TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/22 W258 2146662-2

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Veröffentlicht am 22.05.2020
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Entscheidungsdatum

22.05.2020

Norm

AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W258 2146662-2/3E

Im NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , AZ XXXX , wegen Verlust des Rechts auf Aufenthalt im Bundesgebiet, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in Folge als "BF" bezeichnet) stellte einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) den Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und legte die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die dagegen am XXXX eingebrachte Beschwerde ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht zur AZ W258 2146662-1 anhängig.

Mit Verständigung vom 05.03.2020 teilte die Staatsanwaltschaft Wien zur AZ XXXX mit, dass gegen den Beschwerdeführer wegen § 15 StGB, §§ 83 Abs 1 und 297 Abs 1 2. Fall StGB Anklage werden vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen erhoben worden ist.

Mit bekämpften Bescheid vom XXXX , AZ XXXX , sprach die belangte Behörde aus, dass der BF auf Grund der genannten Anklageerhebung sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 05.03.2020 verloren hat.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde des BF vom 19.05.2020, welche die belangte Behörde unter Anschluss des bekämpften Bescheids und den bezughabenden Verfahrensanordnungen zum Verlust des Aufenthaltsrechts gem § 13 AsylG und der amtswegigen zur Seite Stellung eines Rechtsberaters gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG, dem erkennenden Gericht mit Schreiben vom 20.05.2020 zur Entscheidung vorgelegt hat.

Beweise wurden aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungsakt und in den hg Verfahrensakt W258 2146662-1.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I. geschilderte Verfahrensgang steht fest.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den genannten unbedenklichen Beweismitteln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Die zulässige Beschwerde ist nicht berechtigt.

3.1. Relevante Gesetzesbestimmungen und Judikatur:

Gemäß § 13 Abs 1 Asylgesetz 2005 ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes nach Abs 2 leg cit zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Gemäß § 13 Abs 2 Z 2 Asylgesetz 2005 verliert ein Asylwerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn gegen ihn wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechtes eines Asylwerbers abzusprechen (§ 13 Abs 4 Asylgesetz 2005). Der Verlust des Aufenthaltsrechts tritt dabei bereits mit Rechtskraft der Verurteilung ein. Der daraufhin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu erlassende Bescheid, hat lediglich deklarative Wirkung (vgl VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0018).

3.2. Angewendet auf den Sachverhalt bedeutet das:

3.2.1. Am 05.03.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer wegen § 15 StGB, §§ 83 Abs 1 und 297 Abs 1 2. Fall StGB Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen erhoben. Jedenfalls bei § 297 StGB, Verleumdung, wonach zu bestrafen ist, wer einen anderen dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung aussetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung oder der Verletzung einer Amts- oder Standespflicht falsch verdächtigt, wenn er weiß (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch ist, handelt es sich um eine gerichtlich strafbare Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann.

3.2.2. Der BF hat somit sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs 2 Z 2 Asylgesetz 2005 ex lege mit 05.03.2020 verloren.

3.2.3. Da die belangte Behörde über den Verlust des Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen hat (§ 13 Abs 4 Asylgesetz 2005), ist allerdings fraglich - und wird vom BF in der Beschwerde sinngemäß vorgebracht -, ob die belangte Behörde über den Verlust des Aufenthaltsrechts mit Bescheid absprechen durfte, nachdem sie - wie hier - den verfahrensabschließenden Bescheid bereits erlassen hatte. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu dieser Frage fehlt. Dagegen spricht der Wortlaut der Bestimmung ("im verfahrensabschließenden Bescheid"). Dafür spricht, dass nach den Materialien ein Bescheid erlassen werden soll, um etwaige Rechtschutzdefizite zu vermeiden (ErläutRV 1803 BlgNr 24. GP 40). Der Gesetzgeber wollte daher sicherstellen, dass die Annahme des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, dass der Asylwerber sein Aufenthaltsrecht verloren hat, einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen soll. Dies bedingt die Erlassung eines überprüfbaren Bescheids. Würde man davon ausgehen, dass kein Bescheid zu erlassen wäre, wenn - wie hier - das - auch im laufenden Beschwerdeverfahren grundsätzlich bestehende - Aufenthaltsrecht während anhängigem Beschwerdeverfahren wegfällt, käme es zu genau den Rechtschutzlücken, die der Gesetzgeber vermeiden wollte. Davon kann nicht ausgegangen werden. § 13 Abs 4 Asylgesetz 2005 ist in diesem Sinne daher so zu interpretieren, dass die belangte Behörde auch außerhalb des verfahrensabschließenden Bescheids mit Bescheid über den Verlust des Rechts auf Aufenthalt im Bundesgebiet (zumindest) solange absprechen darf, als über die Beschwerde gegen den verfahrensabschließenden Bescheid noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Die belangte Behörde hat daher zu Recht über den Verlust des Aufenthaltsrechts abgesprochen.

3.3. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Da lediglich Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer - nicht beantragten - mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn es von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis ist von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängig, weil es zur Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch außerhalb des verfahrensabschließenden Bescheids über den Verlust des Rechts auf Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs 4 Asylgesetz 2005 absprechen darf, an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehlt.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht Revision zulässig Strafverfahren Verlusttatbestände

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W258.2146662.2.00

Im RIS seit

15.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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