Entscheidungsdatum
23.03.2020Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22Spruch
W169 2141509-1/19E
W169 2141510-1/20E
W169 2142572-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK
I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2016, Zlen. 1. 1100754907-160005754, 2. 1100753507-160005762, 3. 1124396202-161045762, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.09.2019, zu Recht:
A)
I. Den Beschwerden von XXXX und XXXX wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 sowie XXXX gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 34 Abs. 2 AsylG der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
II. Die Beschwerde von XXXX wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.
In Erledigung der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III. und IV. des angefochtenen Bescheides wird festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und XXXX gemäß §§ 58 Abs. 2 iVm 55 Abs. 2 AsylG ein Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Anträge von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, vom 07.03.2017 auf Umbestellung des den Beschwerdeführern beigegebenen Rechtsberaters:
A)
Die Anträge werden gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 BFA-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte, der Zweitbeschwerdeführer, beide afghanische Staatsangehörige, stellten nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.01.2016 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 04.01.2016 gaben die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer zu Protokoll, aus dem Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni, zu stammen, die Sprachen Dari und Farsi zu sprechen, der Volksgruppe der Hazara und der Religionsgemeinschaft der Schiiten anzugehören, sowie traditionell-muslimisch verheiratet zu sein. Zuletzt hätten sie drei Jahre im Iran gelebt. Die Erstbeschwerdeführerin habe sechs Jahre lang die Grundschule besucht und als Landarbeiterin gearbeitet. Der Zweitbeschwerdeführer habe drei Jahre die Grundschule besucht und sei als Arbeiter tätig gewesen.
Zum Ausreisegrund führte die Erstbeschwerdeführerin an, dass ihr Mann und sie sich geliebt hätten und einander heiraten hätten wollen. Ihre Familie habe jedoch gewollt, dass sie einen anderen Mann heirate. Deshalb sei die Erstbeschwerdeführerin geflohen. Ihr Cousin habe über die Flucht Bescheid gewusst, weshalb er von der Familie des Mannes, der sie zur Frau nehmen habe wollen, bedroht worden sei, warum er nichts gesagt habe. Der Cousin habe deshalb mit Gift Selbstmord begangen. Alle Leute des Dorfes seien zu den Eltern der Erstbeschwerdeführerin gegangen. Ihr Vater sei "sehr gewaltsam" geschlagen worden und seither habe er psychische Probleme. "Sie" hätten gewollt, dass die Familie der Erstbeschwerdeführerin den Aufenthaltsort dieser bekanntgebe, damit "sie" diese hinrichten könnten. "Sie" hätten "ihm" alles weggenommen. Weil die Familie der Erstbeschwerdeführerin ihren Aufenthaltsort nicht bekanntgegeben habe, hätten "sie" auch die Familienangehörigen der Erstbeschwerdeführerin hinrichten wollen. Aus diesem Grund habe auch die Familie der Erstbeschwerdeführerin fliehen müssen. Im Falle einer Rückkehr befürchte die Erstbeschwerdeführerin, getötet zu werden.
Der Zweitbeschwerdeführer führte zum Ausreisegrund an, ohne Einwilligung der Familie geheiratet zu haben. "Sie" hätten die Erstbeschwerdeführerin dem Zweitbeschwerdeführer nicht zur Frau geben wollen, weil er arm sei. "Sie" hätten die Erstbeschwerdeführerin mit einem anderen vermählen wollen, der wohlhabender gewesen sei. Aus diesem Grund hätten der Zweitbeschwerdeführer und die Erstbeschwerdeführerin fliehen und im Iran heiraten und leben müssen. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Zweitbeschwerdeführer, getötet zu werden.
2. Am XXXX wurde der Sohn der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers in Wien geboren, wobei der Zweitbeschwerdeführer die Vaterschaft anerkannte.
3. Am 25.07.2016 stellte der Zweitbeschwerdeführer als gesetzlicher Vertreter des Drittbeschwerdeführers für diesen schriftlich einen Antrag auf internationalen Schutz.
4.1. Anlässlich ihrer Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 16.11.2016 gab die Erstbeschwerdeführerin zu Protokoll, dass sie aus dem Dorf XXXX , Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni, stamme. Sie gehöre der Religionsgemeinschaft der Schiiten und Volksgruppe der Hazara an. Im Herkunftsstaat habe sie fünf bis sechs Jahre die Schule besucht. Sie habe sich auch um die Schafe und den Haushalt gekümmert. Sie sei gesund, traditionell-muslimisch mit dem Zweitbeschwerdeführer verheiratet und habe einen gemeinsamen Sohn, den Drittbeschwerdeführer, mit diesem. Sie habe in Afghanistan mit ihren Eltern und ihren Geschwistern im gemeinsamen Haushalt gelebt. Sie habe seit der Flucht keinen Kontakt zu ihrer Familie.
Zu ihrem Fluchtgrund brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie mit einem wohlhabenden Mann zwangsverheiratet hätte werden sollen. Sie hätte jedoch den Zweitbeschwerdeführer geliebt, aber ihre Eltern hätten nicht gewollt, dass sie ihn heirate. In der Nacht, als sie dem anderen Mann übergeben hätte werden sollen, sei sie mit dem Zweitbeschwerdeführer geflohen. In ihrer Herkunftsregion hätten Frauen keine Rechte und dürften nicht entscheiden. Die Erstbeschwerdeführerin habe so aber nicht leben wollen. Ein Cousin von ihr habe die Flucht bemerkt. Er sei von allen Bewohnern des Dorfes bedroht worden, weil er dies nicht gesagt habe, und habe deshalb Selbstmord begangen. Nach dem Vorfall seien ihre Eltern zusammengeschlagen worden, wodurch die schwangere Mutter ihr ungeborenes Kind verloren habe. Ihre Eltern hätten nun die Region verlassen. Dies wisse sie von der Mutter des Zweitbeschwerdeführers. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin seien in der Nacht nach Pakistan und dann in den Iran geflohen. Sie seien auch im Iran gesucht worden.
Zu den Lebensumständen in Österreich führte die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie vor der Geburt ihres Sohnes einen Deutschkurs besucht habe. Sie habe keine Verwandtschaft in Österreich.
In der Einvernahme legte die Erstbeschwerdeführerin Empfehlungsschreiben vor.
4.2. Der Zweitbeschwerdeführer gab anlässlich der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am selben Tag zu Protokoll, dass er aus dem Dorf XXXX , Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni, stamme. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Schiiten und der Volksgruppe der Hazara an. Er habe im Herkunftsstaat drei Jahre die Schule besucht, danach habe er als Schafhirte und als Hilfsarbeiter gearbeitet und sich um den Haushalt gekümmert. Er sei gesund, traditionell-muslimisch mit der Erstbeschwerdeführerin verheiratet und habe einen gemeinsamen Sohn, den Drittbeschwerdeführer, mit ihr. Er habe in Afghanistan mit seiner Mutter, zwei Brüdern, seiner verwitweten Schwester und ihren drei Kindern im gemeinsamen Haushalt gelebt. Er habe Kontakt mit seiner Mutter.
Zu seinem Fluchtgrund brachte der Zweitbeschwerdeführer vor, dass er die Erstbeschwerdeführerin heiraten habe wollen, ihre Eltern sie aber mit einem anderen, wohlhabenden Mann verheiraten hätten wollen. In der Nacht, in der die Erstbeschwerdeführerin mit dem Mann die Ehe schließen hätte sollen, sei er mit ihr geflohen. Der Cousin der Erstbeschwerdeführerin habe von der Beziehung gewusst, aber niemandem etwas gesagt. Erst am Tag der Flucht habe er davon erzählt. Er sei von der Familie des Mannes, mit dem die Erstbeschwerdeführerin verheiratet habe werden sollen, bedroht worden, weil er dies nicht gesagt habe, und habe deshalb Selbstmord begangen. In Pakistan hätten der Zweitbeschwerdeführer und die Erstbeschwerdeführerin davon erfahren. "Diese Leute" hätten Personen nach Pakistan geschickt, um sie zu finden. Von Pakistan seien sie dann weiter in den Iran geflohen. Außerdem sei der Bruder des Zweitbeschwerdeführers seit ca. sieben bis acht Monaten in Gefangenschaft der Taliban; mehr wisse er aber nicht darüber.
Zu den Lebensumständen in Österreich führte der Zweitbeschwerdeführer aus, dass er einen Deutschkurs besuche. Er habe zwei Cousins in Österreich und mehrere Freunde.
In der Einvernahme legte der Zweitbeschwerdeführer eine Tazkira, eine handgeschriebene Heiratsurkunde, medizinische Unterlagen, Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung über gemeinnützige Arbeiten und ein Konvolut von Alltagsfotos aus Österreich vor.
5. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurden gemäß § 57 AsylG Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
6. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht durch ihren Rechtsvertreter Beschwerde. Darin wurde vorgebracht, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jegliche Auseinandersetzung mit wesentlichen Aspekten des Fluchtvorbringens unterlassen habe. Es liege aufgrund der nach islamischem Recht erfolgten Eheschließung ein Familienverfahren vor. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
7. Mit Schriftsatz vom 07.03.2017 wurde die Beschwerde ergänzt und der Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl substantiiert entgegengetreten. Weiters beantragt wurden "zielführende" Ermittlungen im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführer sowie die zeugenschaftliche Einvernahme von XXXX - implizit zum Beweisthema der Eheschließung der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers - sowie zweier weiterer Zeugen - ohne Nennung eines konkreten Beweisthemas. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Erstbeschwerdeführerin ein westliches Verhalten bzw. eine westliche Lebensführung angenommen habe.
Unter einem wurde das Vertretungsverhältnis zum bisherigen Rechtsvertreter aufgelöst. Schließlich wurde die Umbestellung der den Beschwerdeführern gemäß § 52 BFA-VG zur Seite gestellten Rechtsberatungsorganisation beantragt.
8. Mit Vorlage vom 22.03.2018 wurden bezüglich der Erstbeschwerdeführerin eine Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs und ein Deutschzertifikat auf dem Niveau A1, sowie bezüglich des Zweitbeschwerdeführers Unterlagen über gemeinnützige Arbeiten, eine Deutschkursteilnahmebestätigung und ein Deutschzertifikat auf dem Niveau A1, sowie eine Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vorgelegt. Ebenso vorgelegt wurden Empfehlungsschreiben und ein Konvolut an Alltagsfotos aus Österreich.
9. Mit Eingabe vom 05.07.2019 wurde die Bevollmächtigung eines neuen Rechtsvertreters bekanntgegeben.
10. Mit Schriftsatz vom 18.09.2019 wurden (neu) Teilnahmebestätigungen an einer "Deutsch-Lerngruppe" und eine Einstellungszusage für Grafikarbeiten der Erstbeschwerdeführerin, sowie bezüglich des Zweitbeschwerdeführers Unterlagen über die gemeinnützige Arbeit, eine Teilnahmebestätigung an einem Englisch- und Mathematikkurs und ein Deutschzertifikat auf dem Niveau A2 vorgelegt. Ebenso vorgelegt wurde ein Konvolut weiterer Alltagsfotos aus Österreich. Hingewiesen wurde zudem auf die "westliche Orientierung" der Erstbeschwerdeführerin, die Beachtung des Kindeswohls und die Unzumutbarkeit einer Neuansiedlung in Herat oder Mazar-e Sharif.
11. Am 20.09.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführer und ihr rechtsfreundlicher Vertreter teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist entschuldigt ferngeblieben. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurden die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer ausführlich zu ihren Fluchtgründen, Rückkehrbefürchtungen und Integrationsbemühungen in Österreich befragt (s. Verhandlungsprotokoll). Darüber hinaus wurde ein Zeuge einvernommen. Die Erstbeschwerdeführerin legte eine Teilnahmbestätigung an einem Deutschkurs auf dem Niveau A2 (Beilage ./A) sowie selbst angefertigte Zeichnungen vor (Beilage ./B). Den Beschwerdeführern wurden aktuelle Länderberichte vorgehalten und eine Frist zur Stellungnahme gewährt.
12. Mit Schriftsatz des rechtsfreundlichen Vertreters vom 10.10.2019 wurde hierzu Stellung genommen.
13. Mit Schreiben vom 05.02.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführern das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019 zur Abgabe einer Stellungnahme.
14. Am 19.02.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine diesbezügliche Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters der Beschwerdeführer ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
Die Identität der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers steht nicht fest. Die Identität des Drittbeschwerdeführers steht fest.
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan und Angehörige der Religionsgemeinschaft der Schiiten und der Volksgruppe der Hazara. Die Erstbeschwerdeführerin stammt aus dem Dorf XXXX , der Zweitbeschwerdeführer aus dem Dorf XXXX , jeweils Distrikt Jaghori, Provinz Ghazni. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind volljährig und im erwerbsfähigen Alter. Der Drittbeschwerdeführer ist der gemeinsame Sohn der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers und wurde in Wien geboren.
Die Beschwerdeführer sprechen die Sprachen Dari, Farsi und ein wenig Deutsch. Die Erstbeschwerdeführerin besuchte im Herkunftsstaat sechs Jahre, der Zweitbeschwerdeführer drei Jahre die Schule. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben als Schafhirten gearbeitet, der Zweitbeschwerdeführer hat zusätzlich auch weitere Arbeiten verrichtet.
Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben bis zur Ausreise mit ihren jeweiligen Familien gemeinsam im Haushalt in XXXX bzw. XXXX gelebt. Nach der Ausreise aus Afghanistan haben die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer gemeinsam in Teheran, Iran, gelebt, wo der Zweitbeschwerdeführer als Hausmeister den Lebensunterhalt verdiente.
Der Vater des Zweitbeschwerdeführers ist verstorben. Die Mutter, ein Bruder sowie die verwitwete Schwester mit ihren drei Kindern leben weiterhin im Dorf XXXX in einem eigenen Haus mit Landwirtschaft. Zwei weitere Brüder des Zweitbeschwerdeführers leben im Iran und einer ist in Griechenland aufhältig. Eine Tante mütterlicherseits lebt in Kandahar, Afghanistan, und ein Onkel mütterlicherseits im Iran. Ein Cousin lebt in der Schweiz oder in Schweden, einer in Österreich. Der Zweitbeschwerdeführer hat regelmäßigen telefonischen Kontakt zu seiner Mutter. Wo sich die Familie der Erstbeschwerdeführerin aufhält, kann nich festgestellt werden.
Die Beschwerdeführer sind gesund.
Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten und nehmen Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer (traditionell) verheiratet sind.
1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:
Die Angaben der Beschwerdeführer zu den Fluchtgründen sind nicht glaubwürdig und werden dem Verfahren nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin in Afghanistan zwangsverheiratet hätte werden sollen. Zudem kann nicht festgestellt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer heimlich vor ihrer Ausreise aus Afghanistan (traditionell) geheiratet haben.
Die Erstbeschwerdeführerin ist eine junge selbstständige Frau, die in ihrer Wertehaltung und ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert ist. Sie lebt in Österreich nicht nach der konservativ-afghanischen Tradition, lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab und kann sich nicht vorstellen, nach der konservativ-afghanischen Tradition zu leben. Die Erstbeschwerdeführerin beabsichtigt, in Österreich einer Arbeit nachzugehen, um berufliche Selbstständigkeit zu erlangen. Diese Einstellung steht im Widerspruch zu den nach den Länderfeststellungen im Herkunftsstaat bestehenden traditionalistisch-religiös geprägten gesellschaftlichen Auffassungen hinsichtlich Bewegungsfreiheit und Zugang zur Erwerbstätigkeit für Frauen.
Die Erstbeschwerdeführerin hat in Österreich einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 erfolgreich abgeschlossen und besucht einen Kurs auf dem Niveau A2 sowie Lerngruppen. Sie hat sich bereits für einen B1-Deutschkurs angemeldet. Sie ist in der Lage, eine einfache Unterhaltung auf Deutsch zu führen. Sie besuchte in Österreich einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF, hat einen österreichischen Freundeskreis, ist Mitglied in einem Verein, besucht diesbezügliche Veranstaltungen und hilft bei diesen aus, bringt ihren Sohn in den Kindergarten und holt ihn ab, trifft sich alleine mit Freunden, geht alleine einkaufen, zum Arzt, zu Behörden, geht Radfahren und spazieren und mit ihrem Sohn in den Park. Sie möchte professionelle Zeichnerin werden (sie konnte dazu in der Verhandlung eine Probe vorlegen) und verfügt bereits über eine Einstellungszusage als Grafikerin. Sie erzieht ihren Sohn entsprechend der westlichen Normen. Sie ist westlich gekleidet und würde es nicht akzeptieren, wenn ihr Mann ihr Vorschriften über ihre Kleidung oder ihre Berufswünsche machen würde. Der Zweitbeschwerdeführer unterstützt die Erstbeschwerdeführerin hinsichtlich ihres Berufswunsches und ihres selbständig in Österreich geführten Lebens.
1.3. Zur Situation des Zweitbeschwerdeführers im Fall einer Rückkehr:
Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan könnte sich der Zweitbeschwerdeführer, ein junger, arbeitsfähiger und gesunder Mann, der Dari spricht, in der Stadt Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz aufbauen und sichern. Mazar-e Sharif ist über den dortigen Flughafen sicher erreichbar. Die Sicherheitssituation in Mazar-e Sharif ist weniger angespannt und es kommt zu weniger sicherheitsrelevanten Vorfällen als in Kabul.
Hinsichtlich der Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung in Mazar-e Sharif ist festzustellen, dass dort allgemein der Zugang zu Unterkunft, grundlegender Versorgung wie sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung und zu Erwerbsmöglichkeiten gegeben ist, wenn auch die Gesamtsituation angespannt ist.
Vor dem Hintergrund der Sicherheits- und Versorgungslage in Mazar-e Sharif ist auf Basis der persönlichen Merkmale des Zweitbeschwerdeführers in einer Gesamtschau festzustellen, dass in dieser Stadt weder ein solcher Grad willkürlicher Gewalt herrscht, dass der Zweitbeschwerdeführer allein durch seine Anwesenheit tatsächlich einer ernsthaften, individuellen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt ist und er zudem nicht Gefahr läuft, dort grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Zudem könnte der Zweitbeschwerdeführer bei einer Rückkehr Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen.
1.4. Zur Situation des Zweitbeschwerdeführers in Österreich:
Der Zweitbeschwerdeführer hat in Österreich einen Deutschkurs auf dem Niveau A2 erfolgreich abgeschlossen und besucht nun einen Kurs auf dem Niveau B1. Er ist in der Lage, eine einfache Unterhaltung auf Deutsch zu führen. Er besuchte in Österreich einen Werte- und Orientierungskurs des ÖIF, nahm an einer Lernwerkstatt (in den Fächern Englisch und Mathematik) teil, hat einen österreichischen Freundeskreis, ist Mitglied in einem Verein, besucht diesbezügliche Veranstaltungen und hilft bei diesen aus. Er geht derzeit keiner Beschäftigung nach, verrichtet aber diesbezüglich seit einigen Jahren gemeinnützige Arbeiten in der Gemeinde Langenzersdorf, wo er sozial auch bestens integriert ist. Er verfügt seit 10.02.2020 über eine Einstellungszusage.
Der Zweitbeschwerdeführer führt eine Lebensgemeinschaft mit der Erstbeschwerdeführerin und lebt mit dieser sowie dem Drittbeschwerdeführer, dem gemeinsamen Sohn, im gemeinsamen Haushalt. Er kümmert sich gemeinsam mit der Erstbeschwerdeführerin um den Haushalt und die Erziehung des gemeinsamen Sohnes.
1.5. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgehalten:
1. Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor volatil (UNGASC 3.9.2019), nachdem im Frühjahr sowohl die Taliban als auch die afghanische Regierung neue Offensiven verlautbart hatten (USDOD 6.2019). Traditionell markiert die Ankündigung der jährlichen Frühjahrsoffensive der Taliban den Beginn der sogenannten Kampfsaison - was eher als symbolisch gewertet werden kann, da die Taliban und die Regierungskräfte in den vergangenen Jahren auch im Winter gegeneinander kämpften (AJ 12.4.2019). Die Frühjahrsoffensive des Jahres 2019 trägt den Namen al-Fath (UNGASC 14.6.2019; vgl. AJ 12.4.2019; NYT 12.4.2019) und wurde von den Taliban trotz der Friedensgespräche angekündigt (AJ 12.4.2019; vgl. NYT 12.4.2019). Landesweit am meisten von diesem aktiven Konflikt betroffen, waren die Provinzen Helmand, Farah und Ghazni (UNGASC 14.6.2019). Offensiven der afghanischen Spezialeinheiten der Sicherheitskräfte gegen die Taliban wurden seit Dezember 2018 verstärkt - dies hatte zum Ziel die Bewegungsfreiheit der Taliban zu stören, Schlüsselgebiete zu verteidigen und damit eine produktive Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Seit Juli 2018 liefen auf hochrangiger politischer Ebene Bestrebungen, den Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban politisch zu lösen (TS 22.1.2019). Berichten zufolge standen die Verhandlungen mit den Taliban kurz vor dem Abschluss. Als Anfang September der US-amerikanische Präsident ein geplantes Treffen mit den Islamisten - als Reaktion auf einen Anschlag - absagte (DZ 8.9.2019). Während sich die derzeitige militärische Situation in Afghanistan nach wie vor in einer Sackgasse befindet, stabilisierte die Einführung zusätzlicher Berater und Wegbereiter im Jahr 2018 die Situation und verlangsamte die Dynamik des Vormarsches der Taliban (USDOD 12.2018).
Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Transitrouten sowie Provinzhauptstädte und die meisten Distriktzentren (USDOD 6.2019). Die afghanischen Kräfte sichern die Städte und andere Stützpunkte der Regierung; die Taliban verstärken groß angelegte Angriffe, wodurch eine Vielzahl afghanischer Kräfte in Verteidigungsmissionen eingebunden ist, Engpässe entstehen und dadurch manchmal auch Kräfte fehlen können, um Territorium zu halten (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019). Kämpfe waren auch weiterhin auf konstant hohem Niveau. Die Ausnahme waren islamische Festtage, an denen, wie bereits in der Vergangenheit auch schon, das Kampfniveau deutlich zurückging, als sowohl regierungsfreundliche Kräfte, aber auch regierungsfeindliche Elemente ihre offensiven Operationen reduzierten. Im Gegensatz dazu hielt das Kampftempo während des gesamten Fastenmonats Ramadan an, da regierungsfeindliche Elemente mehrere Selbstmordattentate ausführten und sowohl regierungsfreundliche Truppen, als auch regierungsfeindliche Elemente, bekundeten, ihre operative Dynamik aufrechtzuerhalten (UNGASC 3.9.2019). Die Taliban verlautbarten, eine asymmetrische Strategie zu verfolgen: die Aufständischen führen weiterhin Überfälle auf Kontrollpunkte und Distriktzentren aus und bedrohen Bevölkerungszentren (UNGASC 7.12.2018). Angriffe haben sich zwischen November 2018 und Jänner 2019 um 19% im Vergleich zum Vorberichtszeitraum (16.8. - 31.10.2018) verstärkt. Insbesondere in den Wintermonaten wurde in Afghanistan eine erhöhte Unsicherheit wahrgenommen. (SIGAR 30.4.2019). Seit dem Jahr 2002 ist die Wintersaison besonders stark umkämpft. Trotzdem bemühten sich die ANDSF und Koalitionskräfte die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und konzentrierten sich auf Verteidigungsoperationen gegen die Taliban und den ISKP. Diese Operationen verursachten bei den Aufständischen schwere Verluste und hinderten sie daran ihr Ziel zu erreichen (USDOD 6.2019). Der ISKP ist auch weiterhin widerstandsfähig: Afghanische und internationale Streitkräfte führten mit einem hohen Tempo Operationen gegen die Hochburgen des ISKP in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch, was zu einer gewissen Verschlechterung der Führungsstrukturen der ISKP führt. Dennoch konkurriert die Gruppierung auch weiterhin mit den Taliban in der östlichen Region und hat eine operative Kapazität in der Stadt Kabul behalten (UNGASC 3.9.2019).
So erzielen weder die afghanischen Sicherheitskräfte noch regierungsfeindliche Elemente signifikante territoriale Gewinne. Das aktivste Konfliktgebiet ist die Provinz Kandahar, gefolgt von den Provinzen Helmand und Nangarhar. Wenngleich keine signifikanten Bedrohungen der staatlichen Kontrolle über Provinzhauptstädte gibt, wurde in der Nähe der Provinzhauptstädte Farah, Kunduz und Ghazni über ein hohes Maß an Taliban-Aktivität berichtet (UNGASC 3.9.2019). In mehreren Regionen wurden von den Taliban vorübergehend strategische Posten entlang der Hauptstraßen eingenommen, sodass sie den Verkehr zwischen den Provinzen erfolgreich einschränken konnten (UNGASC 7.12.2018). So kam es beispielsweise in strategisch liegenden Provinzen entlang des Highway 1 (Ring Road) zu temporären Einschränkungen durch die Taliban (UNGASC 7.12.2018; vgl. ARN 23.6.2019). Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte stellen erhebliche Mittel für die Verbesserung der Sicherheit auf den Hauptstraßen bereit - insbesondere in den Provinzen Ghazni, Zabul, Balkh und Jawzjan. (UNGASC 3.9.2019).
Für das gesamte Jahr 2018, registrierten die Vereinten Nationen (UN) in Afghanistan insgesamt 22.478 sicherheitsrelevante Vorfälle. Gegenüber 2017 ist das ein Rückgang von 5%, wobei die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Jahr 2017 mit insgesamt 23.744 ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hatte (UNGASC 28.2.2019).
Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 registriert die Vereinten Nationen (UN) insgesamt 5.856 sicherheitsrelevanter Vorfälle - eine Zunahme von 1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. 63% Prozent aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, die höchste Anzahl, wurde im Berichtszeitraum in den südlichen, östlichen und südöstlichen Regionen registriert (UNGASC 3.9.2019). Für den Berichtszeitraum 8.2-9.5.2019 registrierte die UN insgesamt 5.249 sicherheitsrelevante Vorfälle - ein Rückgang von 7% gegenüber dem Vorjahreswert; wo auch die Anzahl ziviler Opfer signifikant zurückgegangen ist (UNGASC 14.6.2019).
Für den Berichtszeitraum 10.5.-8.8.2019 sind 56% (3.294) aller sicherheitsrelevanten Vorfälle bewaffnete Zusammenstöße gewesen; ein Rückgang um 7% im Vergleich zum Vorjahreswert. Sicherheitsrelevante Vorfälle bei denen improvisierte Sprengkörper verwendet wurden, verzeichneten eine Zunahme von 17%. Bei den Selbstmordattentaten konnte ein Rückgang von 44% verzeichnet werden. Die afghanischen Sicherheitskräfte führen gemeinsam mit internationalen Kräften, weiterhin eine hohe Anzahl von Luftangriffen durch: 506 Angriffe wurden im Berichtszeitraum verzeichnet - 57% mehr als im Vergleichszeitraum des Jahres 2018 (UNGASC 3.9.2019).
Im Gegensatz dazu, registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) für das Jahr 2018 landesweit 29.493 sicherheitsrelevante Vorfälle, welche auf NGOs Einfluss hatten. In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 waren es 18.438 Vorfälle. Zu den gemeldeten Ereignissen zählten, beispielsweise geringfügige kriminelle Überfälle und Drohungen ebenso wie bewaffnete Angriffe und Bombenanschläge (INSO o.D.).
Global Incident Map (GIM) verzeichnete in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 3.540 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahr 2018 waren es 4.433.
Jänner bis Oktober 2018 nahm die Kontrolle oder der Einfluss der afghanischen Regierung von 56% auf 54% der Distrikte ab, die Kontrolle bzw. Einfluss der Aufständischen auf Distrikte sank in diesem Zeitraum von 15% auf 12%. Der Anteil der umstrittenen Distrikte stieg von 29% auf 34%. Der Prozentsatz der Bevölkerung, welche in Distrikten unter afghanischer Regierungskontrolle oder -einfluss lebte, ging mit Stand Oktober 2018 auf 63,5% zurück. 8,5 Millionen Menschen (25,6% der Bevölkerung) leben mit Stand Oktober 2018 in umkämpften Gebieten, ein Anstieg um fast zwei Prozentpunkte gegenüber dem gleichen Zeitpunkt im Jahr 2017. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an von den Aufständischen kontrollierten Distrikten waren Kunduz, Uruzgan und Helmand (SIGAR 30.1.2019).
Ein auf Afghanistan spezialisierter Militäranalyst berichtete im Januar 2019, dass rund 39% der afghanischen Distrikte unter der Kontrolle der afghanischen Regierung standen und 37% von den Taliban kontrolliert wurden. Diese Gebiete waren relativ ruhig, Zusammenstöße wurden gelegentlich gemeldet. Rund 20% der Distrikte waren stark umkämpft. Der Islamische Staat (IS) kontrollierte rund 4% der Distrikte (MA 14.1.2019).
Die Kontrolle über Distrikte, Bevölkerung und Territorium befindet sich derzeit in einer Pattsituation (SIGAR 30.4.2019). Die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle Ende 2018 bis Ende Juni 2019, insbesondere in der Provinz Helmand, sind als verstärkte Bemühungen der Sicherheitskräfte zu sehen, wichtige Taliban-Hochburgen und deren Führung zu erreichen, um in weiterer Folge eine Teilnahme der Taliban an den Friedensgesprächen zu erzwingen (SIGAR 30.7.2019). Intensivierte Kampfhandlungen zwischen ANDSF und Taliban werden von beiden Konfliktparteien als Druckmittel am Verhandlungstisch in Doha erachtet (SIGAR 30.4.2019; vgl. NYT 19.7.2019).
Zivile Opfer
Die Vereinten Nationen dokumentierten für den Berichtszeitraum 1.1.-30.9.2019 8.239 zivile Opfer (2.563 Tote, 5.676 Verletzte) - dieser Wert ähnelt dem Vorjahreswert 2018. Regierungsfeindliche Elemente waren auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer; 41% der Opfer waren Frauen und Kinder. Wenngleich die Vereinten Nationen für das erste Halbjahr 2019 die niedrigste Anzahl ziviler Opfer registrierten, so waren Juli, August und September - im Gegensatz zu 2019 - von einem hohen Gewaltniveau betroffen. Zivilisten, die in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni, und Faryab wohnten, waren am stärksten vom Konflikt betroffen (in dieser Reihenfolge) (UNAMA 17.10.2019).
Für das gesamte Jahr 2018 wurde von mindestens 9.214 zivilen Opfern (2.845 Tote, 6.369 Verletzte) (SIGAR 30.4.2019) berichtet bzw. dokumentierte die UNAMA insgesamt 10.993 zivile Opfer (3.804 Tote und 7.189 Verletzte). Den Aufzeichnungen der UNAMA zufolge, entspricht das einem Anstieg bei der Gesamtanzahl an zivilen Opfern um 5% bzw. 11% bei zivilen Todesfällen gegenüber dem Jahr 2017 und markierte einen Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2009. Die meisten zivilen Opfer wurden im Jahr 2018 in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Helmand, Ghazni und Faryab verzeichnet, wobei die beiden Provinzen mit der höchsten zivilen Opferanzahl - Kabul (1.866) und Nangarhar (1.815) - 2018 mehr als doppelt so viele Opfer zu verzeichnen hatten, wie die drittplatzierte Provinz Helmand (880 zivile Opfer) (UNAMA 24.2.2019; vgl. SIGAR 30.4.2019). Im Jahr 2018 stieg die Anzahl an dokumentierten zivilen Opfern aufgrund von Handlungen der regierungsfreundlichen Kräfte um 24% gegenüber 2017. Der Anstieg ziviler Opfer durch Handlungen regierungsfreundlicher Kräfte im Jahr 2018 wird auf verstärkte Luftangriffe, Suchoperationen der ANDSF und regierungsfreundlicher bewaffneter Gruppierungen zurückgeführt (UNAMA 24.2.2019).
High-Profile Angriffe (HPAs)
Sowohl im gesamten Jahr 2018 (USDOD 12.2018), als auch in den ersten fünf Monaten 2019 führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele aus, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen (USDOD 6.2019; vgl. USDOD 12.2018). Diese Angriffe sind stetig zurückgegangen (USDOD 6.2019). Zwischen 1.6.2018 und 30.11.2018 fanden 59 HPAs in Kabul statt (Vorjahreswert: 73) (USDOD 12.2018), zwischen 1.12.2018 und15.5.2019 waren es 6 HPAs (Vorjahreswert: 17) (USDOD 6.2019).
Anschläge gegen Gläubige und Kultstätten, religiöse Minderheiten
Die Zahl der Angriffe auf Gläubige, religiöse Exponenten und Kultstätten war 2018 auf einem ähnlich hohen Niveau wie 2017: bei 22 Angriffen durch regierungsfeindliche Kräfte, meist des ISKP, wurden 453 zivile Opfer registriert (156 Tote, 297 Verletzte), ein Großteil verursacht durch Selbstmordanschläge (136 Tote, 266 Verletzte) (UNAMA 24.2.2019).
Für das Jahr 2018 wurden insgesamt 19 Vorfälle konfessionell motivierter Gewalt gegen Schiiten dokumentiert, bei denen es insgesamt zu 747 zivilen Opfern kam (223 Tote, 524 Verletzte). Dies ist eine Zunahme von 34% verglichen mit dem Jahr 2017. Während die Mehrheit konfessionell motivierter Angriffe gegen Schiiten im Jahr 2017 auf Kultstätten verübt wurden, gab es im Jahr 2018 nur zwei derartige Angriffe. Die meisten Anschläge auf Schiiten fanden im Jahr 2018 in anderen zivilen Lebensräumen statt, einschließlich in mehrheitlich von Schiiten oder Hazara bewohnten Gegenden. Gezielte Attentate und Selbstmordangriffe auf religiöse Führer und Gläubige führten, zu 35 zivilen Opfern (15 Tote, 20 Verletzte) (UNAMA 24.2.2019).
Angriffe im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen im Oktober 2018
Die afghanische Regierung bemühte sich Wahllokale zu sichern, was mehr als 4 Millionen afghanischen Bürgern ermöglichte zu wählen (UNAMA 11.2018). Und auch die Vorkehrungen der ANDSF zur Sicherung der Wahllokale ermöglichten eine Wahl, die weniger gewalttätig war als jede andere Wahl der letzten zehn Jahre (USDOS 12.2018). Die Taliban hatten im Vorfeld öffentlich verkündet, die für Oktober 2018 geplanten Parlamentswahlen stören zu wollen. Ähnlich wie bei der Präsidentschaftswahl 2014 warnten sie Bürger davor, sich für die Wahl zu registrieren, verhängten "Geldbußen" und/oder beschlagnahmten Tazkiras und bedrohten Personen, die an der Durchführung der Wahl beteiligt waren (UNAMA 11.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Von Beginn der Wählerregistrierung (14.4.2018) bis Ende des Jahres 2018, wurden 1.007 Opfer (226 Tote, 781 Verletzte) sowie 310 Entführungen aufgrund der Wahl verzeichnet (UNAMA 24.2.2019). Am Wahltag (20.10.2018) verifizierte UNAMA 388 zivile Opfer (52 Tote und 336 Verletzte) durch Wahl bedingte Gewalt. Die höchste Anzahl an zivilen Opfern an einem Wahltag seit Beginn der Aufzeichnungen durch UNAMA im Jahr 2009 (UNAMA 11.2018).
Regierungsfeindliche Gruppierungen
In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (USDOD 6.2019; vgl. CRS 12.2.2019) und stellt nicht nur für die beiden Länder eine Sicherheitsherausforderung dar, sondern eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität (USDOD 6.2019):
Taliban
Die USA sprechen seit rund einem Jahr mit hochrangigen Vertretern der Taliban über eine politische Lösung des langjährigen Afghanistan-Konflikts. Dabei geht es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird. Beide Seiten hatten sich jüngst optimistisch gezeigt, bald zu einer Einigung zu kommen (FAZ 21.8.2019). Während dieser Verhandlungen haben die Taliban Forderungen eines Waffenstillstandes abgewiesen und täglich Operationen ausgeführt, die hauptsächlich die afghanischen Sicherheitskräfte zum Ziel haben. (TG 30.7.2019). Zwischen 1.12.2018 und 31.5.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt, als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zu Ziel. Das wird als Versuch gewertet, in den Friedensverhandlungen ein Druckmittel zu haben (USDOD 6.2019).
Der derzeitige Taliban-Führer ist nach wie vor Haibatullah Akhundzada (REU 17.8.2019; vgl. FA 3.1.2018) - Stellvertreter sind Mullah Mohammad Yaqub - Sohn des ehemaligen Taliban-Führers Mullah Omar - und Serajuddin Haqqani (CTC 1.2018; vgl. TN 26.5.2016) Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (TN 13.1.2017). Die Taliban bezeichnen sich selbst als das Islamische Emirat Afghanistan (VOJ o.D.). Die Regierungsstruktur und das militärische Kommando sind in der Layha, einem Verhaltenskodex der Taliban, definiert (AAN 4.7.2011), welche zuletzt 2010 veröffentlicht wurde (AAN 6.12.2018).
Ein Bericht über die Rekrutierungspraxis der Taliban teilt die Taliban-Kämpfer in zwei Kategorien: professionelle Vollzeitkämpfer, die oft in den Madrassen rekrutiert werden, und Teilzeit-Kämpfer vor Ort, die gegenüber einem lokalen Kommandanten loyal und in die lokale Gesellschaft eingebettet sind (LI 29.6.2017). Die Gesamtstärke der Taliban wurde von einem Experten im Jahr 2017 auf über 200.000 geschätzt, darunter angeblich 150.000 Kämpfer (rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten, der Rest sein Teil der lokalen Milizen). Der Experte schätzte jedoch, dass die Zahl der Vollzeitkämpfer, die gleichzeitig in Afghanistan aktiv sind, selten 40.000 übersteigt (LI 23.8.2017). Im Jänner 2018 schätzte ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums die Gesamtstärke der Taliban in Afghanistan auf 60.000 (NBC 30.1.2018). Laut dem oben genannten Experten werden die Kämpfe hauptsächlich von den Vollzeitkämpfern der mobilen Einheiten ausgetragen (LI 23.8.2017; vgl. AAN 3.1.2017; AAN 17.3.2017).
Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan. Seit Ende 2014 wurden 20 davon öffentlich zur Schau gestellt. Das Khalid bin Walid-Camp soll12 Ableger, in acht Provinzen betreibt (Helmand, Kandahar, Ghazni, Ghor, Saripul, Faryab, Farah und Maidan Wardak). 300 Militärtrainer und Gelehrte sind dort tätig und es soll möglich sein, in diesem Camp bis zu 2.000 Rekruten auf einmal auszubilden (LWJ 14.8.2019).
Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt (LI 23.8.2017). In einigen nördlichen Gebieten sollen die Taliban bereits überwiegend Nicht-Paschtunen sein, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LI 23.8.2017).
Haqqani-Netzwerk
Das seit 2012 bestehende Haqqani-Netzwerk ist eine teilautonome Organisation, Bestandteil der afghanischen Taliban und Verbündeter von al-Qaida (CRS 12.2.2019). Benannt nach dessen Begründer, Jalaluddin Haqqani (AAN 1.7.2010; vgl. USDOS 19.9.2018; vgl. CRS 12.2.2019), einem führenden Mitglied des antisowjetischen Jihad (1979-1989) und einer wichtigen Taliban-Figur; sein Tod wurde von den Taliban im September 2018 verlautbart. Der derzeitige Leiter ist dessen Sohn Serajuddin Haqqani, der seit 2015, als stellvertretender Leiter galt (CTC 1.2018).
Als gefährlichster Arm der Taliban, hat das Haqqani-Netzwerk, seit Jahren Angriffe in den städtischen Bereichen ausgeführt (NYT 20.8.2019) und wird für einige der tödlichsten Angriffe in Afghanistan verantwortlich gemacht (CRS 12.2.2019).
Islamischer Staat (IS/ISIS/ISIL/Daesh), Islamischer Staat Khorasan Provinz (ISKP)
Erste Berichte über den Islamischen Staat (IS, auch ISIS, ISIL oder Daesh genannt) in Afghanistan gehen auf den Sommer 2014 zurück (AAN 17.11.2014; vgl. LWJ 5.3.2015). Zu den Kommandanten gehörten zunächst oft unzufriedene afghanische und pakistanische Taliban (AAN 1.8.2017; vgl. LWJ 4.12.2017). Schätzungen zur Stärke des ISKP variieren zwischen 1.500 und 3.000 (USDOS 18.9.2018), bzw. 2.500 und 4.000 Kämpfern (UNSC 13.6.2019). Nach US-Angaben vom Frühjahr 2019 ist ihre Zahl auf 5.000 gestiegen. Auch soll der Islamische Staat vom zahlenmäßigen Anstieg der Kämpfer in Pakistan und Usbekistan sowie von aus Syrien geflohenen Kämpfern profitieren (BAMF 3.6.2019; vgl. VOA 21.5.2019).
Berichten zufolge, besteht der ISKP in Pakistan hauptsächlich aus ehemaligen Teherik-e Taliban Mitgliedern, die vor der pakistanischen Armee und ihrer militärischen Operationen in der FATA geflohen sind (CRS 12.2.2019; vgl. CTC 12.2018). Dem Islamischen Staat ist es gelungen, seine organisatorischen Kapazitäten sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan dadurch zu stärken, dass er Partnerschaften mit regionalen militanten Gruppen einging. Seit 2014 haben sich dem Islamischen Staat mehrere Gruppen in Afghanistan angeschlossen, z.B. Teherik-e Taliban Pakistan (TTP)-Fraktionen oder das Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), während andere ohne formelle Zugehörigkeitserklärung mit IS-Gruppierungen zusammengearbeitet haben, z.B. die Jundullah-Fraktion von TTP oder Lashkar-e Islam (CTC 12.2018).
Der islamische Staat hat eine Präsenz im Osten des Landes, insbesondere in der Provinz Nangarhar, die an Pakistan angrenzt (CRS 12.2.2019; vgl. CTC 12.2018). In dieser sind vor allem bestimmte südliche Distrikte von Nangarhar betroffen (AAN 27.9.2016; vgl. REU 23.11.2017; AAN 23.9.2017; AAN 19.2.2019), wo sie mit den Taliban um die Kontrolle kämpfen (RFE/RL 30.10.2017; vgl. AAN 19.2.2019). Im Jahr 2018 erlitt der ISKP militärische Rückschläge sowie Gebietsverluste und einen weiteren Abgang von Führungspersönlichkeiten. Einerseits konnten die Regierungskräfte die Kontrolle über ehemalige IS-Gebiete erlangen, andererseits schwächten auch die Taliban die Kontrolle des ISKP in Gebieten in Nangarhar (UNSC 13.6.2019; vgl. CSR 12.2.2019). Aufgrund der militärischen Niederlagen war der ISKP dazu gezwungen, die Anzahl seiner Angriffe zu reduzieren. Die Gruppierung versuchte die Provinzen Paktia und Logar im Südosten einzunehmen, war aber schlussendlich erfolglos (UNSC 31.7.2019). Im Norden Afghanistans versuchten sie ebenfalls Fuß zu fassen. Im August 2018 erfuhr diese Gruppierung Niederlagen, wenngleich sie dennoch als Bedrohung in dieser Region wahrgenommen wird (CSR 12.2.2019). Berichte über die Präsenz des ISKP könnten jedoch übertrieben sein, da Warnungen vor dem Islamischen Staat laut einem Afghanistan-Experten "ein nützliches Fundraising-Tool" sind: so kann die afghanische Regierung dafür sorgen, dass Afghanistan im Bewusstsein des Westens bleibt und die Auslandshilfe nicht völlig versiegt (NAT 12.1.2017). Die Präsenz des ISKP konzentrierte sich auf die Provinzen Kunar und Nangarhar. Außerhalb von Ostafghanistan ist es dem ISKP nicht möglich, eine organisierte oder offene Präsenz aufrechtzuerhalten (UNSC 13.6.2019).
Neben komplexen Angriffen auf Regierungsziele, verübte der ISKP zahlreiche groß angelegte Anschläge gegen Zivilisten, insbesondere auf die schiitische-Minderheit (CSR 12.2.2019; vgl. UNAMA 24.2.2019; AAN 24.2.2019; CTC 12.2018; UNGASC 7.12.2018; UNAMA 10.2018). Im Jahr 2018 war der ISKP für ein Fünftel aller zivilen Opfer verantwortlich, obwohl er über eine kleinere Kampftruppe als die Taliban verfügt (AAN 24.2.2019). Die Zahl der zivilen Opfer durch ISKP-Handlungen hat sich dabei 2018 gegenüber 2017 mehr als verdoppelt (UNAMA 24.2.2019), nahm im ersten Halbjahr 2019 allerdings wieder ab (UNAMA 30.7.2019).
Der ISKP verurteilt die Taliban als "Abtrünnige", die nur ethnische und/oder nationale Interessen verfolgen (CRS 12.2.2019). Die Taliban und der Islamische Staat sind verfeindet. In Afghanistan kämpfen die Taliban seit Jahren gegen den IS, dessen Ideologien und Taktiken weitaus extremer sind als jene der Taliban (WP 19.8.2019; vgl. AP 19.8.2019). Während die Taliban ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte beschränken (AP 19.8.2019), zielt der ISKP darauf ab, konfessionelle Gewalt in Afghanistan zu fördern, indem sich Angriffe gegen Schiiten richten (WP 19.8.2019).
Al-Qaida und ihr verbundene Gruppierungen
Al-Qaida sieht Afghanistan auch weiterhin als sichere Zufluchtsstätte für ihre Führung, basierend auf langjährigen und engen Beziehungen zu den Taliban. Beide Gruppierungen haben immer wieder öffentlich die Bedeutung ihres Bündnisses betont (UNSC 15.1.2019). Unter der Schirmherrschaft der Taliban ist al-Qaida in den letzten Jahren stärker geworden; dabei wird die Zahl der Mitglieder auf 240 geschätzt, wobei sich die meisten in den Provinzen Badakhshan, Kunar und Zabul befinden. Mentoren und al-Qaida-Kadettenführer sind oftmals in den Provinzen Helmand und Kandahar aktiv (UNSC 13.6.2019).
Al-Qaida will die Präsenz in der Provinz Badakhshan stärken, insbesondere im Distrikt Shighnan, der an der Grenze zu Tadschikistan liegt, aber auch in der Provinz Paktika, Distrikt Barmal, wird versucht die Präsenz auszubauen. Des Weiteren fungieren al-Qaida-Mitglieder als Ausbilder und Religionslehrer der Taliban und ihrer Familienmitglieder (UNSC 13.6.2019).
Im Rahmen der Friedensgespräche mit US-Vertretern haben die Taliban angeblich im Jänner 2019 zugestimmt, internationale Terrorgruppen wie Al-Qaida aus Afghanistan zu verbannen (TEL 24.1.2019).
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