TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/25 W268 2226704-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W268 2226704-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2019, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde zu Spruchpunkt VI. wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass er nun zu lauten hat:

"Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 3 Monate ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden BF) ist Staatsangehöriger der Volksrepublik China. Er reiste 2017 bzw. 2018 unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 08.08.2019 nach vorheriger polizeilicher Anhaltung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 08.08.2019 gab der BF hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, er habe wegen seiner Enteignung Beschwerde bei der Stadtregierung eingebracht. Zwei Stadtbeamte hätten dem BF gesagt, er müsse jedenfalls zwei Tage Bearbeitungszeit abwarten. Als der BF anschließend nach Hause gekommen sei, hätten bereits mehr als zehn Leute auf den BF gewartet. Als der BF die Leute gesehen habe, sei er vor lauter Angst davongelaufen. Gegen 22 Uhr sei der BF dann nach Hause gegangen. Sein Nachbar habe ihm erzählt, dass die Leute angekündigt hätten, wenn der BF Beschwerde bei der Regierung einreiche, würden sie ihm die Beine brechen.

1.2. Bei der am 09.08.2019 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab der BF an, der Volksgruppe der Han anzugehören und aus der Stadt Shenyang in der Provinz Liaoning zu stammen. Im Herkunftsland befinde sich seine volljährige Tochter. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte der BF aus, er werde von der chinesischen Regierung bedroht. Dem BF sei sein landwirtschaftliches Grundstück gegen eine sehr geringe Entschädigung enteignet worden. Als der BF Beschwerde einreichte bei der Stadtregierung, seien ca. 10 Personen zum BF nach Hause gekommen und hätten den BF bedroht ihm die Beine zu brechen, sollte er die Beschwerde nicht zurückziehen. Er habe auch Videos, in welchen er dieses Problem angesprochen habe, auf soziale Medien hochgeladen, jedoch seien diese nach einer Stunde wieder gelöscht worden und er sei wieder bedroht worden.

1.3. Am 13.08.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme zur Identitätsprüfung des BF statt. Dabei brachte der BF vor, chinesischer Staatsangehöriger zu sein, 12 Jahre in die Schule zugegangen zu sein und eine Familienangehörige (Tochter) im Herkunftsstaat zu haben.

1.4. Am 07.11.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt und gab der BF an, sein Haus sei enteignet worden. Er habe dagegen im Internet protestiert und sei deshalb zur Fahndung ausgeschrieben worden. Es sei kein Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig und er sei auch nicht vom Staat festgenommen worden. Jedoch habe die Immobilienfirma die Mafia angestellt und diese habe ihn dann drei oder vier Tage festgenommen. Der BF habe mit den Internetpostings ein paar Tage nach der Enteignung begonnen. Die Postings seien während der Vorbereitung der Klage verfasst worden. Letztendlich habe er aber keine Klage eingebracht. Der BF sei von der Mafia festgenommen und zur Vertragsunterzeichnung gezwungen worden. Der BF werde in ganz China gesucht, eine Fluchtmöglichkeit bestehe daher nicht. Einen Beweis für die Fahndung habe er nicht. Der BF sei nicht bei dem Nachbarn zu Hause gewesen, als die Polizei versucht habe, ihn festzunehmen. Dies sei im Februar 2017 gewesen, im Mai 2017 habe der BF China verlassen.

1.5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2019, Zahl: XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG2 005 abgewiesen (Spruchpunkt I), wobei auch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Volksrepublik China abgewiesen wurde (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde hierbei gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Volksrepublik China gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF aufgetragen, von 09.08.2019 bis 29.08.2019 in folgendem Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII): (BS Ost AIBE Otto Glöckel-Straße 24-26; 2514 Traiskirchen). Das Fluchtvorbringen des BF wurde als nicht glaubhaft erachtet.

1.6. Mit Verfahrensanordnung vom 14.11.2019 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

1.7. Mit Schriftsatz vom 05.12.2019 erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Dabei wurde im Wesentlichen inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Das Vorbringen des BF sei glaubhaft gewesen und stehe mit den Länderberichten im Einklang. Bei der gebotenen prognostischen Beurteilung der Verfolgungsgefahr und Gesamtbewertung aller risikobegründenden Faktoren sei ein erhebliches Risiko für den Beschwerdeführer, in seinem Heimatstaat Verfolgungshandlungen ausgesetzt zu sein, zu bejahen. Damit liegt auch diesbezüglich die "maßgebliche Wahrscheinlichkeit" der Verfolgung des Beschwerdeführers in China vor. Jedenfalls drohe dem BF ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt und es liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer eine derartige Gefahr drohen würde. Bezüglich Spruchpunkt III. sei auszuführen, dass der BF Opfer von Menschenhandel geworden sei. Er habe 200.000 Yuan bezahlt, um entsprechende Dokumente und eine gesicherte Arbeitsstelle zu erhalten. Dies sei auch passiert. Der BF sei daher Opfer von Menschenhandel geworden. Die Behörde sei ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen.

1.8. Die Beschwerdevorlage langte am 18.12.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde in Folge der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Feststellungen (Sachverhalt):

2.1. Zum Verfahrensgang

2.1.1. Das Bundesverwaltungsgericht stellt den Verfahrensgang fest, wie dieser unter Punkt 1 wiedergegeben ist.

2.2. Zur Person des BF und seinen Fluchtgründen

2.2.1. Der BF, ein Staatsangehöriger der VR China, gehört der Volksgruppe der Han an, ist konfessionslos und wohnte im Herkunftsstaat in der Stadt Shenyang in der Provinz Liaoning. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Der BF genoss 12 Jahre Schulbildung. Im österreichischen Bundesgebiet halten sich keine Familienangehörigen des BF auf. Seine volljährige Tochter lebt im Herkunftsland. Der BF konnte im Verfahren keine Deutschkenntnisse nachweisen. Maßgebliche Anhaltspunkte für eine hinreichende Integration des BF in Österreich konnten nicht festgestellt werden. Der BF wurde am 17.12.2019 in Österreich aufgrund des Delikts der Urkundenfälschung zu einer fünfmonatigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

2.2.2. Nicht festgestellt wird, dass der BF seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe auf seine Person zu befürchten hätte. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der BF aufgrund eines Enteignungskonfliktes von der Regierung gesucht wird bzw. von der Mafia drei bis vier Tage festgehalten wurde. Bei seiner Rückkehr hat er keinen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit zu befürchten.

2.3. Zur Situation in der Volksrepublik China werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Die Volksrepublik China ist mit geschätzten 1,385 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2018) und einer Fläche von 9.596.960 km² der bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 20.11.2019).

China ist in 22 Provinzen, fünf Autonome Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) untergliedert (AA 3.2019a). Hongkong hat seit dem Souveränitätsübergang vom Vereinigten Königreich auf die Volksrepublik China zum 1. Juli 1997 den Status einer Sonderverwaltungsregion (Special Administrative Region - SAR). Grundlage für den Souveränitätsübergang ist die von den beiden Regierungschefs am 19. Dezember 1984 in Peking unterzeichnete ?Gemeinsame Erklärung'. Nach dem dort verankerten Prinzip 'Ein Land, zwei Systeme' kann Hongkong für 50 Jahre sein marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem aufrechterhalten und genießt einen hohen Grad an politischer und rechtlicher Autonomie. Zum 1. Juli 1997 trat auch das Hongkonger "Basic Law" in Kraft und löste die koloniale Verfassung ab. Macau wurde nach einem ähnlichen Abkommen am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Vereinigung mit Taiwan zur "Wiederherstellung der nationalen territorialen Integrität" bleibt eines der erklärten Kernziele chinesischer Politik (AA 3.2019a).

Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (AA 3.2019a). China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei (KP) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KP gehalten (USDOS 13.3.2019). Die KP ist die allbestimmende politische Kraft. Der 19. Parteitag hat im Oktober 2017 ein neues Zentralkomitee (ZK) gewählt, dem alle wichtigen Entscheidungsträger in Staat, Regierung, Armee und Gesellschaft angehören. Xi Jinping ist seit 2012 Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas. Das Zentralkomitee wiederum wählt das Politbüro (25 Mitglieder) und den Ständigen Ausschuss des Politbüros (derzeit 7 Mitglieder). Letzteres ist das ranghöchste Parteiorgan und gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor durch die Parteiführung erarbeitet, wobei über das genaue Verfahren und dessen Grad der Formalisierung keine Klarheit besteht (AA 3.2019a vgl. USDOS 13.3.2019).

Xi Jinping ist zudem Vorsitzender der Zentralen Militärkommission (ZMK) der Kommunistischen Partei Chinas und Oberkommandierender der Streitkräfte, die seit 1997 direkt der Kommunistischen Partei Chinas unterstellt sind. Der 2018 erneut gewählte Ministerpräsident Li Keqiang leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Er wird von einem "inneren Kabinett" aus vier Stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung (AA 3.2019a).

Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt (FH 2.2019a). Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 1.2017a). Der Nationale Volkskongress (NVK) ist formal das gesetzgebende Organ der VR China. Er tagt als Plenum einmal jährlich und beschließt mit einer Legislaturperiode von fünf Jahren nationale Gesetze (LVAk 9.2019). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung (FH 1.2017a). Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 2.2019a). Eine parlamentarische Opposition zur KPCh gibt es nicht (AA 14.12.2018). Es gibt weitere acht kleine "demokratische Parteien", die auch im Nationalen Volkskongress, aber vor allem in der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes vertreten sind. Deren Vorsitzender ist Wang Yang. Das Gremium unter Führung der KP Chinas hat lediglich beratende Funktion (AA 3.2019a).

Der Nationale Volkskongress hat mit seiner ersten Sitzung der 13. Legislaturperiode (5. - 20. März 2018) Xi Jinping erneut zum Staatspräsidenten gewählt (AA 3.2019a). Xi Jinping ist Vorsitzender der Zentralen Militärkommission (ZMK) der Kommunistischen Partei Chinas und Oberkommandierender der Streitkräfte (AA 3.2019a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 13.3.2019). Präsident Xi Jinping hat seine Absicht bekundet, auf unbestimmte Zeit zu regieren, nachdem die chinesische Legislative im März 2018 die Verfassung geändert hatte, um die Amtszeit für die Präsidentschaft zu verkürzen (HRW 17.1.2019). Vorrangige Ziele der chinesischen Führung sind die Entwicklung des "Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter" und die Verwirklichung des "chinesischen Traums vom großartigen Wiederaufstieg der chinesischen Nation". Die Wahrung der politischen und sozialen Stabilität unter Führung der Partei gilt als wichtigstes Ziel der KP Chinas. Die strenge Führung durch die Partei soll dabei in allen Bereichen der Gesellschaft durchgesetzt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reform und Stärkung der Partei. Schwerpunkte sind der Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft sowie die Stärkung der zentralen Kontrolle der Parteiführung.

Die von Deng Xiaoping im Jahr 1978 verkündete Ära von "Reform und Öffnung" hat China eine lange Phase anhaltend hohen Wachstums gebracht. Vor dem 40-jährigen Jubiläum von "Reform und Öffnung" im Dezember 2018 scheinen die wirtschaftlichen Reformanstrengungen jedoch weitgehend zum Erliegen gekommen zu sein. Angesichts der dramatischen Herausforderungen durch den demografischen Wandel, die Umweltbelastungen und die weiter zunehmende soziale Ungleichheit erscheint eine Fortsetzung der Reformagenda umso dringlicher. (AA 3.2019a).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.2019a): China - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/china-node/-/200846, Zugriff 26.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019

- CIA - Central Intelligence Agency (20.11.2019): The World Factbook - China, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ch.html, Zugriff 20.11.2019

- FH - Freedom House (2.2019a): Freedom in the World 2019 - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002611.html, Zugriff 21.10.2019

- FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/339947/483077_de.html, Zugriff 21.10.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002248.html, Zugriff 22.10.2019

- LVAk - Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.): Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.190

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019

Sicherheitslage

Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China auch 2018 zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Ländereien oder die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen. Nachdem die Anzahl sogenannter "Massenzwischenfälle" über Jahre hinweg mit großer Geschwindigkeit zunahm, werden hierzu seit 2008 (> 200.000 Proteste) keine Statistiken mehr veröffentlicht. Zwei Aktivisten, die seit 2013 durch eigene, über Twitter veröffentlichte Statistiken diese Lücke zu schließen versuchten, wurden im Juni 2016 verhaftet, einer von ihnen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 14.12.2018)

China hat anhand der Vorkommnisse der späten 1980er Jahre gelernt, dass soziale Spannungen zu einer ernsthaften Gefährdung des Systems führen können. Infolgedessen wurde ein engmaschiges Kontroll- und Regulierungssystem (z.B. Social Credit System) sowohl in urbanen Kerngebieten als auch in den peripheren Siedlungsgebieten der Minderheiten aufgebaut (LVAk 9.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019

- LVAk - Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.): Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.228

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

China ratifizierte bereits 1988 die UN-Konvention gegen Folter. Nach Art. 247 und 248 StGB wird Folter zur Erzwingung eines Geständnisses oder zu anderen Zwecken in schweren Fällen mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen mit bis zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe oder Todesstrafe geahndet (AA 14.12.2018). In den letzten Jahren wurden außerdem einige Verordnungen erlassen, die formell für Tatverdächtige im Ermittlungsverfahren einen besseren Schutz vor Folter bieten sollen. Ein großes Problem bleibt jedoch die mangelnde Umsetzung dieser Rechtsinstrumente, die Sicherheitsbehörden genießen weiterhin auch aufgrund des Mangels an Kontrolle und Transparenz einen großen Handlungsspielraum. Sicherheitskräfte setzen sich routinemäßig über rechtliche Schutzbestimmungen hinweg. Für die Polizei stellt Straflosigkeit im Falle von Brutalität und bei verdächtigen Todesfällen in Gewahrsam die Norm dar (ÖB 11.2019; vgl. FH 2.2019a).

Menschenrechtsanwälte äußern Besorgnis darüber, dass Rechtsanwälte und Aktivisten weiterhin nach Inhaftierung verschiedenen Formen von Folter, Misshandlung oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sind. Angehörige der ethnischen Minderheit der Uiguren berichten von systematischer Folter und anderer erniedrigender Behandlung durch im Strafvollzug und in den Internierungslagern beschäftigte Beamte (USDOS 13.3.2019).

Die chinesische Führung erklärte am 4. Parteiplenum 2014 zum Ziel, die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und Folter, Misshandlungen und Missstände in der Justiz zu verhindern. Gleichzeitig wird radikal gegen unabhängige Rechtsanwälte, Menschenrechtsverteidiger, und Medien vorgegangen, sodass das Ziel einer Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt wird. Neben politischen Absichtserklärungen und einigen wenigen "Vorzeigefällen", in denen Fehlurteile - etwa nach vollzogener Todesstrafe posthum - revidiert wurden, oder einzelne Polizisten nach tödlicher Folter (und öffentlicher Empörung) entlassen werden, ist jedoch nicht bekannt, dass strukturelle Maßnahmen getroffen werden, um das Risiko von Folter und Misshandlungen zu vermindern (ÖB 11.2019; vgl. AI 22.2.2018).

Das revidierte Strafverfahrensrecht verbietet die Verwendung von Geständnissen und Zeugenaussagen, die unter Folter oder anderweitig mit illegalen Mitteln zustande gekommen sind (neuer Art. 53), sowie sonstiger illegal erlangter Beweismittel (Art. 54) im Strafprozess. Trotzdem soll Folter in der Untersuchungshaft häufiger vorkommen als in regulären Gefängnissen (AA 14.12.2018). Die Anwendung von Folter zur Erzwingung von Geständnissen ist nach wie vor weit verbreitet und wird eingesetzt, um Geständnisse zu erhalten oder politische und religiöse Dissidenten zu zwingen, ihre Überzeugungen zu widerrufen (FH 2.2019a). Von Medien, Menschenrechtsgruppen, Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft und Uiguren wird über die Anwendung von Gewalt und Folter gegen Uiguren in Umerziehungszentren berichtet (DFAT 3.9.2019).

Soweit die chinesische Regierung und die staatlich gelenkte Presse Folterfälle einräumen, stellen sie diese als vereinzelte Übergriffe "unterer Amtsträger" dar, gegen die man energisch vorgehe (AA 14.12.2018).

Quellen:

- -AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019

- -AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424999.html , Zugriff am 23.10.2019

- -DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (3.10.2019): DFAT Country Information Report China, https://www.ecoi.net/en/file/local/2019379/country-information-report-china.pdf, Zugriff 22.11.2019

- -FH - Freedom House (2.2019a): Freedom in the World 2019 - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002611.html, Zugriff 21.10.2019

- -ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China

- -USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html , Zugriff 14.10.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Volksrepublik China erkennt de jure die grundlegenden Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte an. Sie gehört einer Reihe von Übereinkünften zum Schutz der Menschenrechte an, darunter die Konvention gegen Folter. Die VR China hat den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte 1998 zwar unterzeichnet, allerdings bis heute nicht ratifiziert.(AA 3.2019a).

Die Menschenrechtslage in China bietet weiterhin ein zwiespältiges und trotz aller Fortschritte im Ergebnis negatives Bild. 2004 wurde der Begriff "Menschenrechte" in die Verfassung aufgenommen, die individuellen Freiräume der Bürger in Wirtschaft und Gesellschaft wurden in den letzten Jahren erheblich erweitert. Andererseits bleiben die Wahrung der inneren Stabilität und der Machterhalt der KPCh oberste Prämisse und rote Linie. Vor diesem Hintergrund geht die chinesische Führung kompromisslos gegen jene vor, die als Bedrohung dieser Prioritäten angesehen werden, wie z. B. regierungskritische Schriftsteller, Blogger, Bürgerrechtsaktivisten, Menschenrechtsanwälte, Petitionäre oder Mitglieder nicht anerkannter Religionsgemeinschaften (Falun Gong, Hauskirchen etc.). Seit dem Führungswechsel im März 2013 ist ein noch einmal verstärkt repressives Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Kritikern der Regierung oder der Partei zu beobachten. Einschüchterungsmaßnahmen umfassen u.a. Hausarrest, willkürliche Haft in sogenannten schwarzen Gefängnissen ("black jails" bzw. "legal education center"), Folter, Berufsverbote und Druck auf Familienangehörige durch Bedrohungen bis hin zur "Sippenhaft"; in einigen Fällen wurden lange Haftstrafen verhängt. Personen, die in Opposition zu Regierung und herrschender Ideologie stehen, setzen sich unmittelbar der Gefahr von Repression durch staatliche Stellen aus, wenn sie aus Sicht der Regierung die Kommunistische Partei, die Einheit des Staates oder das internationale Ansehen Chinas gefährden. Die Schwelle ist immer dann erreicht, wenn die chinesischen Sicherheitsbehörden annehmen, dass ein - noch so loses - Netzwerk gebildet werden könnte. Aus Sicht der Regierung geht von separatistischen Bestrebungen und Untergrundaktivitäten innerhalb Chinas die größte Gefahr aus (AA 14.12.2018).

Oberstes Ziel ist die Aufrechterhaltung "sozialer Stabilität", die aus Sicht der chinesischen Führung unerlässlich für die weitere Entwicklung des Landes ist (AA 14.12.2018).

Es gibt weiterhin besorgniserregende Verletzungen rechtsstaatlicher Mindeststandards in ganz China. So gibt es immer noch Strafverfolgung aus politischen Gründen, Administrativhaft (Haftstrafe ohne Gerichtsurteil), Verletzung von allgemeinen Verfahrensgarantien im Strafverfahren (zum Beispiel Unschuldsvermutung, Recht auf Verteidigung), sehr häufige Verhängung der Todesstrafe sowie Fälle von Misshandlungen und Folter. Daneben gibt es das Bekenntnis der Regierung zu einem an Recht und Gesetz ausgerichteten sozialen Regierungshandeln und vermehrt Reformbemühungen im Rechtsbereich (AA 3.2019a).

Häufig kommen Übergriffe lokaler Amtsträger bzw. von denen beauftragter Dritter vor, die im Ergebnis den Zielen der Regierungspolitik entsprechen oder der Wahrung des Einkommens dieser Personen dienen. Zumeist handelt es sich um Demonstranten bei Fällen mit wirtschaftlichem Hintergrund (illegale Landnahme, Korruption etc.). Auch Journalisten sind von solchen Fällen betroffen, zum Teil werden offen Kopfgelder ausgesetzt, ohne dass dies rechtliche Konsequenz hat (AA 14.12.2018).

Chinas wissenschaftliches Entwicklungskonzept hält auch Einzug in die "Soziale Steuerung" durch und für die Partei. Umfassende Sicherheit, so erkannte die Parteiführung, benötigt Big Data über Einstellungen und Stimmungen innerhalb der Bevölkerung sowie deren analytische Aufarbeitung (LVAk 9.2019).

Die chinesische Regierung plant 2020 ein soziales Kreditsystem einzuführen, das Menschen in allen Lebenslagen bewertet und entsprechend belohnt oder bestraft (EuZ 29.8.2019; vgl. LVAk 9.2019). Als Datenquellen werden das Verhalten in den sozialen Medien, beim Online-Shopping, beim Verfassen von Kurznachrichten, aber auch Kranken- und Gerichtsakten, Verkehrsdelikte, Steuersünden, rüpelhaftes Verhalten in der Öffentlichkeit, Rauchen in öffentlichen Räumen etc. genutzt (EuZ 29.8.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (3.2019a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html%20-%20doc334570bodyText5, Zugriff 23.8.2017

- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019

- EuZ - Entwicklung und Zusammenarbeit (29.8.2019): Digitale Überwachung, Niemand kann sich entziehen, https://www.dandc.eu/de/article/china-fuehrt-ein-punktesystem-zur-sozialen-bewertung-seiner-buerger-ein, Zugriff 28.11.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002248.html, Zugriff 22.10.2019

- LVAk - Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.):Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.168

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html , Zugriff 14.10.2019

Grund- und Gesundheitsversorgung

Die chinesische Gesellschaft hat durch die soziale Dynamik, die durch die wirtschaftlichen Reformen ausgelöst wurde, in den letzten vier Jahrzehnten insgesamt an Offenheit gewonnen. Die Lebensbedingungen haben sich für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung deutlich verbessert und erlauben im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich ein höheres Maß an persönlicher Freiheit (AA. 3.2019a).

In den Jahren von 2000 bis 2010 erreichte China ein Wirtschaftswachstum zwischen 8 und 14 Prozent und stieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt auf (GIZ 3.2019b). Mit dem Aufschwung geht auch eine wachsende ökonomische Macht einher (LVAk 9.2019). An der Kaufkraft bemessen ist China seit 2014 die weltweit größte Volkswirtschaft. Das nominale Bruttoinlandsprodukt pro Kopf stieg im Jahr 2018 weiter auf prognostizierte 10.088 USD (2017 8.643 USD). Gegenüber 2008 hat sich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in China somit mehr als verdoppelt. China hält die weltweit höchsten Devisenreserven. Chinas Bedeutung für die weltweite Konjunktur hat weiter zugenommen. Seit 2007 verlangsamt sich das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft. 2017 erreichte das Wachstum noch 6,9 Prozent. Innerhalb des Landes gibt es enorme regionale und soziale Unterschiede (AA 3.2019b). Der Wohlstand innerhalb der chinesischen Gesellschaft ist ausgesprochen ungleich verteilt (AA. 3.2019a).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist seit einigen Jahren gewährleistet (AA 14.12.2018), doch kam es in den letzten Jahren zu einem rasanten Anstieg der Nahrungsmittelpreise (ÖB 11.2019). Trotz beispielloser Erfolge bei der Armutsbekämpfung geht die Food and Agriculture Organization (FAO) davon aus, dass derzeit noch über 124,5 Millionen Personen unterernährt sind. Die ländliche Bevölkerung ist bezüglich der Nahrungsmittelsicherheit, vor allem in den unterentwickelten Westgebieten, strukturell benachteiligt (GIZ 3.2019b). Die Einkommensentwicklung ist in den letzten drei Jahrzehnten hinter dem wirtschaftlichen Wachstum und den Staatseinnahmen zurückgeblieben. Der Abstand zwischen Stadt- und Landbevölkerung, deren Einkommen im Vergleich zur Stadt lediglich etwa ein Drittel beträgt, ist seit den 90er-Jahren kontinuierlich gewachsen (AA 14.12.2018). Neben Armutsproblemen hat China vor allem mit einer immer stärkeren Einkommensungleichheit zu kämpfen. Die Volksrepublik hat einen Gini-Koeffizienten von 0,46 (GIZ 3.2019b). Damit liegt China nach wie vor über der Grenze, die nach der Definition der Vereinten Nationen eine extreme Ungleichheit anzeigt (0,4). Noch leben mehr als 565 Millionen Chinesen auf dem Land (statista 27.6.2019), Das aktuelle Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 33.616 RMB (ca. 5.060 USD) (AA 3.2019b). Einer großen Masse mit niedrigen Einkommen steht eine kleine Schicht extrem reicher Chinesen gegenüber (GIZ 3.2019b).

Laut offiziellen Angaben sind 4,1 Prozent der Chinesen mit Haushaltsregistrierung arbeitslos gemeldet. Darin nicht erfasst sind die mittlerweile ca. 275 Millionen "Wanderarbeiter", von denen ca. 168 Millionen außerhalb ihrer Heimatprovinz einer Beschäftigung nachgehen. Die Regierung will bis 2020 mit Hilfe eines entwicklungsorientierten Programms zur Armutsreduzierung in ländlichen Regionen gezielt in die soziale Infrastruktur von besonders zurückgebliebenen Schlüsselregionen investieren (AA 14.12.2018).

Trotz des laufenden Ausbaus des Sozialsystems bleibt angesichts des niedrigen Niveaus der Sozialleistungen die familiäre Solidarität in Notfällen ein entscheidender Faktor. Die meisten sozialen Leistungen sind zudem an die Wohnrechtsregistrierung ("Hukou-System") gekoppelt, befindet sich diese auf dem Land, ist mit einem noch niedrigeren Niveau an staatlicher Hilfeleistung zu rechnen. Eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt in den ländlichen Regionen ist oft sehr schwierig (ÖB 11.2019).

Seit 2012 geht die chinesische Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter kontinuierlich zurück. Um die Finanzierbarkeit der Pensionen zu gewährleisten, plant China eine Senkung der mit 10 Prozent sehr hohen jährlichen Anpassung der Rentenhöhe und die Erhöhung des Pensionsantrittsalters (derzeit generell Männer mit 60 Jahren, Frauen mit 55 Jahren, tatsächliches durchschnittliches Renteneintrittsalter 53 Jahre) (ÖB 11.2019). Provinzen, die nicht über genügend eigene Mittel verfügen, erhalten Subventionen von der Zentralregierung (AA 3.2019b).

Die stetig zunehmende Überalterung der Bevölkerung wird immer mehr als Problem für das Sozialsystem wahrgenommen, die Zahl der Menschen über 60 Jahren stieg 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 3 Prozent auf 16,15 Prozent an. Seit 2012 geht die chinesische Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter kontinuierlich zurück und betrug 2014 mit 915,83 Millionen Menschen um 3,71 Millionen Menschen weniger als im Vorjahr. Die Lockerung der Ein-Kind-Politik auf eine generelle Zwei-Kind-Politik war im Hinblick auf die angestrebte Erhöhung der Geburtenquote bisher ein Fehlschlag. Laut offiziellen Daten ist bereits eine/r von sechs unter den 270 Millionen Wanderarbeiter im Pensionsalter, hat jedoch kein Anrecht auf Pension und muss daher unter schwierigen Bedingungen weiterarbeiten (ÖB 11.2019). China verkündete Ende 2014, die Abdeckung von 95 Prozent der Bevölkerung mit grundlegender Krankenversicherung (basic health insurance) erreicht zu haben. In der Praxis bestehen jedoch große Unterschiede in Qualität und Umfang der Absicherung. Ärztliche Behandlungskosten müssen von Patient im Voraus bezahlt werden. Die meisten Versicherten erhalten eine Kostenerstattung bei jährlichen Kosten bis 1.300 RMB (179 EUR), darüber hinausgehende Kosten müssen selbst getragen werden. Allerdings erhalten Bedienstete von Staatsbetrieben nahezu kompletten Kostenersatz. Obwohl die chinesische Regierung kontinuierlich immer mehr Geld in das Gesundheitswesen investiert (2014 plus 11 Prozent gegenüber 2013 und damit 5,7 Prozent des BIP) ist die Abdeckung für untere Einkommensschichten oder bei chronischen Krankheiten ungenügend. Besonders auf dem Land investieren häufig arme Familien ihre gesamten Ersparnisse in die Behandlung kranker Familienmitglieder und ist Krankheit somit ein häufiger Armutsfaktor. Die Zahl der chronisch und schwerkranken Menschen steigt darüber hinaus angesichts der wachsenden Krebsrate (Umweltprobleme) und der Änderung der Lebensgewohnheiten durch Zivilisationskrankheiten. Selbst staatliche Krankenhäuser müssen sich weitgehend selbstständig finanzieren, und tun dies vor allem durch extensives Verschreiben überteuerter Medikamente. Der Arztberuf genießt in China relativ geringes Ansehen, Ärzte können von ihrem Grundgehalt kaum leben und es herrscht akuter Mangel an qualifiziertem Personal. Die große Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Gesundheitssystem äußert sich regelmäßig in gewalttätigen Übergriffen gegen medizinisches Personal (ÖB 11.2019).

Das chinesische Sozialsystem deckt folgende Gruppen ab:

?Senioren: Personen über 60Jahre, arbeitsunfähig, ohne Einkommen, ohne Unterhaltszahlungen und Beihilfe oder deren Angehörige sie nicht unterstützen können.

?Waisen ohne Verwandtschaft.

?Ausgesetzte Babys und Kinder, deren biologischen Eltern nicht auffindbar sind (IOM 2019).

Das seit 2014 bestehende Programm zur Sicherung des Existenzminimums ("di bao") ähnelt der Sozialhilfe. Derzeit ist eine lokale Wohnmeldung ("Hukou-System") vorausgesetzt, weshalb die Millionen Wanderarbeiter in Städten in der Regel keinen Anspruch haben. Ein nationales Gesetz ist seit Jahren in Planung, bisher jedoch nicht verabschiedet, da unklar ist wie eine überregionale Bedarfsprüfung angesichts der Mobilität der Bevölkerung und der Größe des Landes bewerkstelligt werden kann. Die Höhe des "di bao" wird regional festgelegt und beträgt in Städten durchschnittlich 373 RMB (ca. 52 EUR) und auf dem Land 203 RMB (28 EUR). Ende 2014 gab es in den Städten lediglich 18,8 Millionen und in ländlichen Gebieten nur 52,1 Millionen Bezugsberechtigte (ÖB 11.2019). Laut einem Beschluss des Staatsrats vom 11. Oktober 2016 sollen bis 2020 allerdings 100 Millionen Chinesen, die ohne städtischen "Hukou" (Meldeberechtigung) bereits "ständig" in Städten leben, Zugang zu sozialen Leistungen wie medizinischer Versorgung und Bildung erhalten. Bisher verfügten nur 39,9 Prozent der Stadtbewohner über einen städtischen Hukou mit Zugang zu sozialen Leistungen, dieser Prozentsatz solle in den kommenden 5 Jahren auf 45 Prozent steigen. Entsprechende Durchführungsverordnungen wurden bisher nicht erlassen. Die Maßnahmen betreffen jedoch nicht einmal die Hälfte der derzeit geschätzten 277 Millionen Wanderarbeiter (ÖB 11.2019).

Die Regierung will bis 2020 mit Hilfe eines entwicklungsorientierten Programms zur Armutsreduzierung in ländlichen Regionen gezielt in die soziale Infrastruktur von besonders zurückgebliebenen Schlüsselregionen investieren. Erklärtes Ziel der Regierung ist die Verdoppelung der Einkommen bis 2020. (AA 14.12.2018).

Die finanzielle Absicherung im Krankheitsfall ist nach wie vor ungenügend. Obwohl 95 Prozent der Bevölkerung über Krankenversicherungsprogramme abgesichert sind, stellen Krankheiten, die intensive ärztliche und/oder therapeutische Behandlungen erfordern, für Bezieher durchschnittlicher und niedriger Einkommen nach wie vor enorme, häufig existenzbedrohende finanzielle Belastungen dar. Wie auch in anderen Politikfeldern herrscht im Gesundheitswesen ein gravierendes Stadt-Land-Gefälle vor. Elementare medizinische Dienstleistungen sind in abgelegenen ländlichen Gebieten kaum vorhanden, eine zeitnahe ärztliche Versorgung kaum möglich, und die vorhandenen Krankenhäuser sind schlecht ausgestattet. Auch wer in einer städtischen Krankenversicherung versichert ist, muss einen großen Teil der Behandlungskosten selbst tragen, da die Erstattungsbeträge aus der Krankenversicherung in der Regel nicht mehr als 60 Prozent betragen (IOM 2019; vgl. AA 14.12.2018).

Die meisten Versicherten erhalten eine Kostenerstattung bei jährlichen Kosten bis 1.300 RMB (179 EUR), darüber hinausgehende Kosten müssen selbst getragen werden. Allerdings erhalten Bedienstete von Staatsbetriebe nahezu kompletten Kostenersatz. Obwohl die chinesische Regierung kontinuierlich immer mehr Geld in das Gesundheitswesen investiert (2014 plus 11 Prozent gegenüber 2013 und damit 5,7 Prozent des BIP) ist die Abdeckung für untere Einkommensschichten oder bei chronischen Krankheiten ungenügend. Besonders auf dem Land investieren häufig arme Familien ihre gesamten Ersparnisse in die Behandlung kranker Familienmitglieder und ist Krankheit somit ein häufiger Armutsfaktor. Die Zahl der chronisch- und schwerkranken Menschen steigt darüber hinaus angesichts der wachsenden Krebsrate (Umweltprobleme) und der Änderung der Lebensgewohnheiten durch Zivilisationskrankheiten (ÖB 11.2019).

In China gibt es keine niedergelassenen, sondern nur in den Kliniken angestellte Ärzte (coliquio 10.8.2018). Krankenhäuser sind sowohl in großen, als auch in kleinen Städten zu finden (IOM 2019). Der Arztberuf genießt in China relativ geringes Ansehen, Ärzte können von ihrem Grundgehalt kaum leben und es herrscht akuter Mangel an qualifiziertem Personal. Die große Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Gesundheitssystem äußert sich regelmäßig in gewalttätigen Übergriffen gegen medizinisches Personal. Staatliche Krankenhäuser müssen sich weitgehend selbstständig finanzieren, und tun dies vor allem durch extensives Verschreiben überteuerter Medikamente (ÖB 11.2019).

Der Markt für Medikamente in China ist relativ gut entwickelt. Grundsätzlich sind Medikamente im ganzen Land erhältlich. Während die Kosten für lokal hergestellte Medikamente gering sind, ist importierte Medizin mit besonderen Wirkstoffen sehr teuer (IOM 2019).

Seit März 2016 wurde eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, darunter eine Anhebung der Kostenerstattung für Patient, die Anhebung der Zahl der Ärzte auf 70.000, die zentralisierte Beschaffung von Medikamenten für Spitäler, die Verbesserung des Remunerationssystems in Gemeindespitälern auf Leistungsbasis, und der Aufbau eines nationalen Netzwerks für die Kostenerstattung in der Krankenversicherung, sodass Kosten landesweit erstattet werden können (ÖB 11.2019).

Die Hygiene mag nicht europäischen Vorstellungen entsprechen (AA 26.11.2019). Elementare medizinische Dienstleistungen sind in abgelegenen ländlichen Gebieten kaum vorhanden, eine zeitnahe ärztliche Versorgung kaum möglich, und die vorhandenen Krankenhäuser sind schlecht ausgestattet (AA 14.12.2018). Trotzdem herrscht im Gesundheitswesen ein gravierendes Stadt-Land-Gefälle (AA 14.12.2018). Obwohl die chinesische Regierung kontinuierlich immer mehr Geld in das Gesundheitswesen investiert, ist die Abdeckung für untere Einkommensschichten oder bei chronischen Krankheiten ungenügend (ÖB 11.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (26.11.2019): China: Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/ChinaSicherheit_node.html, Zugriff 28.11.2019

- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019

- AA - Auswärtiges Amt (3.2019a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html, Zugriff 28.8.2017

- AA - Auswärtiges Amt (3.2019b): China - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/china-node/-/200468, Zugriff 10.10.2017

- coliquio (10.8.2018): Als Arzt in China: Keine Halbgötter in Weiß, https://www.als-arzt-ins-ausland.de/china, Zugriff 10.10.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019b): China - Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/china/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 27.9.2019

- IOM - International Organisation for Migration (2019): Länderinformationsblatt China 2019, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2019_China_DE.pdf, Zugriff 28.11.2019

- ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China

- LVAk - Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.):Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.191

Rückkehr

Grundsätzlich erfolgen lückenlose, automatisierte Kontrollen an den Grenzkontrollstellen (ÖB 12.2018). Ein Asylantrag allein ist nach chinesischem Recht kein Straftatbestand. Personen, die China illegal, etwa unter Verletzung der Grenzübertritts-Bestimmungen verlassen haben, können bestraft werden (AA 14.12.2018). Einige Gruppen (v.a. Angehörige der Minderheiten der Uighuren und Tibeter) sowie als politische- bzw. Menschenrechtsaktivisten eingestufte oder im "Shuanggui" System [ein nicht gesetzlich geregeltes Verfahren, welches eine zeitlich nicht näher begrenzte Arrestierung erlaubt]" verfolgte Personen riskieren nach ihrer Rückkehr nach China regelmäßig unfaire Verfahren (ÖB 11.2019).

Besondere Aufmerksamkeit widmet die chinesische Führung führenden Mitgliedern der Studentenbewegung von 1989, soweit sie noch im Ausland aktiv sind. Dies gilt auch für bekannte Persönlichkeiten, die eine ernstzunehmende Medienresonanz im westlichen Ausland hervorrufen. Eine Überwachung oder sogar Gerichtsverfahren gegen diese Personen sind bei Rückkehr in die VR China nicht auszuschließen. 2016 kam es in zwei Fällen auch zu Verhaftungen von in China lebenden Familienangehörigen, um im Ausland lebende chinesische Dissidenten unter Druck zu setzen. Aktivitäten der uigurischen Exilorganisationen stehen unter besonderer Beobachtung der chinesischen Behörden (einschließlich der Auslandsvertretungen), insbesondere:

- der Weltverband der Uiguren,

- die Ostturkistanische Union in Europa e.V.,

- der Ostturkistanische (Uigurische) Nationalkongress e.V. und

- das Komitee der Allianz zwischen den Völkern Tibets, der Inneren Mongolei und Ostturkistans (AA 14.12.2018).

Oppositionelle Betätigung im Ausland kann zu Problemen führen, wenn die Behörden der Ansicht sind, dass "Verbrechen gegen die nationale Sicherheit" (etwa Verrat von Staatsgeheimnissen, Separatismus, Terrorismus) begangen wurden (ÖB 11.2019).

Mitglieder uigurischer Exilorganisationen haben bei ihrer Rückkehr nach China mit Repressionen zu rechnen (AA 14.12.2018). Peking fordert andere Regierungen auf, Uiguren, die aus China geflohen sind, in ihre Heimat rückzuführen (CFR 25.11.2019). In den letzten Jahren kam es, vermutlich auf chinesischen Druck, immer wieder zur Abschiebung von uigurischen Asylwerbern aus Nachbarländern, zumeist aus Kambodscha, Thailand, Pakistan und Malaysia (ÖB 11.2019). Mitunter werden auch uigurische Studenten auf Ansuchen Pekings rückgeführt. Solchen Ersuchen kommen beispielsweise Staaten wie Ägypten oder Pakistan nach, indem sie ausliefern (SZ 12.4.2019).

Die Rückkehrsituation für mittellose, kinderreiche Personen ohne Aussicht auf einen Arbeitsplatz und ohne familiäre Anbindung in China, insbesondere auf dem Land, ist als schwierig zu beurteilen (ÖB 12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019

- CFR - Council on Foreign Relations: (25.11.2019): Christianity in China, https://www.cfr.org/backgrounder/christianity-china, Zugriff 26.11.2019

- ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China

- SZ - Süddeutsche Zeitung (12.4.2019): Wo die Moscheen verschwinden, https://www.sueddeutsche.de/politik/china-und-die-uiguren-wo-die-moscheen-verschwinden-1.4407686, Zugriff 26.11.2019

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Die Feststellungen zur Nationalität, Volksgruppe, Herkunft und familiären bzw. privaten Verhältnissen des BF im In- und Herkunftsland gründen auf seinen insofern unbedenklichen Angaben vor dem Bundesamt und in der Beschwerde. Die Feststellungen zum Bezug der Grundversorgung ergeben sich zusätzlich aus einem zum Stichtag eingeholten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Der BF legte im Verfahren keine unbedenklichen Dokumente zum Nachweis seiner Identität vor. Die Feststellungen gelten daher ausschließlich für die Identifizierung der Person im Verfahren auf internationalen Schutz.

Maßgebliche Anhaltspunkte für eine hinreichende Integration des BF in Österreich konnten nicht festgestellt werden. Der BF wurde am 17.12.2019 in Österreich aufgrund des Delikts der Urkundenfälschung zu einer fünfmonatigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

2.3. Die Feststellungen zum Aufenthalt seiner Tochter ergeben sich aus den Angaben der Erstbefragung sowie der Einvernahme.

2.4. Die Feststellung, dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, stützt sich auf seine Aussagen vor dem BFA am 07.11.2019, wo er angab, dass er gesund sei, sowie dass er in China als Bauer mit eigener Agrarwirtschaft seinen Lebensunterhalt finanzierte. Gegenteiliges ist im Verfahren auch weder hervorgekommen noch vorgebracht worden. Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung des BF ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz.

2.5. Das Fluchtvorbringen des BF bezüglich seiner Verfolgung aufgrund eines Enteignungskonfliktes konnte aufgrund der widersprüchlichen sowie wenig substantiierten Erzählung nicht festgestellt werden.

2.6. Zunächst ist auf die stark widersprüchliche Darstellung des BF betreffend das fluchtauslösende Ereignis selbst hinzuweisen:

So gab der BF in der niederschriftlichen Einvernahme vom 08.08.2019 an, dass er Beschwerde bei der Stadtregierung eingebracht habe, man ihm jedoch mitgeteilt habe, dass er zwei Tage abwarten solle, damit sie Zeit hätten, die Sache nachzuprüfen. Als er dann nach Hause gegangen sei, hätten schon zehn Leute auf ihn gewartet und der BF sei bei Blickkontakt sofort davongelaufen. Gegen 22 Uhr sei der BF schlussendlich nach Hause gekommen. Sein Nachbar habe ihm erzählt, der BF solle die Beschwerde zurückziehen, ansonsten würden die Leute ihm die Beine brechen (vgl. AS 4). Im Gegensatz dazu führte der BF in der Erstbefragung jedoch an, die Leute hätten den BF persönlich damit bedroht, ihm die Beine zu brechen. Sein Nachbar könne dies auch bezeugen (vgl. AS 20). Derselbe Widerspruch ergab sich zudem auch im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 07.11.2019, indem der BF im Rahmen der Schilderung seines Vorbringens zunächst angab, dass die Leute zu ihm gekommen seien und ihn mit Stangen bedroht hätten, während er dann auf konkrete Nachfrage wiederum angab, dass er nicht persönlich bedroht worden sei, sondern lediglich seinem Nachbarn mitgeteilt worden sei, dass diese ihm die Beine brechen würden (vgl. AS 109). Auffallend ist in diesem Zusammenhang weiters, dass der BF im Rahmen seiner Einvernahme vom 07.11.2019 diesen Vorfall mit den zehn Personen zunächst gar nicht erwähnte und nur dann auf konkreten Vorhalt diesbezüglich nähere Angaben machte und sich insofern rechtfertigte, indem er angab, dass er gedacht habe, dass er sich kurz halten solle.

Wie schon im Bescheid des BFA festgestellt wurde, geht das Bundesverwaltungsgericht zudem auch von einer Steigerung des Fluchtvorbringens aus: So behauptete der BF nämlich in der niederschriftlichen Einvernahme vom 07.11.2019, dass nach ihm behördlich gefahndet werde und dass er von der Mafia drei bis vier Tage festgenommen worden sei (vgl. AS 103). Dass der BF diese wichtigen Aspekte jedoch in der Erstbefragung aussparte, ist selbst unter Beachtung des Zweckes der Erstbefragung nicht nachvollziehbar. Nach Vorhalt dieser Diskrepanz gab der BF lediglich lapidar an, dass er nicht danach gefragt worden sei, womit er jedoch keine ausreichende Erklärung abgeben konnte (AS 109). Erwähnenswert scheint in diesem Zusammenhang weiters, dass der BF selbst angab, dass in China kein Gerichtsverfahren gegen ihn anhängig sei und dass er ebenso etwaige Verfolgungsgründe im Sinne der GFK auf konkrete Nachfrage verneinte. Zudem konnte er auch keine Beweise im Hinblick auf die Fahndung seiner Person vorlegen. Im Hinblick auf die vom BF behauptete viertägige Inhaftierung ist weiters darauf hinzuweisen, dass sich seine diesbezüglichen Schilderungen als sehr vage und nur wenig substantiiert erweisen (vgl. AS 108 ff), weshalb auch aus diesem Grund Zweifel an der Glaubhaftigkeit aufkommen. Es scheint in diesem Zusammenhang weiters auch wenig realitätsnah, dass der BF aufgrund dieses Vorfalls eine Anzeige bei der Stadtverwaltung einbringen wollte, obwohl er doch eigentlich Verfolgung vor den staatlichen Behörden befürchtete.

Ebenso steigerte der BF sein Fluchtvorbringen auch dahingehend, dass er staatskritische Postings im Internet veröffentlicht hätte (vgl. AS 103). Auch dies wurde in der Ersteinvernahme nicht ansatzweise erwähnt. Dabei ist weiters zu berücksichtigen, dass der BF die verwendete Internetplattform erst nach zweimaliger Aufforderung nennen konnte und selbst dann die konkrete Top-Level-Domain nicht nennen konnte (vgl. AS 104), weshalb sich sein Vorbringen auch als nur wenig substantiiert erweist. Zudem ergaben sich auch in diesem Zusammenhang Unstimmigkeiten, nachdem er in der Erstbefragung noch angab, dass er Videos, in welchen er dieses Problem ansprach, in sozialen Medien hochgeladen habe (AS 20), während er demgegenüber in der Einvernahme vom 07.11.2019 auf Nachfrage, ob er diese geposteten Videos vorlegen könne, ausweichend angab, dass eigentlich sein Freund die Videos unter seinem Namen gepostet habe und dass es sich lediglich um ein einziges Mal handle (AS 104).

Auch der konkrete Fluchtzeitpunkt wurde schließlich nicht stringent geschildert. In der Einvernahme vom 08.08.2019 und der Erstbefragung gab der BF an, er sei im Mai 2018 mit einem Direktflug nach Peking geflogen (vgl. AS 3, 19). In der niederschriftlichen Einvernahme vom 07.11.2019 wiederum gab der BF an, das fluchtauslösende Ereignis sei im ersten Quartal 2017 gewesen. Im Mai 2017 habe er China verlassen (vgl. AS 105). Auf die Diskrepanz angesprochen, er wäre erst im Mai 2018 nach Österreich gekommen, antwortete der BF: "Achso, dann habe ich das falsch gesagt. Ich bin bereits im Mai 2017 nach Österreich gekommen" (vgl. AS 105).

Schließlich ist auch den Ausführungen im Bescheid, wonach das Vorbringen des BF, dass nach ihm gefahndet werde, lediglich weil er eine Klage gegen eine Zwangsenteignung einbringen wollte, den Länderfeststellungen über China widerspricht, beizupflichten.

Gegen eine tatsächliche Verfolgungsgefahr des BF spricht schließlich auch die Tatsache, dass dieser den Antrag auf internationalen Schutz erst nach vorherigem Aufgriff durch die Sicherheitsbehörden stellte und sich zu diesem Zeitpunkt zumindest schon ein Jahr auf österreichischem Bundesgebiet befand.

Angesichts der gänzlichen Unglaubhaftigkeit der Angaben des BF kann es dem BFA weiters auch nicht angelastet werden, dass es sich nicht mit dem tatsächlichen Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative befasst hat, wie in der Beschwerde moniert wurde. Ebensowenig stellen sich die Länderfeststellungen als unvollständig dar, zumal der BF selbst gar keine konkreten bzw. substantiierten Angaben hinsichtlich einer allfälligen Enteignung oder Zwangsräumung gemacht hat.

Auch aus den Länderfeststellungen geht schließlich nicht hervor, dass der nicht politisch tätige, konfessionslose BF, ein Angehöriger der Volksgruppe der Han, aufgrund allgemeiner Verhältnisse Verfolgung oder unmenschliche Behandlung befürchten müsse. Auch im Hinblick auf die allgemeine Versorgungslage ergibt sich kein Anhaltspunkt, wonach der BF im Herkunftsland in eine ausweglose Situation (Verpflegung/Unterkunft/Verfügbarkeit medizinischer Leistungen) geraten würde. Auch besteht kein Hinweis darauf, dass Personen in China allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben.

2.6. Die zur Lage in der Volksrepublik China getroffenen Feststellungen basieren auf Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und stellen angesichts des bereits Ausgeführten im konkreten Fall eine hinreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens des BF dar.

Aus den getroffenen Länderfeststellungen lässt sich keine derartige Situation im Herkunftsland ableiten, wonach der BF allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in der Volksrepublik China aktuell und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder dass ihm im Falle einer Rückkehr ins Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die Situation im Herkunftsland hat sich auch seit dem Zeitpunkt des Bescheides vom 14.11.2019 in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert. Hierbei ist anzumerken, dass es sich bei der Volksrepublik China um einen Staat handelt, der zwar im Hinblick auf menschenrechtliche Standards Defizite aufweist, darüber hinaus aber nicht - etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien u.v.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde, sondern sich im Wesentlichen über die letzten Dekaden als relativ stabil erwiesen hat (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 idgF kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten