Entscheidungsdatum
09.09.2019Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
L5152221417-1/6E
BESCHLUSS
A.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter in der Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Slowakei gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18. bzw. 19.4.2019, funktionell einschreitend als Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als belangte Behörde (do. AZ.: XXXX ), beschlossen:
Die Beschwerde wird gem. §§ 7 Abs. 4, 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF als verspätet zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG in nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Am 18.4.2019 wurde die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bezeichnet) einer polizeilichen Kontrolle unterzogen. Hierbei wurde festgestellt, dass ein aufrechtes Aufenthaltsverbot besteht. In weiterer Folge wurde die bP angehalten und aufgrund einer Anordnung des Journaldienstes der belangten Behörde ("bB") am 19.4.2019 den Organen der Justizwache übergeben.
Mit Schreiben vom 28.4.2019 brachte die bP hiergegen eine Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beim nach Dafürhalten der bP zuständigen Landesverwaltungsgericht ein.
Das oa. Landesverwaltungsgericht stellte seine sachliche Unzuständigkeit fest und leitete die Beschwerde gem. § 6 AVG an das ho. Gericht weiter, wo sie am 18.7.2019 einlangte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die relevanten Feststellungen ergeben sich aus dem bereits beschriebenen Verfahrenshergang.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und von den Verfahrensparteien unbestrittenen Inhalt der Verwaltungsakten, dem Vorbringen der bP und dem sonstigen Inhalt des vorliegenden Gerichtsaktes.
3.Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit:
3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z 4).
Gem. § 3 BFA-VG ist die Behörde im Inland nach diesem Bundesgesetz das Bundesamt mit bundesweiter Zuständigkeit.
Dem Bundesamt obliegt
1. die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem AsylG 2005,
2. die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem AsylG 2005,
3. die Anordnung der Abschiebung, die Feststellung der Duldung und die Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen von EWR-Staaten gemäß dem 7. Hauptstück des FPG,
4. die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG,
5. die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
6. die Vorschreibung von Kosten gemäß § 53 und
7. die Führung von Verfahren nach dem Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 (GVG-B 2005), BGBl. Nr. 405/1991, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren.
Weiters ist das Bundesamt zur Vollstreckung der von ihm erlassenen Bescheide sowie der vom Bundesverwaltungsgericht ausgefertigten Erkenntnisse und Beschlüsse in den Angelegenheiten seines sachlichen Wirkungsbereichs zuständig. Es gilt das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991. Die in diesem Bundesgesetz, im AsylG 2005 und im FPG eingeräumten besonderen Zwangsbefugnisse bleiben unberührt.
Gem. § 34 BFA-VG ist das Bundesamt für fremdenwesen und Asyl unter den dort genannten Voraussetzungen berechtigt, Festnahmeaufträge, bzw. gem. § 35 leg. cit. Durchsuchungsaufträge zu erlassen.
Speziell ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl berechtigt, einen Festnahmeauftrag zu erlassen, wenn der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG (dieser befindet sich im 7. Hauptstück des leg. cit.), in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung und Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokuments bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat (§ 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG).
Gemäß § 3 Abs. 2 FPG werden im Rahmen des 7., 8. und 11. Hauptstückes dieses Bundesgesetzes die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) als Behörde erster Instanz über dessen Auftrag oder aus Eigenem tätig.
Gemäß § 6 BFA-VG haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes das Bundesamt für fremdenwesen und Asyl bei der Erfüllung seiner Aufgaben, insbesondere durch die Wahrnehmung der ihnen gem. §§ 36 - 47 eingeräumten Aufgaben und Befugnisse zu unterstützen.
Gemäß § 37 Abs. 1 BFA-VG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Grundstücke, Räume, Betriebsstätten, Arbeitsstätten sowie Fahrzeuge zu betreten, soweit ein Durchsuchungsauftrag (§ 35 leg. cit) vorliegt und dies zur Durchsetzung des Auftrages notwendig ist. Diese Befugnis kann unter den Voraussetzungen des § 47 BFA-VG durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch unmittelbare Zwangsgewalt durchgesetzt werden.
Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1.-gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2.-gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3.-wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4.-gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs 4.
Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG (§§ 34 - 47 BFA-VG) und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG (Z 3).
3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen ist oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gem. § 28 Abs. 1 VwGVG in der Rechtssache durch Erkenntnis zu entscheiden. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss (§ 31 Abs. 1 VwGVG).
Gem. § 20 VwGVG sind Beschwerden über die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt gem. Art. 130 Abs. 1 Z2 B-VG unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Im gegenständlichen Fall schritten die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gem. § 40 BFA-VG ein weshalb die Amtshandlung der bB zuzurechnen und eine Beschwerde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG an das Bundesverwaltungsgericht zu richten ist.
Zu Spruchteil A):
3.2. Verspätete Einbringung der Beschwerde
Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen (§ 7 Abs. 4 VwGVG) und beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung (§ 4 Abs. 4 Z 3 VwGVG). Die Fristenberechnung erfolgt nach den Grundsätzen der §§ 32 f AVG, demnach enden Fristen, die nach Wochen berechnet werden mit dem Ablauf desjenen Tages der letzten Woche, der seiner Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat, es sei denn das Ende der Frist fällt auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24 Dezember. In diesen Fällen endet die Frist am nächsten Tag, der nicht als einer der vorgenannten Tage anzusehen ist. Der Postlauf wird in die Frist nicht eingerechnet.
Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht hat seine örtliche Zuständigkeit amtswegig vorzunehmen. Langen bei Ihr, bzw bei ihm Anbringen ein, zu deren Handlung sie bzw. es nicht zuständig ist, so hat sie bzw. es diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen (§§ 6 AVG, 17 VwGVG). Das bedeutet, dass derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde oder an ein unzuständiges Verwaltungsgericht wendet, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile wie etwa die Fristversäumnis unter allen Umstanden, selbst dann, wenn ein Anbringen nicht ohne unnötigen Aufschub weiteregeleitet wird, zu tragen hat. Insbesondere wird dadurch der Fristenlauf weder gehemmt noch unterbrochen, sodass ein fristgebundenes Anbringen nur dann nicht als verspätet ist, wenn das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde einlangt oder iSd § 33 Abs. 3 AVG der Post zur Beförderung oder einem elektronischen Zustelldienst zur nachweisbaren elektronischen Übersenden an die zuständige Behörde übergeben wird (Hengstschläger/Leeb, § 6 AVG, RZ 11 mwN).
Die Frist zur Einbringung der Beschwerde die beschriebene Amtshandlung begann spätestens am 19.4.2019 zu laufen und endete mit Ablauf des 31.4.2019. Nachdem die Beschwerde nach Einbringung beim unzuständigen Landesverwaltungsgericht auf die Gefahr der bP gem. § 6 AVG an das ho. Gericht weitergeleitet wurde, langte sie am 18.7.2019 und somit verspätet beim ho. Gericht ein.
Die Beschwerde wurde daher beim ho. Gericht verspätet eingebracht und war daher ohne sie weiter meritorisch zu prüfen zurückzuweisen.
3.3. Da weder die bB noch die bP einen Antrag auf Ersatz der Kosten iSd § 35 VwGVG stellten, war hierüber nicht abzusprechen.
Zu B):
Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Der gegenständliche Fall wirft keinerlei Rechtsfragen - schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung - auf. Wie unzweifelhaft der rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung in den genannten Spruchpunkten weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung. Auch ist die im vorliegenden Fall maßgebende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das ho. Gericht orientiert sich an der ständigen einheitlichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung bzw. am eindeutigen Wort der hier anzuwendenden Bestimmungen, welche keine andere Auslegung zulassen.
Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.
Schlagworte
Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Maßnahmenbeschwerde Rechtsmittelfrist unzuständige Behörde Verspätung Weiterleitung ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2221417.1.00Im RIS seit
15.09.2020Zuletzt aktualisiert am
15.09.2020