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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der S GmbH in W, vertreten durch die Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Otto Holzbauer Straße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 16. April 2020, RV/7102968/2017, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Unbestritten ist, dass die Revisionswerberin am 13. Juli 2016 als Pächterin mit der M GmbH & Co KG als Verpächterin einen Pachtvertrag über ein näher bezeichnetes Geschäftslokal im Einkaufszentrum „M“ mit folgendem, auszugsweise wiedergegebenem Inhalt abschloss.
„Teil A
...
4. Pachtdauer
4.1. Der Pachtvertrag ist ab wechselseitiger Unterfertigung für beide Vertragsteile verbindlich. Das Pachtverhältnis beginnt am Tag der Übergabe des Pachtgegenstandes gemäß Teil A Z 10 und wird auf die bestimmte Dauer von 7 Jahren abgeschlossen. Das Pachtverhältnis endet sohin sieben Jahre nach der Übergabe durch Zeitablauf ohne dass es einer Kündigung bedarf.
4.2. Der Verpächter räumt dem Pächter ein einmalig ausübbares Vorpachtrecht an dem vertragsgegenständlichen Pachtgegenstand ein. Die §§ 1072 ABGB gelten analog mit der Abweichung, dass nicht der Pachtvertrag mit dem Dritten vorzulegen ist, sondern nur die wesentlichen Vertragsinhalte dieses Pachtvertrages mit dem Dritten zu nennen sind und, dass der Pächter bis längstens 12 Monate vor Ablauf dieses Vertrages (bzw. der verlängerten Vertragsperiode) mitzuteilen hat, ob er von seinem Vorpachtrecht Gebrauch macht, widrigenfalls dieses Vorpachtrecht erlischt. Im Falle der Ausübung dieses Vorpachtrechtes endet das zweite Pachtverhältnis nach Ablauf von sieben Jahren ab Beendigung dieses ersten Pachtvertrages. Weiters wird ein Pachtzins in Höhe des zuletzt vom Pächter aufgrund dieses Vertrages zu bezahlenden Pachtzinses samt Nebenkosten vereinbart. Alle übrigen Vereinbarungen dieses Pachtvertrages - mit Ausnahme dieses Vorpachtrechtes - gelten bei Ausübung des Vorpachtrechtes uneingeschränkt auch für das zweite Pachtverhältnis. Dieses Vorpachtrecht erlischt, auflösende Bedingung, wenn dieses Pachtverhältnis vor Ablauf der jeweils vereinbarten Vertragsdauer, aus welchem Grund auch immer, vom Verpächter oder vom Pächter beendet wird.
4.3. Ungeachtet der vertraglichen Befristung sowie außerdem unbeschadet jeglicher sonstiger dem Verpächter aufgrund dieses Vertrages gemäß Teil B Z 4.2. oder von Gesetzes wegen zustehender Kündigungsrechte und sonstiger Rechte ist der Verpächter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 30 MRG berechtigt, den Pachtvertrag mit einmonatiger Kündigungsfrist zum Monatsletzten zu kündigen, wobei eine Kündigung aufgrund eines vom Pächter gesetzten Kündigungsgrundes erst nach zweimaliger erfolgloser Mahnung unter Setzung einer Nachfrist von jeweils mindestens 10 Werktagen zulässig ist.
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Teil B: Allgemeine Vertragsbestimmungen
...
4. Pachtdauer
4.1. Der Pachtvertrag beginnt mit dem Tag der Übergabe des Pachtgegenstandes gemäß Teil A Z 10 bzw Teil B Z 7. und wird auf die bestimmte Dauer gemäß Vereinbarung in Teil A Z 4. abgeschlossen, die Befristung des Pachtvertrages berechnet sich sohin vom Tag der Übergabe des Pachtgegenstandes. Nach Ablauf der in Teil A Z 4. vereinbarten Befristung erlischt dieses Pachtverhältnis durch Zeitablauf, ohne dass es einer Kündigung oder schriftlichen Mitteilung bedarf.
4.2. Unabhängig von der in Teil B Z 4.1. vereinbarten Befristung ist der Verpächter berechtigt, diesen Vertrag mittels eingeschriebenen Briefes an den Pächter mit sofortiger Wirkung zu kündigen und aufzulösen, wenn einer der folgenden wichtigen Gründe vorliegt:
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11. Unterverpachtung, Präsentationsrecht
11.1. Zur gänzlichen oder teilweisen, entgeltlichen oder unentgeltlichen Unterverpachtung, Unterbestandgabe, Weitergabe, Überlassung oder Übertragung, in welcher Form auch immer, und zu einer faktischen Nutzungsüberlassung an Dritte ist der Pächter ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verpächters nicht berechtigt ...
11.2. Von den Regelungen des vorigen Absatzes sind sämtliche Unterbestandgaben und Weitergaben ausgenommen, welche innerhalb der D-Gruppe stattfinden, sofern der neue Pächter seinen Sitz in Österreich oder Deutschland hat, die zumindest gleiche Bonität wie der bisherige Pächter aufweist und der Pachtzweck uneingeschränkt beibehalten wird.
11.3. Der Pächter ist berechtigt, einen neuen Pächter schriftlich namhaft zu machen. Der Verpächter ist sodann verpflichtet, binnen 14 Tagen mit einem von dem Pächter namhaft gemachten Dritten einen Pachtvertrag mit dem selben Inhalt und Konditionen abzuschließen, sofern kumulativ (i) es sich bei dem neuen Pächter um ein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 189 a Z 8 UGB oder § 15 Aktiengesetz handelt, (ii) der neue Pächter seinen Sitz in Österreich oder Deutschland hat, (iii) wenn der neue Pächter zumindest dieselbe Bonität, Bewertung laut KSV, wie der bisherige Pächter aufweist und (iv] der Pachtzweck uneingeschränkt beibehalten wird., in diesem Fall ist die bereits abgelaufene Vertragsdauer im neu abzuschließenden Pachtvertrag derart zu berücksichtigen, dass die Laufzeit des neu abzuschließenden Vertrages sich um die bereits abgelaufene Pachtdauer verringert und die Gesamtlaufzeit beider Pachtverträge zusammen die Pachtdauer des gegenständlichen Pachtvertrages nicht übersteigt. Dem neuen Pächter stehen die Vorpachtrechte - sofern diese nicht bereits in Anspruch genommen wurden - ebenfalls zu.“
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesfinanzgericht aus Anlass einer Beschwerde der Revisionswerberin den Gebührenbescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom 6. April 2017 gemäß § 279 BAO dahingehend ab, dass die Rechtsgeschäftsgebühr für den Pachtvertrag, ausgehend von dem vierzehnfachen Jahreswert des Pachtvertrages und somit von einer Bemessungsgrundlage von € 1.202.082,84 mit dem Betrag von € 12.020,83 - endgültig - festgesetzt wurde.
Weiters sprach das Gericht aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 Unter Darstellung des Verfahrensganges, Feststellung des Inhaltes des gegenständlichen Pachtvertrages und Darlegung der Rechtslage sowie von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Bundesfinanzgerichtes erwog das Gericht zusammengefasst, strittig sei lediglich die Vertragsdauer des Pachtvertrages. Die vertraglichen Kündigungsbestimmungen änderten im vorliegenden Fall nichts daran, dass ein Vertrag auf bestimmte Dauer von sieben Jahren abgeschlossen worden sei. Zwar sei in der Überschrift des Punktes 11. von einem Präsentationsrecht die Rede - entscheidend für die gebührenrechtliche Beurteilung sei jedoch nicht die Bezeichnung, sondern der Inhalt einer Vereinbarung. Die im Punkt 11.3. getroffene Vereinbarung entspreche in den Rechtsfolgen inhaltlich einem Weitergaberecht, sei die Verpächterin doch verpflichtet, einen Vertrag mit dem selben Inhalt und Konditionen abzuschließen, sofern der Dritte bestimmte, im Vertrag näher definierte Voraussetzungen erfülle und der Pachtzweck uneingeschränkt beibehalten werde. An der vereinbarten Laufzeit solle sich gerade nichts ändern, würden doch die bereits abgelaufene Vertragsdauer mit der Revisionswerberin und die verbleibende Vertragsdauer mit dem Dritten zusammengerechnet und stünden auch dem Dritten die Vorpachtrechte - sofern sie nicht bereits durch die Revisionswerberin in Anspruch genommen worden seien - zu.
Auch werde durch die Einräumung eines Präsentationsrechts im vorliegenden Fall kein derartiges Maß an Ungewissheit hinsichtlich der Vertragsdauer erreicht, dass von Anfang an von einer unbestimmten Dauer des Vertragsverhältnisses auszugehen sei, da von vornherein die Gesamtlaufzeit von sieben Jahren feststehe.
Schließlich sei durch die in Teil A Punkt 4.2. getroffene Regelung über das Vorpachtrecht eine Potestativbedingung für die Verlängerung des Vertragszeitraumes um weitere sieben Jahre vorgesehen, der bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen sei. Der angefochtene Bescheid sei daher insofern abzuändern, als die Bemessung bei der Gebühr vom Vierzehnfachen des Jahresentgelts vorzunehmen sei.
Abschließend begründete das Verwaltungsgericht seinen Ausspruch über die (Un-)Zulässigkeit an der Revision.
4 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht auf Festsetzung einer Rechtsgeschäftsgebühr auf Grundlage des dreifachen Jahreswertes nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG verletzt.
5 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
7 Gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision legt ihre Zulässigkeit darin dar, sowohl das Bundesfinanzgericht als auch das Verwaltungsgerichtshof hätten zu einem Präsentationsrecht, wie unter Teil B Punkt 11.3. des Pachtvertrages vereinbart, wiederholt und in ständiger einheitlicher Rechtsprechung ausgesprochen, dass dieses zur einzig denkmöglichen Rechtsansicht führe, dass wegen dieser durch das Präsentationsrecht bestehenden Freiheit des Mieters zur Vertragsbeendigung eine ungewisse Vertragsdauer anzunehmen sei. Das Präsentationsrecht verleihe vielmehr nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes einem Vertrag ein derartiges Maß an Ungewissheit hinsichtlich seiner Dauer, dass bei Vereinbarung eines Präsentationsrechts davon auszugehen sei, dass ein Bestandvertrag vorliege, der von Anfang an von ungewisser Dauer sei „(vgl. VwGH 17.09.1990, 90/15/0034, BFG ...)“.
Mit dem Klammerzitat führt die Revision nur ein einziges Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich jenes vom 17. September 1990, 90/15/0034, ins Treffen, dem allerdings der Fall zu Grunde lag, dass das damalige Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden war, womit sich der damalige Beschwerdefall vom vorliegenden Revisionsfall, in dem ausdrücklich eine Befristung des Pachtvertrages auf sieben Jahre bedungen wurde, unterscheidet. Im Übrigen übergeht die Revision die eingehenden Erwägungen des Gerichtes zum revisionsgegenständlichen „Präsentationsrecht“, die den vorliegenden Revisionsfall gegenüber dem dem zitierten Erkenntnis vom 17. September 1990 zu Grunde liegenden Beschwerdefall abgrenzte. Ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist damit nicht dargelegt.
9 Weiters erblickt die Revision ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Beurteilung des Vertrages als befristet: Zwar treffe es zu, dass der Vertrag zivilrechtlich auf die Dauer von sieben Jahren abgeschlossen worden sei, gebührenrechtlich sei jedoch zu unterscheiden, ob ein (wenn auch zivilrechtlich auf bestimmte Dauer abgeschlossener) Bestandvertrag allenfalls nach dem erklärten Vertragswillen beider Vertragsteile vorzeitig aufgelöst werden könne oder nicht. So gelte nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits die Vereinbarung aller denkmöglichen Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 MRG als ausreichend, um einen gebührenrechtlich als auf unbestimmter Dauer abgeschlossenen Bestandvertrag anzunehmen.
In diesem Vorbringen unterlässt die Revision allerdings jegliche konkrete Bezugnahme auf Judikate des Verwaltungsgerichtshofes und übergeht neuerlich die eingehenden Erwägungen des Gerichtes über die vereinbarten Kündigungsgründe unbeschadet der Vereinbarung einer befristeten Vertragsdauer.
10 Schließlich sieht die Revision ihre Zulässigkeit darin, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass Verträge bzw. vertragliche Bestimmungen mit denen ein Vorrecht, wie etwa ein Vorpachtrecht, eingeräumt würden, gebührenfrei seien „(vgl. das Erkenntnis vom 15.05.2001, 2000/16/0115)“. Das Gericht sei dabei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgerückt, indem es das hier vertraglich vereinbarte Vorbestandrecht gebührenrechtlich unrichtigerweise als Option auf Vertragsverlängerung behandelt habe.
Soweit die Revision darin wiederum nur auf ein einziges Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich auf jenes vom 15. März 2001, 2000/16/0115, Bezug nimmt, das sich u.a. mit der Frage der Gebührenpflicht eines Vorvertrages auseinandersetzte, ist auch daraus für die Zulässigkeit einer Revision nichts gewonnen, weil, wie auch im angefochtenen Erkenntnis dargelegt, im Rahmen des „Vorpachtrechtes“ nicht lediglich ein Vorvertrag im Sinn des § 936 ABGB unter Hinausschieben der endgültigen Verpflichtungen (vgl. VwGH 15.3.2001, 2000/16/0115) vereinbart wurde, sondern die bindende Vereinbarung einer Vertragsverlängerung durch Ausübung einer Option, worin das Gericht eine Bedingung im Sinn des § 26 GebG erfüllt sah. Somit liegt auch in diesen Punkt kein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
11 Die Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 18. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020160115.L00Im RIS seit
22.10.2020Zuletzt aktualisiert am
06.11.2020