Entscheidungsdatum
25.09.2019Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
L504 2223393-1/5Z
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. Türkei, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.08.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) In Teilerledigung der Beschwerde wird dieser hinsichtlich der Spruchpunkte IV. und V. gem. § 55 Abs 4 FPG und § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG stattgegeben und diese Spruchpunkte behoben.
Gemäß § 55 Abs 1 u. Abs 2 FPG wird festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
Das Bundesamt hat mit verfahrensgegenständlichem Bescheid in Bezug auf den türkischen Staatsangehörigen nachfolgenden Bescheid/Spruch erlassen:
"[...]
I. Gemäß § 52 Abs. 4 Z. 4 Fremdenpolizeigesetz i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen.
II. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 Fremdenpolizeigesetz in die Türkei zulässig ist.
III. Gemäß § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Z. 5 Fremdenpolizeigesetz wird gegen Sie ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.
IV. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wird eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.
V. Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-Verfahrensgesetz wird die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt.
[...]"
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben.
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Am 18.08.2017 wurde die bP vom Landesgericht wegen §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall, 88 Abs 3 und Abs 4 zweiter Fall StGB für schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren unbedingt verurteilt. Die bP befindet sich aktuell in Strafhaft.
Im Jänner 2018 hat das Bundesamt ein Aufenthaltsbeendigungsverfahren eingeleitet und schließlich gegenständlichen Bescheid am 14.08.2019 erlassen. Unter anderem leben die österreichische Ehegattin und die aus dieser Beziehung stammenden minderjährigen Kinder, welche ebenfalls österr. Staatsangehörige sind, in Österreich. Erhebliche familiäre und private Bindungen sind in Österreich gegeben.
Die belangte Behörde hat im Bescheid nicht konkret und mit Substanz dargelegt, warum die Aufenthaltsbeendigung nach diesem über eineinhalb Jahre dauernden Verfahren nunmehr im Rechsmittelverfahren sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat und ergibt sich dies auch nicht aus der Aktenlage.
2. Beweiswürdigung
Der für diese Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.
3. Rechtliche Beurteilung
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
Zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden genügt es nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl. VwGH 12.9.2013, 2013/21/0094; VwGH 3.7.2018, Ro 2018/21/0007).
Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053).
Fallbezogen ergibt sich aus dieser Judikaturlinie:
Die bP wurde bereits im August 2017 rechtskräftig verurteilt. Die belangte Behörde hat sodann im Jänner 2018 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und erst nach über eineinhalb Jahren in der Sache entschieden, ohne, dass ersichtlich wäre, dass die erhebliche Verzögerung in einem umfangreichen Ermittlungsverfahren begründet gewesen wäre.
Das Bundesamt hat im Bescheid nicht konkret ausgeführt, warum nun erst im Rechtsmittelverfahren eine derartige Eile gegeben ist, dass die sofortige Ausreise - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - tunlich wäre.
Das Verwaltungsgericht gelangt daher zur Erkenntnis, dass die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 18 Abs 2 Z1 BFA-VG nicht vorlagen bzw. vorliegen, weshalb Spruchpunkt V. und IV. zu beheben waren.
Gemäß §§ 55 Abs 1 iVm Abs 2 FPG beträgt somit die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erschien.
Von einer Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung konnte auf Grund bei der bP gegebener Deutschkenntnisse verzichtet werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung Behebung der Entscheidung freiwillige Ausreise Frist Fristverlängerung strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft TeilerkenntnisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L504.2223393.1.00Im RIS seit
14.09.2020Zuletzt aktualisiert am
14.09.2020