TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/13 L525 2223251-1

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Veröffentlicht am 13.09.2019
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Entscheidungsdatum

13.09.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

L525 2223251-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA: Pakistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 4.7.2019, Zl. 1234957104/190630804, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird Folge gegeben und Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer - ein pakistanischer Staatsbürger - stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 23.6.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer brachte - im Wesentlichen - vor, er werde von einem näher bezeichneten pakistanischen Politiker verfolgt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4.7.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ab, erließ eine Rückkehrentscheidung und verfügte die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch. Einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt VI. aus, habe das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gelte dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung. Wie "oben ausgeführt", liege Ziffer 5 im Fall des Beschwerdeführers vor.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und wurde mit Mail vom 12.9.2019 darüber informiert, dass die Beschwerde am 10.9.2019 in Wien eingelangt sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

§ 18 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF lautet:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."

Die belangte Behörde stützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG und führt aus, wie "oben" (offenbar gemeint: in der Beweiswürdigung zum Ausreisevorbringen des Beschwerdeführers) dargelegt, sei Ziffer 5 erfüllt.

Dem hält die Beschwerde, die sich im Übrigen nicht einmal ausdrücklich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richtet, entgegen, der Beschwerdeführer habe konkret dargelegt, dass die behauptete Bedrohung nicht von einer Privatperson ausgehe, sondern von einem - näher bezeichneten - Mitglied der pakistanischen Nationalversammlung. Dieser habe viel Einfluss auf den pakistanischen Sicherheitsapparat und unterstelle dieser dem Beschwerdeführer - ebenfalls mit näherer Darlegung - dass dieser seinen Sohn zu homosexuellen Handlungen verleitet habe.

Damit zeigt die Beschwerde - im Ergebnis - eine Rechtswidrigkeit auf.

Der Tatbestand des § 6 Z 3 AsylG 1997 (nunmehr § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG) kann nur dann als erfüllt angenommen werden, wenn Umstände vorliegen, die besonders deutlich die Unrichtigkeit der erstatteten Angaben vor Augen führen. Es muss unmittelbar einsichtig ("eindeutig", "offensichtlich") sein, dass die abgegebene Schilderung tatsächlich wahrheitswidrig ist. Dieses Urteil muss sich quasi "aufdrängen", der (die) dazu führende(n) Gesichtspunkt(e) muss (müssen) klar auf der Hand liegen, sei es allenfalls auch deshalb, weil nach einem Ermittlungsverfahren "Hilfstatsachen" (zB. fehlende Kenntnis der behaupteten Stammessprache) substantiell unbestritten bleiben. Im Ergebnis setzt die erforderliche "qualifizierte Unglaubwürdigkeit" somit voraus, dass es weder weitwendiger Überlegungen noch einer langen Argumentationskette bedarf, um zu erkennen, dass das Vorbringen eines Asylwerbers nicht den Tatsachen entspricht. Insoweit stellt die Regelung des Gesetzgebers, der (u.a.) für die Fälle offensichtlich unbegründeter Asylanträge ein abgekürztes Berufungsverfahren vorsieht (§ 32 AsylG 1997), eine adäquate Reaktion dar, weil es dann bei der Entscheidung über die Asylgewährung typischerweise nur um die Klarstellung einfacher Fragen, nicht aber um diffizile Beweiswürdigungsprobleme gehen kann. Dem entspricht - bezogen auf die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes - die Rechtsprechung des VwGH, wonach das Erfordernis einer Beurteilung komplexer asylrechtlicher Zusammenhänge die Abweisung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet ausschließt (vgl dazu grundlegend VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0214).

Das erkennende Gericht hält zunächst fest, dass die belangte Behörde nicht nachvollziehbar darlegt, welche Ausführungen die belangte Behörde zum Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides nun mit "oben" konkret meint. Es wäre zunächst bereits Aufgabe der belangten Behörde ihre Überlegungen, weswegen sie den Tatbestand der "Ziffer 5" nun für erfüllt hält, aufzuzeigen. Es ist nicht Aufgabe des erkennenden Gerichtes den Bescheid gerade zu durchforsten und sich die Gründe für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung quasi selbst herauszusuchen, sondern sind diese klar und nachvollziehbar darzulegen.

Gegenständlich kann das erkennende Gericht aber auch nicht erkennen, dass das Fluchtvorbringen offensichtlich/eindeutig, also qualifiziert, unglaubhaft ist. Soweit mit "oben" die beweiswürdigenden Überlegungen der belangten Behörde gemeint sind, wird dazu festgehalten, dass damit nicht aufgezeigt wird, dass das Vorbringen qualifiziert unglaubhaft ist, wie es die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber verlangt. Die belangte Behörde auf 3,5 Seiten dargelegt, weswegen sie das Vorbringen des Beschwerdeführers für nicht glaubhaft hält und geht dabei durchaus konkret auf das Vorbringen des Beschwerdeführers ein. Damit kann aber nicht mehr davon gesprochen werden, dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers als qualifiziert unglaubhaft darstellt. Das erkennende Gericht übersieht nicht, dass die belangte Behörde mehrmals in ihrer Beweiswürdigung darlegte, sie das Vorbringen des Beschwerdeführers als widersprüchlich und völlig unglaubhaft erachtete, das erkennende Gericht kann aber in den Ausführungen noch nicht erkennenden, dass die Angaben des Beschwerdeführers derart qualifiziert unglaubhaft sind, dass ein Vorgehen in den strengen Grenzen des § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG angezeigt ist.

Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuzuerkennen.

Im Übrigen gilt es darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten ist; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung ersatzlose Teilbehebung Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L525.2223251.1.00

Im RIS seit

14.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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