TE Bvwg Beschluss 2020/4/20 I405 1314829-4

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Veröffentlicht am 20.04.2020
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Entscheidungsdatum

20.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AVG §37
AVG §39 Abs2
AVG §60
AVG §66 Abs2
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I405 1314829-4/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Guinea, vertreten durch Dr. Malena STÜRZENBECHER, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Laudongasse 20/2, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2020, Zl. 336728308/190639105, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Guinea, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.06.2005 sowie am 09.03.2009 seine ersten beiden Asylanträge, welche beide rechtskräftig negativ entschieden wurden und der BF jeweils aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Guinea ausgewiesen wurde.

2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 11.10.2005, XXXX, wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten, davon sechs Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 21.09.2006, XXXX, wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.

4. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.03.2007, XXXX, wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

5. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 26.09.2008, XXXX, wurde der BF wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 SMG, sowie wegen versuchter Sachbeschädigung nach §§ 15, 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.

6. Am 05.05.2009 stellte der BF seinen dritten Asylantrag.

7. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.10.2010, Zl. 09 05.282-BAG, wurde der Asylantrag des BF vom 05.05.2009 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Guinea zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 19.10.2011 erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend führte das Bundesasylamt hierbei insbesondere den gesundheitlichen Zustand des BF - er litt zu besagtem Zeitpunkt an einer Knochen- und Gelenk-Tuberkulose - ins Treffen. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

8. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 18.09.2014, XXXX, wurde der BF wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

9. Zuletzt wurde dem BF mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) vom 06.10.2014, Zl. 336728308/1990360, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 19.10.2016 erteilt. Ein weiterer Verlängerungsantrag wurde seitens des BF nicht eingebracht.

10. Mit Bescheid des Magistrats der XXXX, vom 24.05.2016, XXXX, wurde dem BF ein unbefristeter Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" erteilt.

11. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 09.06.2017, XXXX, wurde der BF wegen Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, sowie wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF jeweils über Zeiträume von mehreren Monaten hinweg vorschriftswidrig Suchtgift in Form von Heroin und Kokain in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) insgesamt übersteigenden Menge gewerbsmäßige anderen überlassen sowie selbst erworben und besessen hat.

12. Am 07.02.2019 brachte der BF beim Magistrat der XXXX, einen Antrag auf Neuausstellung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" ein, da er seine Karte verloren habe. Das Verfahren ist nach wie vor anhängig.

13. Mit Bescheid des BFA vom 08.02.2019, Zl. 336728308/170783037, wurde dem BF der Status des Subsidiär Schutzberechtigten aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm seine Aufenthaltsberechtigungskarte für subsidiär Schutzberechtigte entzogen (Spruchpunkt II.). Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

14. Mit Schreiben des BFA vom 26.06.2019 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde dem BF zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt werde, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verständigung diesbezüglich eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

15. Mit Schriftsatz vom 10.07.2019 brachte der BF fristgerecht eine Stellungnahme beim BFA ein. Inhaltlich führte er aus, dass er sich seit Juli 2005 in Österreich aufhalte. Im Juni 2011 habe er bei einer Leihfirma eine Arbeit als Industriereiniger gefunden, welche er bis zu seiner Inhaftierung im Februar 2017 ausgeübt habe. Aktuell beziehe er Arbeitslosengeld und gehe darüber hinaus einer geringfügigen Beschäftigung beim Sozialverein XXXX im Rahmen der Haftentlassungshilfe nach, wobei er auch die Perspektive habe, dort ab August 2019 Vollzeit arbeiten zu können. Der BF verfüge über einen unbefristeten Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU", welchen er jedoch verloren habe, sodass er derzeit auf eine Neuausstellung seitens des Magistrats der Stadt XXXX, warte. Er wohne aktuell in einer Betreuungseinrichtung des Vereins XXXX, habe jedoch nach der Neuausstellung seines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" die Möglichkeit, eine Gemeindewohnung zu bekommen, überdies habe er die Deutschprüfung für das Niveau B1 positiv abgelegt. Hinsichtlich seiner jüngsten Inhaftierung gab der BF an, unter Spielsucht gelitten zu haben. Er habe Geld benötigt, um seine Sucht zu finanzieren. Er habe jedoch zwischenzeitlich eine Spielsuchttherapie positiv abgeschlossen und gehe nunmehr einem geregelten, deliktfreien Leben nach. Er habe einen guten Freund in XXXX, mit welchem er viel Zeit verbringe. In seinem Herkunftsland Guinea verfüge er hingegen über keinerlei Verwandtschaft oder soziale Kontakte und wäre es möglich, dass er dort bereits aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Fulla Opfer von gewalttätigen Übergriffen werden könnte. Wie der Website des österreichischen Außenministeriums entnommen werden könne, gelte für das gesamte Land Guinea ein hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 4) und werde von Reisen nach Guinea dringend abgeraten. Aufgrund der prekären Sicherheitslage in Mali sei auch von einer erhöhten Gefahr von Terroranschlägen und Entführungen in anderen Ländern Westafrikas auszugehen, und komme es zu politischen und ethnischen Spannungen mit Verletzten und Toten.

Der Stellungnahme angeschlossen wurde ein Sozialbericht des Vereins XXXX, in welchem ausgeführt wird, dass der BF ein ganzes Jahr seiner Haftstrafe im Freigang absolvieren habe können, ohne dass es zu Ordnungswidrigkeiten gekommen sei, seit seiner Entlassung am 05.02.2019 erscheine er regelmäßig und pünktlich zu Betreuungsterminen, zahle regelmäßig seine Wohnkostenbeiträge im "Betreuten Wohnen Verein XXXX" und gelte als sehr ordentlich. Mit der Ausstellung eines neuen Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" begründe sich für den BF sowohl eine neue Wohn- als auch Job-Perspektive, wobei er nachweislich eine mehrjährige Berufserfahrung als Industriereiniger aufweise, und könne er sich gut in deutscher Sprache verständigen. Weiters wurden der Stellungnahme ein Arbeitsvertrag des BF mit XXXX als geringfügig beschäftigter Hilfsarbeiter für Juni und Juli 2019 sowie ein Qualifizierungsvertrag (Volontariat) beigelegt, wonach er bereits im Mai 2019 dort ein Praktikum absolviert habe. Ergänzend wurde der Stellungnahme ein Schreiben des AMS angeschlossen, wonach der BF bis 03.09.2019 Arbeitslosengeld beziehe, sowie eine Urkunde der Spielsuchthilfe vom 04.02.2019, in welcher dem BF zu "zwei spielfreien Jahren" gratuliert wird.

16. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 31.01.2020 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Guinea zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Unter den Feststellungen führte das BFA zur Person und zum Aufenthalt des BF aus, dass dieser BF guineischer Staatsangehöriger sei und seine Identität feststehe. Er sei am 12.06.2005 nach Österreich eingereist und habe insgesamt drei Anträge auf internationalen Schutz eingebracht. Während ihm mit Bescheid des BFA vom 20.10.2010 aufgrund einer Knochen- und Gelenk-Tuberkulose eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt worden sei, so sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des BFA vom 08.02.2019 wiederum rechtskräftig aberkannt worden. Am 24.05.2016 sei dem BF vom Magistrat der Stadt XXXX, der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" zuerkannt worden, welcher ihm jedoch zwischenzeitlich ebenfalls "entzogen" worden sei. Der BF leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung und sei arbeitsfähig. Er spreche Französisch und habe zudem einen Deutschkurs für das Niveau B1 positiv absolviert. Zum Privat- und Familienleben wurde konstatiert, dass der BF in Österreich zwar von 20.06.2011 bis 05.02.2017 einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und sich nunmehr seit 24.09.2019 wiederum in einem aufrechten Dienstverhältnis befinde, jedoch insbesondere angesichts seines strafrechtswidrigen Verhaltens keine tiefgreifende soziale Integration festgestellt werden könne. Er habe keine familiären Anknüpfungspunkte zu Österreich, sei ledig und habe keine Sorgepflichten, während in Guinea nach wie vor eine Schwester des BF lebe. Hinsichtlich des Einreiseverbotes wurde insbesondere auf die sechs rechtskräftigen, strafgerichtlichen Verurteilungen des BF verwiesen, auf die Schwere seiner letzten Verurteilung wegen Suchtgifthandels sowie auf den Umstand, dass Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstelle, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Rückfallgefahr gegeben sei.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass sich die Identität, das Alter sowie die Staatsangehörigkeit des BF aufgrund seiner Identifizierung durch die österreichischen Strafverfolgungsbehörden ergeben würden. Der Umstand, dass der BF nunmehr gesund und arbeitsfähig sei, ergebe sich aus seiner Haftfähigkeit in der Justizanstalt in Verbindung mit seinen vorangegangenen sowie seiner aktuellen Erwerbstätigkeit. Die weiteren Feststellungen zu Person des BF seien auf Grundlage seiner schriftlichen Stellungnahme an das BFA vom 10.07.2019 getroffen worden. Entgegen dem Vorbringen des BF in der Stellungnahme, wonach er über keine familiären oder sozialen Kontakte in Guinea mehr verfüge, habe er in einer niederschriftlichen Einvernahme in seinem ersten Asylverfahren vom 06.08.2008 sowie in einer schriftlichen Stellungnahme in einem vorangegangenen Verfahren vom 13.11.2018 erwähnt, eine Schwester zu haben, sodass das BFA zur Feststellung gelangt sei, er habe sehr wohl familiäre Anknüpfungspunkte in Guinea. Die Feststellungen zum Aufenthalt des BF in Österreich würden sich aus der Aktenlage ergeben, die Feststellungen zu seinen Anstellungen und seinem Bezug von Arbeitslosengeld aus einer Abfrage im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, seine insgesamt sechs strafgerichtlichen Verurteilungen aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich. In den beweiswürdigenden Erwägungen betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung eines Einreiseverbotes wurde abermals ausgeführt, dem BF sei sein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" aufgrund seiner Straffälligkeit entzogen worden.

In rechtlicher Hinsicht enthält der gegenständlich angefochtene Bescheid zwar sechs Spruchpunkte, in den Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung werden jedoch lediglich vier Spruchpunkte (I. bis IV.) thematisiert und sind diese auch inhaltlich unstreitig nicht den Spruchpunkten I. bis IV. des angefochtenen Bescheides zuzuordnen.

"Spruchpunkt I." der rechtlichen Beurteilung bezieht sich tatsächlich unstreitig auf die beiden Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides. Es wird zunächst ausgeführt, dass im Falle des BF die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht gegeben seien und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei, wobei hierbei inhaltlich auf die Rechtsgrundlage des § 52 Abs. 1 Z 1 FPG verwiesen wird, wonach gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei, wenn dieser sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. In Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stützte sich das BFA im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung hingegen auf die Rechtsgrundlage des § 52 Abs. 5 FPG, wonach das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen hat, wenn dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde. Zudem wird am Ende der betreffenden Passage nicht nachvollziehbar ausgeführt, dass eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 ("Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK") gemäß § 58 Abs. 2 leg. cit. im vorliegenden Fall zu unterbleiben habe, da die Rückkehrentscheidung gegen den BF nicht auf Dauer unzulässig sei, wenngleich zuvor - in Einklang mit § 55 AsylG 2005 - der durch die Rückkehrentscheidung stattfindende Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF vor dem Hintergrund der einschlägigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG sehr wohl inhaltlich geprüft wurde, wobei die belangte Behörde ausgehend von den getroffenen Feststellungen zum Ergebnis gelangte, dass die vorzunehmende Interessensabwägung im gegenständlichen Fall des BF zuungunsten seines persönlichen Interesses an einem Verbleib in Österreich und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Ausreise ausschlage.

Unter "Spruchpunkt II." der rechtlichen Beurteilung werden Ausführungen zur Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Guinea getätigt (tatsächlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides). Das BFA habe gemäß § 52 Abs. 9 FPG mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig sei, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Sodann wurden Ausführungen zu § 50 FPG getroffen und festgehalten, dass im Falle des BF sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus seinem bisherigen Vorbringen eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ergeben habe. Auch die Knochen- und Gelenk-Tuberkulose des BF sei mittlerweile adäquat therapiert worden und sei er aufgrund dessen in den Jahren 2017 und 2018 nicht mehr in medizinischer Behandlung gewesen. Somit sei die Abschiebung des BF nach Guinea zulässig.

Unter "Spruchpunkt III." der rechtlichen Beurteilung werden Ausführungen zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung getätigt (tatsächlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides), wonach die sofortige Ausreise des BF angesichts seines Gesamtfehlverhaltens - insbesondere im Hinblick auf seine strafgerichtlichen Verurteilungen - im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei.

"Spruchpunkt IV." der rechtlichen Beurteilung bezieht sich auf das gegen den BF verhängte Einreiseverbot (hierbei handelt es sich tatsächlich auch um Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides). Es wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt sei, wonach ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden kann, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist. Das schwere Fehlverhalten des BF stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung geprüft worden sei, seien seine familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden, sodass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiege. Somit sei die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt, um die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu verhindern.

Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides, mit welchem dem BF gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt wurde, finden sich in der rechtlichen Beurteilung hingegen überhaupt keine Ausführungen.

17. Mit Schriftsatz vom 28.02.2020 erhob die bevollmächtige Vertretung des BF fristgerecht vollumfänglich Beschwerde gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 31.01.2020 und begründete diese mit dessen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Es wurde moniert, die belangte Behörde habe in ihren Ausführungen gänzlich übersehen, dass der BF seine Straftaten ausschließlich aufgrund seiner Spielsucht begangen habe. Er habe sich zwischenzeitlich in therapeutische Hilfe bei der ambulanten Behandlungseinrichtung "Spielsuchthilfe" begeben, sei austherapiert und seit nunmehr seit zwei Jahren spielfrei. Ein erhöhtes Rückfallrisiko, von welchem die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgegangen sei, liege demnach nicht vor. Auch könne keine Rede davon sein, dass der BF familiäre Anknüpfungen in seinem Heimatland habe, da er tatsächlich weder zu seiner Schwester noch zu sonstigen Verwandten in Guinea einen Kontakt habe. Zudem sei die belangte Behörde aktenwidrig davon ausgegangen, dass dem BF sein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" entzogen worden sei. Dieser sei ihm tatsächlich seitens des Magistrats der Stadt XXXX, unbefristet erteilt worden und habe der BF lediglich am 07.02.2019 aufgrund des Verlustes seiner Karte einen Antrag auf eine neuerliche Ausstellung der Karte gestellt. Das diesbezügliche Verfahren sei nach wie vor anhängig und könne dies einem beiliegenden Schreiben der XXXX vom 06.05.2019 entnommen werden. Weiters seien die getroffenen Feststellungen zur Berufstätigkeit des BF in Österreich unvollständig. Er sei während seiner Haft als Freigänger vom 05.02.2017 bis 05.02.2019 beim Justizministerium und dem Bezirksgericht XXXX beschäftigt gewesen. Nach seiner Enthaftung habe er vom 01.05.2019 bis zum 31.08.2019 ein Arbeitstraining bei XXXX absolviert und sei nunmehr seit dem 24.09.2019 bei der XXXX Vollzeit beschäftigt. Der BF halte sich seit mittlerweile annähernd fünfzehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sei davon ca. siebeneinhalb Jahre berufstätig gewesen und spreche Deutsch auf B1-Niveau. Es wäre von Amts wegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zu prüfen und dieser dem BF auch zu erteilen gewesen, da er die Voraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erfülle.

Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge, eine mündliche Verhandlung durchführen; den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufheben; feststellen, dass die erlassene Rückkehrentscheidung unzulässig ist und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (plus) vorliegen und diese dem BF von Amts wegen erteilen; feststellen, dass eine Abschiebung des BF unzulässig ist; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und zur Erlassung eines neuen Bescheides and die belangte Behörde zurückverweisen; darüber hinaus, den Ausspruch der belangten Behörde über die aufschiebende Wirkung aufheben und der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen.

18. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und sind am 20.03.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen, Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Dieser ergibt sich bedenkenlos aus dem vorgelegten Verwaltungs- und Gerichtsakt.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

2.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFAVG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

2.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchteil A):

2.2. Zur Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde:

2.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Vor dem Hintergrund der soeben zitierten Bestimmung hatte die gegenständliche Entscheidung in Beschlussform zu ergehen.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur -soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft- anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme der genannten Einschränkungen die im Erk. des VwGH vom 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG). Der VwGH hat nun zusammengefasst in ständiger Rechtsprechung betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des für die Entscheidung jeweils maßgebenden Sachverhaltes durch das Bundesasylamt als Asylbehörde erster und nunmehr auch letzter administrativbehördlicher Instanz durchzuführen ist.

Eine Zurückweisung der Sache gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

Wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, ist dies in der gegenständlichen Rechtssache vom Bundesamt jedoch in qualifizierter Weise unterlassen worden.

2.2.2. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich in wesentlichen Punkten als mangelhaft:

2.2.2.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, so ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG idgF lautet wie folgt:

"(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 idgF lautet wie folgt:

"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG 2005 idgF lautet wie folgt:

"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen. Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt."

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das BFA einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde.

Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG idgF lautet wie folgt:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG idgF lautet wie folgt:

"(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

2.2.2.2. Der Beschwerde ist insofern Recht zu geben, wenn diese die unterlassenen Ermittlungsschritte und die unzureichende Begründung des angefochtenen Bescheides moniert.

Wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich, leidet der angefochtene Bescheid an mehreren Mängeln, welche in Summe als gravierend zu werten sind.

Sofern in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, es wäre im Hinblick auf die Person des BF seitens der belangten Behörde von Amts wegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zu prüfen gewesen, so bezieht sie sich auf einen Satz in der rechtlichen Beurteilung zu "Spruchpunkt I." (in Wahrheit wurde mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen), in welchem ausgeführt wird, dass eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 ("Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK") gemäß § 58 Abs. 2 leg. cit. im vorliegenden Fall zu unterbleiben habe, da die Rückkehrentscheidung gegen den BF nicht auf Dauer unzulässig sei. Wie bereits im Verfahrensgang unter Punkt I. dargelegt, hat jedoch eine inhaltliche Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK" sehr wohl stattgefunden, indem der durch die Rückkehrentscheidung stattfindende Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF vor dem Hintergrund der einschlägigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG einer Prüfung zugeführt wurde, sodass es sich bei dem betreffenden Satz der belangten Behörde - wonach eine diesbezügliche Prüfung im vorliegenden Fall zu unterbleiben habe - um einen Kopierfehler zu handeln scheint, welcher nicht mit den vorangegangenen inhaltlichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid in Einklang zu bringen ist. Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, sofern eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit in einem Bescheid vorliegt, die einer Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG zugänglich wäre, so ist der Bescheid in der "richtigen", das heißt von der Unrichtigkeit bereinigten Fassung zu lesen, auch wenn eine Berichtigung durch Bescheid unterblieben ist (vgl. VwGH 24.10.2016, Ro 2014/17/0065; 31.03.2016, 2013/07/0156; 18.09.2013, 2011/03/0155). Dies gilt ebenso für die aufgezeigten, mit einer Ausnahme durchgehend falschen Bezeichnungen der Spruchpunkte in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides. Wesentlich schwerer wiegt hingegen das gänzliche Fehlen von Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides (Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise).

Schließlich erweisen sich auch die getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Guinea als mangelhaft. Der Beurteilung des BFA, wonach keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, welche gegen die Abschiebung des BF nach Guinea sprechen, fehlt insofern jegliche Grundlage, zumal weder im Verwaltungsakt noch im angefochtenen Bescheid Länderfeststellungen zur aktuellen Lage in Guinea zu finden sind. Der bloße Verweis auf das "Länderinformationsblatt", ohne die betreffenden Inhalte dem BF vorzuhalten und im Bescheid umfangreich darzulegen, vermag keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Zulässigkeit der Abschiebung darzustellen. Diesbezüglich ist insbesondere festzuhalten, dass das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Guinea zuletzt am 02.09.2019 gesamtaktualisiert wurde, dem BF im Administrativverfahren nach seiner schriftlichen Stellungnahme an die belangte Behörde vom 10.07.2019 jedoch kein Parteiengehör mehr gewährt wurde, sodass ihm unstreitig gar keine Möglichkeit eingeräumt wurde, sich im Verfahren zur aktuellen Situation in Guinea zu äußern.

Auch wurde zur Feststellung erhoben, dass der BF seit dem 24.09.2019 "eine neue Arbeitsstelle" habe, ohne ihm diesbezüglich Parteiengehör zu gewähren, und wurde entgegen dem Vorbringen des BF in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 10.07.2019 schlicht festgestellt, dass er über familiäre Anknüpfungspunkte in Guinea verfüge, unter beweiswürdigenden Verweisen auf wesentlich ältere Einvernahmen und Stellungnahmen des BF in vorangegangen Verfahren, wonach er eine Schwester habe. Zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes wäre es wohl erforderlich gewesen, den BF im gegenständlichen Verfahren ein weiteres Mal niederschriftlich einzuvernehmen, anstatt schlicht veraltete Angaben aus vorangegangenen Verfahren zur Feststellung zu erheben, ohne dem BF Parteiengehör zu gewähren.

Gänzlich aktenwidrig wurde zudem die Feststellung getroffen, dass dem BF sein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" entzogen worden sei. Dieser Umstand geht weder aus

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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