TE Bvwg Beschluss 2019/9/19 L526 2152116-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2019
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Entscheidungsdatum

19.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

L526 2152155-1/8E

L526 2152154-1/6E

L526 2152113-1/6E

L526 2152116-1/6E

L526 2152120-1/6E

L526 2152153-1/6E

L526 2189438-1/4E

BESCHLUSS

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung -Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung -Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Irak, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung -Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Irak, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung -Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Irak, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung -Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung -Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Irak, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung -Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführer (im Weiteren kurz "BF" oder gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch "BF1" bis "BF7" genannt) sind irakischer Staatsbürger bzw. Staatsbürgerinnen. BF1 und BF2 sind verheiratet. BF1 ist der Vater und BF2 ist die Mutter der BF3 bis BF7. BF6 ist volljährig. Die übrigen BF sind minderjährig.

BF1 und BF2 stellten am 26.03.2015 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf internationalen Schutz und wurden am 27.03.2015 einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Dort gab BF1 an, dass in seinem Land Krieg herrsche und sein Vater getötet worden sei. BF2 gab an, sie seien von Milizen bedroht worden.

I.2. Am 10.01.2017 wurden BF1 und BF2 durch die belangte Behörde, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Weiteren kurz "bB" genannt) niederschriftlich einvernommen. Anlässlich dieser Einvernahme gaben beide BF im Wesentlichen an, BF1 habe einen Drohbrief erhalten, welchen der Vater des BF1 gefunden habe. Dieser sei dann erschossen worden. Die Familie habe sich zu den Eltern der BF2 begeben und sei, als der IS in diesem Bezirk tätig wurde und etwa Kindesentführungen beging, ausgereist. Die BF mutmaßten, dass sie wegen des Interesses des BF1 für die christliche Religion bedroht wurden. Die Familie habe einen christlichen Freund gehabt, mit dem die BF in der Öffentlichkeit Umgang hatten und mit dem BF1 auch zur Kirche ging. Er sei wahrscheinlich bedroht worden, da er von vielen Leuten gesehen wurde, die wohl angenommen hätten, er würde nun Christ werden. BF1 sei noch immer Moslem, aber er interessiere sich für die christlichen Lehren und habe vor, zu konvertieren. Auf Vorhalt, dass die BF anlässlich ihrer Erstbefragung angegeben hätten, sie seien Moslams, wiesen sie darauf hin, dass sie noch kein christliches Taufzeugnis hätten. Auf Vorhalt, dass sie anlässlich ihrer Ersteinvernahme nichts von dem Interesse des BF1 am christlichen Glauben erzählt hätten, gab BF1 an, dass sie nicht viel gefragt worden seien und nicht die Zeit war, alles vorzubringen. BF2 gab an, sie habe alles erzählt.

Zum Akt genommen wurden folgende Dokumente:

- Ablichtungen von verschiedenen Ausweisen und ein weiteres Dokument in arabischer Sprache

- Empfehlungsschreiben sowie eine Bestätigung eines Bischofsvikars, aus welcher hervorgeht, dass die Familie regelmäßig den Gottesdienst besuche und seit dem Jahr 2016 an einem Taufkurs teilnehme und die Aufnahme in das Katechumenat mit 9.10.2016 erfolgt sei; die Familie gehöre damit bereits der Gemeinschaft der Kirche an und werde aller Voraussicht nach in der Osternacht getauft werden.

I.3. Mit Bescheid vom XXXX wies die bB den Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 28.04.2018 erteilt.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes wird in dem an BF1 adressierten Bescheid ausgeführt, dass dieser BF anlässlich seiner Erstbefragung nur auf die allgemeine Situation im Heimatland Bezug genommen habe. Die BF hätten auch angegeben, Moslems und Araber zu sein. Den "fluchtgrundsteigernden" Angaben, wonach er Christ werden wolle, habe kein Glauben geschenkt werden können. Er habe auch nicht schlüssig und nachvollziehbar erklären können, weshalb irgendwer im Irak wissen sollte, dass er sich für die christliche Lehre interessiert habe.

Rechtlich führte die bB aus, dass BF1 die Gefahr einer Verfolgung nach den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention nicht habe plausibel machen können. Auch pro futuro habe keine asylrelevante Bedrohung festgestellt werden können.

In Bezug auf Spruchpunkt II wurde ausgeführt, dass die Lage im Herkunftsstaat noch instabil sei und die Behörde von einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausginge.

In den Bescheiden zu den Verfahren der BF2 bis BF7 wird lediglich auf die Begründung im Bescheid des BF1 verwiesen.

I.4. Mit Verfahrensanordnung vom 7.3.2017 wurde den BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig beigestellt.

I.5. Gegen den Bescheid wurde binnen offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1 Feststellungen:

Die bB hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen, weshalb dieser zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde nicht hinreichend feststand. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des festzustellenden Sachverhaltes wird auf die unter Punkt I getroffenen Ausführungen verwiesen.

II.2 Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in die behördlichen Verwaltungsakte unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben der BF, der Bescheidinhalte sowie des Inhaltes der gegen die Bescheide der bB erhobenen Beschwerden.

Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

II.3 Rechtliche Beurteilung:

II.3.1 Zuständigkeit, Entscheidung durch die Einzelrichterin

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Das oa. Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur -soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft- anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme der genannten Einschränkungen die im Erk. des VwGH vom 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG).

Hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis bzw. Entscheidungsverpflichtung geht der Gesetzgeber bei den Verwaltungsgerichten vom Primat der Sachentscheidung aus, wenn er festlegt, dass gem. § 28 Abs. 1 VwGVG das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen,

- wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,

- wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder

- bloß ansatzweise ermittelt hat.

- Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

In seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 befasste sich der EuGH mit der Frage, ob nationale Bestimmungen, welche dem Verwaltungsgericht die amtswegige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts - bei entsprechender Untätigkeit der Behörde - der in der europarechtlichen Judikatur geforderten Objektivität und Unvoreingenommenheit des Gerichts entgegenstehen. Nach seiner Ansicht können die Gerichte nach den nationalen Verfahrensregeln zwar verpflichtet sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorlage solcher Beweise zu fördern, doch können sie nicht verpflichtet sein, anstelle der genannten Behörden die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die nach dem Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281) diese Behörden vorzubringen haben. Werden diese Rechtfertigungsgründe wegen der Abwesenheit oder der Passivität dieser Behörden nicht vorgebracht, müssen die nationalen Gerichte alle Konsequenzen ziehen dürfen, die sich aus einem solchen Mangel ergeben. Der EuGH führte weiters aus, dass die Art. 49 und 56 AEUV, wie sie insbesondere im Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281), ausgelegt wurden, im Licht des Art. 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Verfahrensregelung, nach der in Verwaltungsverfahren das Gericht, bei der Prüfung des maßgeblichen Sachverhalts die Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache von Amts wegen zu ermitteln hat, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung nicht zur Folge hat, dass das Gericht an die Stelle der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu treten hat, denen es obliegt, die Beweise vorzulegen, die erforderlich sind, damit das Gericht eine entsprechende Prüfung durchführen kann. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich zwar auf ein Verwaltungsstrafverfahren, sie sind nach ho. Ansicht jedoch auch im gegenständlichen Fall anwendbar.

Im Lichte einer GRC-konformen Interpretation der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wonach das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden hat, finden diese jedenfalls dort ihre Grenze, wenn das Gericht an die Stelle der zuständigen belangten Behörde zu treten hätte, der es obliegt, dem Gericht die Beweise iSd Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts vorzulegen. Wird diese Grenze überschritten ist das Gericht ermächtigt - wenn nicht sogar verpflichtet - eine kassatorische Entscheidung iSd § 28 Abs. 3 VwGVG zu treffen.

II.3.2. Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus Folgendes:

II.3.2.1. Eingangs ist zu erwähnen, dass die gegenständlichen Bescheide schon durch gravierende Begründungsmängel mit Rechtswidrigkeit behaftet sind.

Die Bescheide, die sich auf BF2 bis BF7 beziehen, enthalten keine Begründung, sondern wird jeweils auf das Verfahren des BF1 verwiesen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass Bescheide im Asylverfahren für jeden Antragsteller den Sachverhalt darzulegen haben, eine Beweiswürdigung und darauf basierend eine rechtliche Beurteilung zu erfolgen hat.

II.3.2.2. Ferner sieht sich das Bundesverwaltungsgericht auch veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:

Gemäß § 45 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, welcher auch für die belangte Behörde maßgeblich ist, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen sind ausweislich des § 60 AVG notweniger Teil der Begründung des Bescheides.

Daraus folgt, dass die Begründung des Bescheides erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass der festgestellte Sachverhalt vorliegt. Dabei muss nachvollziehbar sein, dass die Ausgangsgrundlagen des gedanklichen Verfahrens in einem einwandfreien Verfahren gewonnen wurden sowie welche Schlüsse in welcher Gedankenfolge mit welchem Ergebnis hieraus gezogen wurden (VwGH 03.09.2002, Zl. 2002/09/0055). Aus der Begründung muss außerdem hervorgehen, ob die gezogenen Schlüsse den Gesetzen folgerichtigen Denkens und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0054). Zu diesem Zweck ist anzugeben, welche Ermittlungen durchgeführt bzw. welche Beweismittel herangezogen wurden und welche tatsächlichen Feststellungen darauf im Einzelnen gegründet wurden (VwGH 17.08.2000, Zl. 99/12/0254; 28.09.1992, Zl. 92/10/0101).

Das AVG erfordert eine fallbezogene Beweiswürdigung (VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0458). Bei Widersprüchen allerdings zwischen den Behauptungen und den Angaben der Verfahrenspartei und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen. Eine dem § 60 AVG entsprechende Entscheidungsbegründung muss zu widersprechenden Beweisergebnissen im einzelnen Stellung nehmen und schlüssig darlegen, was die Behörde veranlasst hat, dem einen Beweismittel mehr Vertrauen entgegenzubringen als dem anderen; die dabei vorgenommenen Erwägungen müssen schlüssig sein, das heißt mit den Gesetzen der Logik und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut im Einklang stehen (VwGH 25.05.2016, Zl. 2013/06/0097).

Darüber hinaus wird § 60 AVG auch durch die Feststellung allein, das Vorbringen einer Partei sei unglaubwürdig, nicht Rechnung getragen, sondern nur dann, wenn die Behörde mit tragfähigen Argumenten aufzeigt, warum sie diese Auffassung vertritt (VwGH 30.09.2004, Zl. 2002/20/0599). Schließlich genügt es nicht, dass die Behörde ihre Beweiswürdigung auf isolierte Überlegungen stützt, die zumindest zum Teil nicht ungeeignet erscheinen, zur Lösung beizutragen, die aber für sich allein und ohne Bedachtnahme auf den Gesamtkontext des Vorbringens, ohne Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit der Partei und ohne Auseinandersetzung mit der aktuellen Berichtslage betreffend Vorfälle der behaupteten Art nicht ausreichen, um die Entscheidung nachvollziehbar zu begründen (VwGH 26.11.2003, Zl. 2003/20/0389).

In Bezug auf BF1 erschöpfen sich die Ausführung der bB in Bezug auf Spruchpunkt I damit, dass den "fluchtgrundsteigernden Angaben", wonach er Christ werden wolle, nicht geglaubt werden konnte, ohne jedoch auszuführen, worin genau diese Steigerung liegt.

Ferner hat es die bB unterlassen, ein vorgelegtes Beweismittel zu würdigen, in welchem den BF bescheinigt wird, sie wären Mitglied der christlichen Gemeinde in ihrem jetzigen Wohnort und würden in absehbarer Zeit getauft werden. In der Aussage, BF1 wolle Christ werden, vermag das Bundesverwaltungsgericht keine Steigerung zu erkennen.

Sofern die bB darauf abzielt, dass die BF anlässlich ihrer Erstbefragung noch nichts von ihrem bereits im Irak bestehenden Interesse am christlichen Glauben erwähnt hätten, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Erstbefragung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 zufolge nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat und gegen eine unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen Bedenken bestehen (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0061 mwN).

Im gegenständlichen Fall ist zudem darauf hinzuweisen, dass BF1 angegeben hat, sein Vater wäre im Irak umgebracht worden und dies im weiteren Verlauf des Verfahrens mit seinem Interesse am christlichen Glauben erklärt. Das Vorbringen in Bezug auf die Ermordung des Vaters übergeht die bB gänzlich.

Zudem erweist sich die Ansicht der bB, BF1 habe nicht schlüssig und nachvollziehbar angeben können, weshalb irgendjemand im Irak hätte wissen sollen, dass er sich für die christliche Lehre interessiere, nicht verständlich, als BF1 anlässlich seiner Befragung durch die bB angab, die Familie habe sich mit einem christlichen Freund öffentlich gezeigt und BF1 sei mit diesem zur Kirche gegangen, wo er von vielen Menschen gesehen wurde.

Insgesamt verabsäumt es die bB, sich mit dem Vorbringen der BF und dem - nur lückenhaft erhobenen Sachverhalt; siehe dazu auch die Ausführungen unter 2. - im Detail auseinanderzusetzen und mit tragfähigen Argumenten aufzuzeigen, weshalb dem Vorbringen der BF nicht gefolgt werden konnte.

Der Verwaltungsgerichtshof betont in dieser Hinsicht, dass § 18 AsylG 2005 für das Asylverfahren eine Konkretisierung der aus § 37 AVG iVm § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde darstellt, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen (VwGH 20.10.2015, Ra 2015/18/0082 bis 0087 mwN).

Überdies verpflichtet § 18 AsylG 2005 die Asylbehörden, in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Die Asylbehörden haben davon ausgehend in der Beweiswürdigung den realen Hintergrund der vom Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in ihre Überlegungen einzubeziehen und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen auch im Vergleich zur einschlägigen Berichtslage zu messen (VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0108). Erforderlich ist eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eben die Auseinandersetzung mit einschlägigen und im Hinblick auf das Vorbringen des Asylwerbers relevanten Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, Zl 2003/20/0389). Die Asylbehörden sind von dieser Ermittlungspflicht selbst dann nicht entbunden, wenn die vom Beschwerdeführer gegebene Schilderung von vornherein als kaum glaubwürdig und als irreal erscheint (VfGH 02.10.2001, B 2136/00).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liegt schließlich ein willkürliches Verhalten, das in die Verfassungssphäre eingreift, etwa im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. jüngst VfGH 20.02.2015, E 1278/2014 mwN).

Im Sinn der vorstehend zitierten Rechtsprechung erweisen sich die getroffenen Feststellungen und die Beweiswürdigung der belangten Behörde sowie die darauf basierenden rechtlichen Schlussfolgerungen als mangelhaft. Zusammengefasst setzt sich die bB mit den vorgelegten Beweismitteln sowie auch Teilen der vorgetragenen Fluchtgeschichte in keiner Weise auseinander.

II.3.2.3. Der angefochtene Bescheid erweist sich auch in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt als mangelhaft; dies aus folgenden Gründen:

Unter den unter II.3.1. angeführten Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid zunächst unter Ermittlungsmängeln in Bezug auf die von den BF dargelegten ausreisekausalen Vorfälle, zumal die diesbezügliche Befragung der BF nur oberflächlich erfolgte und zentrale Punkte der von den BF erwähnten Geschehnissen gänzlich unerörtert geblieben sind bzw. nicht hinterfragt wurden.

Offen bleibt für den Leser des Einvernahmeprotokolls zunächst die Frage nach der Involvierung des Vaters des BF1 und den Umständen seiner Ermordung, von welcher BF1 bereits anlässlich der Erstbefragung berichtete.

Auch in Bezug auf die Drohbotschaft und die dahinterstehenden Personen werden keine vertiefenden Fragen gestellt.

Als lückenhaft erweist sich ferner das Bild über die von der Familie im Irak verbrachte Zeit nach der behaupteten Drohung bis zu denen Ausreise.

Die BF behaupten, im Irak wegen ihres Interesses am christlichen Glauben und einer Freundschaft zu einem Christen verfolgt worden zu sein. Die bB überging dieses Vorbringen gänzlich und unterließ es, sich mit der Frage des Vorliegens einer asylrelevanten Verfolgung oder Gefährdung im Rückkehrfall auseinanderzusetzen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 idgF kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Die BF legten im Verfahren vor der bB eine Bestätigung vor, wonach sie die Feier der Aufnahme in das Katechumenat bereits absolviert hätten und damit schon als Teil der kirchlichen Gemeinschaft gesehen werden könnten und voraussichtlich zu den kommenden Osterfeiertagen getauft werden sollten (die Taufe wurde tatsächlich am 29.04.2017 vollzogen).

Die bB unterlässt es auch, sich mit der Frage auseinanderzusetzen ob aufgrund der in Österreich dokumentierten Aktivitäten die Gefahr einer Verfolgung im Rückkehrfall besteht. Zur Ansicht der bB, wonach es sich hier um eine Steigerung im Vergleich zur Erstaussage handelt, wird auf die unter II.3.2.2. getätigten Aussagen verwiesen.

Nach st Rsp des VwGH ist von den Asylbehörden zu erwarten, dass sie insoweit, als es um Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern geht, von den zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten Gebrauch machen und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einbeziehen (vgl. das hg. Erk.

vom 11.11.2008, 2007/19/0279, mwN zur Pflicht der Asylbehörden, von Amts wegen aktuelles Berichtsmaterial heranzuziehen, sowie das hg. Erk. v. 19.3.2009, 2008/01/0738).

In diesem Zusammenhang unterließ es die bB auch, Feststellungen zur Situation von Christen im Irak zu tätigen und damit den realen Hintergrund der vorgetragenen Fluchtgeschichte zu überprüfen.

Vollkommen offen bleibt auch, welche fallbezogenen Erwägungen aus der vorgelegten Urkunde in arabischer Sprache (AS 137) abgeleitet werden, zumal die bB auch eine Auseinandersetzung mit dieser in Vorlage gebrachten Urkunden gänzlich schuldig bleibt.

In einer Gesamtbetrachtung hat die bB damit jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeiten zu zentralen Themen des Vorbringens unterlassen (etwa zur Ermordung des Vaters des BF1 oder zur Frage einer möglichen Gefährdung im Rückkehrfall) und in weiteren Punkten (das fluchtkausale Ereignis und die an BF1 gerichtete Drohung) nur ansatzweise ermittelt. Durch die Negierung des Vorbringens in Bezug auf die (bevorstehende) Aufnahme der BF in die Gemeinschaft einer christlichen Kirche und Taufe der BF trotz konkreter Ankündigung sowohl von Seiten der BF im Verfahren der bB oder des dort vorgelegten Schreibens des Bischofsvikars, erweckt die Verwaltungsbehörde auch den Eindruck, das Verfahren vorschnell abgeschlossen zu haben, damit Ermittlungen im Hinblick auf mögliche Gefährdungen aufgrund einer Konversion zum Christentum im Irak vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommen werden.

Aufgrund der gravierenden Ermittlungslücken kann aber von der erkennenden Richterin nicht nachvollzogen werden, aufgrund welcher Sachverhaltselemente die bB davon ausgeht, dass die BF kein asylrelevantes Vorbringen erstattet hätten und sich keine Gefährdung im Falle ihrer Rückkehr für sie ergeben würde. Weder erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt, noch ergibt sich aus den bisherigen Ermittlungen sonst zweifelfrei, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspräche.

Insbesondere ist im gegebenen Fall aus obigen Erwägungen davon auszugehen, dass es sich aufgrund der zentralen Bedeutung der behördlichen Einvernahme für die Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes sowie das Unterlassen von weiterführenden, den Sachverhalt erhellenden, Fragen um gravierende Ermittlungslücken im Sinne der Erkenntnisse des VwGH, Ra 2014/03/0054 vom 30.06.2015 sowie VwGH, Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016, handelt.

Es kann nicht Sache des Bundesverwaltungsgerichtes sein, die im gegenständlichen Fall dazu erforderlichen - jedoch im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wesentlich mangelhaft gebliebenen - Ermittlungen nachzuholen, um dadurch erst zu den erforderlichen Entscheidungsgrundlagen zu gelangen.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht liegt nicht im Sinne des Gesetzes, insbesondere bei Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist und weil eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll. Ausgehend von diesen Überlegungen war im vorliegenden Fall eine kassatorische Entscheidung zu treffen.

Zur Ermittlung des Sachverhaltes im gegenständlichen Fall wird die bB im fortgesetzten Verfahren ein umfassendes Ermittlungsverfahren inklusive einer umfassenden Einvernahme der BF zu den behaupteten Ausreisegründen, Nachfluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen zu führen haben.

Die bB wird auch aktuelle und vor allem sachverhaltsbezogene Feststellungen zur Lage im Irak, insbesondere zur der Lage von Christen und Konvertiten in der Herkunftsregion der BF, zu treffen und die Glaubwürdigkeit der Behauptungen auch im Vergleich zur einschlägigen Berichtslage zu messen haben. Dazu wird die bB auch zu erheben habe, woher die BF genau stammen bzw. im Falle einer Rückkehr leben würden und ob dort aktuelle Fälle von Übergriffen auf Christen bzw. Konvertiten verzeichnet sind.

Der Vollständigkeit halber sei auch noch darauf hinzuweisen, dass der Inhalt des Beschwerdeschriftsatzes und die zwischenzeitig vorgelegten Dokumente, vor allem die vorgelegten Taufscheine, nunmehr Teil des durch die bB zu berücksichtigenden Sachverhaltes ist. Hingewiesen wird auch auf das weitere Vorbingen in der Beschwerde, etwa in Bezug auf mögliche Gefährdungen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit oder der mittlerweile eingetretenen westlichen Orientierung der BF und sich einer daraus ergebenden möglichen Verfolgung.

Wie oben dargelegt, kann aus den Argumenten der bB auch nicht von einer den angefochtenen Bescheid tragenden, schlüssigen Begründung ausgegangen werden. Die bB wird zwingend auf das durch die BF behauptete konkrete ausreisekausale Vorbringen und ihre Rückkehrbefürchtungen einzugehen haben und ihre Entscheidungen mit einer Begründung zu versehen haben, die den unter II.3.2.2. dargelegten Anforderungen entspricht. Überdies wird die bB ihre rechtliche Beurteilung derart zu gestalten haben, dass die Voraussetzungen der von ihr angewendeten Rechtsnormen eingehend geprüft und der von ihr festgestellte Sachverhalt unter diese Normen nachvollziehbar subsumiert wird.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der angefochtene Bescheid zu beheben war.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Begründungsmangel Begründungspflicht Beweiswürdigung Christentum Ermittlungspflicht Familienverfahren gesteigertes Vorbringen Kassation Konversion mangelnde Sachverhaltsfeststellung Minderjährigkeit religiöse Gründe Volksgruppenzugehörigkeit westliche Orientierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L526.2152116.1.00

Im RIS seit

14.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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