TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/25 L510 2223554-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2019
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Entscheidungsdatum

25.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch

L510 2223554-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Türkei, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.09.2019, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gem. §§ 57, 10 AsylG idgF, § 52 Abs. 9, 46, 55 Abs. 4, 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6, § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) wurde am 10.09.2019 von Beamten der LPD Wien in Wien in einer Bäckerei angetroffen und einer Personenkontrolle unterzogen.

Sie machte keine konkreten Angaben zu ihrer Aufgabe in der Bäckerei, konnte sich nicht ausweisen und gab an, aus der Türkei zu stammen, XXXX zu heißen und am XXXX in der Türkei geboren zu sein.

Genaue Angaben zu ihrem Wohnsitz machte sie nicht, sie gab an, bei unterschiedlichen Freunden zu nächtigen.

Es konnte durch die Beamten der Datensatz XXXX , geboren am XXXX , StA. Türkei, erfragt werden. Die Identität der bP war allerdings noch immer nicht geklärt, eine weitere Anfrage verlief negativ. Die bP wurden schließlich gemäß § 40 Abs 1 Z 3 BFA-VG festgenommen und in das PAZ überstellt.

Am 11.09.2019 wurde die bP niederschriftlich einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt:

"...F: Verstehen Sie den Dolmetsch.

A: Ja

F: Sind sie gesund genug, um der Einvernahme folgen zu können.

A: Ich habe nur Halsschmerzen und die Schulter tut weh, aber ich kann der Einvernahme folgen.

Ich nehme Herzmedikamente und für Blutdruck und Zucker.

Anmerkung: Partei war laut Auskunft von Frau XXXX (Sanitäterin) heute beim Arzt, die notwendigen Medikamente bekommt er am Abend.

F: Werden Sie rechtsfreundlich vertreten.

A: Nein.

F: Haben Sie einen Reisepass oder andere Personaldokumente

A: Einen türkischen und einen Personalausweis, beides befindet sich bei Freunden

Sie wurden am 10.09.2019 von Beamten der LPD Wien in Wien XXXX in der dortigen Bäckerei angetroffen und einer Personenkontrolle unterzogen.

Sie machten keine konkreten Angaben zu Ihrer Aufgabe in der Bäckerei, konnten sich nicht ausweisen und gaben an aus der Türkei zu stammen XXXX zu heißen und am XXXX in der Türkei geboren zu sein.

Genaue Angaben zu Ihrem Wohnsitz machten Sie nicht, Sie gaben an, bei unterschiedlichen Freunden zu nächtigen.

Es konnte bei Ihnen schließlich der Datensatz XXXX geboren am XXXX StA. Türkei erfragt werden, Ihre Identität war allerdings noch immer nicht geklärt, eine weitere Anfrage verlief negativ.

Sie wurden schließlich gemäß § 40 /1 /3 BFA- VG festgenommen und in das PAZ XXXX überstellt.

F: Was sagen Sie dazu.

A: XXXX stimmt als Geburtsdatum, es kann sein, dass ich unter Alzheimer leide, ich kann mich in kürzester Zeit nicht mehr an einzelne Sachverhalte erinnern.

Das können Nebenwirkungen der Medikamente sein.

F: Wann und warum sind Sie zuletzt nach Österreich eingereist.

A: Seit 15 Jahren habe ich Österreich nicht verlassen.

F. Haben Sie in Österreich einen Aufenthaltstitel

A: Nein, ich habe eine Pensionsantrag gestellt, aber der wurde letztes Jahr abgelehnt.

F: Wo haben Sie Unterkunft genommen.

A: Ich wohne gelegentlich bei Freunden, mal da mal dort.

Ich habe keinen fixen Wohnsitz.

Ich rufe Freunde an und frage sie, ob ich bei ihnen bleiben kann.

F: Könne Sie Details nennen.

A: Nein, aber ich habe viele Freunde

F: Haben Sie Effekte einzuholen

A: Einen Koffer in der Bäckerei, wo die Polizei gekommen ist, dort sind wahrscheinlich auch meine Dokumente.

F: Wie finanzieren Sie sich Ihren Aufenthalt in Österreich.

A: Von der Türkei wird mir manchmal Geld zugesandt.

Und von Freunden kriege ich manchmal was.

F: Über wie viel Geld verfügen Sie momentan.

A: Nichts

F: Verfügen Sie über Ersparnisse oder Immobilien.

A: Nein.

F: Haben Sie eine Bankomat oder Kreditkarte.

A: Nein wozu.

F: Wie lautet Ihr Familienstand.

A: Geschieden

F: Haben Sie Sorgepflichten.

A: Zwei Kinder in der Türkei, die sind schon erwachsen.

F: Haben Sie Familienangehörige in Österreich.

A: Nein.

F: Haben Sie Familienangehörige in der Türkei

A: Meine Kinder, meine Ex-Frau und mein Bruder.

F: Wie lautet Ihre letzte Heimatanschrift.

A: Provinz XXXX

F: Was haben Sie für eine Schul-beziehungsweise Berufsausbildung

A: 6 Jahre Grundschule, ich habe sonst als Hilfsarbeiter gearbeitet und habe in Österreich den Staplerführerschein gemacht.

Ich habe ein Jahr auch als Staplerfahrer gearbeitet.

F: Verfügen Sie für Ihren Aufenthalt in Österreich über eine Unfall- und Krankenversicherung.

A: Nein.

F: Werden Sie in Ihrem Heimatland strafrechtlich oder politisch verfolgt.

A: Nein.

Ich bin in Kenntnis davon, dass mein rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 120 Abs. 1a FPG nach sich zieht. Meine ha. getätigten Angaben erhebe ich hiermit auch zu meiner Stellungnahme in diesem Verwaltungsstrafverfahren vor der Landespolizeidirektion Wien, XXXX - Fremdenpolizei ( XXXX ) und ergeht von dort diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung.

Aufgrund des Sachverhaltes muss von einem nicht rechtmäßigen Aufenthalt ausgegangen werden.

Es wird mir mitgeteilt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs.1 Z1 in Verbindung mit einem Einreiseverbot gemäß §53 Abs 2 Z 6 FPG erlassen werden wird.

Weiters verfügen Sie nicht über die nötigen eigenen Barmittel, um Ihren Aufenthalt im Bundesgebiet zu finanzieren.

Es wird Ihnen weiters mitgeteilt, dass gegen Sie die Schubhaft gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 2 FPG zur Sicherung des Verfahrens und der Abschiebung verhängt wird und Sie mit nächstmöglichem Termin in Ihre Heimat abgeschoben werden und Sie bis dahin in Haft verbleiben.

Sie sind im Bundesgebiet behördlich nicht gemeldet und können oder wollen keine genaueren Angaben zu Ihrer Unterkunft machen.

Sie sind daher für die ha. Behörde nicht greifbar.

Weiters wird die ha. Behörde bei der Botschaft Ihrer Heimat um ein Ersatzreisedokument ansuchen.

Sie werden dazu aufgefordert das Formblatt vollständig und wahrheitsgetreu mit Ihren Daten auszufüllen.

Werden Sie dies tun.

A:

Begin Ausfüllen Formblatt:11:23

Ende:11:27

Der Schubbescheid wird Ihnen persönlich im Anschluss an diese Niederschrift zugestellt.

Es wird mir mitgeteilt, dass von Amts wegen eine Rechtsberatungsorganisation verständig werden wird.

Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird.

Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG haben Sie das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, sofern Sie nach diesem Bundesgebiet festgenommen wurden, unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten werden oder wurden oder wenn gegen Sie die Schubhaft gemäß dem 8.Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Gemäß § 82 FPG haben Sie das Recht, das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn Sie nach diesem Bundesgesetz festgenommen wurden oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurden.

F: Wollen Sie zu der Vorgehensweise der ha. Behörde eine Stellungnahme abgeben.

A: Dafür dass ich 45 Jahren Österreich leben durfte obwohl ich keine staatlichen Unterstützung bekommen habe aber medizinisch versorgt wurde, möchte ich mich bedanken.

Deshalb ist mir Österreich sehr ans Herz gewachsen ich weiß dass ich gegen das Gesetz verstoßen habe.

F: wollen Sie einen Ausschnitt von der Länderinformation zu Ihrer Heimat.

A: Nein.

F: Haben Sie den Inhalt der Niederschrift verstanden.

A: Ja

F: Haben Sie noch etwas zu sagen.

A: Ich gehe alleine in die Türkei zurück.

Anmerkung: Partei wird darauf hingewiesen, dass er das mit der Rechtsberatung besprechen soll..."

2. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA vom 11.09.2019 wurde der bP ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gem. § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. (Spruchpunkt IV). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz wurde gegen sie ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Mit Verfahrensanordnung vom 11.09.2019 wurde ihr ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

3. Mit Schriftsatz der Vertretung vom 18.09.2019 wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht. Im Wesentlichen wurde dargelegt, dass die bP zuletzt vor 15 Jahren nach Österreich eingereist sei. Sie habe das Bundesgebiet seither nicht verlassen. Sie habe keine Sozialleistungen vom Staat erhalten. Sie habe lange Zeit als Hilfsarbeiter gearbeitet und in Österreich den Staplerführerschein gemacht. Es bestünden private- und soziale Bindungen zu Österreich. Die bP könne sich in Österreich verständigen und habe hier Freunde. Sie nehme diverse Medikamente und leide an Alzheimer. Sie habe sich nicht strafbar gemacht. Die bP wäre freiwillig bereit in ihre Heimat auszureisen. Sie habe schon Formulare ausgefüllt. Von der bP gehe keinerlei Gefährdung aus. Die Dauer des Einreiseverbotes sei nicht nachvollziehbar. Es sei das Gesamtverhalten in Betracht zu ziehen.

4. Mit 24.09.2019 langte der Verwaltungsverfahrensakt bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Das BFA legte dar, dass die Identität der bP feststehe. Dies ergebe sich aus den getätigten behördlichen Abfragen und der im Akt befindlichen Unterlagen. Die bP sei Fremder. Sie sei haftfähig. Sie sei behördlich nicht gemeldet, besitze keinen Aufenthaltstitel und nicht die nötigen eigenen finanziellen Mittel für ihren Aufenthalt. Sie befinde sich illegal im Bundesgebiet. Sie gehe keiner legalen Beschäftigung nach.

Sie habe keine Angehörigen im Bundesgebiet, ihre Ex-Frau, ihre erwachsenen Kinder und ihr Bruder würden in der Türkei leben.

Seitens des BVwG wird den Feststellungen seitens des BFA nicht entgegengetreten. Festzustellen ist weiter, dass sich die bP derzeit in Schubhaft befindet. Die bP nimmt verschiedene Medikamente, ist jedoch gesund.

1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Ausreise in die Türkei aus in ihrer Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen individuellen Gefährdung oder Bedrohung ausgesetzt wäre oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würde.

Die bP verweigerte eine Einsicht in aktuelle Länderinformationen zur Türkei.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsverfahrensaktes. Zentral wurden berücksichtig:

- Niederschriftliche Einvernahme der bP

- Inhalt des Fremdenaktes zur Zahl IFA XXXX

- ZMR-Anfrage

- IZR-Anfrage

- Abfrage Schengener Informationssystem

- SA-Abfrage

- Sozialversicherungsdatenabfrage

- Beschwerdeangaben

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. stützen sich auf den vorliegenden Akteninhalt und der eigenen Angaben der bP. Diese Feststellungen wurden im Verfahren nicht bestritten, weshalb auch das BVwG diese Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde legt. Die bP machte keinerlei Probleme dahingehend geltend, dass sie verschiedene Medikamente einnimmt. Vielmehr führte sie aus, dass sie freiwillig in die Türkei zurückreisen wolle.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. wurden mangels irgendeines in diese Richtung deutenden Vorbringens der bP durch das BFA getroffen. Auch in der Beschwerde machte die bP in Bezug auf ihren Herkunftsstaat keine Probleme geltend. Vielmehr legte sie dar, dass die einzigen Familienangehörigen in der Türkei leben.

Insgesamt war somit den diesbezüglichen Feststellungen des BFA nicht entgegen zu treten.

Dass es aktuell in der Türkei keinen landesweiten bewaffneten Konflikt gibt, unter dem die Zivilbevölkerung in einer Weise zu leiden hätte, dass ein Aufenthalt dort jedermann, sohin auch die bP, in eine maßgebliche Gefahrenlage bringen würde, war zugleich als notorisch festzustellen. Zudem wollte die bP nicht einmal Einsicht in Länderfeststellungen nehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

1. Zu Spruchpunkt I.

Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen

1.1. Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG hat das Bundesamt gem. § 58 Abs. 3 AsylG im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

§ 57 AsylG 2005 lautet:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

2.1. Es liegt kein rechtmäßiger Aufenthalt der bP im Bundesgebiet vor und fällt sie auch nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG betreffend Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung.

Das BFA prüfte somit entsprechend der einschlägigen Bestimmungen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG. Es lagen gegenständlich jedoch keine Umstände vor, dass der bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre und wurde diesbezüglich selbst in der Beschwerde nichts Derartiges dargetan.

Die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt war somit abzuweisen.

2. Zu Spruchpunkt II.

Rückkehrentscheidung

2.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Die gegenständliche Entscheidung war daher mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

2.2. Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme:

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um eine öffentliche Behörde im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK; der Eingriff ist - wie bereits oben dargestellt - in § 9 Abs. 1 BFA-VG iVm § 67 FPG gesetzlich vorgesehen.

Es ist daher in weiterer Folge zu prüfen, ob der Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK, verfolgt. Es ist eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff durch das Aufenthaltsverbot auch als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Art. 8 EMRK:

Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

Für die Beurteilung ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere nachfolgende Umstände beachtlich:

Privatleben

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Rückkehrentscheidungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der Schutzwürdigkeit des Privatlebens manifestiert sich der Grad der Integration des Fremden insbesondere an intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124).

Familienleben

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben;

das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00); etwa bei Zutreffen anderer Faktoren aus denen sich ergibt, dass eine Beziehung genügend Konstanz aufweist, um de facto familiäre Bindungen zu erzeugen: zB Natur und Dauer der Beziehung der Eltern und insbesondere, ob sie geplant haben ein gemeinsames Kind zu haben; ob der Vater das Kind als eigenes anerkannt hat; ob Unterhaltszahlungen für die Pflege und Erziehung des Kindes geleistet wurden; und die Intensität und Regelmäßigkeit des Umgangs (EGMR v. 8.1.2009, Zl 10606/07, Fall Grant gg. Vereinigtes Königreich).

Kinder werden erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere "de facto Beziehungen" ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).

Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).

Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093-7 [vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland, Beschwerde Nr. 48321/99, Randnr. 97, vom 15. Juni 2006, Shevanova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 58822/00, Randnr. 67, vom 22. Juni 2006, Kaftailova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 59643/00, Randnr. 63, und vom 12. Jänner 2010, A.W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47486/06, Randnr. 31 ff]).

Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

2.3. In Österreich leben keine Familienangehörigen der bP. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht Familienleben.

Auf Grund der langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet liegt hier jedoch ein Privatleben in Österreich vor, auch wenn dieses insbesondere vor dem Hintergrund des illegalen Aufenthaltes nicht besonders ausgeprägt ist

Da die Rückkehrentscheidung somit einen Eingriff in das Recht auf Privatleben darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art 8 Abs. 2 EMRK legitime Ziele, nämlich

- die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene

Rechtsordnung zu subsumieren ist;

- das wirtschaftliche Wohl des Landes;

- zur Verhinderung von strafbaren Handlungen;

Öffentliche Ordnung / Verhinderung von strafbaren Handlungen (auch im Bereich des Aufenthaltsrechtes)

Der EGMR geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Der EGMR erkennt in stRsp weiters, dass die Konventionsstaaten nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt sind, Einreise, Rückkehrentscheidung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (vgl. uva. zB. Urteil Vilvarajah/GB, A/215 § 102 = NL 92/1/07 und NL 92/1/27f.). Die Schaffung eines Ordnungssystems mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt wird, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs. 2 EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B 328/07, VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 uva.).

Wirtschaftliches Wohl

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes (vgl zB EGMR 31.7.2008, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen) von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den geordneten Arbeitsmarkt als auch für das Sozial- und Gesundheitssystem erhebliche Auswirkung hat.

2.2. Im Einzelnen ergibt sich unter zentraler Beachtung der in § 9 Abs. 1 Z 1-9 AsylG genannten Determinanten Folgendes:

- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:

Die bP war bisher legal im österreichischen Bundesgebiet aufhältig. Sie hält sich laut eigenen Angaben bereits seit 15 Jahren im Bundesgebiet auf.

- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens

In Österreich leben keine Familienangehörigen.

- Schutzwürdigkeit des Privatlebens

Während des bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet hat die bP private Anknüpfungspunkte in Österreich erlangt, wobei jedoch nicht übersehen werden darf, dass sich die bP illegal in Österreich aufgehalten hat.

- Grad der Integration

Die bP kann sich in Österreich verständigen. Die bP hält sich unberechtigter Weise im Bundegebiet auf. Sie hat keinen Aufenthaltstitel. Sie war behördlich nicht gemeldet. Sie besitzt nicht die nötigen Mittel für ihren Unterhalt. Im Sozialversicherungsdatenauszug scheint kein rechtmäßiger Dienstgeber für die bP auf, obwohl sie angibt, in Österreich als Hilfsarbeiter gearbeitet zu haben. Die bP ist derzeit in Schubhaft.

- Bindungen zum Herkunftsstaat

Die gesamte Familie der bP lebt in der Türkei.

- strafrechtliche Unbescholtenheit

In der Datenbank des österreichischen Strafregisters scheinen keine Verurteilung auf.

- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-. Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts. Die bP ist nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig.

2.3. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass ein Rückkehrverbot einen nur sehr geringfügigen Eingriff in das Privatleben der bP darstellt.

Entsprechend der Judikatur des VwGH sind jedoch selbst eine allfällige Trennung von Familienangehörigen ebenso wie mögliche Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung im Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 09.07.2009, 2008/22/0932; 22.02.2011, 2010/18/0417). Selbst Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der alleinigen Rückkehr auftreten können, sind hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0180).

Selbst Umstände, dass der Fremde einen großen Freundes- und Bekanntenkreis hat und er der deutschen Sprache mächtig ist, können seine persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht maßgeblich verstärken (vgl. VwGH 26.11.2009, 2007/18/0311; 29.6.2010, 2010/18/0226).

Zudem ist die bP nicht selbsterhaltungsfähig.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und unter Einbeziehung der oa. Judikatur der Höchstgerichte ist gegenständlich ein überwiegendes öffentliches Interesse - nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, sowie zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere in Bezug auf die die Übertretung von fremdenpolizeilichen Bestimmungen - an der Aufenthaltsbeendigung der bP festzustellen, welches ihre Interessen an einem Verbleib in Österreich überwiegt. Die Rückkehrentscheidung ist daher als notwendig und nicht unverhältnismäßig zu erachten.

Die persönlichen Bindungen in Österreich lassen keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK erkennen, die es der bP schlichtweg unzumutbar machen würden, in ihr Heimatland zurückzukehren.

Es erfolgte daher zu Recht die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG. Die Beschwerde war somit hinsichtlich Spruchpunkt II. abzuweisen.

3. Zu Spruchpunkt III.

Zulässigkeit der Abschiebung

3.1. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.2. Dass die bP im Fall ihrer Rückkehr in die türkei einer Gefährdung im Sinn des Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre oder ihr die Todesstrafe dort drohen könnte, ist nicht ersichtlich und auch im Verfahren und der Beschwerde nicht behauptet worden. Es besteht in der Türkei kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt, der für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt bedeuten würde. Dies ist notorisch und wurde Gegenteiliges im Verfahren auch nie behauptet. Anhaltspukte dafür, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat nicht in der Lage wäre, für ihren notwendigsten Lebensunterhalt zu sorgen, sind ebenso wenig ersichtlich und wurden auch nicht behauptet. Vielmehr wurde im Verfahren dargelegt, dass die bP freiwillig in die Türkei ausreisen wolle. Die bP ist arbeitsfähig und hat in der Türkei ihre familiären Anknüpfungspunkte.

Im Hinblick auf die vom BFA im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG getroffene Feststellung sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre. Derartiges wurde auch im Beschwerdeschriftsatz nicht behauptet.

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher die Entscheidungen des BFA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt III. abzuweisen.

4. Zu Spruchpunkt IV.

Frist für die freiwillige Ausreise

4.1. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

4.2. Aus der rechtskonformen Anwendung des § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG (Spruchpunkt V.) ergab sich zwingend die Anwendung des § 55 Abs. 4 FPG, dem zufolge keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.

Es war daher die Entscheidungen des BFA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt IV. abzuweisen.

5. Zu Spruchpunkt V.

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

5.1. Das BFA aberkannte gem. § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung, weil die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist und Fluchtgefahr besteht.

Wie das BFA ausführte, hält sich die bP illegal im österreichischen Bundesgebiet auf.

Ihr persönliches Verhalten lässt klar erkennen, dass sie nicht bereit ist, die bestehenden Einreisevorschriften nach dem FPG zu beachten.

Weiter ist sie behördlich nicht mehr gemeldet und nicht in Besitz von ausreichend eigenen Barmittel, um ihren Aufenthalt im Bundesgebiet finanzieren zu können.

Es besteht in ihrem Fall somit ein öffentliches Interesse an ihrer sofortigen Ausreise. Ihr Aufenthalt stellt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar.

Eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat stellt keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung dar. Es ist in ihrem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. § 18 Abs. 2 BFA-VG sieht bei Vorliegen des oben genannten Tatbestandes zwingend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung vor.

Mangels Vorliegens einer realen menschenrechtsrelevanten Gefahr ist es ihr zumutbar, den Ausgang ihres Verfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.

Die nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführende Interessensabwägung zwischen den Interessen der bP und jenen Österreichs, ergibt einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheides, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den gegenständlichen bekämpften Bescheid zulässig war.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der bP in die Türkei eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde, waren - auch in Zusammenschau mit dem Vorbringen in der Beschwerde - für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich, vielmehr legte die bP dar, dass sie freiwillig in die Türkei ausreisen wolle, weshalb die aufschiebende Wirkung auch nicht zuzuerkennen war.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

Es war somit der Beschwerde vom BVwG gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG auch keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu Spruchpunkt VI.

Einreiseverbot

1. Einreiseverbot § 53 FPG

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, Zahl 2011/21/0237, zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff und Art 11 Abs 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen.

1.2. Das BFA verhängte gem. § 52 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG ein auf 4 Jahre befristetes Einreiseverbot gegen die bP.

Begründend legte das BFA im Wesentlichen dar, dass die bP keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgeht und auch sonst nicht die nötigen eigenen Mittel hat, um ihren Aufenthalt im Bundesgebiet finanzieren zu können.

Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis sie einer Gebietskörperschaft zur Last fällt.

Sie gab selbst an, nur manchmal finanziell von Freunden oder der Familie aus der Heimat unterstützt zu werden. Die bP muss daher als mitteloser Fremder angesehen werden.

Dies begründet ein Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Ausreise ihrer Person aus dem Bundesgebiet, weshalb die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde abzuerkennen war.

Die Erfüllung dieses Tatbestandes indiziert gemäß § 53 Abs. 2 das Vorliegen einer Gefährdung für die Öffentlichkeit. Bei der Bemessung ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

In ihrem Fall war weiter zu berücksichtigen, dass sie wissentlich illegal im Bundesgebiet verblieben ist. Ihr Verhalten erweckt den Verdacht, dass sie nicht gewillt ist, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten, und sie stellt somit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar.

Sie hat diesen Verstoß bewusst in Kauf genommen, somit ist ein Einreiseverbot von 4 Jahren als angemessen anzusehen.

Aufgrund des Zeitraumes von 4 Jahren kann davon ausgegangen werden, dass ein Gesinnungswandel eintritt und sich die bP bei einer neuerlichen Einreise in das österreichische Bundesgebiet an die gesetzlichen Bestimmungen halten wird.

Bei der Beurteilung der Notwendigkeit sowie bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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