TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/31 I405 1421227-2

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Veröffentlicht am 31.01.2020
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Entscheidungsdatum

31.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 1421227-2/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Mag. Laszlo SZABO, Claudiaplatz 2, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2016, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt I. (erster Satz) zu lauten hat:

"Eine ?Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 14.02.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom 25.08.2011 wies das Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß "§ 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" und gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" als unbegründet ab; zugleich verfügte die belangte Behörde gemäß "§ 10 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG" die Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet nach Nigeria.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit dem am 07.09.2011 übermittelten Schriftsatz Beschwerde an den Asylgerichtshof.

4. Der BF wurde erstmals mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 05.12.2011, XXXX, wegen §§ 27 Absatz 1 Z. 1 8. Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate auf 3 Jahre bedingt, rechtskräftig verurteilt.

5. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 14.03.2012, Zl. XXXX, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Rückkehrverbot verhängt.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 13.02.2013, Zl. XXXX, wurde der BF wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG, §3 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.09.2015, Zl. XXXX, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesamtes vom 25.08.2011 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid im Umfang des Spruchpunktes III. aufgehoben und die Angelegenheit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

8. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) vom 19.11.2015 wurde der BF im Rahmen des Parteiengehörs aufgefordert, die Fragen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen zu beantworten und entsprechende Belege vorzulegen, wovon der BF jedoch keinen Gebrauch machte.

9. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 05.02.2016 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gleichzeitig wurde gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gem. § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

10. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde vom 21.02.2016 begründete der BF damit, dass der BF eine Lebensgefährtin habe, die österreichische und wohl auch französische Staatsbürgerin sei. Die Tatsache der Staatsbürgerschaft würde sowohl zum derzeitigen Zeitpunkt als auch im Falle einer künftigen Eheschließung eine wichtige Rolle spielen.

11. Am 01.02.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seiner rechtsfreundlichen Vertretung, einer Dolmetscherin für die Sprach Englisch und einer Vertrauensperson des BF statt. Aufgrund des seit der letzten Verhandlung verstrichenen Zeitraumes fand am 03.12.2019 fand eine weitere mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht statt, zu der lediglich die rechtsfreundliche Vertretung des BF erschienen ist; dieser gab an, dass er zuletzt am 21.11.2019 Kontakt zum BF gehabt habe, dieser sich aber danach nicht mehr gemeldet habe sowie das Vollmachtverhältnis aufrechtbleibe. Daraufhin wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des BF aufgetragen, innerhalb einer Frist von zwei Wochen zum aktuellen Aufenthalt des BF sowie zu dessen Privat- und Familienleben schriftlich Stellung zu nehmen.

12. In der Folge übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter Integrationsunterlagen (die aktuellsten aus dem Jahr 2018) des BF, ohne jedoch Auskunft über seinen Aufenthalt oder zu seinem Familienleben zu geben.

13. Daraufhin wurde eine Aufenthaltsermittlung seitens des erkennenden Gerichts eingeleitet, welche ergab, dass der BF an seiner Meldeadresse nicht aufhältig ist.

14. Mit Schriftsatz vom 07.01.2020 wurde die rechtsfreundliche Vertretung des BF aufgefordert, dem erkennenden Gericht innerhalb einer zweiwöchigen Frist die neue Meldeadresse des BF samt Meldezettel bekanntzugeben. Der rechtsfreundliche Vertreter des BF ist diesem Auftrag jedoch bis dato nicht nachgekommen.

15. Einer von der belangten Behörde übermittelten Abfrage zufolge wird von der Staatsanwaltschaft Wien nach dem BF wegen des Verbrechens gem. § 28a SMG gefahndet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Feststellungen zur Person des BF:

Der BF ist volljährig, ledig und kinderlos, er ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er bekennt sich zum christlichen Glauben. Die Identität des BF steht nicht fest.

Der BF stellte am 14.02.2011 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde bereits rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.09.2015, Zl. XXXX, negativ entschieden.

Der BF leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist sie längerfristig pflege- oder rehabilationsbedürftig. Der BF ist arbeitsfähig. Der BF hat in Nigeria die Grundschule besucht. Vor seiner Ausreise aus Nigeria war er als Busschaffner und Kuhtreiber tätig. Trotz mehrjähriger Abwesenheit ist er mit den gesellschaftlichen Grundstrukturen Nigerias weiterhin vertraut.

Der BF geht in Österreich keiner geregelten Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der BF besuchte mehrere Sprachkurse und hat auch qualifizierte Sprachprüfungen abgelegt, zuletzt auf dem Niveau B1. Zudem hat er Vorbereitungskurse für den Pflichtschulabschluss besucht. Der BF hat sich auch ehrenamtlich Tätigkeiten für das Team Österreich verrichtet. Er verfügt über zahlreiche Bekannt und Freunde.

Der BF führte ab 2014 bis zur mündlichen Verhandlung am 01.02.2018 eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen, welche in XXXX wohnhaft ist. Sie wohnten nicht im gemeinsamen Haushalt. Der BF half ihr im Haushalt mit, wenn sie sich sahen und wurde von ihr finanziell unterstützt. Da der aktuelle Aufenthaltsort des BF nicht feststeht und auch keine aktuellen Angaben zum Privat- und Familienleben des BF gemacht wurden, kann nicht festgestellt werden, ob diese Beziehung noch aufrecht ist.

Der BF weist in Österreich zwei strafgerichtliche Verurteilungen auf:

Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 05.12.2011, XXXX wegen §§ 27 Absatz 1 Z. 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate auf 3 Jahre bedingt, rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 13.02.2013, Zl. XXXXwurde der BF wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 SMG, §3 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.

Mit Strafverfügung vom 02.10.2017 wurde über den BF eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 100 Euro wegen eines Verstoßes gegen das Meldegesetz verhängt.

Die Staatsanwaltschaft Wien fahndet wegen des Verbrechens gemäß § 28a SMG nach dem BF. Der aktuelle Aufenthaltsort des BF ist nicht bekannt. An seiner Meldeadresse ist er nicht wohnhaft.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, wonach die Abschiebung des BF gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Nigeria:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende Peoples Democratic Party (PDP) musste nach den

Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, aus dem Integrierten Zentralen Fremdenregister (IZR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2 Zur Person des BF:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen und familiären Verhältnisse, die Lebensumstände des BF in Österreich beruhen auf seinen diesbezüglichen Angaben sowie vorgelegten Unterlagen (ÖSD-Zertifikat B1 vom 27.07.2016, Bestätigungen der VHS Wien vom 21.02.2017, 22.02.2017, 14.08.2017, 13.12.2017, 29.01.2018, 18.04.2018, Bestätigung des Vereins Team Österreich vom 19.05.2018) in Verwaltungs- und Gerichtsakten und im Beschwerdeverfahren.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus seinen Angaben.

Die Feststellung zu den strafrechtlichen Verurteilungen ergibt sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug. Die Feststellung betreffend die Strafverfügung ergibt sich aus deren Vorlage. Die Feststellung bzgl. der Fahndung nach dem BF wegen § 28a SMG ergibt sich aus einer von der belangten Behörde übermittelten PFE-Abfrage vom 08.01.2020. Die Feststellung, dass der BF an seiner Meldeadresse nicht aufhältig ist, ergibt sich aus dem Bericht der LPD XXXX 30.12.2019.

Die Feststellung bezüglich der Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat beruht darauf, dass der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde substantiierte Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre.

Sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 aus von dem BF zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).

2.3. Zu den Länderberichten:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen älteren Datums ist anzumerken, dass sich in Bezug auf gegenständliches konkretes Beschwerdevorbringen keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in Nigeria in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt.

Die BF traten den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I., erster Satz des angefochtenen Bescheides)

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom BF nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Spruchteil des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG 2005.

Der Verwaltungsgerichthof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 15.03.2016, Ra 2015/21/0174, mwN, klargestellt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 nicht gegeben sind und über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 von der belangten Behörde angesichts der zugleich getroffenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG nicht abgesprochen werden durfte, war die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - im Umfang des ersten Satzes des ersten Spruchteiles gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt I. zweiter und dritter Satz des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 2 AsylG ist, wenn einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Zu prüfen ist, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Wie bereits oben in den Feststellungen konstatiert, handelt es sich bei dem BF um einen ledigen und in einem arbeitsfähigen Alter stehenden Drittstaatsangehörigen, welcher illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und missbräuchlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über welchen bereits rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des BF im Bundesgebiet, was vom BF auch nicht behauptet wurde.

Hinsichtlich der Freundin des BF, mit der ab 2014 zusammen war, ist anzumerken, dass selbst wenn die Beziehung noch aufrecht sein sollte, da der aktuelle Aufenthalt des BF nicht bekannt ist und keine Angaben zum aktuellen Status der Beziehung gemacht wurden, dass diese Beziehung zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als den Beteiligten der unsichere rechtliche Status des BF bekannt sein musste, zumal ihm die negative Entscheidung des Bundesasylamtes über seinen Asylantrag bereits vor Eingehung der Beziehung zugegangen war. Daher durften die Betroffenen nicht mehr darauf vertrauen, dass der BF in Österreich zum Aufenthalt berechtigt werden würde. Hinsichtlich der vorgebrachten finanziellen Unterstützung des BF von seiner Freundin ist anzumerken, dass der BF sich in der Grundversorgung befindet, weshalb keine finanzielle Abhängigkeit erkannt werden kann. Auch bestand und besteht kein gemeinsamer Wohnsitz und ist in näherer Zukunft laut eigenen Aussagen auch keiner geplant, da der BF in Wien seinen Pflichtschulabschluss nachholen will und seine Freundin in XXXX wohnt. Auch die vorgebrachte französische Staatsbürgerschaft der Freundin des BF, die jedoch nicht belegt werden konnte und daher auch nicht festgestellt werden konnte, vermag selbst bei Zutreffen nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen, zumal der BF den Status des begünstigten Drittstaatsangehörigen nur erlangen würde, wären die zwei verheiratet. Da eine Ehe jedoch nicht vorliegt, kann sich der BF auch nicht darauf berufen, begünstigter Drittstaatsangehöriger zu sein oder dies eventuell im Falle einer Eheschließung zu werden.

Das erkennende Gericht verkennt nicht die Bemühungen des BF um seine Integration während seines neunjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, etwa die Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1, die ehrenamtliche Tätigkeit für das Team Österreich, der Besuch von Vorbereitungskursen für den Pflichtschulabschluss oder die Beziehungen zur Familie seiner Freundin und die Bekanntschaften in Österreich. Der BF geht jedoch keiner regelmäßigen Beschäftigung in Österreich nach und er ist am Arbeitsmarkt nicht integriert. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Sein bisheriges Aufenthaltsrecht basierte lediglich auf einem (zu Unrecht) gestellten Antrag auf internationalen Schutz.

Zudem stellt sein weiterer Verbleib im Bundesgebiet in Anbetracht der strafrechtlichen Verurteilungen des BF und der aktuellen Fahndung wegen Verbrechen nach dem SMG eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Sicherheit dar und ist daher auch ein allfälliger Eingriff in sein Privatleben im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen, um die Bevölkerung vor Drogenkriminalität zu schützen. Der BF brachte durch die Begehung der Straftaten unmissverständlich zum Ausdruck, dass er die österreichische Rechtsordnung nicht akzeptiert. Die Aufenthaltsbeendigung von straffällig gewordenen Ausländern gilt grundsätzlich als legitimes Interesse eines Aufenthaltsstaates. Daher sind Straftaten wesentliche Gründe, die bei Rückkehrentscheidungen im Rahmen der Interessensabwägung zu Ungunsten eines Fremden ausschlagen können. Die Integration wird durch ein strafbares Verhalten wesentlich relativiert (VwGH vom 12.4.2011, 2007/18/0732).

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.

Des Weiteren war in die Abwägung einzubeziehen, dass von einem Bestehen von Bindungen des BF zu seinem Heimatstaat Nigeria ausgegangen werden kann.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt, und daher durch die angeordnete Rückkehr-entscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die belangte Behörde ist nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände des BF zu Recht davon ausgegangen, keine Umstände vorliegen, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Nigeria unzulässig wäre.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, liegt nicht vor. Der BF hat auch weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebung unzulässig erscheinen lässt. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige besondere Umstände vom BF nicht behauptet wurden und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel berücksichtigungswürdige Gründe freiwillige Ausreise Frist Interessenabwägung mündliche Verhandlung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I405.1421227.2.00

Im RIS seit

14.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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