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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der A in Seewalchen, vertreten durch Dr. Rafaela Zenz-Zajc, Rechtsanwalt in Mondsee, Rainerstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 10. Februar 1997, Zl. St 577/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 10. Februar 1997 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß die Beschwerdeführerin am 28. Juni 1995 mit Hilfe von zwei Schleppern aus Ungarn über die grüne Grenze nach Österreich eingereist sei. Sowohl ein auf § 4 AsylG 1991 gestützter Asylantrag der Beschwerdeführerin als auch ein von ihr nach § 3 leg. cit. gestellter Asylantrag sei rechtskräftig abgewiesen worden (der erstgenannte mit Bescheid vom 11. Juni 1995, der zweitgenannte mit Bescheid vom 18. April 1996). Die Beschwerdeführerin lebe in Österreich gemeinsam mit ihrem Gatten und ihrer vier Monate alten Tochter. Sie gehe keiner Beschäftigung nach; ihr Unterhalt werde von ihrem Gatten bestritten.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - soweit für die Beschwerdeerledigung von Belang - aus: Die Beschwerdeführerin halte sich seit ihrer Einreise (am 28. Juni 1995) insofern rechtswidrig im Bundesgebiet auf, als ihr nach diesem Zeitpunkt weder ein Sichtvermerk noch eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt worden sei. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 AsylG 1991 komme ihr deshalb nicht zu, weil sie nicht direkt aus dem Staat eingereist sei, in dem sie Verfolgung zu befürchten behaupte. Da sie auch kein Asyl habe und keine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 AsylG 1991 erhalten habe, stehe § 9 leg. cit. einer Ausweisung nicht entgegen.
Es möge sein, daß durch die Ausweisung in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin i.S. des § 19 FrG eingegriffen werde. Die Beschwerdeführerin halte sich jedoch seit mehr als einem Jahr illegal in Österreich auf, was im Hinblick auf das eminente öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung darstelle, zumal sie trotz rechtskräftiger Abweisung eines Asylantrages weiter im Bundesgebiet geblieben sei. Die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten.
Die Einbringung einer Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. April 1996 bzw. die ihr "unter Umständen" zukommende aufschiebende Wirkung sei insofern unbeachtlich, als die Beschwerdeführerin mit letzterer lediglich jene Rechtsstellung erwerbe, die sie vor Erlassung des angefochtenen Bescheides gehabt habe. Da die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt habe, sei ihr eine solche auch nach einer "etwaigen" Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zugekommen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift "wegen Arbeitsüberlastung durch Berufungs- und Beschwerdefälle" ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde tritt der Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin seit 28. Juni 1995, dem Zeitpunkt ihres Eintrittes in das Bundesgebiet, unrechtmäßig in Österreich aufhalte, mit dem Argument entgegen, daß über deren Asylantrag "bis dato nicht abschließend entschieden worden (ist)".
1.2. Mit diesem erkennbar auf die Einbringung einer Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den den Asylantrag der Beschwerdeführerin abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. April 1996 Bezug nehmenden Hinweis verkennt die Beschwerde die Rechtslage, vermag doch die bloße Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof an der Rechtskraft des solcherart bekämpften Bescheides nichts zu ändern. Ergänzend sei dazu angemerkt, daß dem mit der besagten Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung laut in den vorgelegten Verwaltungsakten einliegenden Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1996, Zl. AW 96/01/0829, mit der Wirkung stattgegeben wurde, daß der Antragstellerin (der nunmehrigen Beschwerdeführerin) "die Rechtsstellung zukommt, die sie als Asylwerberin vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte". Dies aber bedeutet, daß der genannte Beschluß der Beschwerdeführerin mangels einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 AsylG zu diesem Zeitpunkt - die diesbezügliche Rechtsansicht der belangten Behörde ist unbedenklich - kein asylrechtliches vorläufiges Aufenthaltsrecht verschaffen bzw. ab Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kein solches prolongieren konnte.
1.3. Da im übrigen die insoweit maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen unbestritten blieben, ist die Auffassung der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin von Beginn an (seit 28. Juni 1995) unrechtmäßig in Österreich aufhalte, frei von Rechtsirrtum.
2.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde weiters vor, § 19 FrG unrichtig angewendet zu haben. Unter Bedachtnahme auf die private und familiäre Situation der Beschwerdeführerin sei die Ausweisung nicht dringend geboten. Die Beschwerdeführerin lebe mit ihrem Gatten und dem gemeinsamen Kind in Österreich zusammen. Durch die Ausweisung würde die Familie getrennt werden, vor allem dem Kind der Vater entzogen werden. Auf der anderen Seite habe sich die Beschwerdeführerin in der österreichischen Gesellschaft völlig unauffällig verhalten, weshalb sie keine Belastung für den österreichischen Staat darstelle; sie sei mit den österreichischen Gesetzen nicht in Konflikt geraten, sodaß sie keine Gefahr für die öffentliche Ruhe und Sicherheit sei. Die "allenfalls vorhandene fremdenpolizeiliche Vorschriftsübertretung (ist) kein gravierender Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung".
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Zum einen kommt der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwN). Dieses gewichtige Allgemeininteresse wurde - entgegen der Ansicht der Beschwerde - durch das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin (bereits 19monatiger unerlaubter Aufenthalt im Bundesgebiet, Aufrechterhaltung des illegalen Aufenthaltes ungeachtet rechtskräftiger Abweisung eines Asylantrages) gravierend beeinträchtigt. Wenn die belangte Behörde angesichts dessen dem öffentlichen Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin den Vorrang vor den gegenläufigen persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin einräumte und aufgrund der daraus resultierenden Notwendigkeit der Ausweisung im Interesse der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens diese Maßnahme für im Grunde des § 19 FrG zulässig erachtete, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden, zumal der Dauer des noch dazu ausschließlich unrechtmäßigen Aufenthaltes von etwa eineinhalb Jahren wie auch einer daraus allenfalls abzuleitenden Integration der Beschwerdeführerin in Österreich kein Ausmaß zuzubilligen ist, das ihrer privaten Interessenlage wesentliches Gewicht verleihen könnte. Der Kontakt der Beschwerdeführerin zu ihrem Gatten bzw. - im Fall der gemeinsamen Ausreise von Mutter und Kind - der des Kindes zu seinem Vater kann, wenngleich eingeschränkt, dadurch aufrechterhalten werden, daß der Gatte (Kindesvater) seine Frau und das gemeinsame Kind im Ausland besucht.
3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG iVm der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180232.X00Im RIS seit
20.11.2000