Entscheidungsdatum
04.08.2020Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §13Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des Herrn AA, geb. xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, v.d. Rechtsanwälte BB, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.7.2020, *** wegen Abweisung eines Antrages auf Nachsicht vom Gewerbeausschluss wegen gerichtlicher Verurteilung zum Zwecke der Ausübung des Gewerbes „Friseur“
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Nachsicht vom Gewerbeausschluss wegen gerichtlicher Verurteilung zum Zwecke der Ausübung des Gewerbes „Friseur“ abgewiesen („verweigert“).
In der dagegen rechtzeitig und zulässig eingebrachten Beschwerde wurde zusammenfassend vorgebracht, die Grenze von 180 Tagsätzen sei nur geringfügig überschritten worden und biete das gegenständliche Bagatelldelikt keinen Anlass dafür, dem Beschwerdeführer die Nachsicht nicht zu gewähren.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.
II. Rechtliche Grundlagen:
Folgende Bestimmung der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 zuletzt geändert durch BGBl I 2015/155 (Hervorhebungen durch den Gefertigten):
„§ 13.
(1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie
1. von einem Gericht verurteilt worden sind
a) wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder
b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und
2. die Verurteilung nicht getilgt ist.
Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.
(…)“
§ 26.
(1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.
(2) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.
(3) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt haben und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird.
(4) Die Nachsicht gemäß Abs. 1, 2 oder 3 ist nicht zu erteilen, wenn andere Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen als jene, für die die Nachsicht erteilt werden soll.“
III. Erwägungen:
Der Beschwerdeführer bestreitet die ihm im angefochtenen Bescheid vorgehalten justiz- und verwaltungsstrafrechtlichen Delikte nicht (vgl. im Übrigen den Strafregisterauszug vom 30.4.2020 sowie den eingeholten Auszug zu den Verwaltungsstrafvormerkungen vom 3.8.2020). Insgesamt zeigt sich hier ein Bild eines wenig mit den rechtlichen Werten verbundenen Menschen. Entgegen den verharmlosenden Argumenten in der Beschwerde weist er insgesamt vier bis heute nicht getilgte Verurteilungen wegen Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB auf. Seine Gewaltbereitschaft lässt sich dem Urteil des Bezirksgerichts Y vom 28.5.2019, *** entnehmen, wenn er am 24.3.2018 einer Frau mehrmals mit der flachen Hand ins Gesicht schlug, sie mit einer Hand am Kinn erfasste und aufhob, mit beiden Händen am Kopf erfasste und gegen die Türe sowie gegen eine Fliesenwand schlug. Das Gericht hob dabei hervor, dass der Beschwerdeführer bereits drei einschlägige Vorstrafen für Vorfälle aus den Jahren 2009 und 2015 aufweist und aufgrund seines getrübten Vorlebens eine bedingte Strafnachsicht ausscheidet, zumal diese ihn in der Vergangenheit nicht von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten vermochten.
Dazu passen die zahlreichen Verwaltungsstrafvormerkungen der letzten fünf Jahre, darunter v.a. schwerwiegende Übertretungen des FSG (§ 37a iVm § 14 Abs 8 FSG und v.a. nach § 1 Abs 3 FSG mit einer Strafe von Euro 1.200), zahlreiche erhebliche Geschwindigkeitsübertretungen sowie Übertretung des SPG und des LPG.
Dieses Gesamtbild lässt keinen anderen Schluss zu, als dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft nicht bereit sein wird, sich rechtskonform zu verhalten. Er hat offenkundig große Probleme, seine Gewaltbereitschaft in Zaum zu halten und sich auch sonst normkonform zu verhalten. Seine verwerfliche Tat gerade gegenüber einer schwächeren Frau zeugt von seiner Schwäche, seine Aggressionen zu zügeln. Aber auch abseits des gerichtlichen Strafrechts ist der Beschwerdeführer, wie oben skizziert, ständig in Konflikt mit Rechtsvorschriften aus allen Lebensbereichen. So hält sich an keine Geschwindigkeitsbeschränkungen, fährt ohne Lenkberechtigung oder überschreitet die Alkoholgrenzen im Straßenverkehr.
Die durchzuführende Zukunftsprognose beim Beschwerdeführer kann daher nur eine schlechte sein. Es ist aufgrund seines bisherigen Verhaltens, wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat, zu befürchten, dass der Beschwerdeführer auch bei der Ausübung des beantragten Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Die Gelegenheit dazu bietet sich beim gegenständlichen Gewerbe jedenfalls (vgl. zu alledem Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung 19943 (2011) § 26 Rz 9ff unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, siehe insb. VwGH 24.3.2004, 2004/04/0029 u.a.).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
B). Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Triendl
(Richter)
Schlagworte
Nachsicht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.22.1555.1Zuletzt aktualisiert am
14.09.2020