TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/28 W168 2141898-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2020
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Entscheidungsdatum

28.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W168 2141898-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), vom 16.11.2016, Zl. 1067847509/150479244, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.01.2020, zu Recht erkannt:

A.)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III und IV des angefochtenen Bescheides stattgegeben und diese ersatzlos behoben.

B.)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 09.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er u.a. an, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen zu sein. Er sei Analphabet und sei vor seiner Ausreise als Hilfsarbeiter tätig gewesen.

Zum Fluchtgrund befragt, gab der BF an, dass er Afghanistan aufgrund der schlechten Sicherheitslage verlassen habe. Bei einer Rückkehr würde er im Krieg getötet werden.

2. Am 15.09.2016 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Zu seinen persönlichen Daten befragt, brachte der BF vor, dass er aus der Provinz Paktia stamme und sein Geburtsdatum korrigieren wolle.

Zu seinen Lebensumständen in Afghanistan befragt, erklärte der BF, dass er in der Provinz Paktia geboren und aufgewachsen sei. Er habe keine Schule besucht und mit seinen Eltern, seinen zwei Brüdern und einer Schwester bis zur Ausreise in einem Dorf gelebt. Die finanzielle Situation seiner Familie sei gut gewesen, da sein Vater sowohl als Bauarbeiter als auch als Holzfäller gearbeitet habe. Seine gesamte Familie sei nach wie vor im Heimatdorf in der Provinz Paktia wohnhaft. Auf Nachfrage, wovon seine Familie ihren Lebensunterhalt bestreite, entgegnete der BF, dass sein Vater neben seinen Berufen als Bauarbeiter und Holzfäller auch Mais und Bohnen anbaue. Der BF selbst sei im Herkunftsstaat als Bauhilfsarbeiter sowie Hilfsarbeiter tätig gewesen. Überdies habe er in Afghanistan noch familiäre/soziale Anknüpfungspunkte in Form zweier Tanten sowie dreier Onkel und zweier Freunde. Auf die Frage, ob er in seiner Heimat noch zu jemanden Kontakt habe, erwiderte der BF, dass er keine Kontakte zu Personen aus seinem Heimatland mehr habe, da er kein Geld habe, um sich ein neues Handy zu besorgen.

Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er als Hilfsarbeiter beim Straßenbau bei einer afghanischen Firma gearbeitet habe und wegen seiner Tätigkeit als Hilfsarbeiter von den Taliban bedroht worden sei. Die Mitglieder hätten den BF aufgefordert, seine Tätigkeit zu beenden, da er ansonsten von den Taliban getötet werde. Seine Eltern hätten ihm daraufhin von einer Zusammenarbeit mit den Mitgliedern dieser Terrormilz abgeraten. Insgesamt sei er von den Taliban zwei Mal bedroht worden, beim ersten Einschüchterungsversuch seien in einem Drohbrief sein Name und die Namen seiner Freunde erwähnt worden, ein zweiter Vorfall habe sich auf dem Weg zu seinem Onkel ereignet, im Zuge dessen der BF gemeinsam mit seiner Mutter von den Taliban angehalten worden sei. Die Mitglieder hätten ihn gefragt, weshalb er nach wie vor als Bauarbeiter bei der Straßenfirma arbeite und ihn bei der nächsten Gelegenheit töten würden. Sein Onkel habe ihm daraufhin zur Flucht aus Afghanistan geraten. Zur Frage, was das fluchtauslösende Ereignis gewesen sei, entgegnete der BF, dass er nicht mit den Taliban habe zusammenarbeiten wollen. Befragt, wie lange er für die Straßenbaufirma gearbeitet habe, erwiderte der BF, dass er insgesamt vier Monate für diese Firma tätig gewesen sei und monatlich ungefähr 18.000,- Afghani verdient habe. Zum Vorhalt, dass er in seiner Erstbefragung lediglich die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan und keine individuelle Bedrohung angegeben habe, erklärte der BF, dass ihm erklärt worden sei, die näheren Details seiner Fluchtgeschichte erst im Rahmen der zweiten Einvernahme wiederzugeben. Auf die Frage, ob alle achtzig Bauhilfsarbeiter der Straßenbaufirma von den Taliban bedroht worden seien, replizierte der BF, dass lediglich er und zwei Freunde bedroht worden seien. Zum weiteren Vorhalt, dass der Taliban massivere Möglichkeiten zur Verfügung gestanden wären, falls sie den Straßenbau wirklich hätten verhindern wollen, brachte der BF vor, dass er zwar nicht bei seiner Arbeit, aber zu Hause Probleme bekommen habe. Befragt, wieso er glaube, gerade von den Taliban ausgewählt worden zu sein, gab der BF an, dass er dies nicht wisse und auch auf deren Drohbrief nicht reagiert habe. Auf Aufforderung, den genauen Inhalt des Drohbriefes wiederzugeben, entgegnete der BF, dass er selbst nicht lesen könne und ein anderer Dorfbewohner ihm den Brief vorgelesen habe. Der erwähnte Brief sei ihm in der örtlichen Moschee hinterlegt worden. Auf Nachfrage, wann er das Schriftstück genau erhalten habe, replizierte der BF, dass er das genaue Datum nicht angeben könne. Nach dem Erhalt habe er noch ca. 20 Tage für die Straßenbaufirma gearbeitet, da er den Drohbrief zuerst nicht ernst genommen und erst gefürchtet habe, nachdem er von den Taliban gemeinsam mit seiner Mutter angehalten worden sei. Zur Frage, wann er erstmals Kontakt zu den Taliban gehabt habe, gab der BF an, dass er 10 Tage nach dem Erhalt des Drohbriefes von diesen angehalten worden sei. Insgesamt sei er einmal persönlich und einmal über den Drohbrief mit den Taliban in Kontakt gestanden. Auf Nachfrage, woher er wisse, dass es sich bei den Männern um Taliban gehandelt habe, replizierte der BF, dass sie bewaffnet und ihre Gesichter vermummt gewesen seien. Befragt, was er genau für die Taliban tun hätte sollen, brachte der BF vor, dass sie ihn aufgefordert hätten, für sie zu arbeiten und sie beim Kampf gegen die Ungläubigen Amerikaner unterstützen hätte sollen, indem er am Krieg für sie kämpfe oder einen Selbstmordanschlag plane. Auf Vorhalt, wieso seine Familie weiterhin in Afghanistan aufhältig sein könne, während er ausreisen habe müssen, erklärte der BF, dass die Gefahr nur für ihn vorherrschend gewesen sei und ihm die Polizei jedoch auch nicht weiterhelfen habe können. Auf Nachfrage, wieso er sich nicht auch an den Dorfältesten gewandt habe, entgegnete der BF, dass dieser auch keine Schritte gegen die Taliban unternehmen habe dürfen.

Auf die Frage, wann er zuletzt Kontakt zu seinen Eltern gehabt habe, erwiderte der BF, dass er zuletzt an Weihnachten 2015 mit seinen Eltern gesprochen habe. Außerhalb Afghanistans habe er keine Familienangehörigen. Die Fragen, ob gegen ihn ein Gerichtsverfahren anhängig sei oder ob er je Probleme mit den Behörden gehabt habe, wurden vom BF verneint. Bei einer Rückkehr würden ihn die Taliban umbringen.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, brachte der BF vor, dass er weder in einem Verein sei noch Kontakt zu Österreichern habe.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF mehrere Empfehlungsschreiben sowie eine Bestätigung vom 26.06.2016 für einen Deutschkurs vorgelegt.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die Angaben des BF, wonach er wegen seiner Arbeit als Bauhilfsarbeiter bedroht worden sei, nicht glaubhaft gewesen seien. Für die Behörde erscheine es unlogisch und nicht nachvollziehbar, dass die Taliban nur einige wenige Arbeiter an einem kleinen Teil des Streckenabschnittes bedrohen würden, um den gesamten Streckenausbau von Khost nach Gardez zu verhindern. Wäre der BF tatsächlich von den Taliban aufgrund seiner Tätigkeit als Bauhilfsarbeiter bedroht worden, dann wäre es für den BF ein leichtes gewesen, die Arbeit aufzugeben und sich eine andere Arbeit als Hilfsarbeiter zu suchen. Wenn der BF angegeben habe, dass er tagsüber gearbeitet und sich nachts im Haus versteckt habe, so habe der BF weder der Behörde gegenüber eine Bedrohung und Verfolgung durch die Taliban nicht glaubhaft habe machen können, da die Taliban tagsüber genug Zeit und Möglichkeiten gehabt hätten, ihre Drohungen zu realisieren. Wenn der BF angegeben habe, dass die Taliban ihn in seinem Heimatdorf aufgefordert hätten, mit ihm zusammenzuarbeiten, so werde ihm Glauben geschenkt. Wie aus einer Analyse der Staatendokumentation zu entnehmen sei, würden die Taliban mehrmals versuchen, mit dem Anzuwerbenden persönlich Kontakt aufzunehmen und diesen für ihren Kampf zu gewinnen. Wenn der BF angebe, dass er nur in seiner Heimatprovinz Paktia zu Mitkämpfen angworben sei und Angst vor Repressalien gehabt habe, so habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass ihm in Kabul eine innerstaatliche Fluchtalternative offen gestanden wäre. Es bestehe für den BF die Möglichkeit, sich beispielsweise in Kabul oder einer anderen unter Regierungskontrolle stehenden Provinzen niederzulassen und sich ein Leben aufzubauen.

4. Gegen diesen Bescheid wurde vom BF rechtzeitig Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass das BFA im angefochtenen Bescheid dem Vorbringen des BF zu seinen Fluchtgründen unzulässigerweise die Glaubwürdigkeit abgesprochen habe, ohne das sehr plausible und lebensnahe Vorbringen einer weiteren Ermittlungstätigkeit zu unterziehen. Die belangte Behörde lege lediglich sehr allgemein gehaltene Länderberichte vor, die zu einem Großteil nichts mit dem Vorbringen bzw. der Situation des BF zu tun hätten. Die belangte Behörde habe überhaupt keine Feststellungen zur Lage in der Provinz Paktia getroffen. Der BF habe keine Möglichkeit gehabt, der Beweiswürdigung entgegenzutreten und sei daher in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Die belangte Behörde bleibe jedenfalls eine ganzheitliche und objektive Beweiswürdigung schuldig und könne auf dieser Basis eine Unglaubwürdigkeit bzw. mangelnde Asylrelevanz nicht begründen, da das Vorbringen in Bezug auf die Situation in Afghanistan lebensnah und plausibel gewesen sei. Die belangte Behörde verkenne völlig, dass Arbeit in Afghanistan, besonders für Analphabeten sehr rar sei und der BF nicht ohne weiteres eine neue Lebensgrundlage begründen könne. Zusammengefasst entspreche die Beweiswürdigkeit der belangten Behörde jedenfalls keineswegs den gesetzlichen Erfordernissen der Objektivität und Unparteilichkeit. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

5. In einer Beschwerdenachreichung vom 23.04.2019 wurden ein Erhebungsersuchen der Landespolizeidirektion Kärnten wegen des Verdachtes der Aufenthaltsehe vom 23.04.2019, eine Tazkira mit Übersetzung, ein Ehefähigkeitszeugnis der Marktgemeinde XXXX , ein Ehefähigkeitszeugnis der Ehegattin des BF, eine Asylkarte weiß sowie eine eidesstattliche Erklärung des BF vom 10.04.2019, wonach der BF der deutschen Sprache mächtig sei und nie verheiratet gewesen sei und eine Meldebestätigung der Marktgemeinde XXXX vom 29.08.2018 in Vorlage gebracht.

6. Aus einem Bericht der Landespolizeidirektion Kärnten vom 23.04.2019 geht hervor, dass die zuständige Standesbeamtin angegeben habe, dass der BF die fehlenden Dokumente vorgelegt habe und sie diese an den zuständigen Amtsdirektor weitergeleitet habe. Überdies habe sie den BF und seine angebliche Ehegattin bereits auf einem Weihnachtsmarkt als Liebespaar qualifiziert. Die erwähnte Ehefrau des BF habe angegeben, bereits seit zwei Jahren mit dem BF liiert zu sein und sei der Meinung, dass der BF nach der Eheschließung in ihre Wohnung ziehen und einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

7. Mit Dokumentenvorlage vom 24.06.2019 wurden vom bevollmächtigten Vertreter des BF zwei Empfehlungsschreiben, ein Zertifikat vom 18.05.2017 über eine absolvierte ÖSD Prüfung auf dem Niveau A1, ein Zertifikat vom 02.05.2018 über eine absolvierte Prüfung auf dem Niveau A2 und eine Teilnahmebestätigung über die Absolvierung eines Werte- und Orientierungskurses vorgelegt.

8. Mit einer weiteren Dokumentenvorlage vom 27.08.2019 wurden vom bevollmächtigten Vertreter des BF eine Heiratsurkunde vom 04.05.2019 sowie eine Anmeldebescheinigung für EWR-BürgerInnen und Schweizer BürgerInnen in Vorlage gebracht.

9. Am 28.01.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu und im Beisein der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers sowie seiner Ehefrau eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Umständen und zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.

Zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, führte der BF aus, dass er vor seiner Ausreise in einem kleinen Dorf in der Provinz Paktia gewohnt habe und sich seine Eltern, seine zwei Brüder und eine Schwester nach wie vor dort aufhalten würden. Der BF habe sein Handy verloren, weshalb er bereits seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr zu seinen Angehörigen habe. Seine Familie habe jedenfalls wirtschaftlich nie Probleme gehabt, da sein Vater Grundstücke und ein Haus habe. Der BF habe bereits im Alter von 15 Jahren eine Erwerbstätigkeit aufgenommen und in der Landwirtschaft sowie auf Baustellen gearbeitet. Auf die Frage, ob es seit Erhalt des angefochtenen Bescheids zu irgendwelchen Änderungen gekommen sei, erklärte der BF, dass seine Eltern mittlerweile umgezogen seien. Auf Vorhalt, ob seine Fluchtgründe, dass er bei einer Baufirma gearbeitet habe und ihn die Taliban deshalb bedroht hätten, nicht mehr für diese Baufirma zu arbeiten bzw. ihn aufgefordert hätten, für sie zu kämpfen, entgegnete der BF, dass er eine Zusammenarbeit jedoch verweigert habe. Befragt, ob die Taliban ihn konkret aufgesucht und unmittelbar bedroht hätten, entgegnete der BF, dass sie einen Drohbrief hinter seinem Haus hinterlassen hätten und er einen zweiten Brief über einen Vorbeter erhalten habe. Auf Nachfrage, ob ihn eine konkrete Person aufgesucht und in weiterer Folge bedroht habe, erklärte der BF, dass er mit seiner Mutter von einer vermummten Person angesprochen worden sei und zur Kollaboration aufgefordert habe. Der Mann habe ihn mit dem Tod bedroht, aus Respekt für seine Mutter jedoch gehen lassen. Auf die Frage, ob man nur ihn oder alle Bauarbeiter bedroht habe, replizierte der BF, dass alle bedroht worden sei. Zum Vorhalt, dass er im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme erklärt habe, dass nur er und zwei seiner Freunde bedroht worden sei, brachte der BF vor, dass der Dolmetscher seine Aussage möglicherweise falsch übersetzt habe. Auf weitere Frage, ob er über besondere Fähigkeiten verfüge, die für die Taliban von besonderem Interesse seien, gab der BF an, dass er genauso wie andere Mitarbeiter seiner Firma bedroht worden sei. Er sei ein gewöhnlicher Hilfsarbeiter gewesen. Zum weiteren Vorhalt, wieso die Taliban einen ersetzbaren Hilfsarbeiter wie ihn bedrohen sollten, gab der BF an, dass er nicht gewusst habe, weshalb ihn die Taliban nicht in Ruhe gelassen hätten, da er bei vorigen Tätigkeiten als Bauarbeiter und Schneider keine Probleme gehabt habe. Sein Vater habe zwar nicht in derselben Firma gearbeitet, seine Eltern hätten jedoch wegen den Bedrohungen gegen den BF das Dorf verlassen. Befragt, ob er versucht habe, sich vor seiner Ausreise an einen anderen Ort wie Mazar e-Sharif oder Herat, die stabil unter Regierungskontrolle stehen würden, zu begeben, um diesen Bedrohungen zu entgehen, replizierte der BF, dass er aufgrund seiner Probleme gleich das Land verlassen habe. Bei einer Rückkehr sei sein Leben in Gefahr. Alle Beweismittel wie die beiden Drohbriefe seien ihm in Bulgarien abgenommen worden.

Zur Frage, wie er in Österreich seinen Lebensunterhalt bestreite, gab der BF an, dass er Deutsch lerne und Leuten helfe. Er habe viele freiwillige Tätigkeiten verrichtet und vorwiegend Kontakt zu afghanischen Staatsangehörigen. In Österreich seien seine Ehefrau, sein Schwager und seine Schwägerin aufhältig. Er sei seit dem 04.05.2019 verheiratet und sie seien vor der Eheschließung bereits 20 Monate zusammen gewesen. Befragt, wie und wo sie sich kennengelernt hätten, entgegnete der BF, dass seine Ehefrau aufgrund eines Wasserschadens in seine Unterkunft gezogen sei. Anschließend habe er ihr angeboten, ihr beim Transport einer Waschmaschine zu helfen, woraufhin sie ihm ihre Nummer gegeben habe. Er wohne nunmehr seit ungefähr drei oder vier Monaten mit seiner Ehefrau zusammen. Auf Nachfrage, weshalb sie erst nicht gleich nach der Eheschließung mit seiner Gattin zusammengezogen sei, erklärte der BF, dass er nach seiner Heirat einen Brief erhalten habe und er daraufhin mit seiner Ehefrau zum Sozialamt gegangen sei, um seine Eheschließung bekanntzugeben. Der BF kommuniziere mit seiner Gattin auf Deutsch und Slowenisch.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden eine Kopie eines slowenischen Reisepasses der Ehefrau des BF, ein Zertifikat vom 02.05.2018 auf dem Niveau A2, mehrere Empfehlungsschreiben sowie eine Bestätigung über die Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten durch den BF vom 16.01.2020 in Vorlage gebracht.

10. Mit Urkundenvorlage vom 09.10.2019 wurde vom bevollmächtigten Vertreter des BF eine von der Bezirkshauptmannschaft XXXX ausgestellte Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers mit Ausstellungsdatum 02.09.2019 (gültig bis zum 02.09.2024) übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

- Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle und in die vom BF vorgelegten Unterlagen;

- Protokoll der Verhandlung vor dem BVwG vom 28.01.2020

- Einsicht in die in das Verfahren eingeführten Länderberichte zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat;

- Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.

1.1. Zur Person des BF

Der BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist Muslim sunnitischer Ausrichtung. Er stammt aus der Provinz Paktia, wo er zuletzt gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern gelebt hat. Der BF ist Analphabet und war in Afghanistan als Schneider und Hilfsarbeiter auf Baustellen tätig. Seine Eltern, seine zwei Brüder und eine Schwester leben nach wie vor in der Provinz Paktia, der BF hat zu diesen keinen Kontakt. Der Beschwerdeführer befindet sich seit Mai 2015 im österreichischen Bundesgebiet.

Das Vorliegen von insgesamt lebensbedrohlich schweren psychischen oder physischen Erkrankungen wurde seitens des Beschwerdeführers nicht angeführt und das Vorliegen von solchen lässt sich auch aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes erschließen.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen volljährigen jungen, insgesamt gesunden Mann dem eine Teilnahme am Erwerbsleben in seinem Heimatstaat möglich und zumutbar ist.

1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Die als fluchtkausal geltend gemachte Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund einer Bedrohung durch die Taliban ist nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer hätte im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung seitens den Taliban mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, ebensowenig droht diesem im Herkunftsstaat eine strafrechtliche Verfolgung durch den Staat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Afghanistan alleine aufgrund seines Aufenthaltes in Europa mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner psychischen und/oder physischen Gewalt ausgesetzt.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz ist aufgrund der dort herrschenden Sicherheitslage diesen nicht zumutbar und möglich.

Es kann nicht festgestellt werden und es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer bei einer allfälligen Rückkehr nach insbesondere Herat oder Mazar-e Sharif mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer ihn konkret betreffenden asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein würde, bzw. in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. In diesen Städten besteht für den Beschwerdeführer als gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine asylrelevante Verfolgung oder Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, sodass diesen eine Rückkehr dorthin möglich und auch zumutbar ist.

Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch die Taliban oder durch andere Personen.

Die Städte Mazar-e Sharif, Herat und in casu auch Kabul sind von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug über internationale Flughäfen zu erreichen.

1.4. Zu den Lebensumständen des BF in Österreich

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund der Eheschließung mit einer slowenischen Staatsbürgerin am 04.05.2019, die über eine Anmeldebescheinigung verfügt und von ihrem unionrechtlichen Aufenthaltsrecht Gebrauch gemacht hat, begünstigter Drittstaatsangehöriger. Er wohnt mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haushalt.

Dem Beschwerdeführer wurde von der Bezirkshauptmannschaft XXXX am 02.09.2019 eine Aufenthaltsberechtigungskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers gültig vom 02.09.2019 bis zum 02.09.2024 ausgestellt.

2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Die wesentlichen Feststellungen zu Herkunftsstaat lauten (Zusammengefasst und gekürzt durch das BVwG. Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom November 2019).

Politische Lage

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind (AA 15.4.2019). Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern (CIA 24.5.2019) leben ca. 32 Millionen Menschen (CSO 2019). Im Jahr 2004 wurde die neue Verfassung angenommen (BFA 7.2016; vgl. Casolino 2011), die vorsieht, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürgerinnen und Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004). Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015) und die Provinzvorsteher, sowie andere wichtige Verwaltungsbeamte, werden direkt vom Präsidenten ernannt und sind diesem rechenschaftspflichtig. Viele werden aufgrund persönlicher Beziehungen ausgewählt (EC 18.5.2019). In Folge der Präsidentschaftswahlen 2014 wurde am 29.09.2014 Mohammad Ashraf Ghani als Nachfolger von Hamid Karzai in das Präsidentenamt eingeführt. Gleichzeitig trat sein Gegenkandidat Abdullah Abdullah das Amt des Regierungsvorsitzenden (CEO) an - eine per Präsidialdekret eingeführte Position, die Ähnlichkeiten mit der Position eines Premierministers aufweist. Ghani und Abdullah stehen an der Spitze einer Regierung der nationalen Einheit (National Unity Government, NUG), auf deren Bildung sich beide Seiten in Folge der Präsidentschaftswahlen verständigten (AA 15.4.2019; vgl. AM 2015, DW 30.9.2014). Bei der Präsidentenwahl 2014 gab es Vorwürfe von Wahlbetrug in großem Stil (RFE/RL 29.5.2019). Die ursprünglich für den 20. April 2019 vorgesehene Präsidentschaftswahl wurde mehrfach verschoben, da die Wahlbehörden auf eine landesweite Wahl so kurz nach der Parlamentswahl im Oktober 2018 nicht vorbereitet waren. Der Oberste Gerichtshof Afghanistans konnte die Herausforderungen für die Wahlkommission nachvollziehen und verlängerte die Amtszeit von Präsident Ashraf Ghani bis zu der auf den 28.9.2019 verschobenen Präsidentschaftswahl (DZ 21.4.2019).

Friedens- und Versöhnungsprozess

Hochrangige Vertreter der Taliban sprachen zwischen Juli 2018 (DZ 12.8.2019) - bis zum plötzlichen Abbruch durch den US-amerikanischen Präsidenten im September 2019 (DZ 8.9.2019) - mit US-Unterhändlern über eine politische Lösung des nun schon fast 18 Jahre währenden Konflikts. Dabei ging es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan nicht zu einem sicheren Hafen für Terroristen wird. Die Gespräche sollen zudem in offizielle Friedensgespräche zwischen der Regierung in Kabul und den Taliban münden. Die Taliban hatten es bisher abgelehnt, mit der afghanischen Regierung zu sprechen, die sie als "Marionette" des Westens betrachten - auch ein Waffenstillstand war Thema (DZ 12.8.2019; vgl. NZZ 12.8.2019; DZ 8.9.2019).

Präsident Ghani hatte die Taliban mehrmals aufgefordert, direkt mit seiner Regierung zu verhandeln und zeigte sich über den Ausschluss der afghanischen Regierung von den Friedensgesprächen besorgt (NYT 28.1.2019; vgl. DP 28.1.2019, MS 28.1.2019). Bereits im Februar 2018 hatte Präsident Ghani die Taliban als gleichberechtigten Partner zu Friedensgesprächen eingeladen und ihnen eine Amnestie angeboten (CR 2018). Ein für Mitte April 2019 in Katar geplantes Dialogtreffen, bei dem die afghanische Regierung erstmals an den Friedensgesprächen mit den Taliban beteiligt gewesen wäre, kam nicht zustande (HE 16.5.2019). Im Februar und Mai 2019 fanden in Moskau Gespräche zwischen Taliban und bekannten afghanischen Oppositionspolitikern, darunter der ehemalige Staatspräsident Hamid Karzai und mehreren Warlords, statt (Qantara 12.2.2019; vgl. TN 31.5.2019). Die afghanische Regierung war weder an den beiden Friedensgesprächen in Doha, noch an dem Treffen in Moskau beteiligt (Qantara 12.2.2019; vgl. NYT 7.3.2019), was Unbehagen unter einigen Regierungsvertretern auslöste und die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen beeinträchtigte (REU 18.3.2019; vgl. WP 18.3.2019).

Vom 29.4.2019 bis 3.5.2019 tagte in Kabul die "große Ratsversammlung" (Loya Jirga). Dabei verabschiedeten deren Mitglieder eine Resolution mit dem Ziel, einen Friedensschluss mit den Taliban zu erreichen und den innerafghanischen Dialog zu fördern. Auch bot Präsident Ghani den Taliban einen Waffenstillstand während des Ramadan von 6.5.2019 bis 4.6.2019 an, betonte aber dennoch, dass dieser nicht einseitig sein würde. Des Weiteren sollten 175 gefangene Talibankämpfer freigelassen werden (BAMF 6.5.2019). Die Taliban nahmen an dieser von der Regierung einberufenen Friedensveranstaltung nicht teil (HE 16.5.2019).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (2.9.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015806/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juli_2019%29%2C_02.09.2019.pdf, Zugriff 11.9.2019

AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (15.4.2019): Afghanistan: Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/afghanistan-node/-/204718, Zugriff 7.6.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (17.5.2019): The Results of Afghanistan's 2018 Parliamentary Elections: A new, but incomplete Wolesi Jirga, https://www.afghanistan-analysts.org/the-results-of-afghanistans-2018-parliamentary-elections-a-new-but-incomplete-wolesi-jirga/, Zugriff 7.6.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (6.5.2018): Afghanistan's Paradoxical Political Party System: A new AAN report, https://www.afghanistan-analysts.org/publication/aan-papers/outside-inside-afghanistans-paradoxical-political-party-system-2001-16/, Zugriff 11.6.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (13.2.2015): The President's CEO Decree: Managing rather thean executive powers (now with full translation of the document), https://www.afghanistan-analysts.org/the-presidents-ceo-decree-managing-rather-then-executive-powers/, Zugriff 7.6.2019, ua.

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 3.9.2019), nachdem im Frühjahr sowohl die Taliban als auch die afghanische Regierung neue Offensiven verlautbart hatten (USDOD 6.2019). Traditionell markiert die Ankündigung der jährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban den Beginn der sogenannten Kampfsaison - was eher als symbolisch gewertet werden kann, da die Taliban und die Regierungskräfte in den vergangenen Jahren auch im Winter gegeneinander kämpften (AJ 12.4.2019). Die Frühjahrsoffensive des Jahres 2019 trägt den Namen al-Fath (UNGASC 14.6.2019; vgl. AJ 12.4.2019; NYT 12.4.2019) und wurde von den Taliban trotz der Friedensgespräche angekündigt (AJ 12.4.2019; vgl. NYT 12.4.2019). Landesweit am meisten von diesem aktiven Konflikt betroffen, waren die Provinzen Helmand, Farah und Ghazni (UNGASC 14.6.2019). Offensiven der afghanischen Spezialeinheiten der Sicherheitskräfte gegen die Taliban wurden seit Dezember 2018 verstärkt - dies hatte zum Ziel die Bewegungsfreiheit der Taliban zu stören, Schlüsselgebiete zu verteidigen und damit eine produktive Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Seit Juli 2018 liefen auf hochrangiger politischer Ebene Bestrebungen, den Konflikt zwischen der afghanischen Regierungen und den Taliban politisch zu lösen (TS 22.1.2019). Berichten zufolge standen die Verhandlungen mit den Taliban kurz vor dem Abschluss. Als Anfang September der US-amerikanische Präsident ein geplantes Treffen mit den Islamisten - als Reaktion auf einen Anschlag - absagte (DZ 8.9.2019). Während sich die derzeitige militärische Situation in Afghanistan nach wie vor in einer Sackgasse befindet, stabilisierte die Einführung zusätzlicher Berater und Wegbereiter im Jahr 2018 die Situation und verlangsamte die Dynamik des Vormarsches der Taliban (USDOD 12.2018).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren (USDOD 6.2019). Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung; die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, Engpässe entstehen und dadurch manchmal auch Kräfte fehlen können, um Territorium zu halten (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019). Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau. Die Ausnahme waren islamische Festtage, an denen, wie bereits in der Vergangenheit auch schon, das Kampfniveau deutlich zurückging, als sowohl regierungsfreundliche Kräfte, aber auch regierungsfeindliche Elemente ihre offensiven Operationen reduzierten. Im Gegensatz dazu hielt das Kampftempo während des gesamten Fastenmonats Ramadan an, da regierungsfeindliche Elemente mehrere Selbstmordattentate ausführten und sowohl regierungsfreundliche Truppen, als auch regierungsfeindliche Elemente, bekundeten, ihre operative Dynamik aufrechtzuerhalten (UNGASC 3.9.2019). Die Taliban verlautbarten, eine asymmetrische Strategie zu verfolgen: die Aufständischen führen weiterhin Überfälle auf Kontrollpunkte und Distriktzentren aus und bedrohen Bevölkerungszentren (UNGASC 7.12.2018). Angriffe haben sich zwischen November 2018 und Jänner 2019 um 19% im Vergleich zum Vorberichtszeitraum (16.8. - 31.10.2018) verstärkt. Insbesondere in den Wintermonaten wurde in Afghanistan eine erhöhte Unsicherheit wahrgenommen. (SIGAR 30.4.2019). Seit dem Jahr 2002 ist die Wintersaison besonders stark umkämpft. Trotzdem bemühten sich die ANDSF und Koalitionskräfte die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und konzentrierten sich auf Verteidigungsoperationen gegen die Taliban und den ISKP. Diese Operationen verursachten bei den Aufständischen schwere Verluste und hinderten sie daran ihr Ziel zu erreichen (USDOD 6.2019). Der ISKP ist auch weiterhin widerstandsfähig: Afghanische und internationale Streitkräfte führten mit einem hohen Tempo Operationen gegen die Hochburgen des ISKP in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch, was zu einer gewissen Verschlechterung der Führungsstrukturen der ISKP führt. Dennoch konkurriert die Gruppierung auch weiterhin mit den Taliban in der östlichen Region und hat eine operative Kapazität in der Stadt Kabul behalten (UNGASC 3.9.2019). So erzielen weder die afghanischen Sicherheitskräfte noch regierungsfeindliche Elemente signifikante territoriale Gewinne. Das aktivste Konfliktgebiet ist die Provinz Kandahar, gefolgt von den Provinzen Helmand und Nangarhar. Wenngleich keine signifikanten Bedrohungen der staatlichen Kontrolle über Provinzhauptstädte gibt, wurde in der Nähe der Provinzhauptstädte Farah, Kunduz und Ghazni über ein hohes Maß an Taliban-Aktivität berichtet (UNGASC 3.9.2019). In mehreren Regionen wurden von den Taliban vorübergehend strategische Posten entlang der Hauptstraßen eingenommen, sodass sie den Verkehr zwischen den Provinzen erfolgreich einschränken konnten (UNGASC 7.12.2018). So kam es beispielsweise in strategisch liegenden Provinzen entlang des Highway 1 (Ring Road) zu temporären Einschränkungen durch die Taliban (UNGASC 7.12.2018; vgl. ARN 23.6.2019). Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte stellen erhebliche Mittel für die Verbesserung der Sicherheit auf den Hauptstraßen bereit - insbesondere in den Provinzen Ghazni, Zabul, Balkh und Jawzjan. (UNGASC 3.9.2019).

Für das gesamte Jahr 2018, registrierten die Vereinten Nationen (UN) in Afghanistan insgesamt 22.478 sicherheitsrelevante Vorfälle. Gegenüber 2017 ist das ein Rückgang von 5%, wobei die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Jahr 2017 mit insgesamt 23.744 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hatte (UNGASC 28.2.2019).

Abb. 1: Anzahl sicherheitsrelevante Vorfälle 2015-2018 in ganz Afghanistan gemäß Berichten des UN-Generalsekretärs (Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf UN-Daten (UNGASC 7.3.2016; UNGASC 3.3.2017; UNGASC 28.2.2018; UNGASC 28.2.2019))

Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 registriert die Vereinten Nationen (UN) insgesamt 5.856 sicherheitsrelevanter Vorfälle - eine Zunahme von 1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 63% Prozent aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, die höchste Anzahl, wurde im Berichtszeitraum in den südlichen, östlichen und südöstlichen Regionen registriert (UNGASC 3.9.2019). Für den Berichtszeitraum 8.2-9.5.2019 registrierte die UN insgesamt 5.249 sicherheitsrelevante Vorfälle - ein Rückgang von 7% gegenüber dem Vorjahreswert; wo auch die Anzahl ziviler Opfer signifikant zurückgegangen ist (UNGASC 14.6.2019).

Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 sind 56% (3.294) aller sicherheitsrelevanten Vorfälle bewaffnete Zusammenstöße gewesen; ein Rückgang um 7% im Vergleich zum Vorjahreswert. Sicherheitsrelevante Vorfälle bei denen improvisierte Sprengkörper verwendet wurden, verzeichneten eine Zunahme von 17%. Bei den Selbstmordattentaten konnte ein Rückgang von 44% verzeichnet werden. Die afghanischen Sicherheitskräfte führen gemeinsam mit internationalen Kräften, weiterhin eine hohe Anzahl von Luftangriffen durch: 506 Angriffe wurden im Berichtszeitraum verzeichnet - 57% mehr als im Vergleichszeitraum des Jahres 2018 (UNGASC 3.9.2019). Im Gegensatz dazu, registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) für das Jahr 2018 landesweit 29.493 sicherheitsrelevante Vorfälle, welche auf NGOs Einfluss hatten. In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 waren es 18.438 Vorfälle. Zu den gemeldeten Ereignissen zählten, beispielsweise geringfügige kriminelle Überfälle und Drohungen ebenso wie bewaffnete Angriffe und Bombenanschläge (INSO o.D.) Von Jänner bis Oktober 2018 nahm die Kontrolle oder der Einfluss der afghanischen Regierung von 56% auf 54% der Distrikte ab, die Kontrolle bzw. Einfluss der Aufständischen auf Distrikte sank in diesem Zeitraum von 15% auf 12%. Der Anteil der umstrittenen Distrikte stieg von 29% auf 34%. Der Prozentsatz der Bevölkerung, welche in Distrikten unter afghanischer Regierungskontrolle oder -einfluss lebte, ging mit Stand Oktober 2018 auf 63,5% zurück. 8,5 Millionen Menschen (25,6% der Bevölkerung) leben mit Stand Oktober 2018 in umkämpften Gebieten, ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte gegenüber dem gleichen Zeitpunkt im Jahr 2017. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an von den Aufständischen kontrollierten Distrikten waren Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019). Ein auf Afghanistan spezialisierter Militäranalyst berichtete im Januar 2019, dass rund 39% der afghanischen Distrikte unter der Kontrolle der afghanischen Regierung standen und 37% von den Taliban kontrolliert wurden. Diese Gebiete waren relativ ruhig, Zusammenstöße wurden gelegentlich gemeldet. Rund 20% der Distrikte waren stark umkämpft. Der Islamische Staat (IS) kontrollierte rund 4% der Distrikte (MA 14.1.2019). Die Kontrolle über Distrikte, Bevölkerung und Territorium befindet sich derzeit in einer Pattsituation (SIGAR 30.4.2019). Die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle Ende 2018 bis Ende Juni 2019, insbesondere in der Provinz Helmand, sind als verstärkte Bemühungen der Sicherheitskräfte zu sehen, wichtige Taliban-Hochburgen und deren Führung zu erreichen, um in weiterer Folge eine Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Intensivierte Kampfhandlungen zwischen ANDSF und Taliban werden von beiden Konfliktparteien als Druckmittel am Verhandlungstisch in Doha erachtet (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019).

Zivile Opfer

Die Vereinten Nationen dokumentierten für den Berichtszeitraum 1.1.-30.9.2019 8.239 zivile Opfer (2.563 Tote, 5.676 Verletzte) - dieser Wert ähnelt dem Vorjahreswert 2018. Regierungsfeindliche Elemente waren auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer; 41% der Opfer waren Frauen und Kinder. Wenngleich die Vereinten Nationen für das erste Halbjahr 2019 die niedrigste Anzahl ziviler Opfer registrierten, so waren Juli, August und September - im Gegensatz zu 2019 - von einem hohen Gewaltniveau betroffen. Zivilisten, die in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni, und Faryab wohnten, waren am stärksten vom Konflikt betroffen (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 17.10.2019).

Für das gesamte Jahr 2018 wurde von mindestens 9.214 zivilen Opfern (2.845 Tote, 6.369 Verletzte) (SIGAR 30.4.2019) berichtet bzw. dokumentierte die UNAMA insgesamt 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte). Den Aufzeichnungen der UNAMA zufolge, entspricht das einem Anstieg bei der Gesamtanzahl an zivilen Opfern um 5% bzw. 11% bei zivilen Todesfällen gegenüber dem Jahr 2017 und markierte einen Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2009. Die meisten zivilen Opfer wurden im Jahr 2018 in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni und Faryab verzeichnet, wobei die beiden Provinzen mit der höchsten zivilen Opferanzahl - Kabul (1.866) und Nangarhar (1.815) - 2018 mehr als doppelt so viele Opfer zu verzeichnen hatten, wie die drittplatzierte Provinz Helmand (880 zivile Opfer) (UNAMA 24.2.2019; vgl. SIGAR 30.4.2019). Im Jahr 2018 stieg die Anzahl an dokumentierten zivilen Opfern aufgrund von Handlungen der regierungsfreundlichen Kräfte um 24% gegenüber 2017. Der Anstieg ziviler Opfer durch Handlungen regierungsfreundlicher Kräfte im Jahr 2018 wird auf verstärkte Luftangriffe, Suchoperationen der ANDSF und regierungsfreundlicher bewaffneter Gruppierungen zurückgeführt (UNAMA 24.2.2019).

High-Profile Angriffe (HPAs)

Sowohl im gesamten Jahr 2018 (USDOD 12.2018), als auch in den ersten fünf Monaten 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 6.2019; vgl. USDOD 12.2018). Diese Angriffe sind stetig zurückgegangen (USDOD 6.2019). Zwischen 1.6.2018 und 30.11.2018 fanden 59 HPAs in Kabul statt (Vorjahreswert: 73) (USDOD 12.2018), zwischen 1.12.2018 und15.5.2019 waren es 6 HPAs (Vorjahreswert: 17) (USDOD 6.2019).

Anschläge gegen Gläubige und Kultstätten, religiöse Minderheiten

Die Zahl der Angriffe auf Gläubige, religiöse Exponenten und Kultstätten war 2018 auf einem ähnlich hohen Niveau wie 2017: bei 22 Angriffen durch regierungsfeindliche Kräfte, meist des ISKP, wurden 453 zivile Opfer registriert (156 Tote, 297 Verletzte), ein Großteil verursacht durch Selbstmordanschläge (136 Tote, 266 Verletzte) (UNAMA 24.2.2019).

Für das Jahr 2018 wurden insgesamt 19 Vorfälle konfessionell motivierter Gewalt gegen Schiiten dokumentiert, bei denen es insgesamt zu 747 zivilen Opfern kam (223 Tote, 524 Verletzte). Dies ist eine Zunahme von 34% verglichen mit dem Jahr 2017. Während die Mehrheit konfessionell motivierter Angriffe gegen Schiiten im Jahr 2017 auf Kultstätten verübt wurden, gab es im Jahr 2018 nur zwei derartige Angriffe. Die meisten Anschläge auf Schiiten fanden im Jahr 2018 in anderen zivilen Lebensräumen statt, einschließlich in mehrheitlich von Schiiten oder Hazara bewohnten Gegenden. Gezielte Attentate und Selbstmordangriffe auf religiöse Führer und Gläubige führten, zu 35 zivilen Opfern (15 Tote, 20 Verletzte) (UNAMA 24.2.2019).

Die USA sprechen seit rund einem Jahr mit hochrangigen Vertretern der Taliban über eine politische Lösung des langjährigen Afghanistan-Konflikts. Dabei geht es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird. Beide Seiten hatten sich jüngst optimistisch gezeigt, bald zu einer Einigung zu kommen (FAZ 21.8.2019). Während dieser Verhandlungen haben die Taliban Forderungen eines Waffenstillstandes abgewiesen und täglich Operationen ausgeführt, die hauptsächlich die afghanischen Sicherheitskräfte zum Ziel haben. (TG 30.7.2019). Zwischen 1.12.2018 und 31.5.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt, als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zu Ziel. Das wird als Versuch gewertet, in den Friedensverhandlungen ein Druckmittel zu haben (USDOD 6.2019).

Der derzeitige Taliban-Führer ist nach wie vor Haibatullah Akhundzada (REU 17.8.2019; vgl. FA 3.1.2018) - Stellvertreter sind Mullah Mohammad Yaqub - Sohn des ehemaligen Taliban-Führers Mullah Omar - und Serajuddin Haqqani (CTC 1.2018; vgl. TN 26.5.2016) Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (TN 13.1.2017). Die Taliban bezeichnen sich selbst als das Islamische Emirat Afghanistan (VOJ o.D.). Die Regierungsstruktur und das militärische Kommando sind in der Layha, einem Verhaltenskodex der Taliban, definiert (AAN 4.7.2011), welche zuletzt 2010 veröffentlicht wurde (AAN 6.12.2018).

Ein Bericht über die Rekrutierungspraxis der Taliban teilt die Taliban-Kämpfer in zwei Kategorien: professionelle Vollzeitkämpfer, die oft in den Madrassen rekrutiert werden, und Teilzeit-Kämpfer vor Ort, die gegenüber einem lokalen Kommandanten loyal und in die lokale Gesellschaft eingebettet sind (LI 29.6.2017). Die Gesamtstärke der Taliban wurde von einem Experten im Jahr 2017 auf über 200.000 geschätzt, darunter angeblich 150.000 Kämpfer (rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten, der Rest sein Teil der lokalen Milizen). Der Experte schätzte jedoch, dass die Zahl der Vollzeitkämpfer, die gleichzeitig in Afghanistan aktiv sind, selten 40.000 übersteigt (LI 23.8.2017). Im Jänner 2018 schätzte ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums die Gesamtstärke der Taliban in Afghanistan auf 60.000 (NBC 30.1.2018). Laut dem oben genannten Experten werden die Kämpfe hauptsächlich von den Vollzeitkämpfern der mobilen Einheiten ausgetragen (LI 23.8.2017; vgl. AAN 3.1.2017; AAN 17.3.2017). Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan. Seit Ende 2014 wurden 20 davon öffentlich zur Schau gestellt. Das Khalid bin Walid-Camp soll12 Ableger, in acht Provinzen betreibt (Helmand, Kandahar, Ghazni, Ghor, Saripul, Faryab, Farah und Maidan Wardak). 300 Militärtrainer und Gelehrte sind dort tätig und es soll möglich sein, in diesem Camp bis zu 2.000 Rekruten auf einmal auszubilden (LWJ 14.8.2019).

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt (LI 23.8.2017). In einigen nördlichen Gebieten sollen die Taliban bereits überwiegend Nicht-Paschtunen sein, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LI 23.8.2017).

Haqqani-Netzwerk

Das seit 2012 bestehende Haqqani-Netzwerk ist eine teilautonome Organisation, Bestandteil der afghanischen Taliban und Verbündeter von al-Qaida (CRS 12.2.2019). Benannt nach dessen Begründer, Jalaluddin Haqqani (AAN 1.7.2010; vgl. USDOS 19.9.2018; vgl. CRS 12.2.2019), einem führenden Mitglied des antisowjetischen Jihad (1979-1989) und einer wichtigen Taliban-Figur; sein Tod wurde von den Taliban im September 2018 verlautbart. Der derzeitige Leiter ist dessen Sohn Serajuddin Haqqani, der seit 2015, als stellvertretender Leiter galt (CTC 1.2018).

Als gefährlichster Arm der Taliban, hat das Haqqani-Netzwerk, seit Jahren Angriffe in den städtischen Bereichen ausgeführt (NYT 20.8.2019) und wird für einige der tödlichsten Angriffe in Afghanistan verantwortlich gemacht (CRS 12.2.2019).

Islamischer Staat (IS/ISIS/ISIL/Daesh), Islamischer Staat Khorasan Provinz (ISKP)

Erste Berichte über den Islamischen Staat (IS, auch ISIS, ISIL oder Daesh genannt) in Afghanistan gehen auf den Sommer 2014 zurück (AAN 17.11.2014; vgl. LWJ 5.3.2015). Zu den Kommandanten gehörten zunächst oft unzufriedene afghanische und pakistanische Taliban (AAN 1.8.2017; vgl. LWJ 4.12.2017). Schätzungen zur Stärke des ISKP variieren zwischen 1.500 und 3.000 (USDOS 18.9.2018), bzw. 2.500 und 4.000 Kämpfern (UNSC 13.6.2019). Nach US-Angaben vom Frühjahr 2019 ist ihre Zahl auf 5.000 gestiegen. Auch soll der Islamische Staat vom zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan sowie von aus Syrien geflohenen Kämpfern profitieren (BAMF 3.6.2019; vgl. VOA 21.5.2019). Berichten zufolge, besteht der ISKP in Pakistan hauptsächlich aus ehemaligen Teherik-e Taliban Mitgliedern, die vor der pakistanischen Armee und ihrer militärischen Operationen in der FATA geflohen sind (CRS 12.2.2019 ;vgl. CTC 12.2018). Dem Islamischen Staat ist es gelungen, seine organisatorischen Kapazitäten sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan dadurch zu stärken, dass er Partnerschaften mit regionalen militanten Gruppen einging. Seit 2014 haben sich dem Islamischen Staat mehrere Gruppen in Afghanistan angeschlossen, z.B. Teherik-e Taliban Pakistan (TTP)-Fraktionen oder das

Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), während andere ohne formelle Zugehörigkeitserklärung mit IS-Gruppierungen zusammengearbeitet haben, z.B. die Jundullah-Fraktion von TTP oder Lashkar-e Islam (CTC 12.2018). Der islamische Staat hat eine Präsenz im Osten des Landes, insbesondere in der Provinz Nangarhar, die an Pakistan angrenzt (CRS 12.2.2019 ;vgl. CTC 12.2018). In dieser sind vor allem bestimmte südliche Distrikte von Nangarhar betroffen (AAN 27.9.2016; vgl. REU 23.11.2017; AAN 23.9.2017; AAN 19.2.2019), wo sie mit den Taliban um die Kontrolle kämpfen (RFE/RL 30.10.2017; vgl. AAN 19.2.2019). Im Jahr 2018 erlitt der ISKP militärische Rückschläge sowie Gebietsverluste und einen weiteren Abgang von Führungspersönlichkeiten. Einerseits konnten die Regierungskräfte die Kontrolle über ehemalige IS-Gebiete erlangen, andererseits schwächten auch die Taliban die Kontrolle des ISKP in Gebieten in Nangarhar (UNSC 13.6.2019; vgl. CSR 12.2.2019). Aufgrund der militärischen Niederlagen war der ISKP dazu gezwungen, die Anzahl seiner Angriffe zu reduzieren. Die Gruppierung versuchte die Provinzen Paktia und Logar im Südosten einzunehmen, war aber schlussendlich erfolglos (UNSC 31.7.2019). Im Norden Afghanistans versuchten sie ebenfalls Fuß zu fassen. Im August 2018 erfuhr diese Gruppierung Niederlagen, wenngleich sie dennoch als Bedrohung in dieser Region wahrgenommen wird (CSR 12.2.2019). Berichte über die Präsenz des ISKP könnten jedoch übertrieben sein, da Warnungen vor dem Islamischen Staat laut einem Afghanistan-Experten "ein nützliches Fundraising-Tool" sind: so kann die afghanische Regierung dafür sorgen, dass Afghanistan im Bewusstsein des Westens bleibt und die Auslandshilfe nicht völlig versiegt (NAT 12.1.2017). Die Präsenz des ISKP konzentrierte sich auf die Provinzen Kunar und Nangarhar. Außerhalb von Ostafghanistan ist es dem ISKP nicht möglich, eine organisierte oder offene Präsenz aufrechtzuerhalten (UNSC 13.6.2019).Neben komplexen Angriffen auf Regierungsziele, verübte der ISKP zahlreiche groß angelegte Anschläge gegen Zivilisten, insbesondere auf die schiitische-Minderheit (CSR 12.2.2019; vgl. UNAMA 24.2.2019; AAN 24.2.2019; CTC 12.2018; UNGASC 7.12.2018; UNAMA 10.2018). Im Jahr 2018 war der ISKP für ein Fünftel aller zivilen Opfer verantwortlich, obwohl er über eine kleinere Kampftruppe als die Taliban verfügt (AAN 24.2.2019). Die Zahl der zivilen Opfer durch ISKP-Handlungen hat sich dabei 2018 gegenüber 2017 mehr als verdoppelt (UNAMA 24.2.2019), nahm im ersten Halbjahr 2019 allerdings wieder ab (UNAMA 30.7.2019).

Der ISKP verurteilt die Taliban als "Abtrünnige", die nur ethnische und/oder nationale Interessen verfolgen (CRS 12.2.2019). Die Taliban und der Islamische Staat sind verfeindet. In Afghanistan kämpfen die Taliban seit Jahren gegen den IS, dessen Ideologien und Taktiken weitaus extremer sind als jene der Taliban (WP 19.8.2019; vgl. AP 19.8.2019). Während die Taliban ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte beschränken (AP 19.8.2019), zielt der ISKP darauf ab, konfessionelle Gewalt in Afghanistan zu fördern, indem sich Angriffe gegen Schiiten richten (WP 19.8.2019).

Al-Qaida und ihr verbundene Gruppierungen

Al-Qaida sieht Afghanistan auch weiterhin als sichere Zufluchtsstätte für ihre Führung, basierend auf langjährigen und engen Beziehungen zu den Taliban. Beide Gruppierungen haben immer wieder öffentlich die Bedeutung ihres Bündnisses betont (UNSC 15.1.2019). Unter der Schirmherrschaft der Taliban ist al-Qaida in den letzten Jahren stärker geworden; dabei wird die Zahl der Mitglieder auf 240 geschätzt, wobei sich die meisten in den Provinzen Badakhshan, Kunar und Zabul befinden. Mentoren und al-Qaida-Kadettenführer sind oftmals in den Provinzen Helmand und Kandahar aktiv (UNSC 13.6.2019).

Al-Qaida will die Präsenz in der Provinz Badakhshan stärken, insbesondere im Distrikt Shighnan, der an der Grenze zu Tadschikistan liegt, aber auch in der Provinz Paktika, Distrikt Barmal, wird versucht die Präsenz auszubauen. Des Weiteren fungieren al-Qaida-Mitglieder als Ausbilder und Religionslehrer der Taliban und ihrer Familienmitglieder (UNSC 13.6.2019).

Im Rahmen der Friedensgespräche mit US-Vertretern haben die Taliban angeblich im Jänner 2019 zugestimmt, internationale Terrorgruppen wie Al-Qaida aus Afghanistan zu verbannen (TEL 24.1.2019).

Quellen:

AAN - Afghanistan Analysts Network (9.6.2019): Civilians at Greater Risk from Pro-government Forces: While peace seems more elusive?, https://www.afghanistan-analysts.org/civilians-at-greater-risk-from-pro-government-forces-while-peace-seems-more-elusive/, Zugriff 12.7.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (24.2.2019): Record Numbers of Civilian Casualties Overall, from Suicide Attacks and Air Strikes: UNAMA reports on the conflict in 2018, https://www.afghanistananalysts.org/recordnumbersofciviliancasualtiesoverallfromsuicideattacksandairstrikesunamareportsontheconflictin2018/, Zugriff 3.6.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (19.2.2019): "Faint lights twinkling against the dark": Reportage from the fight against ISKP in Nangrahar, https://www.afghanistananalysts.org/faintlightstwinklingagainstthedarkreportagefromthefightagainstiskpinnangrahar/, Zugriff 5.6.2019

AAN - Afghanistan Analysts Network (6.12.2018): One Land, Two Rules (1): Service delivery in insurgentaffected areas, an introduction, https://www.afghanistananalysts.org/onelandtworules1servicedeliveryininsurgentaffectedareasanintroduction/, Zugriff 4.6.2019, ua.

Kabul

Die Provinz Kabul liegt im Zentrum Afghanistans (PAJ o.D.) und grenzt an Parwan und Kapisa im Norden, Laghman im Osten, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden sowie Wardak im Westen. Provinzhauptstadt ist Kabul-Stadt (NPS o.D.). Die Provinz besteht aus den folgenden Distrikten: Bagrami, Chahar Asyab, Dehsabz, Estalef, Farza, Guldara, Kabul, Kalakan, Khak-e-Jabar, Mir Bacha Kot, Musahi, Paghman, Qara Bagh, Shakar Dara und Surubi/Surobi/Sarobi (CSO 2019; vgl. IEC 2018).

Laut dem UNODC Opium Survey 2018 verzeichnete die Provinz Kabul 2018 eine Zunahme der Schlafmohnanbaufläche um 11% gegenüber 2017. Der Schlafmohnanbau beschränkte sich auf das Uzbin-Tal im Distrikt Surubi (UNODC/MCN 11.2018).

Kabul-Stadt - Geographie und Demographie

Kabul-Stadt ist die Hauptstadt Afghanistans und auch ein Distrikt in der Provinz Kabul. Es ist die bevölkerungsreichste Stadt Afghanistans, mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 5.029.850 Personen für den Zeitraum 2019-20 (CSO 2019). Die Bevölkerungszahl ist jedoch umstritten. Einige Quellen behaupten, dass sie fast 6 Millionen beträgt (AAN 19.3.2019). Laut einem Bericht, expandierte die Stadt, die vor 2001 zwölf Stadtteile - auch Police Distrikts (USIP 4.2017), PDs oder Nahia genannt (AAN 19.3.2019) - zählte, aufgrund ihres signifikanten demographischen Wachstums und ihrer horizontalen Expansion auf 22 PDs (USIP 4.2017). Die afghanische zentrale Statistikorganisation (Central Statistics Organization, CSO) schätzt die Bevölkerung der Provinz Kabul für den Zeitraum 2019-20 auf 5.029.850 Personen (CSO 2019). Sie besteht aus Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus (PAJ o.D.; vgl. NPS o.D.).

Hauptstraßen verbinden die afghanische Hauptstadt mit dem Rest des Landes (UNOCHA 4.2014). In Kabul-Stadt gibt es einen Flughafen, der mit internationalen und nationalen Passagierflügen bedient wird (BFA Staatendokumentation 25.3.2019).

Die Stadt besteht aus drei konzentrischen Kreisen: Der erste umfasst Shahr-e Kohna, die Altstadt, Shahr-e Naw, die neue Stadt, sowie Shash Darak und Wazir Akbar Khan, wo sich viele ausländische Botschaften, ausländische Organisationen und Büros befinden. Der zweite Kreis besteht aus Stadtvierteln, die zwischen den 1950er und 1980er Jahren für die wachsende städtische Bevölkerung gebaut wurden, wie Taimani, Qala-e Fatullah, Karte Se, Karte Chahar, Karte Naw und die Microraions (sowjetische Wohngebiete). Schließlich wird der dritte Kreis, der nach 2001 entstanden ist, hauptsächlich von den "jüngsten Einwanderern" (USIP 4.2017) (afghanische Einwanderer aus den Provinzen) bevölkert (AAN 19.3.2019), mit Ausnahme einiger hochkarätiger Wohnanlagen für VIPs (USIP 4.2017).

Was die ethnische Verteilung der Stadtbevölkerung betrifft, so ist Kabul Zielort für verschiedene ethnische, sprachliche und religiöse Gruppen, und jede von ihnen hat sich an bestimmten Orten angesiedelt, je nach der geografischen Lage ihrer Heimatprovinzen: Dies gilt für die Altstadt ebenso wie für weiter entfernte Stadtviertel, und sie wird in den ungeplanten Gebieten immer deutlicher (Noori 11.2010). In den zuletzt besiedelten Gebieten sind die Bewohner vor allem auf Qawmi-Netzwerke angewiesen, um Schutz und Arbeitsplätze zu finden sowie ihre Siedlungsbedingungen gemeinsam zu verbessern. Andererseits ist in den zentralen Bereichen der Stadt die Mobilität der Bewohner höher und Wohnsitzwechsel sind häufiger. Dies hat eine disruptive Wirkung auf die sozialen Netzwerke, die sich in der oft gehörten Beschwerde manifestiert, dass man "seine Nachbarn nicht mehr kenne" (AAN 19.3.2019).Nichtsdestotrotz, ist in den Stadtvierteln, die von neu eingewanderten Menschen mit gleichem regionalen oder ethnischen Hintergrund dicht besiedelt sind, eine Art "Dorfgesellschaft" entstanden, deren Bewohner sich kennen und direktere Verbindungen zu ihrer Herkunftsregion haben als zum Zentrum Kabuls (USIP 4.2017). Einige Beispiele für die ethnische Verteilung der Kabuler Bevölkerung sind die folgenden: Hazara haben sich hauptsächlich im westlichen Viertel Chandawal in der Innenstadt von Kabul und in Dasht-e-Barchi sowie in Karte Se am Stadtrand niedergelassen; Tadschiken bevölkern Payan Chawk, Bala Chawk und Ali Mordan in der Altstadt und nördliche Teile der Peripherie wie Khairkhana; Paschtunen sind vor allem im östlichen Teil der Innenstadt Kabuls, Bala Hisar und weiter östlich und südlich der Peripherie wie in Karte Naw und Binihisar (Noori 11.2010; vgl. USIP 4.2017), aber auch in den westlichen Stadtteilen Kota-e-Sangi und Bazaar-e-Company (auch Company) ansässig (Noori 11.2010); Hindus und Sikhs leben im Herzen der Stadt in der Hindu-Gozar-Straße (Noori 11.2010; vgl. USIP 4.2017).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul. Nichtsdestotrotz, führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 6.2019; vgl. USDOD 12.2018).

Aufgrund eben dieser öffentlichkeitswirksamer Angriffe auf Kabul-Stadt kündigte die afghanische Regierung bereits im August 2017 die Entwicklung eines neuen Sicherheitsplans für Kabul an (AAN 25.9.2017). So wurde unter anderem das Green Village errichtet, ein stark gesichertes Gelände im Osten der Stadt, in dem unter anderem, Hilfsorganisationen und internationale Organisationen (RFERL 2.9.2019; vgl. FAZ 2.9.2019) sowie ein Wohngelände für Ausländer untergebracht sind (FAZ 2.9.2019). Die Anlage wird stark von afghanischen Sicherheitskräften und privaten Sicherheitsmännern gesichert (AJ 3.9.2019). Die Green Zone hingegen ist ein separater Teil, der nicht unweit des Green Villages liegt. Die Green Zone ist ein stark gesicherter Teil Kabuls, in dem sich mehrere Botschaften befinden - so z.B. auch die US-amerikanische Botschaft und andere britische Einrichtungen (RFERL 2.9.2019).

In Bezug auf die Anwesenheit von staatlichen Sicherheitskräften liegt die Provinz Kabul mit Ausnahme des Distrikts Surubi im Verantwortungsbereich der 111. ANA Capital Division, die unter der Leitung von türkischen Truppen und mit Kontingenten anderer Nationen der NATO-Mission Train, Advise and Assist Command - Capital (TAAC-C) untersteht. Der Distrikt Surubi fällt in die Zuständigkeit des 201. ANA Corps (USDOD 6.2019). Darüber hinaus wurde eine spezielle Krisenreaktionseinheit (Crisis Response Unit) innerhalb der afghanischen Polizei, um Angriffe zu verhindern und auf Anschläge zu reagieren (LI 5.9.2018).

Im Distrikt Surubi wird von der Präsenz von Taliban-Kämpfern

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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