TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/4 96/18/0223

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Veröffentlicht am 04.12.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992;
AVG §38;
FrG 1993 §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des E in Wien, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. August 1995, Zl. SD 951/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. August 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Gemäß § 17 Abs. 1 FrG seien Fremde - gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf § 19 leg. cit. - mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten.

Der Beschwerdeführer sei nach der Aktenlage am 8. April 1992 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist und habe am 5. Juni 1992 bei der Erstbehörde einen Sichtvermerksantrag gestellt, der - nach Weiterleitung an den Landeshauptmann von Wien - von diesem rechtskräftig abgewiesen worden sei. Da der Beschwerdeführer somit über keine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet verfüge - wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes sei er bereits rechtskräftig bestraft worden -, gehe die Erstbehörde zu Recht davon aus, daß die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG gegeben seien.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so liege aufgrund des kurzen und zum Teil illegalen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich ein mit dieser Maßnahme verbundener Eingriff in sein Privatleben nicht vor. Ebensowenig könne er sich auf familiäre Bindungen berufen, da sein Bruder nur dann vom Schutzbereich des § 19 FrG erfaßt wäre, wenn der Beschwerdeführer mit diesem im gemeinsamen Haushalt lebte, was jedoch nach der Aktenlage nicht der Fall sei. Im vorliegenden Fall sei daher die Frage, ob die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei, nicht zu prüfen gewesen. Sohin sei die Ausweisung zu Recht verfügt worden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 27. Februar 1996, B 3103/95, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsberechtigung verfüge. Aufgrund der unbestritten gebliebenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid besteht gegen diese Auffassung kein Einwand.

Der Beschwerdeführer führt indes ins Treffen, daß die belangte Behörde im Hinblick auf seine beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde gegen den seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ablehnenden Bescheid gemäß § 38 AVG das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Ausweisungsverfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofes über den hiefür eine Vorfrage darstellenden ablehnenden Bescheid betreffend die Aufenthaltsbewilligung auszusetzen gehabt hätte und somit den angefochtenen Bescheid nicht hätte erlassen dürfen.

Diesem Vorbringen ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach die Frage, ob sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 17 Abs. 1 FrG) keine Vorfrage iSd § 38 AVG darstellt, folglich eine Aussetzung des Ausweisungs-Verfahrens im Grunde dieser Bestimmung bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über den abweislichen Bescheid nach dem Aufenthaltsgesetz schon deshalb nicht in Betracht kommt (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0173).

Vor diesem Hintergrund versagt auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe mit dem Beschwerdeführer die Tatsache der Anhängigkeit eines Beschwerdeverfahrens gegen die Versagung der Aufenthaltsbewilligung beim Verwaltungsgerichtshof nicht erörtert, um seine diesbezüglichen Behauptungen im Verwaltungsverfahren "zu objektivieren".

Die belangte Behörde hat somit das Vorliegen der Voraussetzung des § 17 Abs. 1 FrG für die Erlassung einer Ausweisung gegen den Beschwerdeführer - vorbehaltlich deren Zulässigkeit nach § 19 FrG - zu Recht bejaht.

2. Gegen die Beurteilung der belangten Behörde nach § 19 FrG bringt die Beschwerde nichts vor. Der Beschwerdeführer hat nach Abweisung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Jänner 1995 Österreich nicht verlassen, sondern ist weiterhin - (nach Ausweis des Verwaltungsaktes) auch trotz rechtskräftiger Bestrafung wegen unbefugten Aufenthaltes - hier geblieben. Er hat dadurch gegen das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten, dem nach der ständigen Rechtsprechung aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH), gravierend verstoßen. Demgegenüber sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers (auf der Grundlage der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen nur etwa 3 1/3jähriger Aufenthalt in Österreich, inländischer Aufenthalt des Bruders des Beschwerdeführers, der mit diesem aber nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebt) keineswegs so stark ausgeprägt, daß sie dieses maßgebliche öffentliche Interesse überwiegen könnten. Auch wenn die belangte Behörde in verfehlter Weise keine Abwägung im Grunde des § 19 FrG vorgenommen hat, stünde diese Bestimmung der Ausweisung des Beschwerdeführers somit nicht entgegen.

3. Da nach dem Gesagten der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996180223.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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