Entscheidungsdatum
26.08.2019Norm
BFA-VG §9Spruch
L524 1409527-3/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH, Wolfeggerstr. 1, 6900 Bregenz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.06.2019, Zl. 6 XXXX , betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.04.2019 wurde der Beschwerdeführer über seinen rechtsfreundlichen Vertreter darüber informiert, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, alle Gründe anzuführen, die gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sprechen würden. Außerdem wurde er aufgefordert, die im Schreiben angeführten Fragen zu beantworten sowie Bescheinigungs- und Beweismittel vorzulegen.
2. Der Beschwerdeführer gab über seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit Schreiben vom 02.05.2019 eine Stellungnahme ab und verwies zunächst auf eine an eine Bezirkshauptmannschaft gerichtete Stellungnahme vom 21.12.2018, in der er ausführte, mit einer rumänischen Staatsangehörigen verheiratet zu sein. Die angeführten strafrechtlichen Verurteilungen seien richtig, der Beschwerdeführer würde dadurch jedoch nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden. Der Beschwerdeführer sei seit 2001 in Österreich, wo seine Eltern, zwei Brüder und eine Schwester mit deren Familien leben würden. Zuletzt habe er als Koch gearbeitet. Er verfüge über einen großen Freundeskreis in Österreich. Er habe keine sozialen Bindungen in der Türkei. Er mache allenfalls Urlaub in der Türkei. Er sei weder in ärztlicher noch medikamentöser Behandlung. Er sei nicht bereit, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.
3. Mit Bescheid des BFA vom 25.06.2019, Zl. XXXX , wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich mehrfach rechtskräftig verurteilt worden sei. Er sei Mitglied bzw. Full Member der Hells Angels, sei dabei für die Aufträge der Selbstjustiz zuständig gewesen und habe diese Aufträge auch ausgeführt. Der Beschwerdeführer sei seit 2010 wegen gefährlicher Drohung, Nötigung, Körperverletzung und Schlepperei mehrfach rechtskräftig verurteilt worden. Seiner letzten Verurteilung liege zugrunde, dass er im März 2016 in verabredeter Verbindung auf das Opfer mit Holzprügel, Eisenstangen und einem Staubsaugerrohr eingeschlagen und mit Fußtritten verletzt habe. Derzeit befinde sich der Beschwerdeführer in einer Haftanstalt in der Schweiz. In der Schweiz werde er beschuldigt, die Verbrechen Raub, Erpressung, Freiheitsberaubung und Entführung begangen zu haben.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Dauer des Aufenthaltsverbots im letzten Drittel der zulässigen Höchstdauer von zehn Jahr festgesetzt werde, da die letzte Tat des Beschwerdeführers über drei Jahre zurückliege und sich der Beschwerdeführer seither nichts zu Schulden kommen habe lassen. Dieser Zeitraum zeige, dass der Beschwerdeführer seine Lektion gelernt habe und eine positive Zukunftsprognose bestehe. Die belangte Behörde hätte daher von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots absehen müssen, dieses jedenfalls aber nur mit einer deutlich kürzeren Befristung erlassen dürfen. Weiters wird auf die soziale und berufliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich hingewiesen und Unterstützungserklärungen vorgelegt.
II. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und kam im Dezember 2001, kurz vor Vollendung seines 17. Lebensjahres nach Österreich. Er stellte über seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Asylerstreckungsantrag. Mit mündlich verkündetem Bescheid des UBAS vom 17.10.2006 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.12.2013 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gem. § 7 Abs. 1 AsylG aberkannt.
Der Beschwerdeführer ist seit Dezember 2012 mit einer rumänischen Staatsangehörigen verheiratet, die über eine Anmeldebescheinigung verfügt. Der Beschwerdeführer verfügt nicht über ein Daueraufenthaltsrecht. Der Beschwerdeführer hat keine Kinder.
In Österreich leben die Eltern des Beschwerdeführers, zwei Brüder und eine Schwester. Die Eltern, ein Bruder und die Schwester sind türkische Staatsbürger. Die Eltern verfügen über einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt - EU. Die Schwester ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie verfügt über einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger". Ein Bruder ist alleinstehend und verfügt über einen Aufenthaltstitel als Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers. Ein Bruder ist österreichischer Staatsbürger, verheiratet und hat zwei Kinder.
Der Beschwerdeführer besuchte in der Türkei fünf Jahre die Volksschule, vier Jahre die Hauptschule und drei Jahre das Gymnasium. Der Beschwerdeführer verbrachte nach seiner Einreise in Österreich im Jahr 2001 Urlaubsaufenthalte in der Türkei.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich die Berufsschulpflicht für den Lehrberuf Koch erfüllt. Der Beschwerdeführer war von 2007 bis 2011 abwechselnd berufstätig und bezog Arbeitslosengeld sowie Notstandshilfe. In den Jahren 2012 und 2013 war der Beschwerdeführer nicht berufstätig. Er bezog in diesen Jahren Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. Im Jahr 2014 war der Beschwerdeführer zwei Monate berufstätig und bezog ansonsten Notstandshilfe. Im Jahr 2015 war der Beschwerdeführer sieben Monate berufstätig und bezog fünf Monate Arbeitslosengeld. Im Jahr 2016 war der Beschwerdeführer einen Monat berufstätig und bezog ansonsten Arbeitslosengeld, Krankengeld und Notstandshilfe. Im Jahr 2017 bezog er sechs Monate Notstandshilfe, war vier Monate berufstätig und danach in Haft.
Der Beschwerdeführer nahm im November und Dezember 2008 an einer Qualifizierungsmaßnahme (Tourismuskurse) des AMS teil, absolvierte von März bis April 2009 eine Lagerlogistikausbildung mit ECDL Start und im Jänner 2010 das österreichische Sprachdiplom A2. Vorgelegt wurde auch ein Arbeitsvertrag vom 16.07.2019, wonach der Beschwerdeführer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels als Koch arbeiten könne. Dieser Vertrag wurde vom Beschwerdeführer jedoch nicht unterzeichnet, sondern trägt nur eine Unterschrift des potentiellen Arbeitgebers. Weiters wurden zahlreiche Unterstützungserklärungen von verschiedenen Personen vorgelegt, unter anderem von seiner Schwester und deren Kindern, die sich für einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich aussprechen. Eine solche Unterstützungserklärung seiner Ehefrau liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat Freunde in Österreich.
Der Beschwerdeführer war von 05.10.2017 bis 05.02.2019 in Österreich Haft. Am 05.02.2019 wurde er aus der Haft entlassen und auf Grund eines Beschlusses des Landesgerichts XXXX in die Schweiz ausgeliefert. Seit 11.02.2019 befindet sich der Beschwerdeführer im vorzeitigen Strafvollzug von unbekannter Dauer in der Schweiz.
Der Beschwerdeführer wurde insgesamt drei Mal wegen gefährlicher Drohung verurteilt. Die erste Verurteilung erfolgte am 01.12.2010 mit Urteil des Landesgerichts XXXX . Der Beschwerdeführer drohte einer Frau mit dem Umbringen, würgte sie und hielt ihr ein Klappmesser an den Hals. Die nächste Verurteilung erfolgte am 17.01.2012 mit Urteil des Landesgerichts XXXX . Der Beschwerdeführer drohte einem Mann mit dem Tode und einer Entführung. Er sagte, dass er ihn umbringt, ihn wegbringt und sein Blut trinkt und ihn entführen will. Die dritte Verurteilung erfolgte am 02.09.2016, 2 XXXX Der Beschwerdeführer bedrohte eine Person mit dem Tode, indem er ein Taschenmesser in der Hand hielt und sagte, dass er damit bereits drei Menschen abgestochen hat und der Bedrohte der Vierte sein wird. Der Beschwerdeführer wurde hierfür zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , wegen der Vergehen der versuchten Nötigung und der Körperverletzung rechtskräftig verurteilt. Der Beschwerdeführer hat eine Frau an den Haaren gerissen, in Richtung eines Fahrzeugs gezerrt, in den Würgegriff genommen, auf sie eingeschlagen und ihr den Mund zugehalten.
Der Beschwerdeführer hat am 15.06.2015 im Zusammenwirken mit einem Mittäter zwei illegal nach Österreich eingereiste syrische Staatsangehörige mit einem PKW von Wien nach Bregenz zu bringen versucht. Der Beschwerdeführer wurde deswegen mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 11.12.2015, XXXX wegen des Vergehens der teils versuchten, teils vollendeten Schlepperei nach § 114 Abs. 1 FPG, 15 StGB, zu einer Geldstrafe in Höhe von 240 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt.
Der Beschwerdeführer ist seit 2011 Mitglied der Hells Angels und seit Herbst 2015 Full Member. Er ist dafür bekannt, dass er Aufträge im Rahmen der Selbstjustiz annimmt und ausführt.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 11.12.2015, XXXX wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 5 Z 2, 15, 84 Abs. 4 StGB, des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach §§ 15, 12 2. Fall, 288 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Bei der Strafbemessung waren das Geständnis und der Beitrag zur Wahrheitsfindung und der Umstand, dass das Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB sowie die Vergehen der Bestimmung zur falschen Beweisaussage und des Vergehens der Begünstigung jeweils beim Versuch blieben und dass die Waffen sichergestellt wurden. Erschwerend waren zwei einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen von vier Vergehen mit einem Verbrechen sowie die zweifache Qualifikation hinsichtlich der Körperverletzung und der Besitz von zwei Waffen trotz Waffenverbots. Dieser Verurteilung lag folgendes Verhalten des Beschwerdeführers zugrunde:
In einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft XXXX , welches Mitglieder der Hells Angels betraf, kam dem Beschwerdeführer die Aufgabe zu, jene Zeugen zu kontaktieren, die ein Mitglied der Hells Angels belastet hatten, um ihnen nachdrücklich nahezulegen, dass sie in einer allfälligen Hauptverhandlung vor Gericht ihre polizeilichen Aussagen relativieren und abschwächen sollten, um das verdächtigte Hells Angels-Mitglied zu entlasten. Der Beschwerdeführer nahm Kontakt zu den Zeugen auf, traf sich mit ihnen und fragte sie entschlossen, ob sie bei ihrer zukünftigen Einvernahme als Zeugen nicht angeben könnten, dass sie sich nicht mehr sicher seien, wer tatsächlich mit dem Messer auf eine näher genannte Person eingestochen habe und dass sie jenen Mann, der gestochen habe, nicht wiedererkennen würden.
Da der Beschwerdeführer bekannt dafür ist, Aufträge im Rahmen der Selbstjustiz anzunehmen und auszuführen, wurde Kontakt zu ihm aufgenommen und er damit beauftragt, XXXX (T. Ö.) am Körper zu verletzt, da dieser im Verdacht stand, eine Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Der Beschwerdeführer wurde mit dem Vater der Minderjährigen bekanntgemacht und dieser beauftragte den Beschwerdeführer, den T. Ö. am Körper zu verletzen. Der Beschwerdeführer arbeitete einen Plan zur Umsetzung dieses Vorhabens aus. Die zunächst für den 18.03.2016 geplante Tat in einem Lokal konnte nicht durchgeführt werden, da dort eine finanzpolizeiliche Kontrolle stattfand. Daraufhin erfolgte die Umsetzung am 20.03.2016. Der Beschwerdeführer hat mit vier anderen Personen den Verdächtigen aus einem PKW herausgezogen, auf ihn mit Holzprügeln, Kanthölzern, Eisenstangen und einem Staubsaugerrohr eingeschlagen und ihm Fußtritte versetzt. Das Ermittlungsverfahren gegen den verdächtigen T. Ö. wurde am 26.08.2016 gemäß § 190 Z 2 StPO aus tatsächlichen Gründen eingestellt, weil kein Schuldnachweis möglich war.
Der Beschwerdeführer war im Besitz eines Messers mit 40 cm Klingenlänge. Dieses wurde bei einer Durchsuchung der Wohnung des Beschwerdeführers am 31.05.2016 sichergestellt. Der Beschwerdeführer hatte in seinem PKW neben dem Fahrersitz (zwischen dem Fahrersitz und der Mittelablage eingeklemmt) griffbereit ein Messer mit beidseitig geschliffener Klinge, mit einer Klingenlänge von 9 cm. Auch dieses Messer wurde am 31.05.2016 sichergestellt. Durch den Besitz dieser beiden Messer verstieß der Beschwerdeführer gegen das gegen ihn rechtskräftig verhängte Waffenverbot gem. § 12 WaffG, das seit 2010 gegen den Beschwerdeführer besteht.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Aufenthalt in Österreich seit 2001 ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren und einem ZMR-Auszug. Die Feststellungen zur Ehefrau des Beschwerdeführers und zur Eheschließung mit einer rumänischen Staatsangehörigen ergeben sich aus der Heiratsurkunde und der Anmeldebescheinigung der Ehefrau.
Die Feststellungen zum Abschluss der Berufsschule, der Berufstätigkeit, dem Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ergeben sich aus den vorgelegten Schulzeugnissen und dem Versicherungsdatenauszug.
Die Feststellungen zu den Familienangehörigen in Österreich und deren Aufenthaltstitel ergeben sich aus IZR-Auszügen. Die Angaben in der Beschwerde, alle Familienangehörigen würden über ein Daueraufenthaltsrecht verfügen, ist nicht richtig. Nur die Eltern verfügen über einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt EU.
Die Feststellungen zum Schulbesuch in der Türkei und den Urlaubsaufenthalten in der Türkei stützen sich auf die Angaben in der Stellungnahme vom 02.05.2019.
Die Feststellungen zur Teilnahme an Kursen und Qualifizierungsmaßnahmen sowie der Vorlage von Unterstützungserklärungen ergeben sich aus den entsprechenden Bestätigungen, den Unterstützungserklärungen und den Unterschriftenlisten.
Die Feststellungen zur Haftdauer des Beschwerdeführers in Österreich, der Auslieferung in die Schweiz und der dort bestehenden Haft ergeben sich aus einer Vollzugsinformation (AS 425), dem Strafurteil des Landesgerichts XXXX vom 25.01.2018, XXXX (AS 369) und der provisorischen Vollzugsbestätigung des Departements Volkswirtschaft und Inneres, Amt für Justizvollzug (AS 327).
Die Feststellungen zu den Verurteilungen wegen gefährlicher Drohung ergeben sich aus den angeführten Strafurteilen (AS 31f, 299f und 313f). Die Feststellung zur Verurteilung wegen der versuchten Nötigung und der Körperverletzung ergibt sich ebenso aus dem angeführten Strafurteil (AS 295f).
Die Feststellung zur Verurteilung wegen Schlepperei ergibt sich aus dem angeführten Strafurteil (AS 319f).
Die Feststellungen zur Mitgliedschaft bei den Hells Angels und der Übernahme von Aufträgen im Rahmen der Selbstjustiz, dem Verhalten des Beschwerdeführers im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen Mitglieder der Hells Angels, zur geplanten Körperverletzung des T. Ö. im Rahmen der Selbstjustiz und zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen T. Ö. zu den im Besitz des Beschwerdeführers befindlichen Waffen und den damit verbundenen Verstoß gegen das verhängte Waffenverbot ergeben sich aus dem Strafurteilt des Landesgerichts XXXX vom 25.01.2018, XXXX (AS 378f) und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom XXXX .
IV. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten:
"Aufenthaltsverbot
§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
[...]
Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub
§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."
2. Der Beschwerdeführer ist mit einer rumänischen Staatsangehörigen verheiratet, die über eine Anmeldebescheinigung verfügt. Der Beschwerdeführer ist damit begünstigter Drittstaatsangehöriger. Er verfügt nicht über ein Daueraufenthaltsrecht.
Der Beschwerdeführer ist seit 2001 in Österreich aufhältig.
Bei der Beurteilung des Gefährdungsmaßstabs ist in einem Verfahren betreffend Aufenthaltsverbot das Urteil des EuGH vom 16. Jänner 2014, Rs C-400/12, zu berücksichtigen, wonach (der im § 67 Abs. 1 fünfter Satz FrPolG 2005 umgesetzte) Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) dahin auszulegen ist, dass ein Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe durch den Betroffenen grundsätzlich geeignet ist, die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne dieser Bestimmung zu unterbrechen und sich damit auf die Gewährung des dort vorgesehenen verstärkten Schutzes auch in dem Fall auszuwirken, dass sich diese Person vor dem Freiheitsentzug zehn Jahre lang im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat. Dieser Umstand kann jedoch bei der umfassenden Beurteilung berücksichtigt werden, die für die Feststellung, ob die zuvor mit dem Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsverbindungen abgerissen sind, vorzunehmen ist (vgl. 07.03.2019, Ra 2018/21/0097).
Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38/EG ist dahin auszulegen, dass der Aufenthaltszeitraum von zehn Jahren im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich ununterbrochen gewesen sein muss und vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung des Betroffenen an zurückzurechnen ist (vgl. EuGH 16.01.2014, Rs C-400/12).
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, in der die Ausweisung im Juni 2019 verfügt wurde, dass ab diesem Zeitpunkt zehn Jahre zurückzurechnen ist und dieser Aufenthaltszeitraum ununterbrochen sein muss. Der Beschwerdeführer war zwischen Juni 2009 und Juni 2019 von Oktober 2017 bis Februar 2019, somit ca. ein Jahr und vier Monate in Haft. Dieser Zeitraum der Verbüßung einer Haftstrafe ist geeignet, die Kontinuität des Aufenthalts zu unterbrechen. Allerdings war der Beschwerdeführer vor seiner Haftstrafe ca. 15 Jahre ununterbrochen in Österreich aufhältig. Es kann diesbezüglich nicht festgestellt werden, dass die mit geknüpften Integrationsverbindungen abgerissen sind. Damit liegt die Voraussetzungen für die Anwendung des Gefährdungsmaßstabs des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG vor.
3. Der Beschwerdeführer ist in einer Haftanstalt in der Schweiz.
Aufenthaltsverbote knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237).
Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist daher grundsätzlich möglich.
4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. etwa VwGH 16.10.2014, Ra 2014/21/0039, Punkt 2.1. der Entscheidungsgründe, mwN, und daran anschließend die Erkenntnisse VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0052, Punkt 2. der Entscheidungsgründe, und VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0057).
Der Beschwerdeführer ist seit 2011 Mitglied der Hells Angels und seit Herbst 2015 Full Member. Er ist dafür bekannt, dass er Aufträge im Rahmen der Selbstjustiz annimmt und ausführt. So wurde Kontakt zu ihm aufgenommen und er damit beauftragt, T. Ö. am Körper zu verletzen, da dieser im Verdacht stand, eine Minderjährige sexuell missbraucht zu haben. Der Beschwerdeführer wurde mit dem Vater der Minderjährigen bekanntgemacht und dieser beauftragte den Beschwerdeführer, den T. Ö. am Körper zu verletzen. Der Beschwerdeführer arbeitete einen Plan zur Umsetzung dieses Vorhabens aus. Die zunächst für den 18.03.2016 geplante Tat in einem Lokal konnte nicht durchgeführt werden, da dort eine finanzpolizeiliche Kontrolle stattfand. Daraufhin erfolgte die Umsetzung am 20.03.2016. Der Beschwerdeführer hat mit vier anderen Personen den Verdächtigen aus einem PKW herausgezogen, auf ihn mit Holzprügeln, Kanthölzern, Eisenstangen und einem Staubsaugerrohr eingeschlagen und ihm Fußtritte versetzt. Das Ermittlungsverfahren gegen den verdächtigen T. Ö. wurde am 26.08.2016 gemäß § 190 Z 2 StPO aus tatsächlichen Gründen eingestellt, weil kein Schuldnachweis möglich war.
In einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft XXXX , welches Mitglieder der Hells Angels betraf, kam dem Beschwerdeführer die Aufgabe zu, jene Zeugen zu kontaktieren, die ein Mitglied der Hells Angels belastet hatten, um ihnen nachdrücklich nahezulegen, dass sie in einer allfälligen Hauptverhandlung vor Gericht ihre polizeilichen Aussagen relativieren und abschwächen sollten, um das verdächtigte Hells Angels-Mitglied zu entlasten. Der Beschwerdeführer nahm Kontakt zu den Zeugen auf, traf sich mit ihnen und fragte sie entschlossen, ob sie bei ihrer zukünftigen Einvernahme als Zeugen nicht angeben könnten, dass sie sich nicht mehr sicher seien, wer tatsächlich mit dem Messer auf eine näher genannte Person eingestochen habe und dass sie jenen Mann, der gestochen habe, nicht wiedererkennen würden.
Der Beschwerdeführer war trotz aufrechten Waffenverbots im Besitz von zwei Messern. Ein Messer hatte eine Klingenlänge von 40 cm. Das zweite Messer mit beidseitig geschliffener Klinge und einer Klingenlänge von 9 cm hatte der Beschwerdeführer in seinem PKW neben dem Fahrersitz (zwischen dem Fahrersitz und der Mittelablage eingeklemmt) griffbereit.
Der Beschwerdeführer wurde insgesamt drei Mal wegen gefährlicher Drohung verurteilt. Der Beschwerdeführer drohte einer Frau mit dem Umbringen, würgte sie und hielt ihr ein Klappmesser an den Hals. Der Beschwerdeführer drohte einem Mann mit dem Tode und einer Entführung. Er sagte, dass er ihn umbringt, ihn wegbringt und sein Blut trinkt und ihn entführen will. Der Beschwerdeführer bedrohte eine Person mit dem Tode, indem er ein Taschenmesser in der Hand hielt und sagte, dass er damit bereits drei Menschen abgestochen hat und der Bedrohte der Vierte sein wird.
Der Beschwerdeführer hat eine Frau an den Haaren gerissen, in Richtung eines Fahrzeugs gezerrt, in den Würgegriff genommen, auf sie eingeschlagen und ihr den Mund zugehalten. Der Beschwerdeführer wurde dafür wegen versuchter Nötigung und der Körperverletzung rechtskräftig verurteilt.
Der Beschwerdeführer hat am 15.06.2015 im Zusammenwirken mit einem Mittäter zwei illegal nach Österreich eingereiste syrische Staatsangehörige mit einem PKW von Wien nach Bregenz zu bringen versucht und wurde daher wegen des Vergehens der teils versuchten, teils vollendeten Schlepperei rechtskräftig verurteilt.
Das Verhalten des Beschwerdeführers zeigt, dass er kein Interesse daran hat, sich an die Rechtsordnung in Österreich und an anerkannte Gesellschaftsnormen zu halten. Trotz Waffenverbots war er in Besitz von verbotenen Waffen, hatte eine Waffe sogar griffbereit neben dem Fahrersitz im PKW. Er schreckt auch nicht davor zurück, Gewalt gegen Frauen zu üben und sowohl Männer als auch Frauen mit dem Tode zu bedrohen. Auch wenn zwei der drei Verurteilungen wegen gefährlicher Drohung auf Taten in den Jahren 2009 und 2011 erfolgten und die Körperverletzung sowie die versuchte Nötigung 2010 passierten, so zeigt die neuerliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen gefährlicher Drohung im Jahr 2015, dass ihn Verurteilungen nicht davon abhalten, weiter Personen mit dem Umbringen zu bedrohen. Das Drohen mit dem Umbringen erfolgt geradezu regelmäßig. Durch seine Aufgabe bei den Hells Angels, Selbstjustiz zu üben und das griffbereite Mitführen eines Messers im PKW offenbart sich die Gefahr, die vom Beschwerdeführer ausgeht. Gerade das Üben von Selbstjustiz berührt ein Grundinteresse der Gesellschaft. Der Beschwerdeführer wurde insgesamt sechs Mal strafrechtlich verurteilt. Das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers über sieben Jahre hinweg ist gekennzeichnet von kriminellen Handlungen gegen Leib und Leben und die Freiheit. Die öffentliche Sicherheit ist nachhaltig und maßgeblich gefährdet.
In der Beschwerde wird vorgebracht, die Behörde habe nicht berücksichtigt, dass seit der letzten Tat des Beschwerdeführers über drei Jahre vergangen seien, in denen er sich nichts mehr habe zu Schulden kommen lassen. Damit habe er bewiesen, dass er seine Lektion gelernt habe und eine positive Zukunftsprognose bestehe. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass ein Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2018/21/0004 unter Hinweis auf VwGH 22.05.2014, Ra 2014/21/0014). Dieser Zeitraum ist üblicherweise umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2016/21/0013 etwa unter Hinweis auf VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009). Der Beschwerdeführer befindet sich jedoch seit seiner letzten Tat nicht in Freiheit. Er war vielmehr von Oktober 2017 bis Februar 2019 in Haft und wurde nach Haftentlassung im Februar 2019 in die Schweiz ausgeliefert, wo er sich seither im vorzeitigen Strafvollzug von unbekannter Dauer befindet. Von einem Gesinnungswandel kann daher nicht im Geringsten gesprochen werden.
Dass der Beschwerdeführer seine Taten bereut, war nicht festzustellen. Der Beschwerde kann eine Einsicht in das Unrecht seiner Taten nicht entnommen werden. Der Beschwerdeführer versucht hier vielmehr, seinen Akt der Selbstjustiz zu verharmlosen, indem darauf hingewiesen wird, dass der Hintergrund für diese Tat "der mutmaßliche sexuelle Missbrauch einer Minderjährigen" gewesen sei und es auch nur beim Versuch einer schweren Körperverletzung geblieben sei. Dass für den Beschwerdeführer aber schon die bloße Vermutung (das Ermittlungsverfahren gegen den Verdächtigen wurde mangels Schuldbeweises eingestellt) eines sexuellen Missbrauchs ausreicht, um einen Plan zur Selbstjustiz auszuarbeiten und umzusetzen, ist besonders verwerflich. Aus den bei der Strafbemessung herangezogenen Milderungsgründen des Geständnisses und des Beitrags zur Wahrheitsfindung, kann entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht auf eine fehlende Rückfallgefahr geschlossen werden. Zu beachten ist nämlich, dass zwei einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen von vier Vergehen mit einem Verbrechen, die zweifache Qualifikation hinsichtlich der Körperverletzung und der Besitz von zwei Waffen trotz Waffenverbots als erschwerend angesehen wurden. Es kann daher keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.
5. § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
"Schutz des Privat- und Familienlebens
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) - (6) ..."
Die gemäß § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen:
Vom Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093). Zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit, die über die üblichen Bindungen hinausgehen, sind jedoch nicht hervorgekommen (vgl. VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 17.11.2009, 2007/20/0955). Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu seinen Eltern und Geschwistern sowie deren Kindern liegt daher nicht vor. Zudem kann der Kontakt mittels moderner Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden. Auch sind für seine Familienangehörigen Besuche in der Türkei möglich.
Der Beschwerdeführer ist seit Dezember 2012 mit einer rumänischen Staatsangehörigen verheiratet, die über eine Anmeldebescheinigung verfügt. Der Beschwerdeführer hat keine Kinder. Durch das Aufenthaltsverbot liegt ein Eingriff in das Familienleben vor. Eine Trennung der Ehepartner ist nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. VwGH 21.05.2019, Ra 2018/19/0500 unter Hinweis auf VwGH 11.11.2013, 2013/22/0224; VwGH 07.05.2014, 2012/22/0084). Dies ist im vorliegenden Fall erfüllt. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde der Beschwerdeführer insgesamt sechs Mal strafrechtlich verurteilt. Eine Trennung von seiner Ehegattin ist daher in Kauf zu nehmen.
Der Beschwerdeführer ist seit 2001 in Österreich aufhältig. Der Beschwerdeführer hat die Berufsschulpflicht für den Lehrberuf Koch erfüllt. Der Beschwerdeführer war von 2007 bis 2011 abwechselnd berufstätig und bezog Arbeitslosengeld sowie Notstandshilfe. In den Jahren 2012 und 2013 war der Beschwerdeführer nicht berufstätig. Er bezog in diesen Jahren Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. Im Jahr 2014 war der Beschwerdeführer zwei Monate berufstätig und bezog ansonsten Notstandshilfe. Im Jahr 2015 war der Beschwerdeführer sieben Monate berufstätig und bezog fünf Monate Arbeitslosengeld. Im Jahr 2016 war der Beschwerdeführer einen Monat berufstätig und bezog ansonsten Arbeitslosengeld, Krankengeld und Notstandshilfe. Im Jahr 2017 bezog er sechs Monate Notstandshilfe, war vier Monate berufstätig und danach in Haft. Der Beschwerdeführer nahm im November und Dezember 2008 an einer Qualifizierungsmaßnahme (Tourismuskurse) des AMS teil, absolvierte von März bis April 2009 eine Lagerlogistikausbildung mit ECDL Start und im Jänner 2010 das österreichische Sprachdiplom A2. Vorgelegt wurde auch ein Arbeitsvertrag vom 16.07.2019, wonach der Beschwerdeführer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels als Koch arbeiten könne. Dieser Vertrag wurde vom Beschwerdeführer jedoch nicht unterzeichnet, sondern trägt nur eine Unterschrift des potentiellen Arbeitgebers. Weiters wurden zahlreiche Unterstützungserklärungen von verschiedenen Personen vorgelegt, unter anderem von seiner Schwester und deren Kindern, die sich für einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich aussprechen. Eine solche Unterstützungserklärung seiner Ehefrau liegt nicht vor. Sie setzte sich im gesamten Verfahren nicht für ihren Ehemann ein. Der Beschwerdeführer hat Freunde in Österreich.
Seine massive Straffälligkeit wirkt sich aber relativierend auf die erlangte Integration des Beschwerdeführers aus. Dadurch erfährt das Gewicht seines Privatlebens eine wesentliche Relativierung.
Der Beschwerdeführer verbrachte seine ersten 17 Lebensjahre in der Türkei und hat dort seine Sozialisation erfahren. Er spricht Türkisch. Er besuchte fünf Jahre die Volksschule, vier Jahre die Hauptschule und drei Jahre das Gymnasium in der Türkei. Er verbrachte auch Urlaubsaufenthalte in der Türkei. Es bestehen daher Bindungen zum Heimatstaat. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte.
Letztlich ist auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die allfällige Trennung von Familienangehörigen ebenso wie mögliche Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung im Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen sind (vgl. VwGH 09.07.2009, 2008/22/0932; 22.02.2011, 2010/18/0417) und selbst Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der alleinigen Rückkehr auftreten können, hinzunehmen sind (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180).
Zudem wurde der Beschwerdeführer auch wegen Schlepperei und damit eines Verstoßes gegen das Fremdenpolizeigesetz verurteilt und verstieß damit gegen die öffentliche Ordnung.
Ein Überwiegen der privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den öffentlichen Interessen kann daher nicht festgestellt werden. Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an öffentlicher Sicherheit war die Erlassung eines Aufenthaltsverbots im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK geboten, zumal die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen in Österreich nicht als gravierender zu werten waren als die möglichen nachteiligen Folgen einer Abstandnahme davon.
Das von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot erwies sich somit als gerechtfertigt.
4. Vom Beschwerdeführer geht eine Gefährdung der öffentlichen Interessen aus, so dass die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Sinne der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gem. § 70 Abs. 3 FPG erforderlich ist. Insofern ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten.
5. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0052 unter Hinweis auf VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Gemäß § 9 Abs. 5 FPG kann eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn der Beschwerdeführer nicht zur Einreise nach Österreich berechtigt ist und der Sachverhalt abschließend feststeht.
Eine mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war.
Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, dass die bereits in der Stellungnahme vom 02.05.2019 genannten Zeugen beantragt werden, ist dazu auf zweierlei hinzuweisen. In der genannten Stellungnahme wird keine Zeugeneinvernahme beantragt und demzufolge wird auch kein Beweisthema genannt. In der Stellungnahme werden bloß beispielhaft Personen genannt, bei denen es sich um Freunde des Beschwerdeführers handle. Auch in der Beschwerde wird nicht angeführt, zu welchem Thema Zeugen einvernommen werden sollen. Es liegt insofern nicht einmal ein tauglicher Beweisantrag vor. Zudem wurden ohnehin alle zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten berücksichtigt, weshalb selbst bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung kein für ihn günstigeres Ergebnis zu erwarten ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Durchsetzungsaufschub Gefährdungsprognose Interessen Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft ZukunftsprognoseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L524.1409527.3.00Im RIS seit
14.09.2020Zuletzt aktualisiert am
14.09.2020