TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/10 L508 1422123-4

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Veröffentlicht am 10.09.2019
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Entscheidungsdatum

10.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3
FPG §55 Abs2
VwGVG §8a

Spruch

L508 1422123-4/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. bis Spruchpunkt VI. und Spruchpunkt IX. wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 13 Abs. 2, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 sowie § 53 Abs. 1 und 3 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Spruchpunkt VIII. hat zu lauten: Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

III. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

IV. Der Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers wird gemäß § 8a VwGVG und § 52 BFA-VG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und dem paschtunischen Stamm der Turi sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 17.08.2011 beim Bundesasylamt (nachfolgend: BAA) einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er am 18.08.2011 erstbefragt (Aktenseite des ersten Verwaltungsverfahrensaktes [im Folgenden: EAS] 11 - 19) und am 06.10.2011 von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen (EAS 83 - 94).

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der BF im Erstverfahren vor dem BAA im Wesentlichen vor, er sei von den Taliban entführt und zehn bis fünfzehn Tage angehalten worden. Unter der Bedingung, dass er für die Taliban als Spitzel arbeite, sei er wieder freigelassen worden. Er hätte über die Geschehnisse im Dorf berichten sollen. Weil er das nicht gemacht habe, sei er etwa ein Jahr später von den Taliban mit einem Auto angefahren und an einem Bein verletzt worden. Nach der Behandlung seiner Beinverletzung sei er aus Angst vor den Taliban geflüchtet.

2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des BAA vom 12.10.2011 (EAS 105 - 153) gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt (Spruchpunkt III.).

3. Die fristgerecht eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.10.2011 wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes, E11 422.123-1/2011/6E (EAS 185 - 226), vom 07.08.2012 gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1, 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis wurde - unter näher dargelegten Gründen - ausgeführt, warum das Vorbringen nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen könne, warum kein subsidiärer Schutz zu gewähren sei und warum die Ausweisung nach Pakistan zulässig sei. Im Wesentlichen wurde dem Vorbringen die Glaubwürdigkeit versagt. Im Rahmen einer Eventualbegründung wurde begründend ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst bei Glaubwürdigkeitsunterstellung aufgrund der Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative keine Asylrelevanz beizumessen sei. Ferner wurde umfassend dargetan, warum dem Beschwerdeführer kein subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Letztlich wurde begründend dargetan, warum die Ausweisung aus Österreich nach Pakistan zulässig sei.

Dieses Erkenntnis erwuchs am 08.08.2012 in Rechtskraft.

4. Am 10.09.2012 brachte der BF seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein (Aktenseite des zweiten Verwaltungsverfahrensaktes [im Folgenden: ZAS] 17). Dazu wurde der BF erstbefragt (ZAS 15 - 21) und am 18.09.2012 sowie 18.10.2012 von einem Organwalter des BAA (ZAS 63 - 71 und 155 - 215) niederschriftlich einvernommen.

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der BF im Wesentlichen vor, dass in Pakistan Krieg herrsche. Mit den Taliban, Sunniten und Schiiten gebe es viele Probleme. Des Weiteren hätte er eine Beziehung zu einem Mann und könnte er wegen seiner sexuellen Orientierung nicht nach Pakistan zurückkehren. Der Freund komme ebenfalls aus Pakistan.

5. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.10.2012 (ZAS 223 - 319) wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der BF gem. § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen.

6. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 25.10.2012 (ZAS 335 - 339) innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

7. Die fristgerecht eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.10.2012 wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes, E11 422.123-2/2012/4E, vom 08.11.2012 gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF und § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.

Dieses Erkenntnis erwuchs am 13.11.2012 in Rechtskraft.

8. Am 30.09.2013 brachte der BF seinen dritten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein (Aktenseite des dritten Verwaltungsverfahrensaktes [im Folgenden: DAS] 47).

9. Im Rahmen der Erstbefragung (DAS 45 - 53) - ähnlich in den Einvernahmen vor dem BAA am 23.10.2013 (DAS 199 - 217) und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 09.06.2015 - gab der Beschwerdeführer an, dass er den nunmehr dritten Asylantrag deshalb stelle, da seine Fluchtgründe noch immer aufrecht seien. Bei der zweiten Asylantragstellung habe er auf Anraten seines Rechtsanwaltes einen falschen Fluchtgrund angegeben. Die Fluchtgründe, welche er bei der zweiten Antragstellung angegeben habe, würden nicht der Wahrheit entsprechen. Er habe seinem damaligen Anwalt vertraut; das sei aber ein Fehler gewesen. Der Grund für die dritte Asylantragstellung sei, dass sein Leben in Pakistan wegen der Taliban noch immer in Gefahr sei. Er sei im Jahr 2008 von den Taliban festgenommen, rund zehn Tage angehalten und im Rahmen dieser Festnahme auch misshandelt worden. Grund hierfür sei gewesen, dass ihn die Taliban zur Zusammenarbeit zwingen wollten. Gegen die Zusage, mit den Taliban zusammenzuarbeiten und ihnen Informationen zu liefern, sei er freigelassen worden. Dieser Zusage sei er aber nicht nachgekommen und sei er rund ein Jahr später von den Taliban erneut attackiert worden. Beim Versuch zu flüchten, sei er von den Taliban mit dem Auto angefahren und verletzt worden. Daraufhin sei er im Krankenhaus wegen eines Oberschenkelbruches behandelt worden. Mehrere Verwandte seien mittlerweile getötet worden. Er habe von den Taliban auch Drohbriefe erhalten. Ferner habe er auch religiöse Probleme da er Schiit sei. Hinzu komme, dass er in Österreich auch an Demonstrationen vor der pakistanischen Regierung teilgenommen habe und fürchte er deswegen auch eine Gefährdung seitens des pakistanischen Staates. Der pakistanische Geheimdienst habe die Demonstration und deren Teilnehmer fotografiert und deshalb fürchte er eine Bestrafung durch den pakistanischen Staat.

10. Der seitens des BAA in Auftrag gegebenen gutachterlichen Stellungnahme vom 07.11.2013 (DAS 239 - 253) ist zu entnehmen, dass beim BF zum Zeitpunkt der Untersuchung eine Anpassungsstörung F43.21 bei bestehenden psychosozialen Belastungen vorliege. Es bestehe keine akute Suizidalität. Es wären keine medizinischen oder therapeutischen Maßnahmen anzuraten.

11. Im Rahmen einer Urkundenvorlage vom 10.03.2014 (DAS 255 ff) traf der BF erneut Ausführungen zu den gewaltsamen Übergriffen der Taliban und zur Situation der Schiiten in Pakistan. Des Weiteren brachte der BF Unterlagen bezüglich seiner Integration in Vorlage.

12. Dem seitens des BFA in Auftrag gegebenen (DAS 413 f) psychiatrisch-neurologischen Gutachten vom 10.07.2014 (DAS 429 - 447) ist zu entnehmen, dass sich beim BF aus psychiatrischer Sicht eine leichtgradige Anpassungsstörung mit längerdauernder depressiver Reaktion (F43.21) finde. Eine akute psychiatrische Behandlung sei derzeit nicht indiziert. Der BF sei aus psychiatrischer Sicht als reisefähig zu erachten.

13. Am 09.09.2014 langte beim BFA ein Konvolut an Länderberichten und ein österreichischer Zeitungartikel zur (Sicherheits-)situation in Pakistan ein (DAS 471 - 571).

14. Der Beschwerdeführer brachte mit Schreiben vom 03.11.2014 ein psychiatrisches Sachverständigengutachten vom 24.10.2014 (DAS 577 - 587) in Vorlage, in welchem eine andauernde Persönlichkeitsstörung mit selbstschädigendem Verhalten diagnostiziert wird. Eine medikamentöse Behandlung und Psychotherapie werden empfohlen. Eine Abschiebung hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Retraumatisierung und eine akute Suizidalität zur Folge.

15. Mit Schreiben vom 11.01.2015 brachte der BF mehrere Referenzschreiben, einen Zeitungsartikel und Ablichtungen über die Ermordung eines schiitischen Klerikers und einen Bericht über die Situation in den ehemaligen Stammesgebieten unter der pakistanischen Bundesverwaltung in Vorlage (DAS 599 - 633).

16. Mit Schreiben vom 31.05.2015 übermittelte der BF an das BFA ein Konvolut an Länderberichten zur Sicherheitssituation in Pakistan und hinsichtlich seiner Herkunft als Schiit aus Parachinar (DAS 643 - 677).

17. Im Zuge zweier Stellungnahmen vom 22.06.2015 und vom 23.06.2015 (DAS 683 - 687, 727 - 731) wurde seitens des BF - abgesehen von der Wiederholung seines Fluchtvorbringens und der Darstellung seines Gesundheitszustandes - auf die massive Verschlechterung der Sicherheitslage in Pakistan und in den ehemaligen Stammesgebieten unter der pakistanischen Bundesverwaltung, speziell für Angehörige der schiitischen Glaubensgemeinschaft, hingewiesen. Zudem sei der BF aufgrund seines langen Auslandsaufenthaltes in Gefahr, in das Fadenkreuz der Taliban zu geraten, weil er durch seinen westlichen Lebensstil auffalle. Darüber hinaus stehe er in Gefahr, durch seine politischen Aktivitäten in Österreich, die den pakistanischen Behörden nicht verborgen geblieben sein können, zum Ziel staatlicher Verfolgung zu werden.

Der Stellungnahme vom 22.06.2015 sind zahlreiche medizinische Unterlagen des BF angeschlossen.

18. Mit Bescheid vom 04.09.2015 (DAS 741 - 833) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ferner stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass dem Asylwerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt werde. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte III. und IV.). Im Wesentlichen mit der Begründung der mangelnden Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens.

20. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das BVwG (DAS 849 - 881). Hinsichtlich des detaillierten Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

21. Der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.11.2016, Zl. L508 1422123-3/6E, stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverwiesen.

Diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt begründet:

......"2.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:

2.2.1. Der angefochtene erstinstanzliche Bescheid stützt sich letztlich im Wesentlichen darauf, dass das Vorbringen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig sei.

Eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers lässt der angefochtene Bescheid aber zur Gänze vermissen.

Dem Bundesamt ist insbesondere anzulasten, dass es sich mit einigen wesentlichen vom Beschwerdeführer vorgebrachten Asylgründen nicht oder nicht gehörig auseinandergesetzt hat:

So gab der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich auch an Demonstrationen vor der pakistanischen Regierung teilgenommen habe und er deswegen auch eine Gefährdung seitens des pakistanischen Staates befürchte. Der pakistanische Geheimdienst habe die Demonstration und deren Teilnehmer fotografiert und deshalb fürchte er eine Bestrafung durch den pakistanischen Staat. Dieses Vorbringen hat die belangte Behörde jedoch zur Gänze negiert und fand dieses weder Eingang in die Beweiswürdigung noch rechtliche Würdigung des angefochtenen Bescheides.

Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer auch religiöse Probleme wegen seiner schiitischen Religionszugehörigkeit vor und hat sich die belangte Behörde auch mit diesem Vorbringen nicht gehörig auseinandergesetzt.

Im fortgesetzten Verfahren ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher gehalten, den Beschwerdeführer zu seinen Asylgründen erneut zu befragen und im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu überprüfen, ob dieses Vorbringen einen "glaubhaften Kern" aufweist und wird dieses einer entsprechenden Würdigung zu unterziehen sein (vgl. VwGH vom 16.02.2006, Zl. 2006/19/0380; 22.12.2005, Zl. 2005/20/0556).

2.2.2. Der angefochtene Bescheid leidet auch unter dem Mangel, dass sich die belangte Behörde nicht im ausreichenden Maße mit dem Inhalt der vorgelegten Beweismittel auseinandergesetzt hat. Sie stellte einerseits weder fest, ob aus diesen ein für das Verfahren des Beschwerdeführers taugliches Beweisthema ableitbar ist und falls dies der Fall sein sollte, welchen Beweiswert diesen Bescheinigungsmitteln zukommt und in welchem Verhältnis dieser Beweiswert zu den Angaben des Beschwerdeführers steht. So hat die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Drohbriefe der Taliban keiner Beweiswürdigung unterzogen und sich auch generell damit nicht auseinandergesetzt. Selbiges gilt für die Mitgliedsbestätigung zum Stamm der Turi in Pakistan. Eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung des Inhaltes der Beweismittel oder deren Echtheit erfolgte jedenfalls nicht. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde kam letztlich ohne erforderliche Miteinbeziehung der vorliegenden Bescheinigungsmittel zu Stande. Die belangte Behörde wird sich daher vom Inhalt der Bescheinigungsmittel ausreichend Kenntnis zu verschaffen haben, sich mit deren Authentizität und Echtheit (was wohl im Lichte des gegenwärtigen Ermittlungsstandes ohne eine Auseinandersetzung mit dem vorgelegten Quellenmaterial auf gutachterlichem Niveau bzw. Recherchen vor Ort oder diesen gleichwertigen Ermittlungsschritten nicht möglich sein wird), im Rahmen einer äußeren und inneren Quellenanalyse auseinandersetzen zu haben. Hierzu wird es jedenfalls nicht ausreichen, sich auf die Berichtslage im Zusammenhang mit der Erlangbarkeit ge- und verfälschter Dokumente zurückzuziehen, denn diese Feststellungen entbinden die belangte Behörde nicht der Obliegenheit, sich mit der Echtheit und Authentizität der vorgelegten Dokumente im Rahmen einer weiteren -über die bloße Befragung des Beschwerdeführers und Prüfung der allgemeinen Berichtslage hinausgehenden- Ermittlungstätigkeit näher auseinanderzusetzen, insbesondere wenn die vorgelegten Bescheinigungsmittel sich auf den behauptetermaßen ausreisekausalen Sachverhalt beziehen und diesen -zumindest mittelbar- bestätigen. Sollten sich die Dokumente als echt und deren Inhalt als authentisch erweisen, wird sich die Behörde damit auseinanderzusetzen haben, welche Auswirkungen dieser Umstand auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers hat. Eine abschließende Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Unterlagen wird ohne eine weitere Befragung des Beschwerdeführers bzw. einer genauen Erörterung des Inhalts der Beweismittel im Lichte der von ihm bereits getätigten Aussagen nicht möglich sein. Im Rahmen der ergänzenden Ermittlungen wird die belangte Behörde auch die Frage, ob die vom Beschwerdeführer behaupteten Vorfälle tatsächlich stattgefunden haben und der Beschwerdeführer einer Gefährdung seitens der Taliban wie auch seitens des Staates ausgesetzt ist, zu klären haben.

2.2.3. Insofern sich die belangte Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung auf einzelne geringfügige Widersprüche im Vorbringen stützt, so ist festzuhalten, dass beim Beschwerdeführer eine psychische Erkrankung attestiert wurde. Auch im vom Bundesamt beauftragten psychiatrisch-neurologischen Gutachten vom 10.07.2014 wird eine leichtgradige Anpassungsstörung mit längerdauernder depressiver Reaktion diagnostiziert. In einem vom Beschwerdeführervertreter in Vorlage gebrachten psychiatrischen Sachverständigengutachten vom 24.10.2014 wurde eine andauernde Persönlichkeitsstörung mit selbstschädigendem Verhalten diagnostiziert. Eine medikamentöse Behandlung und Psychotherapie werden empfohlen. Eine Abschiebung hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Retraumatisierung und eine akute Suizidalität zur Folge. Diese existente und do. auch bescheinigte psychische Beeinträchtigung des BF blieb im Bescheid des BFA gänzlich unerwähnt und fand in rechtswidriger Weise keinerlei Berücksichtigung in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides. Das BFA wäre dazu jedoch im Lichte der nachstehenden höchstgerichtlichen Judikatur verpflichtet gewesen.

In diesem Zusammenhang wird seitens der erkennenden Richterin auf in diesem Verfahren zum Tragen kommende einschlägige höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach psychische Erkrankungen im Hinblick auf konstatierte Unstimmigkeiten im Aussageverhalten zu berücksichtigen sind (VwGH 15.03.2010, 2006/01/0355-13 unter Hinweis auf VwGH 16.04.2009, 2007/19/1193, VwGH 20.02.2009, 2007/19/0827 bis 0829, VwGH 28.06.2005, 2005/01/0080 mwH), kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass die im bekämpften Bescheid konstatierten Unstimmigkeiten im Aussageverhalten des BF auf dessen Beeinträchtigung zurückzuführen sind.

2.2.4. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde auch mit der aktuellen Sicherheitslage in der Region Kurram Agency nicht hinreichend auseinandergesetzt hat, und wird auch der Umstand, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Paschtunen aus der genannten Region handelt, einer entsprechenden Würdigung zu unterziehen sein. Auch diesbzgl. lässt der angefochtene Bescheid entsprechenden Ermittlungen bzw. Auseinandersetzung vermissen.

2.2.5. Überdies hat es die belangte Behörde unterlassen, sich mit dem Umstand, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Zugehörigen zum Stamm der Turi handelt, auseinanderzusetzen. Eine Befragung des Beschwerdeführers zu seiner Stammeszugehörigkeit, etwaiger darauf resultierender Probleme sowie entsprechende erforderliche Ermittlungen wurden unterlassen. Ebenso lässt der erstinstanzliche Bescheid jegliche Feststellungen zum Stamm der Turi vermissen. Der belangten Behörde müssten jedoch die aktuellen länderkundlichen Informationen zum Stamm der Turi, aus welchen sich im wesentlichen ergibt, dass Angehörige dieses Stammes aufgrund der historischen Geschehnisse einer erhöhten Gefährdung unterliegen können, bekannt sein. Dies müsste dem BFA als Spezialbehörde für Asyl- und Fremdenrecht jedenfalls bekannt sein, jedoch lässt der erstinstanzliche Bescheid jegliche Feststellungen hierzu sowie eine entsprechende Auseinandersetzung im Rahmen der rechtlichen Würdigung vermissen. Auch dies wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren nachzuholen haben.

2.2.6. Im Rahmen der nachzuholenden Ermittlungstätigkeiten wird sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinreichend auseinanderzusetzen haben, werden sämtliche vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Beweismittel einer Überprüfung zuzuführen und letztlich entsprechend zu würdigen sein. Das BFA wird den Beschwerdeführer auch ein weiteres Mal zu befragen haben. Ebenso wird es dem Beschwerdeführer das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis zu bringen und ihm die Gelegenheit einzuräumen haben, sich hierzu zu äußern. In weiterer Folge wird das BFA das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer schlüssigen Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen zu haben, welche als Basis für die rechtliche Beurteilung dienen.

Das BFA übersah auch, dass beweiswürdigende Überlegungen zur Stichhaltigkeit einer Fluchtgeschichte sich regelmäßig nicht auf das Vorbringen des Asylwerbers beschränken dürfen. Vielmehr bedarf es idR auch einer Betrachtung der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat des Betreffenden, weil seine Angaben letztlich nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich sind (VwGH 18.4.2002, 2001/01/0002; in diesem Sinne auch VwGH 28.1.2005, 2004/01/0476). Von den Asylbehörden ist eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten. Die Behauptungen des Asylwerbers sind auch am Verhältnis zu der Berichtslage in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will, zu messen (VwGH 30.9.2004, 2001/20/0135, in diesem Sinne auch VwGH 31.5.2005, 2005/20/0176). Auch der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis 2001/10/02 B 2136/00 davon aus, dass sich die Asylbehörden nicht mit Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat begnügen dürfen, sondern fallbezogen konkrete Ermittlungen in Bezug auf das individuelle Vorbringen tätigen müssen, um dieses einer Plausibilitätskontrolle unterziehen zu können. Nach Ansicht des zitierten VfGH Erkenntnis besteht diese Verpflichtung selbst dann, "wenn die vom Beschwerdeführer gegebene Schilderung von vornherein als kaum glaubwürdig und als irreal erscheint. Dies entbindet die Asylbehörde nicht von ihrer Verpflichtung die notwendigen Ermittlungen vorzunehmen".

2.2.7. Dass BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren eine detaillierte Befragung des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen vorzunehmen haben und wird der BF ein weiteres Mal umfassend und konkret zu seinem Fluchtvorbringen zu befragen sein. Ohne entsprechende weitere Verfahrensschritte und Ermittlungen, erweist sich die Würdigung des Fluchtvorbringens als unglaubwürdig jedenfalls als nicht haltbar. Eine neuerliche Befragung und Würdigung des Vorbringens unter Zugrundelegung aktueller und individueller Feststellungen wird die belangte Behörde nachzuholen haben; dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst Übergriffe und Anschläge seitens der Taliban in den Fata Regionen feststellt. Auch dass Talibanorganisationen in ganz Pakistan Terroranschläge verüben und potentielle Gegner ermorden, wird in den seitens des BFA getroffenen Länderfeststellungen bestätigt.

Der Beschwerdeführer lebte in einem Gebiet wo diverse radikal islamistische und bewaffnete Gruppierungen sehr einflussreich sind. Es gibt viele bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der pakistanischen Regierung und den vor Ort operierenden unterschiedlichen Taliban-Gruppierungen. Auch untereinander führen diese radikal islamistischen Gruppierungen heftige Auseinandersetzungen.

Ohne nähere Überprüfung der Angaben des Beschwerdeführers kann nicht ausgeschlossen werden, dass für den Beschwerdeführer keine Gefährdung in Pakistan bzw. seiner Heimatprovinz besteht. Insbesondere lässt der erstinstanzliche Bescheid zur Gänze auch eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit des Bestehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative vermissen und wird auch dahingehend - insbesondere unter Berücksichtigung der instabilen Sicherheitslage in den Fata-Gebieten - eine entsprechende Überprüfung und Auseinandersetzung zu erfolgen haben.

Eine neuerliche Befragung und Würdigung des Vorbringens unter Zugrundelegung aktueller und individueller Feststellungen wird die Erstinstanz nachzuholen haben.

Die Beweiswürdigung des BFA hält in einer Gesamtschau einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand und ist nicht geeignet die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des BF tragfähig zu begründen

2.2.8. Der angefochtene Bescheid leidet ferner unter dem schweren Mangel, dass das Bundesamt keinerlei Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF getroffen hat und sich weder im Rahmen der Beweiswürdigung noch im Rahmen der rechtlichen Würdigung mit den geltend gemachten Erkrankungen auseinandergesetzt hat. Im erstinstanzlichen Akt befinden sich zahlreiche medizinische Unterlagen und hat der Beschwerdeführervertreter vor dem Bundesamt ein psychiatrisches Sachverständigengutachten vom 24.10.2014 in Vorlage gebracht, in welchem eine andauernde Persönlichkeitsstörung mit selbstschädigendem Verhalten diagnostiziert wird. Darin werden ferner eine medikamentöse Behandlung und Psychotherapie empfohlen und wird darüber hinaus festgehalten, dass eine Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Retraumatisierung und eine akute Suizidalität zur Folge hätten. Dem angefochtenen Bescheid ist aber nicht zu entnehmen, an welcher Erkrankung der Beschwerdeführer leidet, ob er diesbzgl. in Österreich in Behandlung steht und welche Behandlungen erforderlich sind. Das BFA hat es unterlassen im Bescheid festzustellen, an welchen Erkrankungen der Beschwerdeführer leidet, welche Medikamente und Behandlungsformen der Beschwerdeführer tatsächlich benötigt, ob diese in Pakistan verfügbar sind bzw. mit welchen Konsequenzen im Falle der Nicht-Verfügbarkeit zu rechnen ist. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt zwar nicht, dass das Bundesamt ein psychiatrisch-neurologischen Gutachten beauftragt hat, welches vom 10.07.2014 datiert und eine leichtgradige Anpassungsstörung mit längerdauernder depressiver Reaktion attestiert, dieses entbindet die belangte Behörde jedoch nicht von der Pflicht, sich mit dem aktuelleren in Vorlage gebrachten Gutachten auseinanderzusetzen und diese einer schlüssigen Würdigung zu unterziehen. Dem ist die belangte Behörde aber nicht nachgekommen und lässt der angefochtene Bescheid jegliche Auseinandersetzung mit dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers vermissen.

Im gegenständlichen Bescheid finden sich lediglich allgemeine Länderfeststellungen zur medizinischen Lage in Pakistan. So findet sich darin aber keine Aussage über die Behandlungsmöglichkeiten von der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Erkrankung. Das Bundesamt hätte in diesem Sinne zunächst ermitteln müssen, an welcher Krankheit der Beschwerdeführer leidet, welche Medikamente und Behandlungsformen der Beschwerdeführer tatsächlich benötigt, ob diese in Pakistan verfügbar sind bzw. mit welchen Konsequenzen im Falle der Nicht-Verfügbarkeit zu rechnen ist und wird dies daher auch im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein. Dazu ist es auch erforderlich, sich ein aktuelles Bild vom tatsächlichen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu machen.

Die bloße Feststellung, dass eine medizinische "Basisversorgung" gewährleistet ist, ohne auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen, entspricht den gesetzlichen Anforderungen jedenfalls nicht (AsylGH 03.05.2010, A1 410.705-1/2009).

Ob nach Art. 3 EMRK zu berücksichtigende sehr außergewöhnliche Umstände ("very exceptional circumstances") vorliegen, ist eine von der belangten Behörde zu beurteilende Rechtsfrage. Diese Beurteilung setzt aber nachvollziehbare Feststellungen über die Art der Erkrankung des Betroffenen und die zu erwartenden Auswirkungen auf den Gesundheitszustand im Falle einer (allenfalls medizinisch unterstützten) Abschiebung voraus (vgl. die hg. ERK. vom 31.03.2010, 2008/01/0312, 0313, und vom 26.04.2010, 2007/01/1272, jeweils mwN).

Dem Beschwerdeführer wird in der Folge das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis zu bringen und diesem die Gelegenheit einzuräumen zu sein, sich dazu zu äußern. In weiterer Folge wird das Bundesamt für Fremdenwesen uns Asyl das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer schlüssigen Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen zu haben, welche als Basis für die rechtliche Beurteilung in Bezug auf die Refoulementprüfung und die Zulässigkeit der Ausweisung dienen.

2.2.9. Im Rahmen der nachzuholenden Ermittlungstätigkeiten wird sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinreichend auseinanderzusetzen haben, werden entsprechende Ermittlungen in Bezug auf die in Vorlage gebrachten Beweismitteln zu tätigen sein und werden aktuelle Feststellungen zur Situation der Schiiten im fortgesetzten Verfahren zu verwenden sein. Ferner werden sämtliche unter Punkt 2.2.8. aufgezeigten Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Beschwerderführers zu führen sein. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird den BF auch ein weiteres Mal zu allen aufgeworfenen Mängeln im verwaltungsbehördlichen Verfahren umfassend zu befragen haben. Ebenso wird es dem BF das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis zu bringen und ihm die Gelegenheit einzuräumen zu haben, sich hierzu zu äußern. In weiterer Folge wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher vorhandener Bescheinigungsmittel einer schlüssigen Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen zu haben, welche als Basis für die rechtliche Beurteilung dienen.

2.2.10. Im gegenständlichen Verfahren ist das Ermittlungsverfahren daher mangelhaft geblieben. Mangels eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens seitens des BFA fehlt dem Bundesverwaltungsgericht eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Lösung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung von internationalem Schutz im Beschwerdefall vorliegen bzw. die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückkehr der Gefahr einer Verfolgung oder Bedrohung im Sinne der GFK bzw. der EMRK ausgesetzt ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit nicht fest.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher auf die oben angeführten Ermittlungsaufträge zu verweisen, welchen es im fortgesetzten Verfahren nachzukommen haben wird.".......

22. Der BF meldete am 01.01.2017 das Gewerbe "Botendienst" im Standort XXXX Wien an.

23. Mit am 07.09.2017 in Rechtskraft erwachsenen Urteil eines österreichischen Landesgerichtes vom 05.09.2017 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Absatz 1 Ziffer 1, erster und zweiter Fall SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Absatz 1, fünfter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 14 Monate bedingt unter einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

24. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, durch Hinterlegung zugestellt am 04.10.2018, wurde dem BF gem. § 13 Abs. 2 AsylG der Verlust seines Aufenthaltsrechtes im Bundegebiet wegen Straffälligkeit mitgeteilt.

25. Mit E-Mail vom 11.03.2019 übermittelte der BF eine Deutschkursanmeldebestätigung Niveau A1 und eine Teilnahmebestätigung bezüglich eines Werte- und Orientierungskurses.

26. Dem seitens des BFA in Auftrag gegebenen Gutachten vom 10.04.2019 sind folgende Schlussfolgerungen zu entnehmen. Insoweit beim BF über eine seit Jahren bestehende depressive Verstimmung berichtet werde, sei dies diagnostisch am ehesten einer Dysthymie (F34.1) zuzuordnen. Als weiteren Störungsbereich werde ein Zustand nach schädlichen Gebrauch von Cannabis/Abhängigkeitssyndrom, derzeit abstinent (F12.20) berichtet. Zum Zeitpunkt der Untersuchung sei keine Symptomatik explorierbar, die den diagnostischen Kriterien nach ICD-10 für eine posttraumatische Belastungsstörung oder eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung entsprechend den Kriterien ICD-10 entsprechen würde. Der BF befinde sich in einer regelmäßigen psychiatrischen Behandlung beim Verein XXXX und sei derzeit auf eine pflanzliche antidepressiv wirkende Substanz, nämlich Johanniskrautkapseln, eingestellt. Eine Fortführung der nervenärztlichen Behandlung mit regelmäßigen Kontrollen erscheine aus psychiatrischer Sicht empfehlenswert. Ob es bei Abschiebung bzw. Rückkehr nach Pakistan zu einer Retraumatisierung kommen könnte, könne aus psychiatrischer Sicht nicht prognostiziert werden. Derzeit sei beim Untersuchten keine Suizidalität fassbar, auch in der Anamnese fänden sich keine Hinweise auf suizidale Handlungen. Inwieweit eine Abschiebung zu einer suizidalen Einengung und entsprechende Handlungen führen könnte, könne derzeit nicht prognostiziert werden. Es sei beim BF keine psychische Erkrankung fassbar, die die Verhandlungs- und Vernehmungsfähigkeit beeinträchtigen könnte.

27. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 23.05.2019 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut im fortgesetzten Verfahren einvernommen.

Zunächst wurde der BF zu dem anlässlich seiner Folgeantragstellung in Kopie in Vorlage gebrachten Drohbrief der Taliban als Beweismittel befragt. Der BF behauptete zunächst, diesen in seinem Geschäft zugestellt erhalten zu haben. Auf einen entsprechenden Vorhalt legte der BF dann dar, dass sein Vater den Brief erhalten und diesen im Jahr 2013 an ihn per E-Mail gesandt habe.

Die wiederholte Frage, ob er von den heimatlichen Behörden, Polizei oder Gericht, Staatsanwaltschaft oder Geheimdienst gesucht werde, bejahte der BF.

Zu Details befragt erwiderte der BF: "In Palajinar hat die pakistanische Regierung keinen Einfluss. Wir wollen, dass die pakistanischen Behörden auch in meinem Heimatdorf Einfluss haben und dort hinkommen. Wir wollen, dass niemand dort bewaffnet ist. Warum sollen wir eine Waffe tragen, was ist das für eine Regierung. Wenn die Regierung nicht in dem Gebiet herrscht kommen die Taliban."

Auf die zweimal gestellte Frage, ob gegen ihn ein Haftbefehl bestehe, gab der BF schließlich zu Protokoll: "Warum nicht, deswegen bin ich nach Österreich gekommen. Ich weiß nicht, wenn ich nach Pakistan zurückkomme, ob mich die Regierung in Haft nimmt. Ich bin seit sieben bis acht Jahren nicht mehr in meinem Heimatland gewesen."

Er habe hier in Österreich an einer Demonstration teilgenommen. Vielleicht würde man ihn bei einer Rückkehr fragen, wo er gewesen sei und was er gemacht habe. Er sei illegal aus seinem Land ausgereist und habe er auch an einem Protest vor der pakistanischen Botschaft teilgenommen. Sie hätten gefragt, warum die pakistanische Regierung sie unter Druck setze und benachteilige. Dies sei etwa zwischen 2013 und 2014 gewesen. Es könnte sei, dass von ihnen Fotografien angefertigt worden seien.

Er habe auch sehr viele Probleme mit den Taliban gehabt. Diese hätten ihn einmal mit dem Auto überfahren. In diesem Zusammenhang seien die Polizisten zu ihm gekommen. Sein Vater habe Anzeige erstattet.

Er sei Mitglied einer Partei gewesen. Religiös habe er keine Tätigkeit ausgeübt, aber habe er den normalen Menschen geholfen. Er habe auch eine Bestätigung vorgelegt, dass er bei der Bewegung XXXX Mitglied gewesen sei. Sein Hauptproblem sei, dass die Regierung sie nicht bei dieser Bewegung teilnehmen lasse.

Es gebe immer Kriege. Jederzeit sterbe eine Person oder mehrere Personen. Er würde deshalb auch irgendwann getötet werden. Er habe große Angst dort zu leben.

Er habe im im Basar als Schuhmacher ein Geschäft besessen. In diesem Basar seien Taliban, Polizisten, Sunniten und Schiiten - eine gemischte Gesellschaft - gewesen. Er habe Bedrohungen sowohl von den Taliban als auch von der sunnitischen Moschee erhalten. Er wäre ein Schiit. Sie hätten gedacht, dass er sie vielleicht verraten würde.

Nach dem ersten negativen Bescheid hätte er einen zweiten Asylantrag bei den Behörden gestellt. Auch der zweite Antrag sei negativ beschieden worden. Mit diesem negativen Bescheid habe er einige Zeit in Linz gelebt. Den zweiten negativen Bescheid habe er erhalten, weil die angegebenen Fluchtgründe nicht seine eigenen Fluchtgründe gewesen, sondern von seinem Anwalt vorgeschlagen worden seien. Danach sei er nach Wien gekommen und habe mit diesem negativen Bescheid einige Zeit in Wien gelebt. Später sei er nach Traiskirchen gegangen und habe einen neuen Antrag gestellt. Bei diesem Antrag habe er gesagt, dass so viele Personen seiner Familie - sowohl von den Taliban, als auch von der Regierung - getötet worden seien und er sehr viele Probleme habe. Er habe auch gesagt, wenn er zurückkehren würde, würde er auch getötet werden.

Im Übrigen wurde dem BF in der Einvernahme angeboten, in die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen Einsicht zu nehmen und hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Der BF gab hierzu eine kurze Stellungnahme ab und erklärte: "Nein, ich habe diese Feststellungen schon einmal gesehen, da steht etwas vom freiem Volk, Stamm, der Nomaden."

Im Rahmen der Einvernahme brachte der BF mehrere medizinische Unterlagen und Dokumente zu seiner Integration in Vorlage.

28. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 03.06.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs. 2 AsylG ab dem 07.09.2017 verloren habe. Des Weiteren sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt. In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde erläutert, weshalb der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs. 2 AsylG ab dem 07.09.2017 verloren habe, weshalb das BFA ausgesprochen habe, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde, weshalb gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und weshalb gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein befristetes Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen werde.

29. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und dieser ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

30. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz

vom 27.06.2019 in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

30.1. Zunächst wurde das bisherige Vorbringen kurz wiederholt und in weiterer Folge moniert, dass seitens des Bundesamtes die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG nicht erfüllt worden seien.

Die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen seien unvollständig. Sie würden sich kaum mit dem konkreten Fluchtvorbringen des BF befassen. Die belangte Behörde habe sich nur am Rande mit der Verfolgung von Schiiten bzw. Turi durch die Taliban sowie von Protestteilnehmern im Ausland gegen die Regierung durch die pakistanischen Behörden beschäftigt. In diesem Zusammenhang wurde auszugsweise auf mehrere Länderberichte zur Lage von Schiiten in der Herkunftsregion des BF und in Pakistan generell, zur Verfolgungsgefahr durch die Taliban in ganz Pakistan, zur Sicherheitslage in den FATA-Gebieten, insbesondere in Parachinar, und zur Unfähigkeit und Unwilligkeit des pakistanischen Staates zur Gewährung von Schutz verwiesen. Ergänzend wurde auf drei weitere Berichte verwiesen, aus denen unter anderem hervorgehe, dass besonders Angehörige des Turi-Stammes ein leichtes Opfer für die Taliban, die die Turi als Apostaten ansehen würden, darstellen. Zwischen den Turi und den Taliban gebe es eine historische Auseinandersetzung, die bis heute andauern würde. Was die innerstaatliche Fluchtalternative für junge schiitische Paschtunen betreffe, würden die Berichte nahe legen, dass eine solche nicht ohne Weiteres angenommen werden könne.

30.2. Es bestehe im individuellen Fall des BF keine innerstaatliche Fluchtalternative. Wie durch die auszugsweise zitierten Berichte belegt, seien Angehörige der schiitischen Minderheit in ganz Pakistan gefährdet, Opfer von willkürlicher Gewalt zu werden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei auch nicht zumutbar. Der BF verfüge über kein belastbares familiäres Netz außerhalb seines (ehemaligen) Wohngebietes. Seine Familie leide unter den Bedingungen in Parachinar und könne sich kaum selbst erhalten.

30.3. Die Feststellungen zur Gesundheitsversorgung in Pakistan und in der Herkunftsregion des BF seien ebenso mangelhaft. In den modernen Krankenhäusern der Großstädte gebe es Behandlungsmöglichkeiten, wenn man die nötigen finanziellen Mittel habe. Wie hoch die Kosten genau wären und was das für den gegenständlichen Fall bedeute, habe die Behörde nicht darlegen können. Beinahe alle medizinischen Probleme und Krankheiten wären behandelbar. Inwieweit die beeinträchtigte Gesundheitssituation des BF ebenso davon umfasst sei, habe die Behörde nicht darlegen können. Wäre die Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen, hätte sie zur Feststellung gelangen müssen, dass insbesondere in der Herkunftsregion des BF, der aufgrund seiner derzeitigen, durch aktenkundige Schreiben belegten psychischen Verfassung auf medizinische Versorgung angewiesen sei, der Zugang zu medizinischer Versorgung nicht ausreichend gegeben sei.

30.4. Das BFA habe das Verfahren zudem mit Mangelhaftigkeit belastet, da sich die Befragung des BF unzureichend gestaltet habe. Die Behörde sei Hinweisen des BF auf den Drohbrief der Taliban und damit zusammenhängender Informationen sowie der Demonstration, an welcher der BF teilgenommen habe, nicht ausreichend nachgegangen bzw. habe ihn zu diesen Punkten nicht hinreichend genau befragt. Der BF hätte zu dem Drohrbrief weiters angeben können, dass sein Vater ihm telefonisch bereits von dem Drohbrief erzählt gehabt habe und dieser seinen Sohn, den BF, angewiesen habe, auf sich aufzupassen. Darüber hinaus habe dieser dem BF gesagt, dass er den Brief übermitteln werde. Zusätzlich hätte der BF angeben können, dass ihm dann ein Freund in Österreich den Brief vorgelesen habe, bevor er diesen beim BFA abgegeben habe. Der BF könne sich nicht mehr genau an die Informationen erinnern. Lediglich, dass er namentlich genannt worden sei, die Taliban darin angeführt hätten, dass er derzeit nicht im Land anwesend wäre, er jedoch im Fall seiner Rückkehr bestraft werde. Ebenso mangelhaft gestalte sich die Befragung des BF hinsichtlich seiner Teilnahme an einer Demonstration vor der pakistanischen Botschaft im Jahr 2013 oder 2014. Der BF hätte hierzu weiters angeben können, dass sich die Demonstration dagegen gerichtet habe, dass der Stamm der Turi in Pakistan unmenschlich behandelt und nicht als Volk anerkannt werde, jedoch bei einer bevorstehenden Abschiebung sofort Reisedokumente - auch für diese - ausgestellt werden würden. Darüber hinaus hätte der BF angeben können, dass er bei der Demonstration gesehen habe, wie aus dem Fenster der Botschaft Fotos von den Teilnehmenden gemacht worden seien. Bei den Teilnehmenden habe es sich um etwa 40 Personen gehandelt, was der BF bei entsprechender Führung des Ermittlungsverfahrens auch dargelegt hätte.

30.5. Das BFA hätte auch Ermittlungen zum Drohbrief tätigen müssen. Die belangte Behörde habe auch eine Anfrage an die Abteilung Staatendokumentation erstattet, wobei bei dieser lediglich weiterführende Quellen angegeben worden seien (Bescheid Seite 104 f). Eine Analyse des Drohbriefes sein nicht durchgeführt worden. Insbesondere habe sich das BFA nicht mit dem Inhalt des Drohbriefes auseinandergesetzt. Es reiche diesbezüglich auch nicht aus, wie dies das BFA vorgenommen habe, sich einfach auf die Länderberichte zu stützen, welche besagen würden, dass solche Dokumente oftmals gefälscht wären. Die Behörde hätte hierbei in concreto ermitteln müssen, ob die vom BF vorgelegten Dokumente echt seien. Darüber hinaus habe das BFA auf Basis der vom BF vorgelegten medizinischen Unterlagen unzureichend ermittelt, ob die notwendigen Medikamente in Pakistan auch faktisch für den BF in seiner Herkunftsregion zugänglich wären.

30.6. Das BFA habe den Antrag des BF abgewiesen, weil sie diesen als unglaubwürdig erachte. Diese Feststellung basiere auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung und einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung und verletze § 60 AVG.

Das BFA unterlasse es im Rahmen der Beweiswürdigung, die durch Befunde bewiesene psychische Erkrankung des BF gehörig zu würdigen. Stattdessen gelange das BFA in sehr abstrakten Ausführungen zu dem Ergebnis, dass weder die Angaben des BF zum Drohbrief bzw. zur Demonstration glaubwürdig erscheinen. Insbesondere die Ausführungen zum Drohbrief basieren, wie gezeigt, auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren.

Abschließend sei anzumerken, dass das BFA keinen wie auch immer gerateten Abgleich des Vorbringens des BF mit einschlägigem Länderberichtsmaterial durchführt.

30.7. Dem BF drohe im Falle der Rückkehr eine Verfolgung von Seiten der Taliban, zumal der BF ein schiitischer Paschtune und Angehöriger des Turi-Stammes sei und somit ein prioritäres Ziel von Angrifen der Taliban darstelle. Der BF sei bereits von den Taliban zur Mitarbeit aufgefordert worden, was der BF jedoch abgelehnt habe. Auch einen von den Taliban verfassten und an ihn adressierten Drohbrief habe er erhalten. Bei den zu erwartenden Handlungen, die aufgrund der mehrfachen Exponiertheit des BF jedenfalls auch bis zur Tötung reichen könnten, handle es sich jedenfalls um Verfolgung iSd GFK. Diese beziehe sich direkt auf mehrere der in der GFK genannten Gründe, nämlich sowohl der religiösen Zugehörigkeit als Schiite und (unterstellten) Apostasie vom Islam durch die Taliban, der (unterstellten) politischen Überzeugung in Opposition zu den Taliban sowie der ethnischen Zugehörigkeit und Stammeszugehörigkeit.

Dem BF sei aufgrund der Schutzunfähigkeit und -unwilligkeit der pakistanischen Polizei nicht zuzumuten, zu versuchen, den Schutz dieser in Anspruch zu nehmen. Innerstaatliche Fluchtalternativen seien für den BF, der über keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte in anderen regionen Pakistans verfüge und als schiitischer Paschtune und Turi besonders gefährdet sei, keine zu erkennen.

Darüber hinaus habe der BF in Österreich an einer Demonstration gegen die pakistanische Regierung vor der pakistanischen Botschaft in Wien teilgenommen. Dadurch ergebe sich zusätzlich, dass der BF aufgrund einer (zumindest unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung auch vom pakistanischen Staat Verfolgungshandlungen fürchte.

30.8. Was Spruchpunkt II. betrifft, so gehe aus den Länderberichten und den Aussagen des BF hervor, dass dem BF aufgrund seiner politischen Gesinnung bzw. aufgrund seiner Religion und Stammeszugehörigkeit unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung und eine Verletzung seines Rechts auf Leben drohe. Hierbei und im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung sei auch zu berücksichtigen, dass der BF an einer psychischen Krankheit leide, wobei nicht gesichert sei, dass der BF die notwendige Behandlung und Medikamentation auch in Pakistan faktisch zu seiner Verfügung haben würde.

30.9. Der BF habe bereits Schritte zur Integration in Österreich gesetzt. Insbesondere werde auf die bereits aktenkundigen Dokumente verwiesen, die das Interesse des BF in Österreich zu verbleiben belegen. Der BF habe bereits Deutsch gelernt und betätige sich in seiner Freizeit in sportlichen Vereinen.

Das BFA habe im angefochtenen Bescheid ein fünfjähriges Einreiseverbot verhängt, es aber verabsäumt, eine ordnungsgemäße und inhaltlich stringente Gefährlichkeitsprognose zu erstellen. Im Ergebnis werde im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar begründet, warum die belangte Behörde ein Einreiseverbot gerade in einem fünfjährigen Ausmaß als erforderlich erachte und aufgrund welcher Erwägungen sie gerade dazu komme. Das BFA beziehe sich lediglich auf die Verurteilung des BF und setze sich nicht mit der aktuellen Situation des BF und tatsächlichen Leben in Österreich auseinander. Es werde auch nicht berücksichtigt, dass der BF zu einer lediglich niedrigen unbedingten Haftstrafe verurteilt worden und der Großteil der Strafe bedingt erfolgt sei.

30.10. Gemäß Artikel 47 Abs. 2 GRC habe jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt werde. Gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG könne eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspreche. Der VwGH habe im Zuge der Auslegung der Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" die folgenden Kriterien erarbeitet. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde müsse die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde dürfe kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleiben könne wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstoße.

In der gegenständlichen Beschwerde sei die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens aufgezeigt worden. Da das BVwG seiner Entscheidung aktuelle Länderberichte zugrunde zu legen habe und die Feststellungen des Bundesamtes zumindest insofern zu ergänzen haben werde, sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung schon alleine aus diesem Grunde erforderlich. Zudem sei der Beweiswürdigung des Bundesamtes substantiiert entgegengetreten worden. Der BF habe - wie im Rechtsmittel dargelegt - ein ausgeprägtes Privat- und Familienleben in Österreich.

30.11. Abschließend wurde beantragt,

- die hier angefochtene Entscheidung - allenfalls nach Verfahrensergänzung - zu beheben und dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen;

- den Spruchpunkt VII. aufgrund Rechtswidrigkeit ersatzlos zu beheben;

- hilfsweise die hier angefochtene Entscheidung - allenfalls nach Verfahrensergänzung - hinsichtlich Spruchpunkt II. zu beheben und dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren;

- hilfsweise die hier angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Spruchpunkte III. bis VI. aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben und für auf Dauer unzulässig erklärt und dem BF ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde und

- hilfsweise das fünfjährige Einreiseverbot unter Spruchpunkt IX. auf eine angemessene Dauer herabzusetzen und

- hilfsweise den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

30.12. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

Der Beschwerde sind mehrere medizinische Unterlagen angeschlossen.

31. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10.07.2019 beschlossen, dass der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt werde; dies insbesondere mit der Begründung, dass eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden könne und im Sinne einer Grobprüfung - nur um eine solche könne es sich bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung handeln - im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass es sich dabei um vertretbare Behauptungen im Sinne des Artikel 3 und 8 EMRK handle, respektive könne nicht ohne detaillierte Überprüfung von der Rechtmäßigkeit der seitens des BFA getroffenen Entscheidung ausgegangen werden.

32. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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