TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/3 L525 2222934-1

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Veröffentlicht am 03.09.2019
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Entscheidungsdatum

03.09.2019

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1
AsylG 2005 §9 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L525 2222934-1/2E

im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Aserbaidschan, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , StA: Aserbaidschan, diese wiederum vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.7.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid wird ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2.12.2014 wurde dem Beschwerdeführer subsidiärer Schutz gewährt.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung des Status des subsidiär Aufenthaltsberechtigten wurde mit Bescheid des BFA vom 13.12.2018 stattgegeben und wurde dieser bis zum 11.12.2020 verlängert.

Das BFA stellte mit Amtsvermerk vom 12.7.2019 fest, dass die Mutter des Beschwerdeführers sowie seine fünf Geschwister über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" verfügen.

Mit Stellungnahme vom 17.7.2019 führte der Vater des Beschwerdeführers aus, nach der Geburt des Beschwerdeführers seien sie beim BFA in Linz gewesen und sei ihnen dort mitgeteilt worden, dass sie über zwei Aufenthaltsbewilligungen verfügen würden, nämlich "Daueraufenthalt-EU" und den Status des subsidiär Schutzberechtigten. Der Vater hätte beides behalten dürfen, weswegen sie für den Beschwerdeführer einen Antrag auf subsidiären Schutz gestellt hätten. Dies sei ein Missverständnis gewesen, sie würden lieber den Daueraufenthalt-EU behalten.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 30.7.2019 wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid vom 2.12.2014 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die mit Bescheid vom 13.12.2018 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.

Das BFA stellte fest, die Identität des Beschwerdeführers stehe fest, er sei Staatsbürger von Aserbaidschan. Den Familienangehörigen sei vom Magistrat Linz am 29.4.2017 bzw. am 25.9.2017 ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" erteilt worden. Dem Beschwerdeführer drohe im Falle der Rückkehr keine Gefahr. Gründe, die die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer erhob durch seine Vertreterin Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde habe richtig festgestellt, dass die anderen Familienmitglieder des Beschwerdeführers über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" verfügen würden. Der Beschwerdeführer verfüge jedoch aufgrund seines Alters über keinen solchen Aufenthaltstitel. Der Ansicht der Behörde, dass dem Beschwerdeführer in Aserbaidschan keine Gefahr drohen würde, müsse widersprochen werden. Der Beschwerdeführer lebe seit seiner Geburt in Österreich und habe der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt und seine Familie in Österreich. Aufgrund der Tatsache, dass die Familienangehörigen des mj Beschwerdeführers alle einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" haben, hätte dem Beschwerdeführer sein subsidiärer Schutz nicht aberkannt werden dürfen und ihm eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG erteilt werden müssen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer wurde am 2.11.2014 in Linz geboren. Dem Beschwerdeführer wurde erstmals mit Bescheid vom 2.12.2014 der Status des subsidiär Schutzberechtigten erteilt. Mit Bescheid vom 13.12.2018 wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten des Beschwerdeführers bis zum 11.12.2020 verlängert. Seine Eltern verfügen derzeit über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU". Im Akt befindet sich ein Auszug aus der fremdenrechtlichen Kartenbeauftragung vom 13.8.2019, wonach dem Beschwerdeführer ein "Daueraufenthalt-EU" (int. Schutzberechtigte) zukommt. Ausstellungsbehörde ist der Magistrat Linz, Ausstellungsdatum ist der 2.11.2019.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 2005, idgF lautet auszugsweise:

"Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen."

Die belangte Behörde stützt den gegenständlichen Bescheid darauf, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keine Gefahr mehr drohen würde. Die Beschwerde hält dem im Wesentlichen entgegen, dass der Beschwerdeführer fünf Jahre alt sei und in Aserbaidschan in eine existenzielle Notlage geraten würde.

Damit zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Dem angefochtenen Bescheid kann zunächst nicht entnommen werden, auf welchen Tatbestand die belangte Behörde nun die amtswegige Aberkennung genau stützt. Ausführungen, weswegen die belangte Behörde nunmehr davon ausgeht, dass dem fünfjährigen Beschwerdeführer nunmehr keine Gefahr iSd § 8 AsylG droht, sind nicht erkennbar. Soweit die belangte Behörde ausführt, der Beschwerdeführer habe keine Gründe angegeben, die gegen die Aberkennung sprechen würden, ist dem entgegenzuhalten, dass die auch belangte Behörde keine Gründe aufzeigt, die eine amtswegige Aberkennung rechtfertigen würden, sieht man davon ab, dass die Eltern des Beschwerdeführers über einen "Daueraufenthalt-EU" verfügen. Das erkennende Gericht wagt zu bezweifeln, dass dem fünfjährigen, in Österreich geborenen Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Aserbaidschan keine in § 8 AsylG angeführten Rechtsverletzungen drohen könnten, womit sich die belangte Behörde allerdings nicht auseinandersetzte. Die Voraussetzungen für eine amtswegige Aberkennung liegen somit gegenständlich nicht vor.

Soweit die Beschwerde argumentiert, die belangte Behörde hätte die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklären müssen und einen Titel gemäß § 55 AsylG erteilen müssen, so übersieht die Beschwerde dabei, dass die belangte Behörde eben keine Rückkehrentscheidung erlassen hat, obwohl sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG dazu eigentlich verpflichtet gewesen wäre (vgl. die in Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, S 710, angeführten Erläuterungen). Dem erkennenden Gericht war dies aber verwehrt. Der Beschwerde ist aber auch hier beizupflichten, dass das gesamte Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich stattfindet.

Durch die Aufhebung des gegenständlichen Bescheides tritt das Verfahren wieder in die Lage zurück, in der es vor dem gegenständlichen Bescheid war. Das bedeutet, dass der Beschwerdeführer derzeit wieder über ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG verfügt, welches mit 11.12.2020 ausläuft.

Absehen von der mündlichen Verhandlung:

§ 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017 lautet:

Da aufgrund der Aktenlage bereits feststand, dass der Bescheid zu beheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 Aberkennungsverfahren Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Familienleben Minderjährigkeit subsidiärer Schutz Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2222934.1.00

Im RIS seit

15.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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