahren nach dem AVG oder dem VwGVG beziehe, nicht entnehmen.

Der Ansicht des BFA, dass die vorgelegte Vollmacht nicht für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten würde, kann angesichts der Formulierungen in der Vollmacht nicht gefolgt werden. In der Vollmacht ist nämlich die Rede davon, dass diese ua. auf die Erhebung von Rechtsmitteln, die Stellung von sämtlichen Anträgen im Zusammenhang mit dem Verfahren und die Annahme von Zustellungen umfasst. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist eindeutig ein Antrag im Zusammenhang mit dem Verfahren. Außerdem ist auch eine Zustellvollmacht ausdrücklich in der Vollmacht geregelt. Würde die Vollmacht nicht für Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten, wie das BFA anlässlich der Zustellung meint, so hätte das BFA aber den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gar nicht behandeln dürfen und darüber auch keinen "Bescheid" erlassen dürfen. Dies hat das BFA jedoch getan. Insofern ist die Ansicht des BFA auch inkonsequent, wenn es einerseits für die Stellung des Antrags eine gültige Vollmacht annimmt, dann aber hinsichtlich der Zustellung des "Bescheids", mit dem über diesen Antrag abgesprochen wird, diese verneint.

Trotz Vorliegens einer gültigen Vollmacht und der Tatsache, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (wie auch die Beschwerde) vom gewillkürten Vertreter erhoben wurden und in der als Bescheid bezeichneten Erledigung vom 03.05.2019 der Verein Menschenrechte Österreich auch als Vertreter des Beschwerdeführers angeführt wird, stellte die belangte Behörde die Erledigung vom 03.05.2019 nur an den Beschwerdeführer persönlich, nicht jedoch an den Zustellbevollmächtigten, den Verein Menschenrechte Österreich, zu.

Ab dem Wirksamwerden einer Zustellungsvollmacht kann nur mehr an den Zustellungsbevollmächtigten zugestellt werden. Er ist als Empfänger zu bezeichnen. Zustellungen an den Vollmachtgeber selbst sind unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die Zustellung an den Beschwerdeführer persönlich unwirksam ist.

Durch tatsächliches Zukommen an den gesetzlichen Vertreter wird die unwirksame Zustellung an eine prozessunfähige Person geheilt. Dies liegt aber hier nicht vor. Dem Vertreter des Beschwerdeführers ist die Erledigung nicht tatsächlich zugekommen. Der Zustellmangel konnte daher nicht gem. § 9 Abs. 3 Zustellgesetz heilen.

Damit ist der "Bescheid" vom 03.05.2019 nicht ordnungsgemäß erlassen, weshalb er nicht existent und auch nicht anfechtbar ist. Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/08/0225).

Schlagworte

Empfänger mangelnde Beschwer Nichtbescheid Wiedereinsetzungsantrag Zurückweisung Zustellbevollmächtigter Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L524.2219751.2.00

Im RIS seit

15.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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