TE Bvwg Beschluss 2019/9/19 L516 2195843-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2019
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Entscheidungsdatum

19.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
AVG §68
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §33

Spruch

L516 2195843-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den "Bescheid" des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 28.07.2019, Zahl 1093974802/190726712 EAST Ost, beschlossen:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG iVm § 18 Abs 3 AVG mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der in eventu gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gem § 28 Abs 1 iVm § 33 VwGVG mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan und stellte am 17.07.2019 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit einer als "Bescheid" betitelten Erledigung vom 28.07.2019, Zahl 1093974802/190726712 EAST Ost, gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte unter einem keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, sprach aus, dass für die freiwillige Ausreise keine Frist bestehe und erließ ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot. Eine Ausfertigung jener Erledigung wurde dem Beschwerdeführer am 29.07.2019 im Personenanhaltezentrum XXXX (PAZ) übernommen, eine weitere seiner nunmehrigen Rechtsvertretung am 21.08.2019 vom BFA per E-Mail übermittelt.

Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 04.09.2019; unter einem wurde eventualiter ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gestellt.

Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte am 10.09.2019 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

Das Bundesverwaltungsgericht forderte in der Folge am 11.09.2019 die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers auf, die erste und die letzte Seite der Ausfertigung der Erledigung, welche diese am 21.08.2019 vom BFA erhalten haben soll, zu übermitteln und die Rechtsvertretung entsprach dem am 13.09.2019 (OZ 3, 5).

Das Bundesverwaltungsgericht forderte gleichsam das BFA am 11.09.2019 unter anderem auf, dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich eine Ausfertigung der Erledigung vom 28.07.2019, wie sie dem Beschwerdeführer laut vorgelegten Verwaltungsverfahrensakt am 29.07.2019 im PAZ ausgefolgt worden sein soll, zu übermitteln, sowie - sollte jene Ausfertigung amtssigniert gewesen sein - bekannt zu geben, von welchem Mitarbeiter bzw welcher Mitarbeiterin oder Kanzlei des BFA jene Ausfertigung amtssigniert wurde. Auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes langte bei diesem die Antwort des BFA dazu am 18.09.2019 ein (OZ 4, 6).

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen

1.1 Die im vorgelegten Verwaltungsverfahrensakt des BFA befindliche und mittels eines Textverarbeitungsprogrammes erstellte Urschrift der angefochtenen Erledigung weist ein handschriftliches Namenskürzel, jedoch keine Unterschrift auf; sie wurde auch sonst nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des bzw der Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung genehmigt.

1.2 Die dem Beschwerdeführer am 29.07.2019 ausgefolgte und seiner Rechtsvertretung vom BFA am 21.08.2019 übermittelte Ausfertigung der Erledigung vom 28.07.2019 weist zwar eine Amtssignatur auf, diese Ausfertigung wurde jedoch nicht von jener Person amtssigniert, deren Name in Blockbuchstaben am Ende der Erledigung als Genehmigende angeführt ist, sondern von einer anderen Person, einer Oberamtsassistentin ( XXXX ) des BFA. Als genehmigende Person scheint am Ende der Erledigung der Name " XXXX " auf, die übermittelte Ausfertigung wurde jedoch von XXXX amtssigniert, deren Name sich auch nicht aus der Erledigung ergibt.

2. Beweiswürdigung

2.1 Der festgestellte Sachverhalt zur fehlenden Genehmigung der im behördlichen Akt befindlichen Urschrift (oben 1.1) ergibt sich aus dem Akteninhalt des vom BFA vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift im Sinn des § 18 Abs 3 AVG ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen. Eine Paraphe ist (jedoch) keine Unterschrift (VwGH 28.02.2018, Ra 2015/06/0125).

Das gegenständlich auf der Urschrift ersichtliche handschriftliche Namenskürzel (Aktenseite (AS) 330=Rückseite AS 329) kann im Lichte der zitierten Judikatur des VwGH nicht als Unterschrift angesehen werden.

2.2 Die Feststellungen zu den Ausfertigungen der Erledigung an den Beschwerdeführer und seiner Rechtsvertretung (oben 1.2) ergeben sich aus diesen selbst und aus der Antwort des BFA an das Bundesverwaltungsgericht vom 18.09.2019 (AS 330; OZ 5, 6).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I

Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig

Rechtsgrundlagen

3.1 Gemäß § 28 Abs 1 hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

3.2 Gemäß § 18 Abs 3 AVG idgF sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

3.3 Gemäß § 18 Abs 4 leg cit hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

Rechtsprechung

3.4 Im Anwendungsbereich des § 18 AVG idF BGBl I Nr 5/2008 wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Damit wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die "Urschrift" einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).

3.5 Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss die - interne - Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH 31.10.2014, Ra 2014/08/0015).

3.6 Im Falle des Fehlens der Genehmigung bzw der nicht Zurechenbarkeit zu einem bestimmten Organwalter, kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn die darauf beruhende Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG genügt (vgl VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070).

3.7 Die Darstellung der Amtssignatur (§ 19 Abs 3 E-GovG) ersetzt nicht die Genehmigung, vielmehr ist darin lediglich die Urheberschaft der Behörde dokumentiert (VwGH 15.10.2014, Ra 2014/08/0009).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.8 Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt weist die Urschrift der angefochtenen Erledigung lediglich keine Unterschrift auf (dazu bereits oben unter 1.); sie wurde auch sonst nicht durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des bzw der Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung genehmigt. Die zugestellten Ausfertigungen jener Erledigung weisen zwar eine Amtssignatur auf, diese Ausfertigung wurde jedoch nicht von jener Person amtssigniert, deren Name in Blockbuchstaben am Ende der Erledigung als Genehmigende angeführt ist, sondern von einer anderen Person, deren Name sich auch nicht aus der Erledigung ergibt.

3.9 Bei Beachtung der zuvor zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt somit keine Genehmigung der angefochtenen Erledigung vor. Damit fehlt es dieser an Bescheidqualität.

3.10 Die vom Beschwerdeführer gegenständlich erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich somit gegen einen Nichtbescheid. Das Verfahren des Beschwerdeführers ist nach wie vor beim BFA anhängig. Das hat zur Folge, dass das Bundesverwaltungsgericht mangels Zuständigkeit nicht meritorisch über die Beschwerde absprechen darf sondern die Beschwerde zurückweisen muss.

3.11. Die Beschwerde ist daher spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

Spruchpunkt II

Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung als unzulässig

Rechtsgrundlagen

3.12 Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn diese glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.13 Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist, setzt eine versäumte Frist voraus. Dies ist gegenständlich nicht der Fall, da bisher kein Bescheid existent geworden ist.

3.14 Es war daher auch der eventualiter gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.15 Aufgrund der Zurückweisung der Beschwerde aus den dargestellten Gründen konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B)

Revision

3.16 Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.17 Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Bescheidqualität Eventualantrag mangelnde Beschwer Nichtbescheid Unterschrift Wiedereinsetzung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2195843.2.00

Im RIS seit

15.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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