TE Bvwg Beschluss 2019/9/16 L506 2223312-1

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Veröffentlicht am 16.09.2019
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Entscheidungsdatum

16.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L506 2223312-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.08.2019, Zl. XXXX :
A)

Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG idgF eingestellt.
B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein pakistanischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der Volksgruppe der Punjabi, stellte am 15.06.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Anlässlich der Erstbefragung am Tag der Antragstellung gab der BF zu seinen Ausreisegründen an, er habe in Pakistan keine Probleme, sondern habe lediglich den Wunsch gehabt, von dort wegzukommen; die finanzielle Situation in Pakistan sei für ihn nicht gut, sondern habe er nach Österreich gewollt, damit er mehr Geld habe, da man hier gut verdienen und arbeiten könne. Zu allfälligen Rückkehrbefürchtungen gefragt, gab der BF an, er habe sehr viel Geld ausgegeben und wolle er nicht zurückkehren. Er habe nicht zu befürchten, unmenschlich behandelt zu werden. Die Frage nach konkreten Hinweisen bzgl. einer allfälligen unmenschlichen Behandlung nach einer Rückkehr nach Pakistan verneinte der BF.
3. Am 12.08.2019 erfolgte eine Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dort erklärte der BF, bis dato im Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht zu haben. Er habe all seine Ausreisegründe in der Erstbefragung genannt. Gefragt nach Rückkehrbefürchtungen führte der BF aus, er könne nicht zurück, da er einen heftigen Streit gehabt habe. Er habe in XXXX Feinde getroffen, was er aus Angst, dass diese auch in Österreich auftauchen in der Erstbefragung nicht angegeben habe. Er habe nicht gewusst, was hier auf ihn zukomme und sei er nach seinem Aufgriff von der Flucht erschöpft, ängstlich und verwirrt gewesen. Bei der ersten Befragung seien keine richtigen Angaben gemacht worden. Pakistan habe er vor 3,5 Jahre verlassen und laufe dort ein Strafverfahren gegen den BF; auf dem Weg vom Lager zur Grenze sei er in XXXX seinen Gegnern begegnet. In Pakistan hätten Unbekannte aus seinem Dorf eine Ziege gestohlen; der BF habe mit Freunden die Personen verfolg und sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen, bei denen einem Dieb das Bein gebrochen worden sei. Dieser habe den BF und seine Freunde bei der Polizei angezeigt. Es würde sich dabei um Angehörige einer kriminellen Gruppe handeln. Das Verfahren laufe noch und seien seine Freunde in Haft; mit dieser Gruppe habe er Probleme in XXXX gehabt, da Angehörige mit großen Schwertern und Pistolen auf den BF zugekommen seien, als er mit fünf anderen Personen zur Grenze nach XXXX unterwegs gewesen sei. Er habe flüchten können; daher sei sein Leben in Pakistan in Gefahr.
4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.08.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gem. § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG, BGBl Nr 87/2012 idgF die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII.) und gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG BGBl 100/205 idgF wurde gegen den BF ein auf ein Jahr befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt VIII.).
Das BFA hielt fest, dass eine Verfolgung des BF aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten nicht habe festgestellt werden können.
Das BFA führte beweiswürdigend aus, dass der BF in der Erstbefragung ausschließlich wirtschaftliche Gründe für seine Asylantragstellung angegeben habe und habe er in der darauffolgenden Einvernahme offensichtlich versucht, sein Vorbringen zu steigern, indem er Probleme in Pakistan aufgrund eines Streites, bei dem er geschlagen worden sei, angegeben habe; er sei aufgrund dessen angezeigt worden und sei ein Haftbefehl existent. Als Begründung für dieses zeitverzögerte Vorbringen habe er erklärt, dass er Angst gehabt und auf der Reise nach Österreich zu viel erlebt habe. Der BF habe dieses neue Vorbringen nicht detailliert zu schildern vermocht und sei nicht plausibel, dass dieser Vorfall von anderen Dorfbewohnern gefilmt worden sein soll und sich diese sonst passiv verhalten haben sollen. Der BF habe den Vorfall weder zeitlich einordnen noch angeben können, welch Personen beteilig gewesen seien, sondern habe lediglich die Geschichte in den Raum gestellt. Auch habe der BF weder einen Haftbefehl noch andere Beweismittel vorlegen können, doch hätte auch die Vorlage solcher Beweismittel nichts ändern können, da die Identität des BF nicht feststehe und kein Zusammenhang zu seiner Person festgestellt werden könne. Auch sei nicht logisch nachvollziehbar, dass der BF von Angehörigen der genannten Gruppe auf dem Fußweg zur Grenze nach XXXX auch in XXXX bedroht worden sei, da er in der Erstbefragung erklärt habe, schlepperunterstützt mit einem Auto nach XXXX gereist zu sein.

Der BF habe auch nicht ausführen können, um welche Gruppe, welche sich auf der ganzen Welt verteilen, es sich hiebei gehandelt haben solle und sei zudem nicht nachzuvollziehen, wie Angehörige der Gruppe genau zur selben Zeit am selben Ort in XXXX , einem Land mit 3, 507 Einwohnern habe sein können und den BF aufgrund eines Fotos habe identifizieren können; auch bleibe völlig offen, wie die Gruppe zu einem Foto des BF gelangen habe können, da während des Streites niemand aus der Gruppe ein Foto vom BF gemacht habe.

Das gänzlich neue Vorbringen des BF in der Einvernahme erschüttere die Glaubwürdigkeit seiner Angaben massiv.

Auch sei das ausreisekausale Vorbringen und der Zeitpunkt der Asylantragstellung nicht in Einklang zu bringen, da der BF angegeben habe, bereits im Jahr 2016 seinen Herkunftsstaat verlassen zu haben und nunmehr drei Jahre später in Österreich einen Asylantrag stelle.
Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.
Das BFA hielt weiters fest, dass die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung für den Beschwerdeführer keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle und traf Ausführungen zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, da wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, Tatsachenwidrigkeit der Angaben des BF vorliege. Zum Einreiseverbot in der Höhe eines Jahres verwies das BFA auf die Mittellosigkeit des BF und die Tatsache, dass sich dieser in Grundversorgung befinde und keiner eigenen Erwerbstätigkeit nachgehe. Überdies sei im Zuge der zu erstellenden Gefährdungsprognose zu berücksichtigen, dass der BF aufgrund der missbräuchlichen Asylantragstellung die österreichische Rechtsordnung missbraucht habe.
5. Gegen oa. Bescheid erhob der BF durch seinen Vertreter binnen offener Frist vollumfänglich Beschwerde. Zu deren Inhalt im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).
6. Die Beschwerde samt bezug habendem Verwaltungsakt langte am 11.09.2019 in der hg. Gerichtsabteilung ein.
7. Am 13.09.2019 wurde durch den Vertreter des BF bekanntgegeben, dass auf ausdrücklichen Wunsch des BF die Beschwerde vom 06.09.2019 gegen den angefochtenen Bescheid des BFA zurückgezogen werde.
8. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde und des Inhaltes der eingebrachten Zurückziehung der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin
1.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.
1.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.
2. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer hat durch seinen Vertreter die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des BFA ausdrücklich zurückgezogen.

3. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen resultieren aus den Angaben des Vertreters des BF im Schriftsatz vom 13.09.2019.
4. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
4.1. Gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd. § 31 Abs. 1 VwGVG. Eine Verfahrenseinstellung ist unter anderem dann vorzunehmen, wenn die Beschwerde rechtswirksam zurückgezogen wurde (VwGH 29.04.2015, Zl. Fr. 2014/20/0047).

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz seines bevollmächtigten Vertreters, welcher inder erteilten Vollmacht ausdrücklich ua dazu befugt ist, rechtsmittel zurückzunehmen, vom 13.09.2019 die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des BFA ausdrücklich zurückgezogen.

Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Für einen Rechtsmittelverzicht bestehen grundsätzlich keine besonderen Formerfordernisse, daher ist auch die Zurückziehung der Beschwerde einem Beschwerdeverzicht gleichzuhalten. Eine solche Zurückziehung ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (§ 17 iVm. § 13 Abs. 7 AVG). Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist, sodass die Einstellung des betreffenden Verfahrens – in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang – auszusprechen ist (siehe Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015], Rz 20 zu § 7 VwGVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2013], K 5 ff. zu § 7 VwGVG).

Da im gegenständlichen Fall eine ausdrückliche und unmissverständliche Erklärung des Beschwerdeführers frei von Willensmängeln vorliegt, war das Beschwerdeverfahren spruchgemäß gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG einzustellen.
Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L506.2223312.1.01

Im RIS seit

14.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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