TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/29 W182 2193853-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2020
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Entscheidungsdatum

29.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z8
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W182 2193853-1/26E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Philippinen, vertreten durch RA Mag. Dr. Vera M. WELD, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2018, Zl. IFA 1025452603 + VZ: 161638763, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 55 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, §§ 46, 52 Abs. 3 und 9 sowie 53Abs. 1 iVm 2 Z 8 und 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des verhängten Einreiseverbotes auf zwei Jahre herabgesetzt wird.

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Wegfall der durch die COVID-19-Pandemie bedingten Ausreisebeschränkungen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Philippinen und reiste erstmals am 02.03.2014 unter Zuhilfenahme eines Touristenvisums mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 11.06.2014 legal in das Bundesgebiet ein.

1.2. In weiterer Folge stellte der Genannte am 15.07.2014 erstmals bei der zuständigen Behörde, konkret der MA 35, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger eines Österreichers."

Trotz der daraufhin dem rechtsfreundlichen Vertreter des BF ausdrücklich erteilten behördlichen Hinweises, wonach die hiefür erforderlichen Grundvoraussetzungen in casu erst nach erfolgter Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin vorliegen würden, bestand dieser namens seines Mandanten dennoch auf die Antragstellung bereits zu diesem Zeitpunkt.

1.3. Mit Schreiben vom 15.07.2014 verständigte daraufhin die zuständige Behörde den Genannten vom Ergebnis der Beweisaufnahme, in welcher keinerlei Familieneigenschaft festgestellt werden hätte können. Folgerichtig sei daher beabsichtigt, den gegenständlichen Antrag negativ zu finalisieren, zumal die gesetzlichen Vorgaben im vorliegenden Fall nicht erfüllt wären.

Unter einem wurde dem BF eine Frist im Ausmaß von 14 Tagen eingeräumt, um in diesem Zeitraum eine allfällige schriftliche Stellungnahme einbringen zu können.

1.4. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 29.07.2014 verwies der Genannte auf seine am Vortag standesamtlich geschlossene Ehe und legte unter einem eine entsprechende Heiratsurkunde vor.

1.5. Angesichts des bereits deutlich zuvor abgelaufenen Touristenvisums teilte die zuständige Behörde dem rechtsfreundlich vertretenen BF im Rahmen einer Unterlagenanforderung mit, dass sein aktueller Aufenthalt im Bundesgebiet als unrechtmäßig zu qualifizieren sei, weshalb eine Inlandsantragstellung rechtlich nicht in Betracht kommen würde.

1.6. Als Reaktion stellte der Genannte gemäß § 21 Abs. 3 NAG einen Zusatzantrag auf Zulassung einer Inlandsantragstellung.

1.7. In weiterer Folge wurde am 15.10.2014 gegen den BF ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Aufenthaltsehe eingeleitet, welches von der Staatsanwaltschaft Wien mit 07.01.2015 eingestellt worden ist.

1.8. In jener mit 08.04.2015 erfolgten behördlichen Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurde der Genannte davon in Kenntnis gesetzt, wonach es beabsichtigt wäre, den gegenständlichen Antrag aufgrund unzulässiger Inlandsantragstellung negativ zu entscheiden, zumal es diesem durchaus möglich und zumutbar sei, das Gebiet der Europäischen Union zum Zwecke einer rechtskonformen Antragstellung zu verlassen.

1.9. Mit Schriftsatz vom 20.04.2015 behauptete der BF in seiner Stellungnahme, dass es ihm unmöglich wäre, Österreich zu verlassen, da ansonsten seine Ehe gefährdet würde.

1.10. Mit Bescheid vom 29.04.2015, Zl. XXXX , wies das Amt der Wiener Landesregierung, MA 35 - Einwanderung und Staatsbürgerschaft, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß §§ 11 Abs. 1 Z 5 iVm 21 Abs. 2 Z 5 NAG wegen Überschreitung der Dauer des sichtvermerkfreien Aufenthalts im Zusammenhang mit der seitens des Genannten erfolgten Inlandantragstellung ab.

Begründend führte die zuständige Behörde aus, dass der Genannte sich seit dem Ablauf seines ursprünglich erteilten Touristenvisums, konkret seit 12.06.2014, weiterhin, nunmehr illegal, im Bundesgebiet aufhalten würde; eine Ausreise sei seither nicht erfolgt. Die Gründung jenes Familienlebens, auf welches sich der BF im aktuellen Rechtsgang berufe, wäre erst mit Eheschließung vom 28.7.2014 erfolgt - zu einem Zeitpunkt also, in dem sich dieser bereits rechtswidrig in Österreich befunden habe und sich zudem durchaus dieses Umstandes bewusst gewesen sei. Im Rahmen der gemäß § 11 Abs. 3 NAG gebotenen Interessensabwägung hätte kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund erhoben werden können, der einer Antragstellung aus dem Heimatland unmöglich respektive unzumutbar erscheinen ließe.

1.11. Die in weiterer Folge gegen diese Entscheidung eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.06.2015, Zl. XXXX , aufgrund erwiesener unzulässiger Inlandsantragstellung abgewiesen.

1.12. Der dagegen eingebrachte Vorlageantrag datiert vom 24.06.2015 und wurde seitens des Verwaltungsgerichtes Wien (VGW) dahingehend finalisiert, als dass die Beschwerde mit Erkenntnis vom 12.02.2016, Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen.

Würdigend verwies das Gericht auf den offenkundigen Ehezweck der zwischen dem Genannten und seiner Ehegattin eingegangenen Verbindung, welcher primär darin bestehe "dem BF den Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen (Seite 9 des gegenständlichen Erkenntnisses des VGW)."

1.13. Mit Beschluss vom 17.10.2016, Zl. Ra 2016/22/0087-3, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision zurück.

1.14. Am 06.12.2016, stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen gemäß Art. 8 EMRK iVm § 55 Abs. 1 AsylG, jedoch ohne diesen in irgendeiner Form zu begründen oder irgendeines der hiefür zwingend erforderlichen Personaldokumente beizubringen.

1.15. In dem noch vom selben Tag datierten Verbesserungsauftrag wurde dem Genannten seitens der belangten Behörde aufgetragen, binnen einer vierwöchigen Frist den Antrag entsprechend zu bergründen sowie die fehlenden Urkunden im Original nachzureichen.

1.16. Mit Schriftsatz vom 03.01.2017 verwies der BF argumentativ auf seine vorangegangene Eheschließung, die in sämtlichen Instanzen rechtskräftig negativ beschiedenen Anträge vor den zuständigen Niederlassungsbehörden, sowie den ständigen Aufenthalt seiner beiden Tanten wie auch seiner Schwester im Bundesgebiet.

Des Weiteren präsentierte der Genannte ein Konvolut an Personaldokumenten und Urkunden von sich und seiner Gattin.

1.17. In weiterer Folge verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den BF mit Schreiben vom 14.02.2018 vom Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach nunmehr beabsichtigt sei, den Antrag aufgrund erwiesener "Scheinehe" abzuweisen sowie gegen den Genannten sowohl eine Rückkehrentscheidung als auch ein Einreiseverbot zu erlassen. Zur Abgabe einer allfälligen Stellungnahme und Beantwortung diverser Fragen hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens wurde eine vierzehntägige Frist eingeräumt.

1.18. Mit Fax vom 08.03.2018 ersuchte die rechtsfreundliche Vertreterin des BF um Fristerstreckung zwecks Dokumentenvorlage.

1.19. Am 12.03.2018 übermittelte der Genannte, abermals am Faxweg, seine schriftliche Stellungnahme. Darin strich dieser die weiterhin fortbestehende Ehe zwischen sich und seiner Gattin hervor, welche im selben Haushalt stattfände. Wie bereits bisher zeigte sich der BF weiterhin dazu entschlossen, sein Leben auch künftig im Bundesgebiet zu verbringen, hier zu studieren und arbeiten zu wollen. Demgegenüber wäre eine Rückkehr in sein Heimatland mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der erhöhten Schwierigkeit, eine Erwerbstätigkeit zu finden sowie, damit einhergehend, dem Risiko von persönlicher Armut verbunden.

1.20. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2018, Zl. IFA 1025452603 + VZ: 161638763, wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG idgF gegen den Genannten eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG idgF wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG idgF auf die Philippinen zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG idgF die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Unter einem wurde gegen den Genannten gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG idgF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dazu wurde festgestellt, dass der BF ein philippinischer Staatsbürger wäre und seine Identität feststehe. Die seinerseits am 28.07.2014 standesamtlich eingegangene Verbindung mit einer über 30 Jahre älteren österreichischen Staatsbürgerin sei vom VGW mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 12.02.2016 als "Scheinehe" qualifiziert worden.

An Angehörigen verfüge der Genannte in Österreich über zwei Tanten und eine Schwester; demgegenüber würden im Heimatland aktuell zumindest noch beide Eltern sowie ein Bruder leben.

Mitversichert bei seiner Gattin, habe der BF Deutschkenntnisse auf der Niveaustufe A2 urkundlich nachzuweisen vermocht; eine allfällige Mitgliedschaft in Vereinen oder ehrenamtliche Tätigkeiten wären nicht einmal behauptet worden.

An Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet hätte der Genannte trotz mangelndem Aufenthaltstitel insgesamt knapp drei Wochen an geringfügiger Anstellung bei einer namentlich zitierten Baufirma zu verbuchen - eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung des AMS habe der BF im Verfahren nicht präsentiert.

Die vom VGW rechtskräftig festgestellte und auch seitens des VwGH nicht in Zweifel gezogene "Scheinehe" stelle einen absoluten Versagungsgrund für die Erteilung eines Aufenthaltstitels dar. Die ständige Präsenz zweier Tanten sowie einer Schwester in Österreich würden an diesem Umstand keine entscheidungsrelevante Relativierung bewirken, zumal alle sonstigen Familienmitglieder, insbesondere Eltern und Bruder, nach wie vor im Heimatland leben würden.

Wenngleich der Genannte über ein offizielles Sprachzertifikat der Niveaustufe A2 verfüge, so wäre dennoch bereits vom erkennenden Richter des VGW eindeutig festgestellt worden, wonach die tatsächlichen Deutschkenntnisse nicht einmal ansatzweise dieser Qualifikationskategorie entsprechen würden. Daraus resultierend könne aber seitens der belangten Behörde daher auch keine außergewöhnliche Integration festgestellt werden.

Die verfahrensgegenständliche Antragstellung resultiere aus der offenkundigen Motivation, die rechtskräftig negativ finalisierten Aufenthaltsentscheidungen durch die anderweitige Erlangung eines Aufenthaltstitels zu kompensieren.

Angesichts der ob genannten Erwägungen in Kombination mit der permanenten Missachtung der österreichischen Rechtsordnung seit Ablauf des ursprünglich erteilten Touristenvisums insbesondere durch das Eingehen einer "Scheinehe" und die Ausübung einer behördlich nicht genehmigten Erwerbstätigkeit sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 nicht in Betracht gekommen.

In weiterer Konsequenz wäre eine Rückkehrentscheidung ebenso als zulässig anzusehen wie auch eine Abschiebung auf die Philippinen.

Das Einreiseverbot resultiere aus dem in § 53 Abs. 2 Z 8 FPG explizit normierten Tatbestand der "Scheinehe". Erschwerend trete die vom BF generell offen zur Schau gestellte Ablehnung der heimischen Rechtsordnung hinzu.

1.20. Gegen den Bescheid wurde vom Genannten binnen offener Frist vollumfänglich Beschwerde erhoben. Begründend wurde darin ausgeführt, dass die belangte Behörde die Ehe mit seiner Gattin nicht realitätskonform gewürdigt habe. Der BF verfüge zudem über eine hinreichende Integration und gute Deutschkenntnisse.

1.21. In der daraufhin für 14.10.2019 angesetzten mündlichen Verhandlung erklärte die gewillkürte Vertreterin das Nichterscheinen ihres Mandanten trotz ausgewiesener Ladung mit dessen plötzlicher Erkrankung; die ebenfalls geladene Zeugin befände sich demgegenüber aktuell auf den Philippinen.

Am 29.10.2019 übermittelte der BF über seine gewillkürte Vertreterin via Email sowohl eine Krankenbestätigung als auch eine Kopie der Flugtickets der Zeugin.

Anlässlich einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 06.02.2020 wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des BF sowie seiner Gattin als Zeugin im Beisein seiner rechtlichen Vertretung sowie einer Dolmetscherin der englischen Sprache.

Der Genannte gab dabei an, über Facebook Kontakt zu seinen Eltern in seinem Herkunftsland zu halten. Seine in Österreich lebende Schwester sehe er demgegenüber sehr häufig, zumal er des Öfteren während der Schulferien tagsüber auf deren Kind aufpassen würde. Ausbildungsmäßig verfüge der BF über eine fünfjährige Ausbildung für Computertechnik sowie eine Matura. Anstatt im IT-Bereich habe er dann aber drei Jahre lang in einer Fabrik gearbeitet, in der die Wartung von Maschinen computergestützt erfolgt sei. Die Bezahlung wäre mit umgerechnet ? 300,00.- allerdings ausgesprochen niedrig ausgefallen. Seine im Bundesgebiet lebend Schwester sei 1997 nach Österreich übersiedelt, er selbst erst einige Jahre später, um seine nunmehrige Gattin persönlich kennenzulernen. Zur letzten Verhandlung hätte er aufgrund eines zwei- bis dreitägigen Fieberschubes nicht kommen können. Zur selben Zeit habe seine Frau gerade viereinhalb Monate auf den Philippinen zugebracht, um dort ihre alte Mutter zu unterstützen.

Am Tag ihrer Rückkehr Ende Jänner habe der Genannte seine Ehefrau zusammen mit deren Sohn vom Flughafen abgeholt. Anschließend hätte man nach einem Kurzaufenthalt zuhause dessen Geburtstag zusammen mit der Freundin des Sohnes gefeiert. "Wir waren zu viert (Seite 8 der Niederschrift vom 06.02.2020)."

Normalerweise würde der BF die gemeinsame Zeit mit seiner seit dem Vorjahr pensionierten Ehefrau mit Spazierengehen verbringen. Er selbst habe zwar keinen konkreten Arbeitsplatz in Aussicht, wolle sich aber darum kümmern, sobald er in Österreich über einen Aufenthaltstitel verfüge. Ausgehen würde das Paar nie und ziehe es die Gattin vor, anstatt gemeinsam fernzusehen, am Mobiltelephon zu spielen. Oft besuche seine Frau auch ihren Sohn oder gehe allein spazieren, während er selbst demgegenüber regelmäßig mit Freunden Basketball spielen würde. Letztere wären seiner Ehefrau jedoch nicht persönlich bekannt und sei er selbst mit ihr zusammen auch noch nie irgendwohin verreist.

Zwar gehe seine Gattin gelegentlich in den Stephansdom, Messen besuche sie aber keine, da sie nicht sonderlich religiös sei. Als gemeinsame Interessen verbinde das Paar ihre Freude am Kochen und Kaffeetrinken. "Nein, sonst haben wir nichts gemeinsam (Seite 11 der Niederschrift vom 06.02.2020)."

Die unterschiedlichen Angaben des Genannten im Vergleich zu seiner Angetrauten über das gegenseitige Kennenlernen in früheren Verfahren führe er auf mutmaßliche Verständigungsprobleme zurück.

Von den fünf in Österreich lebenden Geschwistern seiner Ehefrau kenne er selbst nur den großen Bruder sowie die Schwester, da diese gelegentlich auf Besuch vorbeikommen würden. Den anderen sei er demgegenüber noch nie begegnet.

Abgesehen von ? 6.000,00.-, welche er aus nicht näher bekannten Gründen dem Sozialversicherungsträger zurückzahlen müsse, sei der BF gänzlich schuldenfrei.

Konfrontiert mit dem Vorwurf, eine "Scheinehe" zu führen, verneinte dies der Genannte, wollte darüber hinaus aber keinerlei Angaben zu diesem Themenkreis erstatten.

Die im Anschluss als Zeugin vernommene Gattin des BF führte als Hauptgrund für ihre jüngste Philippinenreise ein wirtschaftliches Motiv ins Treffen. Demnach habe sie vor Ort den Fortgang ihrer Geschäfte überprüft. Sie sei dort Eigentümerin von fünf Appartements sowie eines Minimarkts.

Nach ihrer Rückkehr hätten sie am Flughafen ihr Bruder und ihr Mann abgeholt. Ihr Sohn sei nicht dabei gewesen, da dieser aufgrund einer Verspätung des Flugzeugs zuvor in die Arbeit fahren hätte müssen. Danach wäre das Paar nachhause gefahren, wo es gemeinsam mit allen sieben ihrer Geschwister die Zeit verbracht habe. Ihren Sohn hätte sie an diesem Tag zwar gehört, aber nicht gesehen. Diesen hätte sie erst anlässlich dessen Geburtstag fünf Tage später, konkret am 04.02., erstmalig nach ihrer Rückkehr am 30.01. wieder getroffen. Der Genannte kenne alle ihre im Bundesgebiet lebenden Geschwister persönlich. Diese kämen häufig bei ihr vorbei - manchmal vereinzelt, manchmal alle zusammen.

An Gemeinsamkeiten verbinde das Paar neben der Liebe zum Essen auch ihre Affinität zum Einkaufen. Sie selbst würde sich als gläubige Katholikin beschreiben. Neben dem Stephansdom besuche sie auch diverse andere Kirchen, um dort an den heiligen Messen teilnehmen zu können.

Die Ehe mit dem BF sei korrekt geschlossen worden und bestehe nicht nur am Papier.

1.22. In der eingeräumten zwei Wochenfrist erstatteten schriftlichen Stellungnahme vom 16.03.2020 verwies der Genannte über seine rechtsfreundliche Vertreterin auf den aus einem Vulkanausbruch in der Nähe von MANILA resultierenden Ascheregen in der Region und den daraus zu erwartenden Schwierigkeiten in seiner Heimatregion. Zudem müsste nunmehr mit einer erhöhten Erdbebenwahrscheinlichkeit gerechnet werden. Aus der beigelegten Anstellungszusage für die Position eines Gartenarbeiters oder wahlweise eines Hausbetreuers sei abzuleiten, wonach es sich beim BF zweifellos um eine Schlüsselarbeitskraft handeln würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Philippinen. Er war im Herkunftsland in XXXX wohnhaft. Seine Identität steht fest. Der Genannte ist unbescholten.

Der BF hält sich seit 02.03.2014 im Bundesgebiet auf. Er ist legal eingereist und hat sich bis zum 11.06.2014 basierend auf einem bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Touristenvisum legal im Bundesgebiet aufgehalten. Seit diesem Zeitpunkt hält sich der BF illegal im Bundesgebiet auf.

Der Genannte hat im Herkunftsland maturiert und ein fünfjähriges IT-College abgeschlossen. Auf den Philippinen hat der BF nach eigenen Angaben drei Jahre lang in einer Fabrik computergestützt Maschinen gewartet. Im Herkunftsland halten sich nach wie vor beide Eltern auf.

Der Genannte hat am 28.07.2014 standesamtlich die Ehe mit einer über 30 Jahre älteren österreichischen Staatsbürgerin philippinischer Herkunft zu dem Zweck geschlossen, sich einen Aufenthaltstitel zu verschaffen. Er ist kinderlos. Im Bundesgebiet leben zwei Tanten sowie eine Schwester des BF mit Kind. Weiters verfügt der BF in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis.

Der BF ist arbeitsfähig und gesund. Er hat über kurze Phasen hinweg und trotz illegalen Aufenthalts geringfügig gearbeitet; für den Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels liegt eine Einstellungszusage als Gartenarbeiter respektive Hausmeister vor. Er verfügt mittlerweile über Deutschkenntnisse auf Niveau A2. Laut eigener Aussage besteht eine Zahlungsverpflichtung im Ausmaß von ? 6.000,00.- an den Sozialversicherungsträger.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Genannte auf den Philippinen aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder dass ihm im Fall einer Rückkehr in sein Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Angesichts der eingestandenen Existenz von zumindest beiden Eltern, mit denen der Genannte auch regelmäßigen Kontakt über die sozialen Netzwerke unterhält, kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ihm diese im Falle seiner Rückkehr persönlich und wirtschaftlich unterstützen; gegenteilige Anhaltspunkte sind im Verfahren nicht hervorgetreten und wurden solche auch nicht behauptet.

Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrundgelegt.

Zur Situation im Herkunftsland wird von den vom Bundesverwaltungsgericht ins Verfahren eingeführten Länderinformationen zu den Philippinen ausgegangen:

Politische Lage

Die Philippinen haben ca. 300.000 km² Fläche und ca. 107 Mio. Einwohner. Die primären Landessprachen sind Pilipino (Tagalog) und Englisch (allgemeine Verkehrssprache). Die Regierungsform des Landes ist ein Präsidialsystem, Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit Juni 2016 Rodrigo Duterte (AA 6.3.2019a). Das philippinische Präsidialsystem folgt weitgehend dem US-amerikanischen Vorbild mit zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus mit etwa 290 Abgeordneten und einem 24-köpfigen Senat. Die Kongressabgeordneten werden alle drei Jahre gewählt, während die Amtszeit von Senatoren sechs Jahre beträgt, wobei jeweils die Hälfte von ihnen nach drei Jahren gewählt wird. Der mit großen Befugnissen ausgestattete Präsident an der Spitze der Exekutive ist gleichzeitig in Personalunion Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er ernennt die Mitglieder des Kabinetts und hat ein Vetorecht bei Gesetzesbeschlüssen des Kongresses. Seine Amtszeit endet nach sechs Jahren, eine Wiederwahl ist nicht möglich. Die Legislative besteht aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat (GIZ 3.2019a).

Die Regierung des am 9.5.2016 gewählten und seit dem 30.6.2016 regierenden Präsidenten Rodrigo Duterte hat die Bekämpfung der Drogenkriminalität, die Armuts- und Korruptionsbekämpfung, die Befriedung der inneren muslimischen und kommunistischen Rebellionen und einen föderalen Umbau des Staates zu den wichtigsten Prioritäten ihrer Politik erklärt. Zivilgesellschaftliche Organisationen beklagen eine deutlich verschlechterte Menschenrechtslage im Zuge der Anti-Drogen-Kampagne, bei der seit Amtsantritt Dutertes nach offiziellen Zahlen über 5.000 Personen getötet worden sind. Nach NGO-Angaben ist die Zahl der durch die Polizei oder Unbekannte Getöteten deutlich höher (12.000 bis 20.000) (AA 6.3.2019b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019a): Philippinen - Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/philippinen/212478, Zugriff 22.5.2019

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2019

Sicherheitslage

Seit der Unabhängigkeit der Republik der Philippinen am 4.7.1946 existiert eine Reihe virulenter politischer, wirtschaftlicher und sozialer Konflikte, die bis heute von sämtlichen Regierungen gar nicht oder nur teilweise gelöst werden konnten. Es gibt eine Reihe kommunistischer und muslimischer Gruppen, die - mitunter auch bewaffnet - gegen die Zentralregierung und für unterschiedliche politische Ziele kämpfen. Nennenswert sind vor allem die Dachorganisation des kommunistischen Untergrundbündnisses (NDFP) sowie die heute größte und bedeutendste muslimische Widerstandsorganisation, die Moro Islamische Befreiungsfront (MILF) (GIZ 3.2019a). Die New Peoples Army (NPA), bewaffneter Arm der philippinischen kommunistischen Partei, ist in großen Teilen des Landes präsent, v.a. im Norden und Zentrum der Insel Luzon, auf den Inseln Samar, Leyte, Madbate, Negros und Mindoro (FD 24.5.2019).

Seit dem Frühjahr 2014 gestalten sich gleichzeitig auch Kontakte zwischen dem dschihadistischen IS (Islamischer Staat) - vormals ISIS (Islamischer Staat in Irak und Syrien) - und Gesinnungsgenossen in Südostasien immer enger. Neben Indonesien ist dabei auch der Süden der Philippinen ins Zentrum von IS-Propagandisten und -Rekruteuren gerückt (GIZ 3.2019a). Zuletzt wurde im Jänner 2019 ein schwerer Bombenanschlag auf die Kathedrale in Jolo in der Provinz Sulu verübt; bei diesem Angriff starben rund 20 Menschen und es wurden mindestens 100 verletzt (GIZ 3.2019a, vgl. AA 22.5.2019). Schließlich hat dort mit der Abu Sayyaf-Gruppe (ASG) eine militante Organisation schon lange und mehrfach international für Aufsehen gesorgt; deren Gründungsmitglieder hatten bereits als Mudschahedin in Afghanistan gegen die sowjetischen Besatzungstruppen gekämpft. Mehrere Großoffensiven philippinischer Eliteeinheiten und US-Spezialkräfte in der Region vermochten es nicht, die ASG aufzureiben (GIZ 3.2019a). Bewaffnete islamistische Gruppierungen, allen voran die bereits erwähnte Abu Sayyaf-Gruppe, sind im Westen der Insel Mindanao aktiv, ebenso wie auf der Insel Palawan und den Archipelen Sule und Tawi-Tawi (FD 24.5.2019). Für die gesamte Insel Mindanao gilt bis mindestens Ende 2019 Kriegsrecht. Diese Maßnahme beinhaltet Ausgangssperren, militärische Kontrollposten sowie die Aussetzung bestimmter Bürgerrechte, wie des Rechts auf unverzügliche gerichtliche Überprüfung von Inhaftierungen (AA 22.5.2019).

Das deutsche auswärtige Amt warnt vor Reisen in folgende Regionen: Zamboanga Peninsula (Region IX); Northern Mindanao (Region X); Davao-Region (Region XI), einschließlich der Insel Samal, aber mit Ausnahme von Davao City; Soccsksargen (Region XII); Autonomous Region of Muslim Mindanao (ARMM) mit dem Sulu-Archipel, also den Inseln zwischen Mindanao und Ost-Malaysien (wie Tawi-Tawi, Sulu, Basilan); Sulu-See; Süd-Palawan (südlich von Puerto Princesa). Von nicht erforderlichen Reisen in andere Regionen von Mindanao und in der Mindanao-See wird abgeraten (AA 22.5.2019). Das französische Außenministerium warnt ("formellement deconseillé") vor Reisen auf die Insel Basilan, die Archipele Sulu und Tawi-tawi, auf die Halbinsel Zamboanga, West-Misamis und andere im Süden der Philippinen gelegene Gebiete und Inseln. Gebiete, die unter Vorliegen eines triftigen Grundes bereist werden können, sind der südliche Teil der Insel Palawan, in Mindanao die nördlichen Provinzen, Ost-Davao, Agusan del Sur, Ost-Misamis, Bukidnon und Surigao del Sur (FD 24.5.2019). In diesen Gebieten sind unterschiedliche Gruppen von islamistischen Terroristen und Rebellen aktiv, es kommt immer wieder zu Anschlägen sowie Kampfhandlungen mit der philippinischen Armee und Sicherheitskräften. Die Armee konnte die von IS-nahen Terroristen besetzte Stadt Marawi im Oktober 2017 erst nach fünf Monaten schwerster Gefechte mit über 1.000 Todesopfern und hunderttausenden Vertriebenen zurückerobern. In West-Mindanao wurden seit Juli 2018 vermehrt Bombenanschläge verübt, bei denen zahlreiche Menschen getötet und eine noch höhere Zahl von Personen verletzt wurde. Die Anschlagsziele waren in Lamitan City in Basilan; in Isulan, Midsayap, Cotabato City und General Santos City auf der Hauptinsel Mindanao; sowie zuletzt Ende Jänner 2019 auf der Insel Jolo in der Provinz Sulu. Die in der Region operierende islamistische Terrorgruppe Abu Sayyaf ist für Entführungen und Ermordungen vor allem auf Mindanao und in der Sulu-See verantwortlich und zielt vermehrt auf ausländische Entführungsopfer. Am 26.2.2017 wurde von ihr eine deutsche Geisel ermordet, nachdem sie bereits im November 2016 in der Sulu-See verschleppt und die Reisegefährtin getötet worden war. Auch ortskundige Ausländer sind dort derzeit besonders gefährdet. Im April 2017 kam es in Bohol und Umgebung und in Davao zu Gefechten zwischen schwerbewaffneten Gruppen und philippinischen Sicherheitskräften. In Manila im Stadtteil Quiapo kam es im selben Zeitraum wiederholt zu Bombenanschlägen, deren Motiv ungeklärt blieb (AA 22.5.2019).

Präsident Duterte hatte Friedensprozesse mit den muslimischen und kommunistischen Rebellen zunächst fortgesetzt. Mit den Moro Islamic Liberation Fighters (MILF) besteht eine Waffenstillstandsvereinbarung; der Konflikt soll durch Gewährung einer Teilautonomie durch das "Bangsamoro Organic Law" endgültig beendet werden. Die Verhandlungen mit den kommunistischen Aufständischen der New People's Army (NPA) hat die Regierung nach fortdauernden Angriffen von NPA-Kräften auf Armeeangehörige beendet; Ende 2017 wurden die NPA und die Kommunistische Partei der Philippinen (CPP) zu terroristischen Organisationen erklärt, Duterte kündigte einen "all-out war" gegen sie an. Ungeachtet der Vereinbarung mit der MILF sind in Mindanao mit der terroristisch operierenden Abu-Sayyaf-Gruppe und den von der MILF abtrünnigen Bangsamoro Islamic Freedom Fighters (BIFF) neue Gegner eines Friedens entstanden; die fünfmonatige Besetzung der Stadt Marawi offenbart eine substantielle Gefahr durch islamistische Gruppierungen (AA 6.5.2019b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- AA - Auswärtiges Amt (22.5.2019): Philippinen, Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/philippinensicherheit/212492, Zugriff 22.5.2019

- FD - France Diplomatie (24.5.2019): Conseils aux voyageurs - Philippines - Securité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/philippines/, Zugriff 24.5.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2019

Anti-Drogen-Kampagne

Im Zuge des unter Präsident Duterte geführten, sogenannten Kriegs gegen Drogen, ist es zu einer hohen Zahl von Tötungen durch Sicherheitskräfte gekommen. Während Menschenrechtsaktivisten in diesem Zusammenhang von schweren Menschenrechtsverletzungen sprechen, hat die Polizei nach Angaben der philippinischen Regierung in Notwehr getötet (AA 6.3.2019b). Dutertes Kampf gegen die Drogenkriminalität hat bislang 20.000 Menschen das Leben gekostet (TS 19.2.2019).

Die Kampagne der Regierung gegen Drogen führte 2017 zu Tausenden von rechtswidrigen Tötungen durch Polizisten und andere Personen. Menschenrechtsaktivisten, die Kritik an der Kampagne übten, wurden vom Staatspräsidenten und seinen Verbündeten gezielt ins Visier genommen. Die Verhängung des Kriegsrechts über die Insel Mindanao und dessen zweimalige Verlängerung ließ weitere Menschenrechtsverstöße befürchten (AI 22.2.2018).

Die vorsätzlichen, rechtswidrigen und weitverbreiteten Tötungen Tausender mutmaßlicher Drogenkrimineller, die von den Behörden offenbar systematisch geplant, organisiert und unterstützt wurden, könnten Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Die meisten Getöteten stammten aus verarmten städtischen Wohngebieten. Obwohl Beweise dafür vorliegen, dass für die Welle außergerichtlicher Hinrichtungen mutmaßlicher Drogenkrimineller Polizisten und von ihnen angeheuerte Auftragsmörder verantwortlich waren, wurden die rechtswidrigen Tötungen von den Behörden weiterhin geleugnet (AI 22.2.2018).

Im Oktober 2017 kündigte Präsident Duterte an, dass die Zuständigkeit für die Anti-Drogen-Kampagne von der Nationalpolizei auf die Drogenbehörde übergehen solle. Trotz aller ungelösten Probleme hieß es keine zwei Monate später, die Polizei könne sich durchaus erneut an Antidrogeneinsätzen beteiligen. Es gab keine ernsthaften Untersuchungen zu den Tötungen mutmaßlicher Drogenkrimineller. Soweit bekannt, wurde kein Polizist zur Rechenschaft gezogen. Die Angehörigen der Opfer schreckten weiterhin davor zurück, die Verbrechen anzuzeigen, weil sie Vergeltungsmaßnahmen der Polizei befürchteten (AI 22.2.2018).

Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) gab im Februar 2017 die Aufnahme von Vorermittlungen gegen Präsident Duterte wegen möglicher Taten im Zusammenhang mit dem "Kampf gegen Drogen" bekannt. Die Philippinen leiteten daraufhin ihren Rücktritt aus dem Römischen Statut ein, der auf die Vorermittlungen des IStGH jedoch keine Auswirkungen hat (AA 6.3.2019). Rodrigo Duterte hat im September 2018 erstmals zugegeben, dass unter seiner Führung im Rahmen des "Kriegs gegen Drogen" bei Polizeieinsätzen Personen ohne Gerichtsverfahren ermordet wurden. Diese "außergerichtlichen Tötungen" seien seine einzige Sünde, sagte Duterte. Das Schuldbekenntnis Dutertes könnte ein wichtiger Bestandteil der laufenden Untersuchungen des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Duterte werden. Im März 2018 bestätigte das Gericht, dass Ermittlungen gegen Duterte eingeleitet wurden. Duterte wird hierbei vorgeworfen, an Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowohl zu seiner Zeit als Bürgermeister von Davao als auch als Präsident beteiligt gewesen zu sein (FA 28.9.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/1446462.html, Zugriff 22.5.2019

- FA - Frankfurter Allgemeine( 28.9.2018): Drogenkrieg auf Philippinen - Duterte gesteht "außergerichtliche Tötungen", https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/philippinen-rodrigo-duterte-gesteht-aussergerichtliche-toetungen-15811128.html, Zugriff 22.5.2019

- TS - Der Tagesspiegel (19.2.2019): Philippinen - Massive Kritik an Dutertes tödlicher Antidrogenpolitik, https://www.tagesspiegel.de/politik/philippinen-massive-kritik-an-dutertes-toedlicher-antidrogenpolitik/24012810.html, Zugriff 22.5.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Die philippinische Judikative basiert auf US-amerikanischem bürgerlichem Recht. Die gültige Verfassung aus dem Jahre 1987 enthält eine Bill of Rights, wonach der Grundsatz der Verfassungsgerichtsbarkeit gilt. Das heißt, die Rechte sind für jeden Bürger beim Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, einklagbar. Das betrifft im Prinzip auch staatliche Gesetze, die als nicht verfassungskonform gelten. Der Oberste Gerichtshof besteht aus 15 Richtern, welche vom Präsidenten auf Vorschlag eines Richterrates, des Judicial and Bar Council, ernannt werden und die bis zu ihrem 70. Lebensjahr im Amt bleiben. Der Sandiganbayan entspricht einem Sondergericht, das sich mit Korruptionsfällen befasst, in die Regierungsbeamte verstrickt sind. Bezüglich Rechtsstaatlichkeit besteht das Problem nicht im Fehlen von Gesetzen; problematisch ist eher deren mangelhafte Umsetzung. Da bis dato die eigentliche Macht im Staate in den Händen nur weniger politisch potenter und sehr wohlhabender landbesitzender Familien und Großunternehmen liegt, ist es für den "Normalbürger" kaum möglich, sich gegen diese mächtigen Interessen zu stemmen (GIZ 3.2019a).

Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor, und die Angeklagten haben das Recht auf eine faire öffentliche Verhandlung. Diese Rechte werden in der Regel zwar durchgesetzt, aber nicht immer rechtzeitig. Aufgrund der Korruption durch Vetternwirtschaft, persönliche Verbindungen und Schmiergeldzahlungen bleiben wohlhabende und einflussreiche Personen oft straffrei. Personalmangel, ineffiziente Verfahren und lange Verzögerungen aus verfahrensrechtlichen Gründen wirken weiterhin hemmend auf das Justizwesen (USDOS 13.3.2019) Das Justizsystem ist überlastet, wenig effektiv, unterfinanziert und gilt als notorisch korrupt (AA 6.3.2019b). Ein weiteres Problem stellt das mangelhafte Zeugenschutzprogramm der Justizbehörden dar (GIZ 3.2019a). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass dieses Programm aufgrund fehlender Finanzierung, verfahrensbedingter Verzögerungen und grundsätzlicher Zweifel an seiner Effektivität oft nicht in der Lage ist, für die Betroffenen den erforderlichen Schutz zu gewährleisten. Die Kommission für Menschenrechte bietet ein kleineres Zeugenschutzprogramm an, das aufgrund der Opfer der von der Regierung durchgeführten Anti-Drogen-Kampagne überbelastet ist. Dem Ombudsmann sind auch Fälle von Polizeimissbrauch und Korruption bekannt, in denen die Opfer und die Zeugen, aber manchmal auch deren Familien, aufgrund ihrer mangelhaften Zusammenarbeit mit der Behörde unter Druck gesetzt werden (USDOS 13.3.2019). Die Bemühungen des Obersten Gerichtshofs werden weiterhin fortgesetzt, um schnellere Verfahren gewährleisten, Amtsvergehen reduzieren und die Leistungsfähigkeit der Judikative generell erhöhen zu können und das Vertrauen der Öffentlichkeit ins Justizwesen zurückzugewinnen (USDOS 13.3.2019). Die Europäische Kommission und die philippinische Regierung führen schon seit 2006 (wie z.B. EPJUST, EPJUST II) verschiedene gemeinsame Projekte durch, um den Justizsektor auf den Philippinen zu stärken. Bis Oktober 2019 läuft das aktuellste Kooperationsprogramm zwischen der Europäische Union und den Philippinen unter dem Titel GOJUST (Governance in Justice) (EEAS 23.2.2017; vgl. GoJust o.D.).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- EEAS - European External Action Service (23.2.2017): https://eeas.europa.eu/delegations/philippines/21223/eu-and-justice-sector-coordinating-council-launch-gojust-programme-23-february_en, Zugriff 23.5.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019a): Philippinen, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2019

- GOJUST - Governance in Justice (o.D.): Governance in Justice: A Justice Sector Reform Programme, https://gojust.org/, Zugriff 23.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Sicherheitsbehörden

Die Nationale Polizei der Philippinen (Philippine National Police, PNP) ist im größten Teil des Landes für die innere Sicherheit zuständig. Sie ist dem Department of the Interior and Local Government (DILG) untergeordnet. Das Militär (Armed Forces of the Philippines, AFP) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, aber in konfliktbetroffenen Regionen (besonders in den Regionen von Mindanao) wird es auch für die innere Sicherheit eingesetzt. Die AFP ist dem Verteidigungsministerium unterstellt. Gouverneure, Bürgermeister und andere lokale haben einen erheblichen Einfluss auf die regionalen Polizeieinheiten, darunter auf die Ernennung der obersten Polizeibeamten auf Bezirks- und kommunaler Ebene; Bereitstellung von Ressourcen etc., was oft zu Korruption und Bestechung führt. Die PNP mit einer derzeitigen Stärke von 180.000 Mann gilt weiterhin als massiv korruptionsanfällig. Menschenrechtsgruppen warnen weiterhin vor potentiellen Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte (USDOS 13.3.2019). Die IAS (PNP Internal Affairs Service) sowie andere Regierungsmechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption in der Polizei operieren weitgehend ineffektiv, obwohl Korruption unter den Regierungs- und Sicherheitskräften von Präsident Duterte öffentlich verurteilt wurde. Von Jänner bis August 2018 erhielt der Ombudsmann 114 Beschwerden über 294 Fälle von Menschenrechtsverletzungen (Tötungen, Verletzungen, rechtswidrige Verhaftungen, Folter) infolge angeblicher militärischer und polizeilicher Einsätze; im Großteil der Fälle handelt es sich um Sicherheitsbeamte der unteren Dienstgrade. Im August 2018 standen alle Fälle bis auf einen, der abgelehnt wurde, noch zur weiteren Untersuchung offen. Viele Fälle aus dem Vorjahr waren noch offen (USDOS 13.3.2019).

Im Oktober 2017 kündigte Präsident Duterte an, dass die Zuständigkeit für die Anti-Drogen-Kampagne von der Nationalpolizei auf die Drogenbehörde übergehen solle. Trotz aller ungelösten Probleme hieß es keine zwei Monate später, die Polizei könne sich durchaus erneut an Antidrogeneinsätzen beteiligen. Es gab keine ernsthaften Untersuchungen zu den Tötungen mutmaßlicher Drogenkrimineller. Soweit bekannt, wurde kein Polizist zur Rechenschaft gezogen. Die Angehörigen der Opfer schreckten weiterhin davor zurück, die Verbrechen anzuzeigen, weil sie Vergeltungsmaßnahmen der Polizei befürchteten (AI 22.2.2018).

Es wurden jedoch Bemühungen fortgesetzt, um die PNP zu reformieren und zu professionalisieren. Neben einer verbesserten Ausbildung, erweiterten Gemeinschaftsinitiativen und Gehaltserhöhungen wurden menschenrechtliche Themen in die Kurse für Polizisten integriert und das Büro für Menschenrechte der PNP führte landesweite Routinetrainings zum Thema menschenrechtliche Verantwortlichkeit in der Polizeiarbeit durch (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/1446462.html, Zugriff 22.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Verfassung und Gesetze verbieten Folter und andere unmenschliche Behandlung. Dadurch erlangte Beweismittel sind gerichtlich nicht zulässig. Dennoch kommt es regelmäßig zu Missbrauch und gelegentlich zu Folter von Verdächtigen sowie Häftlingen durch Sicherheitskräfte und Polizei. Die Kommission für Menschenrechte (CHR) untersuchte bis August 2018 30 Fälle von angeblichen Foltervorwürfen. In acht Fällen wurde die Polizei verdächtigt. Es gab im Jahr 2018 keine Verurteilungen wegen Folter, aber einige Fälle wurde gemäß dem Antifoltergesetz weiter verhandelt. Psychischer Missbrauch - illegal gemäß des Anti-Folter-Gesetzes - wird besonders in Drogenfällen ausgeübt (USDOS 13.3.2019).

Im April 2017 wurde auf einer Polizeiwache in Manila eine geheime Folterzelle entdeckt. Die staatliche Menschenrechtskommission leitete die Information und entsprechende Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen zur weiteren Untersuchung an die Ombudsstelle weiter. Die Sicherheitskräfte wurden beschuldigt, während der fünf Monate andauernden Kämpfe zwischen der Armee und der Maute-Gruppe in Marawi gefangen genommene Personen gefoltert und außergerichtlich hingerichtet zu haben. Der Gesetzentwurf zur Einrichtung eines nationalen Präventionsmechanismus gemäß dem Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe war bis Ende 2017 nicht verabschiedet (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/1446462.html, Zugriff 22.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Korruption

Das Gesetz sieht zwar Strafen für Korruption durch Beamte vor, aber es gibt weiterhin Berichte, dass korrupte Praktiken ungestraft bleiben. Zur Bekämpfung der Korruption wurden das unabhängige Amt des Ombudsmanns, das Gericht für Anti-Korruption und eine Revisionskommission errichtet. Obwohl diese drei Einheiten unterbesetzt sind, arbeiten sie sowohl miteinander als auch mit der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft aktiv zusammen. Anscheinend operieren sie unabhängig und setzen ihre beschränkten Ressourcen effektiv ein. Von Jänner bis September 2018 erreichte der Ombudsmann 436 Verurteilungen gegen Beamte in 578 Korruptionsfällen, eine dramatische Steigerung gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (USDOS 13.3.2019). Die Philippinen liegen im 2018 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit einer Bewertung von 36 (von 100) (0=sehr korrupt, 100=nicht korrupt) auf Platz 99 (von 180) (je höher, desto schlechter) (TI 2019). 2017 lag das Land mit einer Bewertung von 34 auf Platz 111 (von 180) (TI 21.2.2018).

Quellen:

- TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://files.transparency.org/content/download/2172/13704/file/CPI2017_Full_DataSet_.xlsx, Zugriff 23.5.2019

- TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/files/content/pages/2018_CPI_FullResults.zip, Zugriff 23.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Wehrdienst und Rekrutierungen

Ein freiwilliger Militärdienst ist im Alter von 17 bis 23 Jahren möglich (bei Offizieren von 20 bis 24 Jahren), eine Wehrpflicht gibt es nicht (CIA 13.5.2019).

Quellen:

- CIA - Central Intelligence Agency (13.5.2019): The World Factbook - Philippines, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rp.html, Zugriff 23.5.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

In den Philippinen werden die Menschenrechte durch zahlreiche Gesetze geschützt. Zudem hat das Land die wichtigsten völkerrechtlichen Vereinbarungen zum Schutze der Menschenrechte ratifiziert. Im Zuge des unter Präsident Duterte geführten sogenannten Kriegs gegen Drogen ist es zu einer hohen Zahl von Tötungen durch Sicherheitskräfte gekommen. Während Menschenrechtsverteidiger in diesem Zusammenhang von schweren Menschenrechtsverletzungen sprechen, hat die Polizei nach Angaben der philippinischen Regierung in Notwehr getötet. Es kommt auch außerhalb des "Kriegs gegen Drogen" zu Menschenrechtsverletzungen (wie sogenannte extralegale Tötungen, Körperverletzungen, Entführungen, Folter). Eine strafrechtliche Ahndung der Tötungen findet so gut wie nicht statt (AA 6.3.2019b).

Die größten Menschenrechtsprobleme in den Philippinen sind ungesetzliche und willkürliche Tötungen durch die Sicherheitskräfte sowie durch Aufständische, Verschwindenlassen, Folter, willkürliche Inhaftierungen, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, politische Häftlinge, ungesetzliches Eindringen in die Privatsphäre, Tötungen von und Drohungen gegenüber Journalisten, behördliche Korruption sowie Zwangsarbeit und Kinderarbeit (USDOS 13.3.2019).

Die Philippinen wurden 2018 erneut in den UN-Menschenrechtsrat gewählt. Das Verfahren des Universal Periodic Review (UPR) durchliefen sie zuletzt im Mai 2017. Seit 2011 sind die Philippinen neben Japan das einzige asiatische Land, das dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) beigetreten ist. Die Chefanklägerin des IStGH gab im Februar 2017 die Aufnahme von Vorermittlungen gegen Präsident Duterte wegen möglicher Taten im Zusammenhang mit dem "Kampf gegen Drogen" bekannt. Die Philippinen leiteten daraufhin ihren Rücktritt aus dem Römischen Status ein, der auf die Vorermittlungen des jedoch keine Auswirkungen hat (AA 6.3.2019b). Seit der Wahl des neuen Präsidenten Rodrigo Duterte im Mai 2016 haben sich die Menschenrechtsprobleme in den Philippinen massiv verschärft. 2017 kam es zu Tausenden von rechtswidrigen Tötungen von Kleinkriminellen und Verdächtigen durch Polizisten und andere Personen im Rahmen einer Kampagne gegen Drogen. Zudem geht die Polizei vermehrt mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstrierende vor. Immer wieder begehen unbekannte Täter und mutmaßliche Milizen Morde an Journalisten, Richtern, Rechtsanwälten und Angehörigen von indigenen Gemeinschaften. Bei Menschenrechtsverletzungen herrscht ein Klima der Straflosigkeit. Machtmissbrauch und Korruption sind entsprechend weit verbreitet. In den Südphilippinen schwelt immer noch ein bewaffneter Konflikt zwischen dem Militär und separatistischen islamischen Gruppen, im Mai 2017 verhängte Präsident Duterte das Kriegsrecht über die Insel Mindanao (HR 27.8.2018).

Immer wieder kommt es zu Folter von Häftlingen durch Sicherheitskräfte und die Polizei. Im Jahr 2016 wurde zum ersten Mal ein Polizist auf Grundlage des Antifoltergesetzes wegen Folter schuldig gesprochen. Viele andere Folteropfer warten aber weiterhin darauf, dass man ihre Folterer zur Verantwortung zieht. Auch sind mehrere Fälle des Verschwindenlassens bekannt. Trotz eines Gesetzes gegen das Verschwindenlassen wurde noch kein Schuldspruch auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassen. Frauen, LGBTI-Personen, Personen mit Behinderungen und Angehörige einiger indigener Gruppen werden diskriminiert. Die sexuellen und reproduktiven Rechte der Frauen sind stark eingeschränkt. Es wird von sexueller Ausbeutung von Kindern, Kinderarbeit und Menschenhandel berichtet. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte kritisierte die Philippinen zudem, weil die Regelungen zum Mindestlohn nicht eingehalten werden (HR 27.8.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- HR - Informationsplattform Human Rights (27.8.2018): Länderinformation: Menschenrechte in den Philippinen, http://www.humanrights.ch/de/service/laenderinfos/philippinen/, Zugriff 23.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Haftbedingungen

In den Gefängnissen herrschen oft schlechte (USDOS 13.3.2019; vgl. DFAT 12.2018) bzw. potentiell lebensbedrohliche (USDOS 13.3.2019) Umstände. Gefängnisse sind häufig massiv überbelegt, verfügen über unzureichende sanitäre Einrichtungen (USDOS 13.3.2019; vgl. DFAT 12.2018) und es fehlt an Nahrung und adäquater medizinischer Versorgung. Gemäß NGOs kommt es zu Missbrauch durch Wärter und andere Insassen, aber die meisten Gefangenen weigern sich aus Angst vor Vergeltung eine formale Beschwerde einzureichen (USDOS 13.3.2019). Die Überbelegung führt zu Gewalt zwischen Wärtern und Insassen (DFAT 12.2018).

Quellen:

- DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade (12.2018): DFAT Country Information Report - The Philippines, S29, https://www.ecoi.net/en/file/local/2002931/country-information-report-philippines.pdf, Zugriff 23.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde im Juni 2006 gesetzlich abgeschafft (AA 22.5.2019; vgl. DFAT 12.2018). Internationale Gruppen forderten die Regierung auf, ihren 2016 angekündigten Plan zur Wiedereinführung der Todesstrafe aufzugeben und verwiesen auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes, insbesondere aufgrund des Zweiten Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (AI 22.2.2018). Im März 2017 stimmte das Repräsentantenhaus einem Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Todesstrafe zu (AI 22.2.2018; vgl. DFAT 12.2018). Das Vorhaben geriet ins Stocken, nachdem der Entwurf im Senat auf Kritik gestoßen war (AI 22.2.2018). Der Entwurf zur Wiedereinführung der Todesstrafe enthielt ursprünglich 21 Delikte; im vom Repräsentantenhaus abgesegneten endgültigen Entwurf waren nur noch Delikte mit Bezug zur Drogenkriminalität enthalten. Mit Stand Dezember 2018 lag der Entwurf weiterhin zur Begutachtung beim Menschenrechtskommittee des Senats (DFAT 12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.5.2019): Philippinen, Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/philippinensicherheit/212492, Zugriff 22.5.2019

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/1446462.html, Zugriff 22.5.2019 - DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade (12.2018): DFAT Country Information Report - The Philippines, S29, https://www.ecoi.net/en/file/local/2002931/country-information-report-philippines.pdf, Zugriff 23.5.2019

Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert Bewegungs- und Reisefreiheit im Inneren wie nach außen sowie Emigration und Wiedereinbürgerung. Diese Rechte werden im Allgemein von der Regierung respektiert (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Philippines, https://www.ecoi.net/en/document/2004259.html, Zugriff 22.5.2019

13.Grundversorgung

Seit einigen Jahren verzeichnen die Philippinen ein auch im asiatischen Vergleich überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum von jährlich 6 bis über 7%. Allerdings hat das beeindruckende Wirtschaftswachstum nur bedingt zu einer Verringerung der massiven Armut geführt. Auch heute lebt etwa ein Fünftel der ca. 107 Mio. Filipinos in Armut. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung liegen weiterhin bei über 20% (AA 6.3.2019b). Die philippinische Wirtschaft weist eine deutliche Zweiteilung auf: Moderner Elektronik-Industrie und einem boomenden Dienstleistungssektor stehen auf der einen Seite Armut und Subsistenzlandwirtschaft gegenüber. Hinzu kommt ein Entwicklungsgefälle zwischen dem Großraum Manila (National Capital Region/NCR), der vielerorts den Entwicklungsstand eines Schwellenlandes widerspiegelt, und den wirtschaftlich rückständigeren Provinzen (GIZ 3.2019c).

Die Ungleichheit bei der Einkommensverteilung ist hoch. Leider ist es der philippinischen Regierung trotz des starken Wirtschaftswachstums nicht gelungen, die Armut im Lande deutlich zu reduzieren. Nach Angaben der Weltbank ist die Armutsquote 2015 immerhin auf 21,6% zurückgegangen, nachdem sie 2012 noch bei 25,2% lag. Ein wesentlicher Grund ist das hohe Bevölkerungswachstum von etwa 1,5% (ca. 1,6 Mio. pro Jahr). Aktuellere Zahlen zur Armutsentwicklung liegen nicht vor. Internationale Finanzinstitutionen beklagen, dass auch unter der Regierung Dutertes weite Teile der Bevölkerung von den Vorteilen des Wachstums ausgeschlossen bleiben. Die Armut ist in den Philippinen regional unterschiedlich verteilt, insbesondere in ländlichen Gebieten ist sie wesentlich höher als in den Städten. Die ärmste Region liegt im muslimisch geprägten Teil der Philippinen in West-Mindanao. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung bleiben drängende Probleme (AA 6.3.2019c) Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung (offiziell mit 7,5% bzw. knapp 23% beziffert) und die in der Region mit 1,9% höchste Geburtenrate sind weitere Probleme, die dringend der Lösung harren. Laut der in Genf beheimateten Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verzeichnen die Philippinen die höchste Arbeitslosigkeit in der insgesamt zehn Länder umfassenden Vereinigung südostasiatischer Nationen (ASEAN) (GIZ 3.2019c). Die Arbeitslosenquote auf den Philippinen ist nach offiziellen Angaben relativ moderat und lag zuletzt recht stabil bei unter 6%. Dieser Wert ist auch bei aktuell kräftigem Wirtschaftswachstum grundsätzlich konstant, da angesichts des Bevölkerungswachstums jährlich mindestens 1 Mio. neue Stellen geschaffen werden müssen, um diese Quote stabil zu halten. Die offiziellen Angaben geben aber nur ein sehr unvollständiges Bild der Lage ab. Nur ca. 55% aller Beschäftigten sind im formalen Sektor tätig, der Rest als Dienstleister im Haushaltsbereich oder als Aushilfskräfte in der Landwirtschaft. Erfreulich ist, dass der Anteil der Unterbeschäftigung spürbar zurückgegangen ist (2017: 16,1%). Außerdem verlassen jährlich zahlreiche Menschen das Land, um im Ausland Arbeit zu suchen - mit zunehmender Tendenz. Die Entsendung von Gastarbeitern ins Ausland hilft zwar einerseits, den heimischen Arbeitsmarkt zu entlasten und Devisen zu erwirtschaften. Sie führt andererseits aber zu einer immer stärker ausgeprägten Konzentration unterqualifizierter Arbeitnehmer im Inland, die sich in einem Mangel an Facharbeitern im Lande niederschlägt (AA 6.3.2019c). Die sozialen Sicherheitsnetze sind nach wie vor deutlich unterentwickelt. Die meisten Filipinos verlassen sich auf Unterstützung durch die Familie (auch Überweisungen aus dem Ausland) oder durch Dorfgemeinschaften. Das Hauptinstrument des staatlichen Sozialsystems ist das Conditional-Cash-Transfer-Programm (CCT) unter dem Namen Pantawid Pamilyang Pilipino Program (4Ps), das 2007 eingeführt wurde. Derzeit werden im Rahmen des Programms 3 Millionen von 5.2 Millionen Haushalten finanziell unterstützt. So erhalten Mütter regelmäßige Beihilfen in der Höhe von etwa 33 US-$, wenn ihre Kinder die Schule besuchen und sie Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen erhalten. Laut einer Studie ist das philippinische CCT eines der effizientesten sozialen Sicherheitsnetze, da es nur 0,5% des GDP kostet, jedoch 15 Mio. Einwohner erreicht (BS 2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019b): Philippinen, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2019c): Philippinen, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/philippinen-node/-/212526, Zugriff 22.5.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Philippines Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/PHL/, Zugriff 24.5.2019

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2019c): Philippinen - Wirtschaft&Entwicklung, http://liportal.giz.de/philippinen/geschichte-staat/, Zugriff 22.5.2019

Medizinische Versorgung

Im philippinischen Gesundheitssystem arbeiten etwa 90.000 registrierte Ärzte, deren Zahl sich jedoch zunehmend verringert, weil sie (notfalls als Krankenpfleger) im Ausland Arbeit suchen und sich dort niederlassen wollen. Es gibt landesweit circa 2.400 Krankenhäuser, von denen etwa 1.700 in öffentlichem Besitz sind. Während zwar über 60% der Bevölkerung über die Philippine Health Insurance Corporation gesetzlich krankenversichert sind (wobei allerdings lediglich die Basisversorgung gewährleistet ist), hat jedoch kaum die Hälfte der Bevölkerung Zugang zur Gesundheitsversorgung (GIZ 3.2019b).

In den vergangenen Jahren war lediglich ein Prozent des nationalen Haushalts für das öffentliche Gesundheitssystem vorgesehen - auch 2018 wurde an der Finanzierung nichts geändert, die Haushaltsposten für Bildung und Gesundheit sollen sogar gesenkt werden. Die staatlichen Krankenhäuser sind meist unterfinanziert und in einem Zustand, der viel zu wünschen übrig lässt. Wohlhabende und Ausländer bevorzugen die privat gemanagten und technisch gut ausgestatteten Krankenhäuser. Medikamente und Behandlungskosten müssen von Patienten selbst bezahlt werden, An

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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